Kreativität- unglückliche Menschen schreiben bessere Songs?

  • Ersteller oasis 8
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Musik, die Aussagen macht.

Nein, dem Satz kann ich mich nicht anschließen. Natürlich: die Botschaft ist, was beim Hörer ankommt, doch muss immer noch zwischen Sender und Empfänger unterschieden werden. Ob Musik über sich, über den Komponisten, den Enstehungsort, das Entstehungsjahr oder die Politik Aussagen macht, wird meist verschieden betrachtet. Sogar Wörter können an Bedeutung verlieren, selbst zu Musik werden in manchen Genres – die Betonung liegt schon jetzt im Populären am Klang, an Soundlabels. „Let’s go!“, „Tonight!“, „Yeah!“, dann weiter Geräusche, Soundeffekte, bis hin zu Bruchstücken bekannter Themen – und schließlich harmonische Zusammenhänge, wo ein Beethoven einen Mozart zitiert, und Referenzen in Form bestimmter Kadenzierungen gemacht werden. So verstehe ich diese Musik manchmal – das kommt bei mir an, und bei anderen wieder nicht.

So gibt es nun Überlegungen, wieviele Aussagen ein Stück Musik nun macht, hier kommen verschiedene Disziplinen zum Einsatz – und nun meinen manche, dass all das reduziert werden muss, dass Musik nur noch Aussagen über sich selbst machen kann, als absolut dastehen soll, wenn der Rezipient und Komponist selbst weit entfernt davon ist, das zu sein? Wird Musik also so erhoben, so versucht, etwas Neues zu finden? Und diejenigen, die nichts damit anfangen können, stehen als Unwissende einfach noch viel weiter drunter, viel weiter entfernt von der Erleuchtung? *schmunzel*

Damit kann ich mit Musik nichts mitteilen, noch nicht einmal mit meinen Worten direkt. Und viele große Texter sind sich dessen wohl bewusst: „How many roads must a man walk down before you call him a man?“ Viele Fragen werden gestellt, und die Antwort? Es gibt keine Antwort, keine Reaktion, die answer ist blowing in the wind, irgendwo, nur nicht in der Musik geschweige denn im Text, Baby! Und jemand schreit „Too many!“, und viele andere feuern ihn an, aber das war SEINE Antwort – DIE Antwort wird vom Wind weitergetragen, für den Menschen nicht erreichbar. Vielleicht sogar über ihm stehend, wie die absolute Musik. ;)


Und damit spreche ich mich dagegen aus, Musik und Text nicht als ähnliche Phänomene betrachten zu können.

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So, was ist das jetzt? Das sind Zeichen, jedoch nicht in dem Sinne, dass sie für etwas direkt stehen. Und trotzdem finde ich sie nicht schlecht, habe durchaus noch etwas daran gefeilt, und in dieser Form gefällt mir das. Teilt es etwas mit, oder steht es absolut für sich da? Sagt es etwas über sich aus, wenn ja, was? Würde man es Unsinn nennen? Was wäre, wenn es in einem anderen Kontext, nicht inmitten eines ernsthaften Beitrages, sondern in der Signatur oder im Thema „Spammt herum, hahah!“ stehen würde?
The answer ist blowing in the wind, oder auch nicht (obwohl ich doch darüber sprach vorhin)!) – Woeöerter können so böse sein, und wenn jemand halbwegs umgehen kann damit, ist jede Spur von Bedeutung und Sinn verloren. Sprach3 k4nn mehr als Transportmittel sein, sogar856 hier. =%%.=)


Was ist für dich ein „gelungenes Kunstwerk“? Gibt es Beispiele, wo jemandem ein Kunstwerk gelingt und danach daran zugrunde ging? Beziehungsweise Beispiele für gelungene Kunstwerke allgemein?



Sehr anregend deine Beiträge, muss ich sagen. Wo in Österreich wohnst du denn, wenn man fragen darf? ;)
 
Und nun ist alles kaputt, was ich mir ausgedacht und niedergeschrieben habe. Drücke ich mitten in einem Musikstück am Klavier eine falsche Taste, dann ist das natürlich ein Vergehen und in so manchem zweiten Satz einer Sonate, wo ein jeder Ton auf das Gehörtwerden drängt, an unpassender Stelle je nach Gewichtung durchaus fatal, aber nie macht man sich dadurch alle Chancen tatsächlich zunichte, ein vergebungsbereites Publikum oder eine humane Prüfungskommission vorausgesetzt. Wo Computer und Technik hingegen im Spiel sind, bedeutet eine falsch gedrückte Taste manchmal das absolute Aus, und ob dieses nun in Millisekunden ein Gedankenkonstrukt wegfegt kümmert die Technik ja recht wenig. Aber so ein Text existiert ja nicht in der Zeit, sondern ist, wie man sagt oder auch nicht sagt, zumindest nicht im Bewusstsein der einzig möglichen unmittelbaren Bedeutung des Wortes: zeitlos! denn was letztendlich die Musik von der Sprache unterscheidet, ist ja, dass sie (die Musik, nicht die Sprache!) die Zeit braucht, um existieren zu können, im Gegensatz zur Sprache, der alleine durch unsere menschlichen Barrieren Grenzen gesetzt sind und der die Zeit schlussendlich ja egal sein kann.

