Nochmal zum MF350: Der besteht ja aus einer Transen- und Röhrenvorstufe und Transen-Endstufe. Kriegt man da eigentlich noch irgendwas von den Röhren mit? ôO Hab mal gelesen, dass ein Wechsel zu einer bestimmten Röhrenart den Klang deutlich aufwerten soll, weiß grad nichtmehr welche. Iwas aus Tschechien.
Im Marshall-Prospekt steht: "Dank seines "2 Amps-in-1-Design" mit zwei vollkommen separaten, röhrenbefeuerten Vorstufen (ECC83)...". Das verstehe ich so, dass je "Vorstufe" eine ECC 83 zum Einsatz kommt. Möglicherweise laufen auch beide "Vorstufen" über dieseselbe einzelne ECC 83, wer weiß...
Bei einem Röhrenamp kann man durch den Austausch insbesondere der V1-Röhre (der ersten Vorstufenröhre, die das Signal bearbeitet) tatsächlich eine Menge Finetuning betreiben. Ob das beim MF auch funktioniert, kann ich nicht sagen, das hängt von dessen Schaltungslayout ab. Es ist bekannt, dass bei einigen Hybriden die Röhre nur eine "Alibi-Funktion" hat und so integriert ist, dass sie kaum Einfluss nehmen
kann. Ich will aber nicht unterstellen, dass das beim Marshall auch so ist.
Du könntest also tatsächlich mal mit verschiedenen Röhren-Herstellern experimentieren. Das nette ist: Eine Vorstufenröhre kannst Du selbst austauschen (solange es eine ECC 83 ist), da muss nicht wie bei neuen Endstufenröhren ein Bias-Abgleich durchgeführt werden.
Du findest im Forum sicher irgendwo "Charakterisierungen" verschiedener ECC 83-Varianten, das Ergebnis lässt sich trotzdem schwer vorhersagen, es ist wirklich "Trial-and-Error".
Zum Sound meine ich: Der Amp ist ein Hybrid und wird daher konstruktionsbedingt anders klingen als ein Vollröhren-Amp. Daran ändert auch die einzelne Vorstufen-Röhre nichts. Wenn Dir der Sound gefällt, sollte Dir aber egal sein,
wie der Amp ihn erreicht.
Meiner Erfahrung nach fehlt es dem Amp an Dynamik, was ich selbst auch schon gehört habe, aber ansonsten ist er wirklich vielseitig. Ohne diese ganzen schlechten Bewertungen hätte ich mich glatt in ihn verliebt.
Gib nicht zuviel auf die Meinung anderer (mich eingeschlossen, haha...) und verlass Dich ruhig auf Dein momentanes Empfinden. Im übrigen: Ein Engl Fireball ist z.B. auch nicht sonderlich dynamisch, sondern komprimiert recht stark.
Nur da kommt dann genau das, wasVendo eben gesagt hat: Wenn ich vielerorts lese, dass nach einem gewissen Zeitraum derart viele Besitzer unzufrieden sind und auch so viele auf den Gebrauchtmärkten sehe, dann tun sich in mir berechtigte Zweifel auf, ob es mir nicht auch so erginge.
OK, aber für 350,- machst Du auch nicht soviel falsch... Und viel Wertverlust kann's dann auch nicht mehr geben. Neupreis des teils war immerhin mal 1400,- oder so. Also, das ist schon ein ernsthaftes Gerät, sicher nicht vergleichbar mit einem Hughes & Kettner Attax 100 oder anderen "Einsteiger-Amps".
Dein Geschmack wird sich sowieso noch verändern, genau wie Deine Fertigkeiten als Gitarrist. Insofern könntest Du mit
jedem Amp, den Du jetzt kaufst, schon in einem jahr unzufrieden sein. Das Risiko ist immer da...
Und btw: Laut Marshall soll einer der beiden Kanäle einem JCM800 seeehr nahe kommen. Irgendwie glaub ich das nicht, da die gesamte Konstruktion verschieden ist und er dann nicht so ein Ladenhüter wäre. Kann das wer bestätigen?
Die JCM 800 (meist ist der einkanalige 2203 gemeint, wenn mit "JCM 800" referenziert wird) klingt schon sehr speziell. Sehr trocken, sehr mittig, für viele DER Amp für den "klassischen" Rock-Sound der frühen 80er. Was man wissen muss: So ein 2203 hat kaum Gain-Reserven, mit einem "modernen" Metal-Sound á la 5150 oder Rectifier oder Engl hat das nix und überhaupt nix zu tun!!!
Wenn man liest, dass Metallica, Slayer, usw früher JCM 800-Marshalls gespielt haben, so waren die Dinger entweder modifiziert (zusätzliche Gain-Stufe für mehr Zerre) oder die Gitarristen haben einen Boden-Zerrer vorgeschaltet (Boss OD, Tubescreamer, RAT...). Das war jahrelang DAS Standard-Setup eines jeden Metal-Gitarrsiten, bis Anfang der 90er mit dem 5150 und dem Rectifier (im Fahrwasser der unbezahlbaren Soldanos...) die ersten Amps auf den markt kamen, die "ab Werk" genug Zerre für extremen Metal hatten.
Die Zielgruppe für einen "puren" JCM 800-Sound dürfte momentan, wo doch junge Gitarristen eher das "typische Metal-Core-Brett" suchen, ziemlich gegen Null tendieren...
Übrigens: In einer der letzten Gitarre & Bass war ein Interview mit Alex Skolnick, dem Lead-Gitarristen von TESTAMENT (alte Männer Mitte 40, die 95% aller angesagten Metal-Core-Bands von heute spieltechnisch aber mal so richtig in den Arsch treten...).
Skolnick tourt mit zwei MF, auf seinem Effektboard sieht man einen Tubescreamer. Leider wurde er im Interview nicht gefragt, ob er den für Solos als Lead-Boost dazu schaltet oder permanent benutzt. Wäre ja zumindest denkbar, dass er den "JCM-800" Sound des MF (AMP 1) nutzt, um mithilfe des Tubescreamers den klassischen TESTAMENT-Sound aus den 80ern zu erzeugen.