Als "intermezzo" mögen zwei ereignisse dienen, die die sozialen gegensätze und spannungen sichtbar machten, der Deutsche Bauernkrieg und der "sacco di Roma", da war karneval zur furchtbaren wirklichkeit geworden: die umkehrung gesellschaftlicher verhältnisse.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bauernkrieg
http://www.kriegsreisende.de/neuzeit/sacco-roma.htm
Dass man menschen nicht ungestraft maßlos ausbeuten kann, söldner auch bezahlen muss, war eine bittere erfahrung, die weltordnung war in gefahr.
Wenn ich auf der anderen seite lese, dass der orienthandel für Venedig so einträglich war, dass reeder/kaufleute/patrizier guten gewinn machten, wenn nur eines von 5 schiffen zurückkehrte, überläuft mich ein schauer. Wer trug die lasten, wer erfreute sich des wohlstands? Aber auch hier zeichnet sich der niedergang ab, das Mittelmeer und der mühsame landweg verlieren allmählich an bedeutung angesichts der neuen entdeckungen.
Zwischendurch freut man sich seines lebens, tanzt pavane und gagliarde oder volte (man unterscheidet die "getretenen" von den "gesprungenen" tänzen), singt madrigale und lauscht feiertags der noch immer reichen kirchenmusik, die allerdings in protestantischen landen dem schlichten, einstimmigen choral weichen muss.
Wer zählt die namen ? Hier eine auswahl:
Andrea und Giovanni Gabrieli in Venedig nutzen die emporen der Marcuskirche für doppelchöriges, auch instrumentales musizieren mit echo-wirkung
Giovanni Pierluigi aus
Palestrina bei Rom wird von papst Gregor XII. beauftragt, die kirchenmusik zu reformieren
http://de.wikipedia.org/wiki/Madrigal_(Musik) erspart mir die aufzählung
Auch in England blüht die musik vokal als madrigal und instrumental für das neue virginal. Aber das ende des "Golden age" ist abzusehen.
Nicht zu vergessen die 2 000 werke von Roland de Lattre alias
Orlando di Lasso, der nach wanderleben als kapellmeister der herzoglichen hofkapelle in München sesshaft wurde, der "fürst der musiker".
Auf der schwelle des neuen zeitalters steht
Michael Schulze,
Prätorius klingt freilich besser, aus Wolfenbüttel mit allein 1 200 liedbearbeitungen, von denen "Es ist ein ros' entsprungen" wohl jeder kennt.
NB: Wer die aufrührerischen bauern verurteilt und das verhalten der landsknechte in Rom unangemessen findet (die berichte sind teilweise übertrieben, wenn man die aussagen von augenzeugen vergleicht, und all die kunstwerke, die angeblich besudelt, zerstört oder verschleppt wurden, noch vorhanden sind), sollte bedenken, dass man sie und ihre lebens- und arbeitsbedingungen mit keinem wort erwähnen würde, wenn sie nicht aufbegehrt hätten. Geschichtsbildend sind kriege, dynastien, herrscherbiographien von einem "großen" zum anderen, kaum ein wort darüber, wenn menschen ausgebeutet und drangsaliert werden, bis sie in ihrer verzweiflung überreagieren. Auch unsere musikbetrachtung ist "oberklassengeschichte", wie sah es in den unteren schichten, auf dem lande aus ? "Die im dunkeln sieht man nicht".