wir haben an der Staatsoper ein Projekt Jugendarbeit laufen. Das Problem für Jugendliche ist ja nicht unbedingt die klassische Musik, sondern das Umfeld, in dem sie stattfindet (siehe die Beiträge "ist klassische Musik elitär?")
Wir arbeiten bevorzugt mit Schülern von Hauptschulen. Vergangene Woche war ich wieder bei so einem Projekt aktiv dabei. Wir hatten es mit einer fünften und mit einer achten Klasse zu tun (voneinander getrennt). Die Fünftklässler waren aus dem Norden von München, es waren einige ausländische Kinder dabei, die mit der Sprache Probleme haben. Ihr Wortschatz ist ziemlich klein. (Manche kannten z.B. nicht die Bedeutung des Wortes "heiter")
Das Thema war unser kommendes Konzert. Auf dem Programm stehen, Schubert: Unvollendete Symphonie, Unsuk Chin: Rocana for large orchestra und Brahms: dritte Symphonie.
Unser Ansatz ist, wir wollen den Jugendlichen unsere Arbeit näher bringen. Wir wollen sie etwas sensibilisieren bei Musik genauer hinzuhören, egal um welche Stilrichtung es sich handelt. Sie sollen die Musiker persönlich kennenlernen und sie sollen etwas über die Musik erfahren die wir spielen. Sie müssen aber deshalb nicht unter allen Umständen, an klassischer Musik Gefallen finden.
Der Ablauf:
wir lassen sie zuerst kurze Ausschnitte von Musik der verschiedensten Epochen und Stilrichtungen hören (Popmusik, Klassik, ganz alte Musik, Volksmusik usw.), und wollen wissen was sie dabei Empfinden und welche Grundstimmungen sie den Musikbeispielen zuordnen würden. Danach lassen wir sie kurze Ausschnitte aus dem Programm unseres kommenden Konzerts hören. Danach wollen wir von ihnen wieder etwas über den Ausdruck, den sie beim Hören wahrnemen erfahren. Wir fragen sie, ob sie die Stücke vergleichen können mit Musik die sie normalerweise hören.
Anschließend versuchen wir mit ihnen Musik selber zu machen. Dazu benutzen wir verschieden Xylophone und Schlaginstrumente. Das Wesentliche ist, dass sie versuchen die Stimmungen die sie gehört haben selber zu produzieren. Wir nehmen dazu kurze Motive aus einer Symphonie, Tonfolgen von maximal vier Tönen. Die Xylphone sind mit bunten Pickerln beklebt, damit sie die Töne auch finden. Wir üben mit ihnen den Rhythmus der Motive zu klatschen. Danach sollen sie versuchen, das selber am Xylophon zu realisieren.
Wir haben etwa achttaktikte Phrasen arrangiert, die sie selber spielen können und spielen dann mit unseren Instrumenten dazu. Meistens dauert es eine halbe Stunde bis wir das alles einigermaßen geordnet bekommen. Naja, ein wenig chaotisch bleibt es immer.
Am Tag des Konzerts treffen wir uns vormittags mit den Schülern und üben die "Musikstücke" noch einmal. Wenn sie Lust dazu haben, dürfen sie, ein halbe Stunde vor Konzertbeginn, das Ergebnis unserem Konzertpublikum im Foyer präsentieren. Anschließend hören sie das Konzert im Ablauf, sofern sie Lust dazu haben. Wichtig ist, dass sie nichts tun sollen, was sie nicht selber wollen. Wichtig ist uns zu zeigen, auch Klassik für jeden, nicht nur für eine bestimmte Kategorie von Menschen. Um Menschen für etwas zu interessieren muss man ihre Neugier wecken.
Unser Professor für Musikgeschte, Erich Valentin, hat gesagt: "gebildet sind die Neugierigen, nicht die, die auswendig lernen."
Bisher war es so, dass die Kinder eine Menge Spass dabei hatten und von sich aus wieder kommen wollten.
PS. Seit ich selber mit mit Jugendlichen arbeite habe ich einen gehörigen Respekt vor dem Können und den Leistungen von Lehrern bekommen.
LG Daniela