Aber um da anzuknüpfen, wo ich aufgehört habe, nämlich mit einigen Gedanken zum Thema Aussage in der Musik (oder war es ein Wutschrei? Allerdings muss es ein erdachter und kein tatsächlich akustischer gewesen sein, denn an einen solchen kann ich mich im Moment nicht erinnern. Ich vermute, es liegt daran, dass ich seit meinem Studienbeginn mehr Partituren als früher klanglich lesen muss und das ständige Schulen von Einbildungskraft sich nun auch in Alltäglichkeiten wie kleinen Wutausbrüchen niederschlägt: sich ein Klanggebilde zu erdenken kann, und das weiß ja auch ein jeder Komponist, dem bei der ersten Probe seines neuen Werkes die Haare zu Berge stehen, weil er sich diese vorher, wie man sagt, gerauft hat, sich also ein solches zu erdenken kann ein weitaus höheres Vergnügen darstellen als die tatsächliche letztendliche klangliche Realisierung desselben. Und in diesem meinen Falle würde diese am Mangel dessen scheitern, was man allgemein mit Stimmgewalt bezeichnet), eine Aussage in der Musik sehe ich ausnahmslos an als eine Aussage des Kunstwerkes über sich selbst an, und zwar im einzig möglichen Sinn der Sache, was da heißt: weder über den Komponisten, den Enstehungsort, das Entstehungsjahr noch die Politik. Derlei Aussagen sind nicht evident, und dort, wo man meint, sie zu erkennen, müssen sie sich einen Kontext zu eigen machen, der auf Prämissen setzt, die wir zwangsläufig als ungesichert annehmen oder eben: nicht annehmen müssen. Über eine musikalische Sache ist im Augenblick des Hörens nichts gewiss und alles in Zweifel zu ziehen, selbst profane Dinge, und gesichert lediglich eine einzige Ausnahme, nämlich jene, dass Musik im Moment des Hörens tatsächlich ist - das gedankliche Hören in diesem Falle mit eingeschlossen. Eine Aussage in der Musik ist also meinem Musikverständnis immer auf diesen Kern zu reduzieren und die Gewissheit, dass Musik, von jeglichen Idealisierungen und gedanklichen Ausschmückungen des Rezipienten befreit, nur über sich selbst Auskunft gibt. Und um dieses Missverständnis nun vollends auszuräumen, und ein Missverständnis wars ja offenbar, doch vielleicht jetzt noch mehr, aber das mal außen vor gelassen, sei hier also gesagt, dass ich, wenn ich davon spreche, dass ich "mit Musik den Menschen etwas Neues mitteilen will", tatsächlich eine Mitteilung von Musik über Musik meine und folgerichtig also Musik, die aus sich selbst heraus, frei von weltlichen Konnotationen, besteht.

Zur Ähnlichkeit zwischen Sprache und Musik merke ich an, dass ich diese auch nirgendwo in Abrede oder Frage gestellt, sondern lediglich die Unterschiede zu benennen versucht habe, welche sie voneinander trennen. Die Gemeinsamkeit findet sich ebendort, wo beide darin bestehen, dass Einzelereignisse in größere Sinneszusammenhänge gestellt werden, was Form schafft. Doch der fundamentale Unterschied bleibt davon unberührt: Sprache existiert auf der Ebene des Prinzips etwas steht für etwas, während Musik nur für sich selbst zu stehen braucht. Dass ebendiese Überlegung hinsichtlich Fantasiesprache nicht greift, ist mir wohl bewusst (diesem für mich doch recht interessanten Umstand habe ich vor einigen Wochen in einer Komposition Rechnung getragen). Folglich scheint mir, will ich an dieser Auffassung festhalten, und das will ich ja, die Idee des romantischen Konstrukts "Sprache der Musik" ebenso unhaltbar wie der sinngemäß verstandene (wohlgemerkt: selbst noch so vage Bedeutungen sind mitnichten gleichzusetzen mit völligem Fürsichselbststehen!) Begriff einer tatsächlichen "Fantasiesprache". Löst sich Sprache von ihrer Aufgabe als Transportmedium, so verliert sie ihr Sprachsein.

