Kritik zum 2. Streicherquartett

Fero63
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Guten Abend, zusammen (Wer das morgen liest, gestern war es schon abend ;)),

ich habe mich nach einigen Stücken für Klavier doch mal wieder an Streicherquartette begeben und eine kleine Skizze erstellt (~20 sec.). Für mich als Anfänger sind solche kurzen Stücke schon aufwendig genug und außerdem hat es noch den Vorzug, dass bei der Kritik viel mehr auf Details geachtet wird, weil eben nur so wenig da ist.
Ich persönlich bin von meinem eigenen Werk nicht sonderlich überzeugt und betrachte es mehr als Übung denn als sinnvolles Stück ('sinnvoll' ist hier wörtlich zu verstehen). Kritik jeglicher Form ist also erwünscht; die Hauptsache ist, ich bekomme Tipps, wie ich mich verbessern kann.
Auch wäre es praktisch, bekäme ich folgende Frage beantwortet: Generell sollen ja Stimmkreuzungen in polyphonen Werken vermieden werden; Ich bin mir allerdings immer unsicher, ob die zweite Geige die erste "kreuzen" darf oder nicht.

Noten (pdf)
Musik (mp3)

lg,
Fero63 :)
 
Eigenschaft
 
Hallo Fero63, ich bin zwar selbst nicht besonders bewandert aber manches fällt mir trotzdem auf.
1. Ein Stück ist dann sinvoll, wenn es jemandem Spaß macht es zu hören, und das ist fast immer (in diesem Fall z.B bei mir) der Fall.
2. Manchmal habe ich das Gefühl, das die anderen Instrumente sich mit der 2. Geige "beißen" z.B in Takt 2, hör es dir daraufhin nochmal an.
3. Im Schlussarchord habe ich das Gefühl, dass ein Ton irgendwie seltsam ist, ich kann dir aber leider nicht sagen welcher, tut mir Leid.

Schönes Wochende schonmal, CelloList.
 
Hallo Fero63, ich bin (...) selbst nicht besonders bewandert
Macht nichts. Wie schon gesagt, ich bin froh über jede Art von konstruktiver Kritik :)
1. Ein Stück ist dann sinvoll, wenn es jemandem Spaß macht es zu hören, und das ist fast immer (in diesem Fall z.B bei mir) der Fall.
Danke, aber 'sinnvoll' war hier wirklich wörtlich gemeint, also als 'voll des Sinns'; soll heißen, dass ein 'sinnvolles' Stück eine Bedeutung hat, die ich mir als Komponist reiflich überlegt habe. Dies ist hier eher nicht der Fall - Deshalb meine Aussage "nicht sinnvoll".
2. Manchmal habe ich das Gefühl, das die anderen Instrumente sich mit der 2. Geige "beißen" z.B in Takt 2, hör es dir daraufhin nochmal an.
Ja, das ist gut möglich. Ich glaube der Grund ist, dass durch die Tremoli viele Dissonanzen auf unbetonten Zählzeiten entstehen. Das empfindest du wohl als "beißen". Ich würde gerne wissen, ob diese Wirkung nur an dem, mit Verlaub gesagt, scheiß Midisound liegt, oder auch bei realen Instrumenten so stark zu hören ist.
3. Im Schlussarchord habe ich das Gefühl, dass ein Ton irgendwie seltsam ist, ich kann dir aber leider nicht sagen welcher, tut mir Leid.
Vielleicht weil Viola und 2. Violine denselben Ton spielen? Das ist mir auf jeden Fall gerade aufgefallen und ich muss zugeben, dass das ein kleiner Flüchtigkeitsfehler ist :p

Danke für deine Antwort und auch dir ein schönes Wochenende.
 
Hi Fero63,

die Frage ist ja auch was Du so als Wirkung anstrebst. Soll das eher traditionell tonal mit erkennbarem Aufbau und Schlußformeln sein, oder möchtest Du Spannung gerade dadurch aufbauen, daß es eben nicht die traditionellen Hörerwartungen erfüllt. Fragst Du hier eher so etwas wie, wie konstruiere ich eine Schlußkadenz, wie moduliere ich etwas im traditionellen Stil, oder fragst Du eher, was würdet Ihr machen? In letzteren Fall erhälst Du wahrscheinlich mehr Antworten als Antwortende (ich könnte da soviele Antworten zu beitragen, wie ich mir Zeit für nähme, da gibt es kein Richtig oder Falsch). Und CelloList: was mißfällt Dir genau am Schluß? Zu wenig als solches erkennbar? Zu Spannungsarm? Ich weiß ja nicht, wie er Deiner Ansicht nach klingen sollte und ich kann Dir auch deshalb nicht sagen, wie Du das erreichst.

