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volleyballmatze
Registrierter Benutzer
Hallo Musikergemeinde,
die Kirchentonarten haben mich eine Weile beschäftigt. Und wie ich das so lese, wollen auch einige von euch dahintersteigen, was es damit auf sich hat.
Ich versuche mal kurz, euch zu vermitteln, wie ich mich an die Sache herangewagt und eine Ahnung davon bekommen habe, wie sie entstehen und wie man sie anwenden kann. Vielleicht hilft es euch ja beim Verständnis:
Die Durtonleiter, so wie wir sie alle kennen, hat zwischen dem 3./ 4. und 7./ 8. Ton einen Halbtonschritt, alle andern Töne liegen einen ganzen Schritt auseinander. Die Tonleiter hat also die Formel 1-1-1/2-1-1-1-1/2 (1= Ganztonschritte, ½= Halbtonschritte zum darauffolgenden Ton).
Ich erspare mir jetzt mal die Erklärung, wie die Modi der Kirchentonleitern entstehen (auf Anfrage kann ich es gerne noch mal separat erläutern), aber wenn wir uns jetzt mal die 7 Modi der Kirchentonleitern anschauen, erkennen wir, dass die Ionische genau den gleichen Aufbau der Dur-Tonleiter hat. Ionisch ist also gleichzeitig die uns allbekannte Durtonleiter.
Ein anderes Beispiel: die natürliche Molltonleiter hat mit ihren Halb- und Ganztonabständen die gleiche Struktur wie die aeolische Tonleiter.
In der Praxis heißt das, dass ihr automatisch die aeolische Tonleiter spielt, wenn ihr über einen a-Moll-Akkord in a-Moll improvisiert.
Nun ist es so, dass uns das Aeolische und das Ionische quasi in die Wiege gelegt worden ist, 90 % aller Lieder, die man im Radio so hört, bestehen aus diesen beiden Tonleitern. Wenn man aber ein wenig Würze/Spannung/Orientalisches in seine Improvisation hineinlegen möchte, schaut man sich mal spaßeshalber die anderen 5 Modes an. Hier erkennt der geneigte Leser, dass aufgrund des Tonleiteraufbaus der lydische und der mixolydische Modus jeweils eine Durterz (große Terz) aufweisen, der Dorische und der Phrygische eine Mollterz (kleine Terz) haben.
Was heißt das für die Praxis? Also, ein C-Dur-Akkord besteht in seiner Reinform aus Grundton, großer Terz und einer reinen Quinte. Die drei Modes ionisch, lydisch und mixolydisch haben genau diese drei Intervalle in deren Tonleitern versteckt. Wenn euch das also bewusst ist, könnt ihr theoretisch über den C-Dur Akkord nicht nur mit dem zumeist automatisch und häufig benutzten- ionischen Mode improvisieren, sondern auch mit den anderen beiden. Da die letzten beiden nicht die 1-1-1/2-1-1-1-1/2-Struktur aufweisen, sondern die Ganz- und Halbtöne auf anderen Positionen besitzen, hört sich jeder Mode anders an. Die einzige Gemeinsamkeit, die alle drei haben, sind die gemeinsamen großen Terzen und die reinen Quinten. Und das reicht auch, da es den C-Dur-Akkord herzlich wenig interessiert, was außerhalb seiner drei Akkordtönen passiert. Im allgemeinen spielen wir die ionische Tonleiter darüber, aber ihr habt plötzlich mit lydischen und mixolydischen Möglichkeiten Töne im Repertoire, die zwar in der normalen (ionischen) Dur-Tonleiter nicht vorkommen, aber wie gesagt, einem C-Dur-Akkord nicht tangieren. Diese Töne außerhalb der Dur-Tonleiter sind ja genau das Salz in der Suppe.