Ein gelungenes Kunstwerk schafft sich aus der vollkommenen Kontrolle seiner Bestandteile sowie des Kunstwerkes als Ganzem. Notwendig für das Scheitern sind Momente der Nicht-Kontrolle, der Unhaltbarkeit, wie ich nicht grundsätzlich, aber im Augenblick doch gerne sage. Vollumfänglich gelungene Kunstwerke, würde ich sagen, finden sich in der Schule des Serialismus sowie verschiedenen Werken der Postmoderne, aber tatsächlich sage ich das ja nicht, weil ebendiese Werke für mich aus einem ganz anderen Grund keine Kunst, sondern eine Form von Wissenschaft sind, wie auch dieses Thema ein wiederrum anderes.

Ich bin Student in Salzburg mit oberösterreichischem Migrationshintergrund. Wobei mir Salzburg im Grunde verhasst ist.
 
Viele Manisch-Depressive Menschen haben in ihren Manischen Phasen ein Höchstmaß an Kreativität bewiesen...
Dennoch möchte ich jetzt nicht manisch-depressiv werden um ein guter Künstler zu werden!!
 
Viele Manisch-Depressive Menschen haben in ihren Manischen Phasen ein Höchstmaß an Kreativität bewiesen...
Dennoch möchte ich jetzt nicht manisch-depressiv werden um ein guter Künstler zu werden!!

Sehr vernünftige Sichtweise.

Nachtrag: überhaupt ist ja die Manie eine Sache, die umzuwandeln in tatsächliche Kreativität und weiters in einen tatsächlichen Arbeitsfluss zu lenken nur wenigen gelingt, zu diesem Kreis gehöre ich ja leider nicht dazu. Manische Phasen erlebe ich eher wie Wasser in hohlen Händen gehalten, welches aus diesen entspringt: man sieht es freudig sprudeln und kann es ob seiner Menge nicht festhalten, und versucht man es, versiegt es wie ein verhexter Quell in der Wüste, sobald man sich ihm nähert. Was bleibt, ist letztendlich die Möglichkeit, sich mit dem Schicksal auszusöhnen und dem Plätschern schlichtweg nur zuzusehen, eine Lektion, die ebenso schwer zu befolgen ist wie das in Museen neugierigen Kinderhänden auferlegte Verbot, nichts anzufassen.
 
Die Erfordernisse sind heutzutage eh komplett andere. Wenn ich den heutigen "Prototyp Musiker" erkläre, dann ziehe ich zur Umschreibung gerne den zielorientierten Jungunternehmer heran, der als Mensch besonders genug ist um seiner Kreativität Raum zu gewähren, aber gleichzeitig so bodenständig, dass dies nur in kontrollierten Bahnen geschieht.

Meiner Auffassung nach hat uns der Siegeszug des Internet eine grosse Welle der Rationalität eingebrockt. Und wir Kreativlinge haben gedacht, wir könnten unseren emotionalen Küpnstlerquatsch einfach so in Nullen und Einsen umwandeln. Doch all die geilen Charisma-Gurus, die es gewohnt waren emotional die Feder zu schwingen und wie selbstverständlich den Ton anzugeben, wurden von Otto-Normal-User auf dessen Kleinformat zurechtgestutzt. Temprament ist nunmal kein benötigter Bestandteil einer Online-Identität. Und deine 20 Jahre Szene-Erfahrung sind angesichts der Allmacht des allwissenden Gott Google auch einen Scheiss wert. Wer sagt denn, dass deine sentimentalen Erinnerungen mehr wert sind, als eine zeitgeschichtliche Faktensammlung? Also klappe zu altgedienter Offliner, Generation Me startet die Webcam und macht jetzt selbst Kunst.

Vielleicht sind diese nichtrauchenden Merchandise-Seller mit Nebenprodukt Klangerzeugung ja die besseren Vorbilder. Eine Evolution weg vom selbstzerstörerischen Rock 'N Roll. Vielleicht ist all die Emotionalität und Sentimentalität, die ich persönlich mit in die Waagschale werfe nur Gewicht. Vielleicht hat es mich vom akribischen üben abgehalten und meine Gesundheit gefährdet. Vielleicht sehe ich irgendwann ein, dass meine Musik dadurch nicht besser ist, sondern einfach nur technisch nicht so anspruchsvoll, wie die eines kühlen, zielstrebigen Kopfes.