Das mit den Stimmkreuzungen trifft meiner Ansicht nach nur auf bestimmte Stilrichtungen zu, wenn eine Stimmkreuzung gerade die Wirkung erziehlt, die Du an der Stelle anstrebst, dann wegen mir ständig und bei allen Instrumenten. Generelle Regeln gibt es meiner Meinung nach überhaupt nicht, außer Du möchtest bestimmte Stilrichtungen immitieren. Klar, Du kannst als Übung auch eine ganz nach Lehrbuch konstruierte große Barock-Fuge mit Subjekt, Kontrasubjekt, Dux, Comes, Sequenzierung und allem was es da noch gibt basteln, aber das würde nicht so sehr zu dem passen, was ich da höre. Wenn es um Sinnfragen geht, wird es halt immer schwierig ;).

Versuch Dir doch einfach mal vorher zu überlegen, wie die Wirkung sein soll. Minimalistisch und melancholisch schwebend vielleicht a la Nyman oder Glas, oder eher etwas fett barock Fanfarenartiges, oder wie Du das auch immer beschreiben möchtest. Dann kann man Dir auch sehr viel klarer sagen, welche Mittel da geeigneter sind. Aber auch das ist nicht so "straight" wie Du Dir das vielleicht vorstellst. Vielleicht kannst Du auch einen Tanzrhytmus für ein Requiem verwenden, wenn die Harmonien passen.

Also, wo willst Du hin? Sinn an sich gibt es galub' ich nicht.

Gruß,
MollParallel
 
Also, wo willst Du hin? Sinn an sich gibt es galub' ich nicht.
Wie bereits gesagt, sollte es einfach nur eine Übung sein. Nichts Umfangreiches, kein Kunstwerk. Das Ziel war ein klassisches Streicherquartett. Und meine Kritikanfrage ist vor allem stilistischer Natur, wo es ja eben schon ein "richtig" und "falsch" gibt. Um es in eine Frage zu packen: Es soll klassisch sein: Habe ich das korrekt gemacht? Wenn nein, was sollte ich verändern und warum?
Hoffe, ich konnte etwas Klarheit schaffen ;)
 
Wenn du ein klassisches Quartett schreiben willst, dann kommst du nicht umhin, dich mit klassischen Formen auseinanderzusetzen.

Da wären, vor allem in der Wiener Klassik, wichtig: Zwei und dreiteilige Sonatensatzform, Rondo, Variationssatz und natürlich Menuett, bzw. Scherzo.

Wenn du dich erst mal mit der Harmonik und Stimmführung beschäftigen willst, dann täte dir wahrscheinlich Übung im Generalbass gut. Ganz nah an der Quelle ist man dann natürlich mit Mozarts Attwoodstudien, darüberhinaus gibt es zahlreiche Theoriebücher, die den vierstimmigen Satz trainieren wollen.
Manche machen das ganz gut, manche weniger gut.
Einführung in den Kontrapunkt ist auch nicht schlecht, wobei dieser in der Klassik viel kürzer kommt, als in anderen Epochen. Wichtig zu wissen wäre das schon.

Wenn man sich erst mal mit Harmonik und Melodik und vor allem mit den historisch relevanten Harmonielehre beschäftigt hat, dann sind auch die Formen wichtig.
Der einfachste Einstieg ist natürlich mit Variationssatz und Rondo zu machen. Vor allem im Rondo gibt es relativ klare Richtlinien, wie man es formal aufbaut.
Dann kommt noch das Wissen hinzu, wie man Sätze und Perioden komponiert. So eine Sonate, aber auch ein Rondo besteht vor allem in der Wiener Klassik sehr aus einzelnen, kleingliedrigen Zellen, zwei, vier, bis zwölftaktigen Einheiten und Erweiterungen, Takterstickungen, Einschübe etc.
So fällt es auch viel einfacher größere Formen zu schaffen, als sich hinzusetzen und aus dem nichts eine ganze Achttaktige Periode zu erstellen.

Gerade das Rondo ist sehr gut zum Einstieg und vielleicht für dich auch mal ein Anfang eine größere Form zu schreiben. Denn solche Miniaturen gab es in der Wiener Klassik nicht so oft, bis gar nicht, mal ganz von den Details abgesehen (leere Quintklänge, etc.).
 
