So einfach, so gut. Ich habe jetzt die letzten zwei Wochen damit verbracht, mir all diese Dave Smith/Elektron/Moog-Synths stundenlang auf YouTube anzugucken, aber so richtig kann keiner das, was wir in dem Video oben sehen: Ohne Loop-Station in der Lage zu sein, ein dreistimmiges Stück zu spielen, bei der jede Stimme alleinstehend steht/arpeggiert und man mit einem Keyboard die Harmonie auf Tastendruck ansteuern kann, ohne auch die ganze Zeit den Finger draufzuhalten, damit man beide Hände fürs tweaken frei hat.
Im Gegenteil kommt der DSI Tetra dem schon sehr nahe. Der vereint vier klanglich unabhängige (multitimbrale) Stimmen mit jeweils zwei Oszillatoren und zwei Sub-Oszillatoren und hat einen internen, recht ausschweifenden Sequencer, so dass jede Stimme etwas anderes spielen kann. Eigentlich nicht nur einen Sequencer, genau genommen hat
jede Stimme einen eigenen Sequencer, der wiederum vier verschiedene Sequenzen besitzt. Dort kann man beispielsweise auch die einzelnen Oszillatoren getrennt ansteuern, so dass man beim Tetra insgesamt 8 Oszillatoren jeweils etwas anderes spielen lassen kann. Das alles synchron oder auch mit einer unterschiedlichen Geschwindigkeit je Stimme.
Insofern wäre es nicht abwegig:
- zwei Stimmen für eine tatsächliche Sequenz in unterschiedlichen Tonlagen zu benutzen
- die zwei anderen Stimmen für lang gezogene Flächen zu verwenden, indem man diese
- mit einer seeeeehr langsamen Sequenz antriggert und die Hüllkurven auf maximales Sustain und Release stellt
- oder sie (da bin ich mir nicht hundertprozentig sicher, ob das möglich ist, beim Prophet '08 scheint es zu gehen) nicht sequenciert und stattdessen nur über eine Tastatur antriggert, ebenfalls mit laaaaaangen Hüllkurven
Die Sequencen können beim Tetra selbstverständlich auf Tastendruck transponiert werden.
Rein von den Sequencer-Möglichkeiten her ist der Tetra damit vermutlich der analoge Synth, mit dem du am ehesten zu deinem Vorhaben kommst und am wenigsten zahlen musst.
Nachteile sind:
- dass der Tetra eingestellt wurde und seit einigen Monaten praktisch nicht mehr neu verkauft wird. Insofern wäre gebraucht die einzige Möglichkeit, einen zu bekommen
- dass der Tetra zwar viel kann, aber nur sehr wenige Regler zum direkten Verändern der Sounds besitzt
- dass der Tetra kein Keyboard besitzt, das müsste also erst angeschafft werden
Der DSI Mopho x4 sieht nach einem Nachfolger aus, ist allerdings nicht multitimbral. jede Stimme würde also gleich klingen, daher würde das oben erwähnte Verfahren nicht möglich.
Der Prophet '08 käme dem Sequncer des Tetra am nächsten, ist allerdings nur zweifach multitimbral. Zwei unterschiedliche Sequenzen (oder eine Sequenz und eine nur vom Keyboard gespielte Note) sind aber möglich. Für den Einsatzzweck könnte das mit geschickter Programmierung funktionieren. Vorteil ist auch, dass der Prophet '08 deutlich mehr Direktzugriff auf die Klangparameter bietet, so gut wie jeder wichtige Bestandteil lässt sich direkt erreichen und verändern.
Die DSI-Sequencer haben allerdings gemeinsam, dass sie "gated" Sequencer sind und nur funktionieren, so lange eine Taste gedrückt wird. Mit gedrücktem Sustain-Pedal lässt sich das umgehen, so dass man zumindest die Hände frei hat.
Aber nur fürs Verständnis: viele analogen Synthesizer haben nicht mal einen Sequencer eingebaut. Wenn, ist der oft Synthesizer oft monophon und der Sequencer steuert nur fix die Noten an. Dass ein Sequencer unterschiedliche Teile des Synthesizers steuern kann, ist bei massengefertigten, nicht-modularen Synthesizern schon eher die Ausnahme. Derartig komplexe Sequencer wie beim Tetra findet man ansonsten fast nur in Workstations, die aber durch und durch digital sind und auf Sounds wie in den Videos hier tendenziell sehr geringen Wert legen.