Wahrscheinlich aber ist es einfach so, dass die Idioten heutzutage einfach nicht mehr kapieren was Musik wirklich wertvoll macht :D

So oder so: Seelische Krankheiten sind immer ein Hindernis ... aber der Weg dorthin erzeugt eine Menge kreativer Energie. Ich kenne allerdings niemand, der dies ungezwungen auf sich genommen hätte um ein bedeutungsvollererer Musiker zu werden. Das wäre m.E. der größtmögliche Depp aller Zeiten.
 
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Und wir Kreativlinge haben gedacht, wir könnten unseren emotionalen Küpnstlerquatsch einfach so in Nullen und Einsen umwandeln.
Das verstehe ich nicht so recht. Was hält dich davon ab? Das ist doch so einfach wie noch nie.
 
Wir sind doch alle ein bisschen neurotisch, was die Kunst angeht. Das sollte man akzeptieren, denn es hilft ungemein, damit umzugehen. Ich weiß nicht, ob ich da einen größeren Generationenkonflikt sehe, als den ohnehin altbekannten. Du schreibst jetzt vom Internet und der Generation Me. Nicht, dass ich das nicht auch teilweise ähnlich sehen würde. Aber es war doch früher nicht anders. Erst beklagte man, dass die Komponisten des Impressionismus nur noch mit Effekten jonglieren würden, kurz darauf kam diese schreckliche Dschungelmusik und machte, dass die Jugend sich bewegte, wie offensichtlich vom Teufel besessen. Dann jagten sie noch Strom durch ihre Gitarren und ersetzten den Kesselklopfer ein paar Jahre später noch durch einen Taschenrechner, der zwar nur annähernd an das Getöse des beseelten Hans Dampf heranreichte, dafür aber den Takt halten konnte. Ich glaube, wir werden nicht sicher sein vor weiteren "grauslichen" Entwicklungen. Aber beim Internet ist es doch auch so, dass gerade junge Musiker / Bands / Komponisten / Künstler (was auch immer auf der Fahne steht) die Möglichkeit haben, sich Gehör zu verschaffen und Feedback zu bekommen, was früher eine ganze Ecke schwieriger war. Klar, warum nicht erst den Weg durch die Clubs antreten und vor einer Handvoll Leuten spielen, denen es egal ist, wem sie die Bierflaschen an die Rübe klatschen. Aber was, wenn sich bisher noch nicht einmal die Leute für eine Bandgründung oder ein Projekt gefunden haben? Oder wenn die "most supportive crowd" in einem anderen Staate residiert? Es ist in meinen Augen auf jeden Fall keine allzu schlecht Entwicklung, wenn man die Möglichkeit hat, den Major Labels das Zepter etwas aus der Hand zu nehmen, oder ihnen zumindest den Weg in die Zukunft zu zeigen, denn genug verpennt haben sie allemal.
 
Aber beim Internet ist es doch auch so, dass gerade junge Musiker / Bands / Komponisten / Künstler (was auch immer auf der Fahne steht) die Möglichkeit haben, sich Gehör zu verschaffen und Feedback zu bekommen, was früher eine ganze Ecke schwieriger war. Klar, warum nicht erst den Weg durch die Clubs antreten und vor einer Handvoll Leuten spielen, denen es egal ist, wem sie die Bierflaschen an die Rübe klatschen. Aber was, wenn sich bisher noch nicht einmal die Leute für eine Bandgründung oder ein Projekt gefunden haben? Oder wenn die "most supportive crowd" in einem anderen Staate residiert? Es ist in meinen Augen auf jeden Fall keine allzu schlecht Entwicklung, wenn man die Möglichkeit hat, den Major Labels das Zepter etwas aus der Hand zu nehmen, oder ihnen zumindest den Weg in die Zukunft zu zeigen, denn genug verpennt haben sie allemal.

Das ist zwar jetzt nicht mehr wirklich am Thema entlang, aber weil das so unglaublich richtig ist, greif' ich eben noch mal auf.

Ich mache das jetzt seit über dreißig Jahren und fest steht:

1. Es war noch nie so leicht, brauchbare Produktionen einzuspielen und abzuliefern.
2. Es war noch nie so preiswert.
3. Es war noch nie so leicht an Gigs zu kommen.
4. Es gab noch nie so viele Läden mit Stammpublikum für Live-Veranstaltungen.
5. Kommunikation war nie so einfach.

Früher war gar nichts besser...rein gar nichts. Zumindest nicht für Hobbymucker wie mich.


Sorry für OT...:)
 
Das verstehe ich nicht so recht. Was hält dich davon ab? Das ist doch so einfach wie noch nie.