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Aha. Vielen Dank, das bringt mich schon weiter. Da weiß ich ja jetzt, wie ich mich an das Thema herantasten kann. Was das mit der Miniatur betrifft, wie schon gesagt, eine Übung, kein wirkliches Stück und ganz nebenbei: Es ist einfach schwer, größere Sachen zu komponieren (zumindest für mich Anfänger); ich denke, das kommt mit der Zeit.
Wo du leere Quintklänge ansprichst: Nicht gut, oder für Klassik unüblich, oder was?
 
Das war schon im Barock unüblich. Es war ein ganzer Prozess, bis sich die Terz im Schlussklang und überhaupt die Terz in den Klängen über die Renaissance hinweg etabliert hatte, da wollte man die Errungenschaft nicht so schnell aufgeben. Mozart nutzt an einer Stelle in seinem Requiem (ich glaube am Schluss des Kyrie) bewusst einen leeren Quintklang, um Reminiszenzen an die Renaissance zu erwecken, aber er ist was besonderes und nicht üblich in der Klassik.
 
OK, das ist gut zu wissen. Danke.
 
Wenn du dich erst mal mit der Harmonik und Stimmführung beschäftigen willst, dann täte dir wahrscheinlich Übung im Generalbass gut.

Wieso das denn, der wurde doch in der Klassik er aufgelöst, oder irre ich mich?
Außerdem sind doch bei einem Streichquartett alle Stimmen mehr oder weniger gleichberechtigt und keine ist dauerhaft Begleitung, oder?
 
Gerade bei Haydn und anderen Komponisten der Zeit (sogar bei Mozart) finden sich noch einige Ausschnitte aus der Oktavregel. In der geistlichen Musik war der Generalbass immer noch nicht wegzudenken. Musikalische Entwicklung war immer ein Prozess, da hat nichts das andere von einem Tag auf den nächsten abgelöst. Auch der Generalbass und das Generalbassdenken war immer noch im Hinterkopf der Komponisten dieser Zeit.
 
Hoffe, ich konnte etwas Klarheit schaffen ;)

Mmh:gruebel:, etwas schon, aber um wirklich zu sagen welche formalen Mittel hier schlechter/besser passen, müßte es noch ein klein bißchen mehr sein. Wie auch immer, Wiener Klassik ist nicht so meins. Vielleicht ist es keine schlechte Idee mal mit einem kleineren Rondo-Fragment zu beginnen, also nur der A-B-A-Anfang nur die Melodie und höchstens eine begleitende Stimme. Dann könnte man davon ausgehend sich überlegen, wie man dies "verbessert" (bspw., ob man besser in der Oberquinttonart tonal oder real antwortet/begleitet, oder was auch immer sich daraus ergibt), was als C-Teil ein schöner Kontrast wäre und wie man die zwei übrigen Instrumente "beschäftigt". Es wär' Dir dann zu wünschen, daß sich Leute mit größerem Interesse an dieser Stilrichtung als ich sich Deiner Fragen annehmen. Viel Erfolg dabei.

Ach ja, zu:
Generell sollen ja Stimmkreuzungen in polyphonen Werken vermieden werden

wäre noch zu sagen, daß sich c.a. seit dem 15./16. Jh nur Lagestimmen nicht kreuzen "sollten", dies aber zur Vermeidung fehlerhafter Stimmführung nie wirklich völlig abgeschafft wurde. Laut Wikipedia:
gelten beispielsweise klangliche Parallelen (auch stufenweise) als gerechtfertigt, sollten sich die Stimmen kreuzen.
Man kann also nicht generell sagen, daß dies nicht vorkommt/vorkommen sollte. Hängt halt wieder von Deinem motivischen Material ab.

Gruß,
MollParallel
 
Zuletzt bearbeitet:
Viel Erfolg dabei.
Dankeschön :great:

---------- Post hinzugefügt um 20:46:04 ---------- Letzter Beitrag war um 17:56:38 ----------

Dies ist nur eine kurze Frage, weshalb ich dafür keinen neuen Thread aufmachen möchte (außerdem passt sie hier auch ganz gut rein):
Ist es im klassischen Streicherquartett vonnöten, dass alle Stimmen insgesamt gleichberechtigt sind, oder dürfen z.B. Celli und Violen ständig eine Begleitfigur spielen und so also vor der Melodie in den Hintergrund rücken?
 
