Ich finde, als Musiker sollte man sich keinen "Regeln" unterwerfen.
Also nicht der Regel, dass man nur ein kompletter Gitarrist ist, wenn man möglichst viele Stile beherrscht.
Aber eben auch nicht der Regel, dass man konsequent bei einer Sache bleiben "muss".
"Erlaubt ist, was gefällt", mach das, womit Du Dich wohlfühlst.
Ich selbst bin auch so'n "Metal-Fachidiot", ich kann "nur" Metal, und innerhalb des Metals nur Thrash und innerhalb des Thrash auch nur oldschoolige Dinge und innerhalb des oldscooligen Thrash auch nur Rhythmus-Gitarre ...
DAS wiederum konnte ich immer ich recht gut. So gut immerhin, dass ich im Laufe der Jahre von Nicht-Metal-Gitarristen regelmäßig (übertriebene …) Anerkennung erntete nach dem Motto: "Ui, wer das kann, kann alles andere auch". Wenn die wüssten … ;-)
Und wenn mich junge Metalcore-Gitarristen fragen, wie man so schnell spielen kann, sage ich: "Hm, das hat man früher eben so gemacht ...) ;-)
Grundsätzlich schadet es sicher nicht, seinen Horizont zu erweitern. Sowohl beim Musik hören als auch beim selbst spielen. Es kann ja gerade befruchtend sein, Ansätze aus einem "fremden" Genre in das vertraute zu übertragen. So entstehen neue Riffs + Ideen.
Andererseits meine ich aber auch: Lieber eine Sache richtig beherrschen, als sich zu verzetteln. Der beste (nicht berühmte) Gitarrist, den ich persönlich kenne, kann von Blues über Rock bis Jazz ALLES spielen. Satriani, Van Halen, Vai, Dream Theater - kein Problem für den. Aber mein "Fachgebiet" beherrscht er definitiv nicht so wie ich. Oder anders formuliert: Ich kann keine 3% von dem, was er kann. Diese lumpigen 3% dafür aber richtig. Mir war das immer genug ;-)
Also, schwer Dir da einen Rat zu geben. Laß' Dir aber von niemandem einreden, dass das so oder so sein muss. Mach einfach, was sich für Dich richtig anfühlt und Dir Spaß macht. So selbstbewusst solltest Du sein. Und alles andere dürfte Dir ohnehin schwer fallen.
PS: Was meine "musikalische" Entwicklung angeht, durchlief ich gerade in der zweiten Hälfte der 20er eine Phase, wo mir meine alten Metal-Roots "primitiv" vorkamen. Ich glaubte nicht mehr, dass ein gutes Riff für einen guten Song entscheidend ist, sondern die "Hookline". So dachten wir alle in der Band und im Ergebnis machten wir dann radiotauglichen Rock á la Reamon und HIM. Berühmt wurden wir damit aber auch nicht, haha. Irgendwann setzte bei mir dann die Erkenntnis ein, dann doch lieber das zu machen, was ich kann. Also wieder 200 bm aufwärts und Riff an Riff gereiht.
Und während ich mit Ende 20 noch daran zweifelte, dass man "solche" Musik noch mit Mitte 30 hören könne, weiß ich heute - mit 41 - dass ich diese Musik auch mit 70 aufwärts noch gut finden werde ... Da gibt es keinen Zweifel.
Heute höre ich nahezu alle Musik, die ich in den verschiedenen Phasen meines Lebens gehört habe, gleichberechtigt nebeneinander. Das sind (chronologisch gemäß "Entdeckung", aber nicht vollständig und nur "bekanntere" Namen): Beatles, Mike Oldfield, Pink Floyd, Queen, Dire Straits, Depeche Mode, Midge Ure, Duran Duran, Madonna, Metallica, Slayer, Exodus, Sepultura, Death, Pantera, Led Zeppelin, Jimi Hendrix, AC/DC, Black Sabbath, Daft Punk, Röyksopp, Leonhard Cohen, Al Di Meola, Kari Bremens, Defleshed, Misery Index, Melody Bardot usw.
Da schäme ich mich für nix und kann eigentlich alles, was ich ab 8 Jahren aufwärts gehört habe, immer noch vor mir vertreten ;-) Mit der Gitarre in der Hand juckt mich davon aber nach wie vor nur die Thrash-Phase. Vielleicht bekomme ich im Rentenalter ja mal 'ne Strat und übe Hendrix. Oder die Beatles auf 'ner Akustischen. Wer weiß?
Wobei mir die Idee noch besser gefällt, dann mit den alten Kollegen 'ne Slayer-Coverband zu haben und die Enkel kommen in den Proberaum und sagen: "Ihr alten Fürze, was ist das für ein lahmer Schrott, hört mal das hier ..."