Das schon, aber auch so irrelevant wie nie. Zum einen ist der hohe Anteil in Richtung digital verschobener Alltagskommunikation minderwertiger, zum anderen findet durch den erhöhten Informationsfluss im Netz eine Entzauberung statt und fördert eine kann-ich-auch-Attitüde, aus der zwar häufig ein kann-ich-doch-nicht-Geschichte wird, der begeisterte passive Musik-Fan ist aber trotzdem zum kritischen Pseudo-Experten mutiert und somit verloren.
Das widerum ergibt eine schier unüberblickbare Flut an medialen Inhalten, vor der uns früher bspw. die Musik-Journalisten bewahrt haben und mit geschmackvoller Vorselektierung dafür gesorgt haben, dass wir Dinge wie Trends, Jugendkultur und Zeitgeist erlebt haben. Die Kids heutzutage leben ja quasi nur noch aus unseren Archiven und haben kaum mehr Motivation als selbigem mit ihren Youtube-Handys noch ein paar schlecht aufgezeichnete Mitschnitte mehr hinzuzufügen.

Ich weiss bald nicht mehr, was ich da eigentlich noch soll. Ehrlich. Ich bin mit den Mythen und Legenden der 80er und beginnenden 90er gross geworden. Nun arbeite ich selbst in dieser Branche und lerne Leute und Orte kennen, die wie Museen und Ruinen ein mattes Abbild einster Lebendigkeit abbilden. Dieser Rock 'N Roll ist weder gross, noch gefährlich, noch frei - er ist einfach nur ein recht schlecht laufendes Geschäft. Spinnereien kann sich hier niemand leisten.
 
Ich weiss bald nicht mehr, was ich da eigentlich noch soll. Ehrlich. Ich bin mit den Mythen und Legenden der 80er und beginnenden 90er gross geworden. Nun arbeite ich selbst in dieser Branche und lerne Leute und Orte kennen, die wie Museen und Ruinen ein mattes Abbild einster Lebendigkeit abbilden. Dieser Rock 'N Roll ist weder gross, noch gefährlich, noch frei - er ist einfach nur ein recht schlecht laufendes Geschäft. Spinnereien kann sich hier niemand leisten.
Mir hat diese Heldenverehrung einiger im Grunde armseeliger Gestalten sowieso nie geschmeckt. Was du beklagst ist dass die Kids heute sich nicht mehr so von Plattenfirmen und Magazinen verarschen lassen und sich ihre Jugendkultur selber schaffen und sich diese nicht vorkauen lassen.
Ich stimme dir zu dass es diese Entzauberung gibt. Aber ich finde sie absolut geil. Dann geht es auf Dauer vielleicht mal wieder um die Musik, nicht um das Image des Künstlers.

Um mal einen Bogen zum Thema zu spannen: Ich denke diese hochgepuschten Superstars die von der Musikjournalie ausgerufene Jugendkulturen und Trends angeführt hatten sind nicht von ungefähr oft abgestürzt. Ich halte das nicht für gesund was da passiert ist.
Mir ist zum Beispiel der neue Trent Reznor der das Informationszeitalter einfach verstanden hat, in Kontakt zu seinen Fans bleibt, ihnen die Werkzeuge für genau dieses "selber machen" in die Hand gibt und offensichtlich ein glücklicheres Leben führt deutlich lieber als das damalige Drogenopfer. Und im Gegensatz zu anderen hat er (zumindest imo) musikalisch kein Stück abgebaut auf seine alten Tage.
 
Wozu ist ein Traumschloss denn sonst gut? Wenn du es für jedermann öffnest und alle Trampolin auf den Betten der heiligen Gemächer springen, bleibt davon allenfalls ein zweckentfremdetes denkmalgeschütztes Gebäude übrig.

Das ist so eine Form des Casual-Lifestyles, die mir komplett fremd ist. Es soll Leute geben, die sich ein iPad mit Garage Band kaufen um vorproduzierte Akkorde übereinanderzustapeln. Was soll das? Wieso meint jeder alles tun zu müssen und dabei für jeden interessant zu sein? Ich erwarte doch auch nicht, dass mir das halbe Internet zuguckt, wenn ich mit meinen Freunden Fußball spiele. Und warum - weil ich es nicht kann..

Natürlich war Rock 'N Roll immer schon Inszenierung, Gimmick und Doppelleben. Aber auf eine geile Art. Das gibt's heutzutage sicher auch noch irgendwo. Aber eher Kommunen-artig. Nicht im grossen Stil mit all den grossen Träumen und Möglichkeiten.
Wer heute stolz in den Pfaden kaputter Helden wandelt, geht mit ziemlicher Sicherheit kaputt, ohne eine faire Chance gehabt zu haben dabei selbst ein Held zu werden ;) Und das macht mich so verdammt traurig. Denn es hat auch was mit Hingabe zu tun. Musik ist schliesslich eine der wenigen Möglichkeiten für persönlichkeitsgestörte Talente dem vorprogrammierten Scheitern auf wenigstens einer Ebene zu entfliehen. Es ist zu schade, dieses wunderbare Feld den Normalos zu überlassen. Die haben doch eh schon alles andere.
 
