Ich versuch's mal zusammenzufassen. Mit der Bitte um Feedback, ob das verständlich ist, ob man's ausbauen (wenn ja: was?) und pinnen sollte, etc. etc.
Auch in der E-Musik war bereits aufgefallen, daß die Intervallstrukturen von 11er und 13er Akkorden mit denen bestimmter Skalenformationen zusammenfallen (etwa Cm7 b9 b13 = C Phrygisch), und daß die Melodielinien über solche Akkorde sich an der durch den jeweiligen Akkord implizierten Skala orientieren (Persichetti, p. 34).
Die Akkordskalentheorie bezieht hier eine radikalere Position, indem sie beide identifiziert: "Akkorde sind Skalen, Skalen sind Akkorde" (Miles Davis). Akkorde nur als vertikale Strukturen zu betrachten gilt deren Vertretern als "unvollständig" (Jungbluth, p.7) oder gar "veraltet" (Haunschild, p. 70). Interessanterweise beruft Jungbluth (ebd.) sich dabei auf den modalen Jazz, der bei Haunschild keinerlei Rolle spielt. Dafür bildet Haunschild (p. 69) Stufenskalen analog Stufenakkorden, verwendet dafür aber die traditionellen (und ohnehin schon mehrdeutigen, vgl. Persichetti pp. 31f) Bezeichnungen Ionisch, Dorisch etc. Auch bildet er nicht auf jeder Stufe Siebenklänge, sondern Vierklänge mit 3 Optionstönen, die der jeweiligen Stufenskala entstammen (etwa Em7 (b9/11/b13) = E Phrygisch) (p. 70).
Jedoch kann man jede Stufenskala auch als eigenständige Leiter ansehen (p. 72). Anstelle eines simples Quintenzirkels erhalten wir so eine komplette Matrix eines diatonischen Systems (vgl. Jungbluth, p. 80), der Halbtonverwandtschaften wegen von Lydisch (der Skala mit den größten Intervallen) ausgehend zu notieren (Haunschild, p. 75):
level Lydian Ionian Mixolydian Dorian Aeolian Phrygian Locrian
6♯ B F♯ C♯ G♯ D♯ A♯ E♯
5♯ E B F♯ C♯ G♯ D♯ A♯
4♯ A E B F♯ C♯ G♯ D♯
3♯ D A E B F♯ C♯ G♯
2♯ G D A E B F♯ C♯
1♯ C G D A E B F♯
♮ F C G D A E B
1♭ B♭ F C G D A E
2♭ E♭ B♭ F C G D A
3♭ A♭ E♭ B♭ F C G D
4♭ D♭ A♭ E♭ B♭ F C G
5♭ G♭ D♭ A♭ E♭ B♭ F C
6♭ C♭ G♭ D♭ A♭ E♭ B♭ F
Neben diesem diatonischen System mit 3 + 2 Ganztonschritten tritt in der Praxis noch häufig das der Obertonskala (Terminologie von Persichetti, p. 44 et passim = Lydisch b7) mit 4 + 1 Ganzton auf.
Theoretisch wären noch zwei weitere Systeme möglich, bei denen aber die Halbtonschritte unmittelbar aufeinanderfolgen.
Die Kombinatorik von Skalen/Akkorden bleibt im Jazz jedoch kadenziell organisiert, obschon bereits in der E-Musik aufgefallen war, daß zyklische (was auch andere als kadenzielle beinhalten kann) Akkordverbindungen nicht notwendigerweise die für einen Modus charakteristischen Akkorde enthalten (Persichetti, p. 69). Charakteristisch sind (Dur- oder Moll-) Akkorde, die den charakteristischen Intervall der Skala enthalten (Persichetti, p. 32) . In Phygisch ist dies der Schritt von kleiner Sekunde zu kleiner Terz. Die primären Stufen sind damit I, II und VII, die sekundären III, IV und VI (Persichetti, p. 34). (V ist ein verminderter Dreiklang, der das Problem hat den Dominantseptakkord der Durtonleiter der jeweiligen Vorzeichenebene zu suggerieren, s. Persichetti, pp. 33f). Im Jazz hingegen sind ironischerweise b9 und b13 Verbotstöne in Phygrisch (Jungbluth, p. 35; Haunschild, p. 77).