Analog verhält es sich mit der aeolischen, dorischen und phrygischen Tonleiter. Hier herrschen überall die Mollterz und die reine Quinte vor, was für einen einfachen a-Moll-Akkord völlig ausreicht. Im Normalfall improvisieren wir alle mit dem aeolischen Mode (wir erinnern uns: das ist die ganz normale Molltonleiter), haben jetzt aber mit den beiden anderen Moll-Modes wieder tonartfremde Optionen in der dorischen und phrygischen Form zur Verfügung.
Diese fremden Töne machen den Unterschied. Ich erinnere noch mal: ein Mollakkord besteht aus den drei Tönen, die auch in den drei Mollmodes vorkommen. Die anderen passen aber dennoch zum Akkord, weil er uns durch seine lediglich drei Töne genügend Gelegenheit gibt, die Freiräume mit anderen Optionen zu befüllen.
Was für euch also wichtig ist: ihr lernt (als Gitarrenspieler hier speziell) die Fingersätze der einzelnen Modes auswendig. Sobald bspw. ein d-Moll-Akkord auftaucht und ihr improvisieren wollt, kramt ihr die jeweiligen Fingersätze der aeolischen, dorischen oder phrygischen Tonleitern aus dem Gedächtnis hervor und spielt vielleicht einfach mal nicht aeolisch (so wie alle) sondern packt auch mal die Töne der anderen beiden Modes hinein. Manchmal wirkt das gut 
Der 7. Mode ist der lokrische. Der ist ein ziemlich spezieller, weil er zwar eine kleine Terz aber keine reine Quinte besitzt. Die fehlende Quinte ist störend, weil ein klassisch aufgebauter Akkord eben diese benötigt. Er lässt sich also nur bedingt über einen Moll-Akkord einsetzen, aber die besonders Experimentierfreudigen unter euch können es ja dennoch mal versuchen.
Natürlich kann man die Kirchentonarten auch anders verwenden oder anders an die Sache herangehen, aber ich wollte die Praxistauglichkeit angehen. Auf diese Weise habe ich für mich die Sinnhaftigkeit dieser Tonleitern zu Eigen gemacht.
Vielleicht hilft euch das. Wenn Bedarf besteht, die Sache noch zu vertiefen, dann meldet euch bei mir.
Viel Spaß.
die Kirchentonarten haben mich eine Weile beschäftigt. Und wie ich das so lese, wollen auch einige von euch dahintersteigen, was es damit auf sich hat.
Ich versuche mal kurz, euch zu vermitteln, wie ich mich an die Sache herangewagt und eine Ahnung davon bekommen habe, wie sie entstehen und wie man sie anwenden kann. Vielleicht hilft es euch ja beim Verständnis:
Die Durtonleiter, so wie wir sie alle kennen, hat zwischen dem 3./ 4. und 7./ 8. Ton einen Halbtonschritt, alle andern Töne liegen einen ganzen Schritt auseinander. Die Tonleiter hat also die Formel 1-1-1/2-1-1-1-1/2 (1= Ganztonschritte, ½= Halbtonschritte zum darauffolgenden Ton).
Ich erspare mir jetzt mal die Erklärung, wie die Modi der Kirchentonleitern entstehen (auf Anfrage kann ich es gerne noch mal separat erläutern), aber wenn wir uns jetzt mal die 7 Modi der Kirchentonleitern anschauen, erkennen wir, dass die Ionische genau den gleichen Aufbau der Dur-Tonleiter hat. Ionisch ist also gleichzeitig die uns allbekannte Durtonleiter.
Ein anderes Beispiel: die natürliche Molltonleiter hat mit ihren Halb- und Ganztonabständen die gleiche Struktur wie die aeolische Tonleiter.
In der Praxis heißt das, dass ihr automatisch die aeolische Tonleiter spielt, wenn ihr über einen a-Moll-Akkord in a-Moll improvisiert.
Nun ist es so, dass uns das Aeolische und das Ionische quasi in die Wiege gelegt worden ist, 90 % aller Lieder, die man im Radio so hört, bestehen aus diesen beiden Tonleitern. Wenn man aber ein wenig Würze/Spannung/Orientalisches in seine Improvisation hineinlegen möchte, schaut man sich mal spaßeshalber die anderen 5 Modes an. Hier erkennt der geneigte Leser, dass aufgrund des Tonleiteraufbaus der lydische und der mixolydische Modus jeweils eine Durterz (große Terz) aufweisen, der Dorische und der Phrygische eine Mollterz (kleine Terz) haben.
