Melodie, Improvisation, welche Tonleiter?

  • Ersteller geniac17
  • Erstellt am
geniac17 schrieb:
warum konntest du das nicht gleich als erstes posten???
[...] was solch fortgeschrittene theorie angeht.

Ähem, man hält die allgemeinhin eher für elementar denn fortgeschritten. Fortgeschritten wäre eher die Kritik daran... Ich will mich da auch nicht mit Deinem Lehrer anlegen...

Aber kuck' mal in die Theory Collection 'rein, das ist in aller Langsam- und Ausführlichkeit von Null an aufgebaut (die Zeit hätte ich gar nicht, sowas zu schreiben, wahrscheinlich auch nicht den Nerv :( ...). Aber hier auch noch was schnelles für zwischendurch.

(Es wurmt mich jetzt aber auch selber, wenn man mal googelt, kommt nicht viel, und wir haben hier im Forum auch keine gepinnten Basics oder auch nur eine Linksammlung).
 
Ich versuch's mal zusammenzufassen. Mit der Bitte um Feedback, ob das verständlich ist, ob man's ausbauen (wenn ja: was?) und pinnen sollte, etc. etc.

Auch in der E-Musik war bereits aufgefallen, daß die Intervallstrukturen von 11er und 13er Akkorden mit denen bestimmter Skalenformationen zusammenfallen (etwa Cm7 b9 b13 = C Phrygisch), und daß die Melodielinien über solche Akkorde sich an der durch den jeweiligen Akkord implizierten Skala orientieren (Persichetti, p. 34).

Die Akkordskalentheorie bezieht hier eine radikalere Position, indem sie beide identifiziert: "Akkorde sind Skalen, Skalen sind Akkorde" (Miles Davis). Akkorde nur als vertikale Strukturen zu betrachten gilt deren Vertretern als "unvollständig" (Jungbluth, p.7) oder gar "veraltet" (Haunschild, p. 70). Interessanterweise beruft Jungbluth (ebd.) sich dabei auf den modalen Jazz, der bei Haunschild keinerlei Rolle spielt. Dafür bildet Haunschild (p. 69) Stufenskalen analog Stufenakkorden, verwendet dafür aber die traditionellen (und ohnehin schon mehrdeutigen, vgl. Persichetti pp. 31f) Bezeichnungen Ionisch, Dorisch etc. Auch bildet er nicht auf jeder Stufe Siebenklänge, sondern Vierklänge mit 3 Optionstönen, die der jeweiligen Stufenskala entstammen (etwa Em7 (b9/11/b13) = E Phrygisch) (p. 70).

Jedoch kann man jede Stufenskala auch als eigenständige Leiter ansehen (p. 72). Anstelle eines simples Quintenzirkels erhalten wir so eine komplette Matrix eines diatonischen Systems (vgl. Jungbluth, p. 80), der Halbtonverwandtschaften wegen von Lydisch (der Skala mit den größten Intervallen) ausgehend zu notieren (Haunschild, p. 75):

level Lydian Ionian Mixolydian Dorian Aeolian Phrygian Locrian
6♯ B F♯ C♯ G♯ D♯ A♯ E♯
5♯ E B F♯ C♯ G♯ D♯ A♯
4♯ A E B F♯ C♯ G♯ D♯
3♯ D A E B F♯ C♯ G♯
2♯ G D A E B F♯ C♯
1♯ C G D A E B F♯
♮ F C G D A E B
1♭ B♭ F C G D A E
2♭ E♭ B♭ F C G D A
3♭ A♭ E♭ B♭ F C G D
4♭ D♭ A♭ E♭ B♭ F C G
5♭ G♭ D♭ A♭ E♭ B♭ F C
6♭ C♭ G♭ D♭ A♭ E♭ B♭ F

Neben diesem diatonischen System mit 3 + 2 Ganztonschritten tritt in der Praxis noch häufig das der Obertonskala (Terminologie von Persichetti, p. 44 et passim = Lydisch b7) mit 4 + 1 Ganzton auf.

Theoretisch wären noch zwei weitere Systeme möglich, bei denen aber die Halbtonschritte unmittelbar aufeinanderfolgen.