Das ist so eine Form des Casual-Lifestyles, die mir komplett fremd ist. Es soll Leute geben, die sich ein iPad mit Garage Band kaufen um vorproduzierte Akkorde übereinanderzustapeln. Was soll das? Wieso meint jeder alles tun zu müssen und dabei für jeden interessant zu sein? Ich erwarte doch auch nicht, dass mir das halbe Internet zuguckt, wenn ich mit meinen Freunden Fußball spiele. Und warum - weil ich es nicht kann..
Ich fühle mich gerade an diesen Comic erinnert - da geht es um Rockband und nicht um Garageband auf dem iPad, aber die Kritik geht wohl in die gleiche Richtung:
rock_band.png


Lass die Leute doch ihren Spaß damit. Entweder ist das ein (Musik)Spielzeug was mit wirklicher Musik einfach nix zu tun oder es ist ein Einstieg, denn wer dabei merkt dass ihm Musik machen wirklich Freude bereitet wird sich auf Dauer auch "richtige" Werkzeuge dazu besorgen.

Ich sehe gerade eine irren kreativen Schub. Mehr gute Musik als ich jemals hören kann und ständige Weiterentwicklung. Und dass ein paar ältere Musiker (jetzt nicht unbedingt auf dich bezogen) ihre Felle wegschwimmen sehen weil offensichtlich wird dass sie so besondere Menschen gar nicht sind und auch ein guter Teil der "Normalos" ebenso gestört, kreativ und sendungsbewusst sein können wie sie ist dann klar, aber ignorierbar.

Schau dir doch die Lebensläufe deiner alten Helden mal an. So gut wie alle die ihren Erfolg lange aufrecht erhalten haben waren die die gute Geschäftsleute waren, in sehr vielen Fällen sogar inklusive einem BWL (oder vergleichbaren) Studium. Heute kann allerdings jeder, egal ob er im Geschäft untergehen würde oder wie abseitig und ungewöhnlich seine Ideen sind einfach in die Welt hinaus senden, und man wird im zuhören wenn das was er macht einen Wert hat.


Fühlst du dich irgendwie um das Rockstarleben betrogen? Meinst du du wärst damals einer der vom Label auserwählten gewesen?
 
Früher stand im Wohnzimmer jeder anständigen Familie ein Klavier, man hat zusammen musiziert und dies galt als "quality time". Viele der größten Komponisten haben auf diese Weise früh zur Musik gefunden und ihr Talent konnte erkannt und gefördert werden. Es tut mir leid, wenn ich da nicht die Meinung teilen kann, dass die Zeiten besser waren, als tatsächlich weniger Menschen Musik gemacht haben, dafür aber ein künstlicher Hype um - zu allem Überfluss auch noch - von "Sachverständigen" oder Marktanalysten erwählten Superstars betrieben wurde. Bis hin zur Verehrung, zum Groupiekult. Mit Sicherheit die besten, dankbarsten Kunden für die Musikindustrie, die ohne mit der Wimper zu zucken jede CD und jeden Merchandise-Artikel kaufen, wenn damit dann nur sichergestellt ist, dass man sich zu den allertreusten Fans zählen kann. Denn der liebe Robby hat ja beim letzten Stadionkonzert ganz klar in meine Richtung geschielt und gesagt, dass er das alles nur mir zu verdanken hat und dass der nächste Song echt auf jeden Fall nur so für mich ist und so.

Ich unterscheide auf jeden Fall auch zwischen Leuten, die auf dem iPad fertige Akkorde anwählen, solchen, die ein Instrument spielen und sonst nichts, solchen, die eine Musikrichtung anpeilen und solchen, die aus möglichst vielen Richtungen ihre Inspiration schöpfen und am Ende wirklich etwas Hörenswertes zustande bringen. Gerne zähle ich mich zu letzter Gruppe. ;) Aber was ist jetzt mit den großen Sammlern? Die ganze Wände voll Platten haben, aber nicht einen Akkord benennen können? Die 20 Gitarren rumstehen haben, aber sie nicht einmal stimmen könnten? Wir können uns immer wieder ein neues Feindbild suchen und sagen, der eine macht aus den falschen Gründen Musik, der andere hört aus den falschen Gründen Musik. Aber das gibt es überall und das hat noch niemanden weiter gebracht. Das ist wie Automarken vergleichen. Was mich ein bisschen irritiert, ist natürlich, wenn jemand aus der Branche kommt, wie David_MiS, und dann gleichzeitig für die Branche plädiert, dass eine gewisse Monopolstellung total positiv ist und zu "geilen" Ergebnissen führt. Klar, soll jeder seine Idole haben, wenn er möchte. Aber dass ich heute Radio aus UK und Bands hören kann, die ich sonst niemals hätte hören können, geschweige denn Solokünstler, die in meiner Stadt nie auftreten? Dazu fällt mir eigentlich nur ein: That's fucking brilliant!