Was heißt das für die Praxis? Also, ein C-Dur-Akkord besteht in seiner Reinform aus Grundton, großer Terz und einer reinen Quinte. Die drei Modes ionisch, lydisch und mixolydisch haben genau diese drei Intervalle in deren Tonleitern versteckt. Wenn euch das also bewusst ist, könnt ihr theoretisch über den C-Dur Akkord nicht nur mit dem zumeist automatisch und häufig benutzten- ionischen Mode improvisieren, sondern auch mit den anderen beiden. Da die letzten beiden nicht die 1-1-1/2-1-1-1-1/2-Struktur aufweisen, sondern die Ganz- und Halbtöne auf anderen Positionen besitzen, hört sich jeder Mode anders an. Die einzige Gemeinsamkeit, die alle drei haben, sind die gemeinsamen großen Terzen und die reinen Quinten. Und das reicht auch, da es den C-Dur-Akkord herzlich wenig interessiert, was außerhalb seiner drei Akkordtönen passiert. Im allgemeinen spielen wir die ionische Tonleiter darüber, aber ihr habt plötzlich mit lydischen und mixolydischen Möglichkeiten Töne im Repertoire, die zwar in der normalen (ionischen) Dur-Tonleiter nicht vorkommen, aber wie gesagt, einem C-Dur-Akkord nicht tangieren. Diese Töne außerhalb der Dur-Tonleiter sind ja genau das Salz in der Suppe.
Analog verhält es sich mit der aeolischen, dorischen und phrygischen Tonleiter. Hier herrschen überall die Mollterz und die reine Quinte vor, was für einen einfachen a-Moll-Akkord völlig ausreicht. Im Normalfall improvisieren wir alle mit dem aeolischen Mode (wir erinnern uns: das ist die ganz normale Molltonleiter), haben jetzt aber mit den beiden anderen Moll-Modes wieder tonartfremde Optionen in der dorischen und phrygischen Form zur Verfügung.
Diese fremden Töne machen den Unterschied. Ich erinnere noch mal: ein Mollakkord besteht aus den drei Tönen, die auch in den drei Mollmodes vorkommen. Die anderen passen aber dennoch zum Akkord, weil er uns durch seine lediglich drei Töne genügend Gelegenheit gibt, die Freiräume mit anderen Optionen zu befüllen.
Was für euch also wichtig ist: ihr lernt (als Gitarrenspieler hier speziell) die Fingersätze der einzelnen Modes auswendig. Sobald bspw. ein d-Moll-Akkord auftaucht und ihr improvisieren wollt, kramt ihr die jeweiligen Fingersätze der aeolischen, dorischen oder phrygischen Tonleitern aus dem Gedächtnis hervor und spielt vielleicht einfach mal nicht aeolisch (so wie alle) sondern packt auch mal die Töne der anderen beiden Modes hinein. Manchmal wirkt das gut 
Der 7. Mode ist der lokrische. Der ist ein ziemlich spezieller, weil er zwar eine kleine Terz aber keine reine Quinte besitzt. Die fehlende Quinte ist störend, weil ein klassisch aufgebauter Akkord eben diese benötigt. Er lässt sich also nur bedingt über einen Moll-Akkord einsetzen, aber die besonders Experimentierfreudigen unter euch können es ja dennoch mal versuchen.
Natürlich kann man die Kirchentonarten auch anders verwenden oder anders an die Sache herangehen, aber ich wollte die Praxistauglichkeit angehen. Auf diese Weise habe ich für mich die Sinnhaftigkeit dieser Tonleitern zu Eigen gemacht.
Vielleicht hilft euch das. Wenn Bedarf besteht, die Sache noch zu vertiefen, dann meldet euch bei mir.
Viel Spaß.
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