Ein gutes Streichquartett in der Wiener Klassik zeichnet sich dadurch aus, dass es "löchrig" und "versprengt" komponiert wird.
Man muss nicht immer alle Stimmen spielen lassen, manchmal können auch nur zwei Spielen oder sogar nur eine.
Das motivische Material durch die einzelnen Stimmen zu führen zeichnet die Kunstfertigkeit der Komposition aus.

Auch die Instrumentation ist wichtig. Ein Cello in hoher Lage hat eine deutlich andere Klangfarbe, als eine Violine in der gleichen.
Beethoven setzt es zum Beispiel bewusst am Anfang seines a-moll op. 132 Streichquartetts ein.
 
Ein gutes Streichquartett in der Wiener Klassik zeichnet sich dadurch aus, dass es "löchrig" und "versprengt" komponiert wird.
Man muss nicht immer alle Stimmen spielen lassen, manchmal können auch nur zwei Spielen oder sogar nur eine.
Das motivische Material durch die einzelnen Stimmen zu führen zeichnet die Kunstfertigkeit der Komposition aus.

Auch die Instrumentation ist wichtig. Ein Cello in hoher Lage hat eine deutlich andere Klangfarbe, als eine Violine in der gleichen.
Beethoven setzt es zum Beispiel bewusst am Anfang seines a-moll op. 132 Streichquartetts ein.
Das zielt leider nicht so ganz auf meine Frage ab. Dürfen eine oder mehrere Simmen das ganze Stück durch Begleitung spielen? Ich frage, da dies ja nicht im Sinne der Polyphonie ist...
 
Hi nochmal,

scheint mir hier nicht der richtige Ausdruck, aber wenn Du im Stile der Wiener Klassik ein Streichquartett in kammermusikalischen Satz anstrebst, dann solltest Du Dir klar machen, daß die Hauptmotivation für diese Art Musik gerade die war, die lediglich begleitende General-Bass-Linie des Barocks durch eine gleichberechtigtere mit solistischen Elementen gestaltete Bass-Stimme zu ersetzen. Um "LordAbstellhaken" mal zu zitieren:

Das motivische Material durch die einzelnen Stimmen zu führen zeichnet die Kunstfertigkeit der Komposition aus.

Vielleicht gibt es auch Ausnahmen (wie gesagt ist Wiener Klassik nicht so meins), aber so gefühlt würde ich eher sagen, für ein Streichquartett wohl eher nicht. Bei orchstralem Satz mag das anders aussehen. Wenn Du aber wirklich ein Streichquratett in diesem Stil gestalten willst, solltest Du vielleicht auch wissen, hier nach Wikipedia:

Es
entwickelte sich ... die Anschauung vom Streichquartett als der "anspruchsvollsten Gattung der Kammermusik"

Vielleicht solltest Du es erstmal 'ne Nummer kleiner probieren, wenn es wirklich 'ne "nicht sinnvolle" Übung sein soll. Ich bin auf jeden Fall neugierig auf weitere Posts und auf die Fortschritte dabei.:great:

Gruß,
MollParallel
 
Das zielt leider nicht so ganz auf meine Frage ab. Dürfen eine oder mehrere Simmen das ganze Stück durch Begleitung spielen? Ich frage, da dies ja nicht im Sinne der Polyphonie ist...

Wenn du Klavier spielst, wäre dir anzuraten, einfach mal ein paar entsprechende Quartette am Klavier zu spielen. Bevor du nicht wirklich handfesten Umgang mit dem Material hast, ist jegliches Herumtheoretisieren Schöngeisterei.
 
Das zielt leider nicht so ganz auf meine Frage ab. Dürfen eine oder mehrere Simmen das ganze Stück durch Begleitung spielen? Ich frage, da dies ja nicht im Sinne der Polyphonie ist...

Im zweiten Satz des Kaiserquartetts von Haydn spielen eine oder mehrere Stimmen ausschließlich Begleitung. In verschiedenen Variationen wird der cantus-firmus über das Thema "Gott erhalte Franz, den Kaiser" begleitet.

Video
Noten (S. 12 bzw. S. 150) (Vorsicht, erster Link wurde mit Werbung überschrieben.)

Weitere Noten von Streichquartetten der Wiener Klassik, kannst Du auf diese Weise suchen (Komponist entsprechend ersetzen) und analysieren.

Viele Grüße

Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank dann nochmal für eure Antworten. Ich werde mal schauen, was ich mir so ansehen kann un dann weitere Versuche unternehmen, auch mal etwas längeres zu schreiben.

Bis dahin,
Fero63.
 

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