:)
 
Fühlst du dich irgendwie um das Rockstarleben betrogen? Meinst du du wärst damals einer der vom Label auserwählten gewesen?

Ich habe keine Ahnung wie ich mich damals geschlagen hätte. Ich hätte aber wahrscheinlich mehr Sinn darin gesehen die Energie für eine Musikerkarriere aufzubringen und hätte mich leichter getan motiviertere Mitmusiker zu finden.
Mehr noch stört mich jedoch die Werteverschiebung. Alles was ich am Rock 'N Roll je geil fand' ist irrelvant geworden. Ich bin nicht Jedermann, ich kann Jedermann nicht leiden und diese Position hatte damals ein gutes Standing. Heute ist Musik von Jedermann für Jedermann und das funktioniert am besten wenn Jedermann sich mit Jedermann vernetzt. ,Das empfinde ich als Wilderei in einem Territorium, welches einem anderen Schlag Menschen zusteht.
 
Mehr noch stört mich jedoch die Werteverschiebung. Alles was ich am Rock 'N Roll je geil fand' ist irrelvant geworden.
Das könnte auch daran liegen das Rock n Roll irrelevant geworden ist. ;) Zumindest das was man unter klassischem Rock versteht ist einfach nicht mehr neu und erst recht nicht aufregend. Stell dir Siedler vor die in die Einöde vordringen um Neuland zu entdecken. Irgendwann, nach einer wilden und aufregenden Zeit haben sie sich häuslich nieder gelassen und sind unzufrieden dass nicht mehr sie für "neu und aufregend" gehalten werden sondern die Leute die anderswo neue Grenzen verschieben.

Ich bin nicht Jedermann, ich kann Jedermann nicht leiden und diese Position hatte damals ein gutes Standing. Heute ist Musik von Jedermann für Jedermann und das funktioniert am besten wenn Jedermann sich mit Jedermann vernetzt. ,Das empfinde ich als Wilderei in einem Territorium, welches einem anderen Schlag Menschen zusteht.
Also geht es im Endeffekt um den Elitestatus des Musikers, die Unnahbarkeit und die Überlegenheit gegenüber dem Pöpel der gefälligst zu jubeln und zu zahlen hat, aber bitte nicht selber Musik machen soll, und erst recht keine Gute. ;) Sorry, ich übertreibe hier mal wieder maßlos, ich hoffe du fühlst dich nicht angegriffen. Ich versuche nur heraus zu arbeiten was dich so stört.
 
Was würdest du als neu und aufgrend bezeichnen? Was durchstösst deiner Meinung nach Grenzen? Diese ganze Internet-Geschichte mal ausgeklammert...
 
Was würdest du als neu und aufgrend bezeichnen? Was durchstösst deiner Meinung nach Grenzen? Diese ganze Internet-Geschichte mal ausgeklammert...
In der letzten Zeit fand ich zum Beispiel wahnsinnig aufregend fand war Post-Dupstep. Wie auf einmal die Stilmittel des Dupsteps der in Sachen Härte bis ins letzte ausgereizt wurde auf ruhige, oft akustische Musik prallten und perfekt integriert wurden. Aufregend fand ich die Entwicklung von Minimal und Elektromusiker die der heutigen Technik immer mehr komplett live spielen können und wie sich dass dann in ihren Produktionen nieder schlägt. (hör dir mal chronolisch die Trentemoller Discografie durch, dann weißt du was ich meine)
Neu fand ich irgendwie auch Sachen wie Entertainment for the Braindead was im Grunde sehr ruhiger Folk ist, sich aber in Bergen aus Klängen und akustischen Instrumenten manifestiert und live als ein-Frau Show mittels Looper erzeugt wird.
Da fallen sicher auch Sachen wie Kutiman rein der Musikstücke aus Youtube-Videos mischt.

Nur mal als Ausschnitte meiner Wahrnehmung. Es gibt ja auch noch eine Menge Rockbands die neues machen (dann ist es meistens auch ziemlich schnell kein Rock mehr), aber die allermeisten Hardrockband hätte es so vor 20 Jahren auch schon geben können, und genau das scheint ja oft auch das erklärte Ziel zu sein.
 