Die Kombinatorik von Skalen/Akkorden bleibt im Jazz jedoch kadenziell organisiert, obschon bereits in der E-Musik aufgefallen war, daß zyklische (was auch andere als kadenzielle beinhalten kann) Akkordverbindungen nicht notwendigerweise die für einen Modus charakteristischen Akkorde enthalten (Persichetti, p. 69). Charakteristisch sind (Dur- oder Moll-) Akkorde, die den charakteristischen Intervall der Skala enthalten (Persichetti, p. 32) . In Phygisch ist dies der Schritt von kleiner Sekunde zu kleiner Terz. Die primären Stufen sind damit I, II und VII, die sekundären III, IV und VI (Persichetti, p. 34). (V ist ein verminderter Dreiklang, der das Problem hat den Dominantseptakkord der Durtonleiter der jeweiligen Vorzeichenebene zu suggerieren, s. Persichetti, pp. 33f). Im Jazz hingegen sind ironischerweise b9 und b13 Verbotstöne in Phygrisch (Jungbluth, p. 35; Haunschild, p. 77).
 
Heike schrieb:
Aber kuck' mal in die Theory Collection 'rein, das ist in aller Langsam- und Ausführlichkeit von Null an aufgebaut (die Zeit hätte ich gar nicht, sowas zu schreiben, wahrscheinlich auch nicht den Nerv :(

:D die hab ich doch schon komplett durch... so wollte ich auch grob gesagt die erste methode umschreiben, ist viell. in die hose gegangen, weil nicht ausführlich genug. dachte jetzt, die akkord-skalen-theorie, von der du redest, hätte damit nichts zu tun...
 
Hallo Fäns,
ich würde auch gern mal diese Skalen-und-Co-Sache komplett verstehen und hab auch ein Buch mit Playalongs und Erklärungen.

Vieles hab ich erst total nicht verstanden, aber dann Stunden später doch geschnallt. Jetzt hab ich allerdings doch ne Frage:

Ein Playalong ist in G-Dur und im "Begleittext" steht, dass der Titel ja aus zwei II-V-I-Verbindungen bestehen würde.
Die Abfolge im Titel geht so: Bm7-E9-Amaj7 und Am7-D9-Gmaj7

Frage: Also ich kann jetzt erkennen, dass dieser zweite Teil die II-V-IVerbindung von G-Dur ist. Da würde ich jetzt halt A-dorisch, D-mixolydisch und G-ionisch was drüberspielen, gell?!
Aber die erste II-V-I-Verbindung was hat die denn mit G-Dur zutun..stammt die denn nicht eher von A-Dur ab und dürfte in diesem G-Dur-Titel gar nicht vorkommen?
Und eine Zusatzfrage: Wenn man eben ein Leadsheet mit den obengenannten Akkordbezeichnung hätte... dann "darf" man aber sicher auch noch tausend andere Skalen drüberspielen, oder??!
 
zur 1. Frage:

Bm7 E9 Amaj7 ist eine II-V-I-Kadenz in A-Dur. Von Amaj7 zu Am7 findet also ein Tonartwechsel (statt). Du brauchst also für beide Kadenzen einen unterschiedlichen Fingersatz.
Ich kenne übrigens nicht ein Jazzstück, für dessen Harmonisierung ausschließlich Akkorde aus der Stammtonart verwendet wurden. Insofern lohnt es sich, diese Modulationen zu üben.

2. Frage:

Ja, es gibt viele verschiedene Skalen, die zu den versch. Akkordtypen passen.
Die gängigsten:

m7: Äolisch, Dorisch, Melodisch Moll, Harmonisch Moll, (Phrygisch).

7: Mixolydisch, HM5, MM4, MM5, MM7, Halbton-Ganzton, Ganzton. Auch Dorisch, Phrygisch, Äolisch finden Anwendung.

maj7: Ionisch, Lydisch, Lydisch(#5)

Und diese dann alle noch in der jeweiligen Pentatonik-Form.

Wichtig ist, sich erstmal einige wenige rauszusuchen und mit diesen solange zu arbeiten, bis sie wirklich verinnerlicht wurden, und dann das Repertoire zu vergrößern.
 

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