Was mir auch bei deiner Antwort auffällt, weil ich es schon öfter in diesem Zusammenhang bemerkt habe: Immer wenn ich Leute nach dem neuensten Ding frage kommt es a.) aus der elektronischen Ecke und b.) ist es eine rein musikalische Erscheinung ohne subkulturellen Hintergrund. Das einzige, das kulturell mit einfliesst ist die kreative Nutzung des Internets zur Promotion - eine BWLer-Tugend. Genau das Gegenteil von Anti-Establishment. Es wäre interessant, ob man mit letzterem heutzutage überhaupt noch eine Masse generieren kann. Jetzt mal abseits von 30 Jahre altem Punk-Geblubber ... etwas zeitgemässes...
 
Was mir auch bei deiner Antwort auffällt, weil ich es schon öfter in diesem Zusammenhang bemerkt habe: Immer wenn ich Leute nach dem neuensten Ding frage kommt es a.) aus der elektronischen Ecke und b.) ist es eine rein musikalische Erscheinung ohne subkulturellen Hintergrund.
Das sehr viel neues aus der elektronischen Ecke kommt liegt nun mal daran dass das mittlerweile ein normales Instrument geworden ist. Es gibt doch kaum noch nicht-elektronische Musik wenn man als Maßstab nimmt dass kein elektronischer Klangerzeuger im Spiel sein darf. Meine Beispiele gerade stehen fast alle auch mit analogen Instrumenten auf der Bühne. Warum sollte man zum Beispiel keinen Looper benutzen wenn man damit alleine mit ein paar Saiteninstrumenten eine ganze Band ersetzen kann?
Das Macbook steht halt mittlerweile voll gleichberechtigt nebem dem Schlagzeug auf der Bühne. Ich unterscheide da im Grunde auch nicht mehr. Bei solcher Musik ist im Grunde oft mehr handgemacht als bei der üblichen Rockproduktion wo jeder Schlagzeugschlag gerade gerückt oder gleich programmiert wird - falls das ein Qualitätskriterium sein sollte, was ich nicht so sehe.

Und dass es keine Subkulturen im früheren Sinne mehr gibt - da würde ich dir durchaus zustimmen. Das liegt auch durchaus am Internet, dessen Benutzung alles andere als eine BWLer Tugend ist und wo man auch keine Chance hat es zu verstehen wenn man es so auffasst. Man braucht sich halt nicht mehr in kleinen Szenen fest organisieren wo man mit standardisierter Denkweise und gleichschalteten Musikgeschmack eine Zugehörigkeit entwickeln kann. Das funktioniert im Grunde nur noch richtig in Szenen die wirklich von der Gesellschaft nicht anerkannt werden, wie zum Beispiel bei Neo-Nazis.

d. Genau das Gegenteil von Anti-Establishment. Es wäre interessant, ob man mit letzterem heutzutage überhaupt noch eine Masse generieren kann.
Was willst du denn? Du willst gegen das System sein, aber genau damit Mainstream sein? Das kann nicht funktionieren und hat auch damals nicht funktioniert.

Vor allem gegen welches System? Gegen das System der bösen Plattenbosse? Musiker die genau das machen was sie wollen und dabei ohne die Infrastruktur auskommen sind derart viel mehr Anti-Establishment als es irgendein früherer Major-Label Rocker jemals war. Gesellschaftlich? Auf schräge Anti-Atomkraft Kumbaja Songs kann ich verzichten, auf dumpfe politische Parolen in Songs gegossen auch. Gegen den musikalischen Mainstream - so es ihn überhaupt noch gibt. Das sind Millionen von Künstlern, heute mehr als früher.

Vielleicht bin ich anspruchslos, aber ich betrachte Musik unter musikalischen Gesichtspunkten. Ich brauch dazu keine Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder einer Subkultur.
 
^ What he said. Wenn du dich von anderen distanzieren willst, dann kannst du das doch tun. Wie kann man sich darüber aufregen, dass heute viele Musikgeschmäcker toleriert werden? Was würdest du in einer Subkultur wollen, wenn sich mal dein Musikgeschmack ändern sollte? Das muss ja ganz ein tolles Gefühl sein, wenn dann die "Genossen" sagen "Was? Du hörst zuhause manchmal Drum'n'Bass? Da ist die Tür!" Da hätte ich überhaupt keinen Bock zu. In meinem Freundeskreis ist eigentlich so ziemlich jeder Geschmack vertreten. Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass ich mir einrede, die Leute einfach nicht mehr zu verstehen, die meistens was Anderes als ich hören... Hartes Brot. Aber wer gerade das vermisst, kann sich doch so einen Freundeskreis selbst einrichten und muss sich da nicht über andere aufregen.
 

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