Nach langer, wohlberatener Absenz,
möchte Ich schließlich meinen bescheidenen
Erfahrungsbericht zum Kawai CL-36 nachlegen:
Ich habe dieses schöne Gerät nun nach langen Wochen der Unterträglichkeit bis hin zur Versessenheit für satte 850 Euro erworben.
Da Ich es nunmehr seit über drei Wochen besitze, schickt es sich wohl an, mit ein paar voreingenommenen Eindrücken zu rechnen.
Weniger voreingenommen, viel mehr handgreiflich, stellte sich der Aufbau des Gerätes für mühsamer als erhofft heraus.
Da mir niemand bei der Installation behilflich war, musste Ich die Montage allein bewerkstelligen. Es dauerte, ganz unbeeilt, schätzungsweise eine Stunde. Ungeachtet dessen, dass Ich dasselbe Gerät bereits im Geschäft lorgnettiert habe, wusste Ich nicht recht, was Ich noch zu erwarten hätte.
Schließlich stand es formschön da und Ich konnte loslegen:
ganz im Stillen touchierte Ich die Klaviatur ein wenig, betastete die Oberfläche noch ein Mal und ging dann einige Klangmuster durch.
Zunächst die Flügelklänge: es sind vier; allesamt schön, euphonisch, weich, wenn man tätschelt, russisch, wenn man drauf haut.
Letzterer der vier Klänge bereitete mir etwas Missmut - breviloquent gesagt: was soll das?
Er hat etwas stählernes ansich, scheint entseelt, und bewegt sich in alte,
jazzige Motive, obzwar dieser Klang mit 'Modern Grand Piano'(?) tituliert wurde.
Mit dem konnte Ich wenigstens bislang nicht viel anfangen.
Die übrigen Flügelklänge machen mir wiederum riesige Freude, ein endloser Spaß,
besonders der erste, den Ich gut und gerne mit 'tadellos' auszeichnen könnte. Der zweite Flügel weist mitunter ein, zwei Schwachstellen auf - ein kakophones Geräusch im Diskant, der just auf Anschlag mit einem hölzernen Brechen aufklingt: es klingt wie Resonanzkörper und Rauschen ineins, oder eher wie ein Stoß gegen den Corpus. Das ist einerseits Schade, da dieses Muster eigentlich sehr angenehm und weicher als die anderen klingt, nämlich den Hämmerchen gleich, etwas Filz, etwas Wärme ausstrahlt, darüberhinaus solche Störfrequenzen aber wirklich nicht sein müssen. Zum dritten Flügel kann Ich nicht klagen. Überhaupt haben sie alle, mit Einschränkung im zweiten, einen ganz fantastischen Diskant, wogegen die Bässe, doch das ist freilich de gustibus non est disputandum, weniger brillieren. Sie sind kräftig, mit hohlem Beigeschmack. Sonstige Kritteleien kann Ich für meinen Teil zurückhalten, da Ich keine habe. Vielleicht bestrebt mich auch die Art Patronage darin, dieses Gerät himmlisch zu nennen, weil Ich keinen anderen Himmel habe.
Die Klaviatur ist hervorragend gewichtet; neben der 'Ivory Touch' Beschichtung, deren Vorzug mir zwar bloß an Hand anderer Klaviaturen wirklich aufgefallen ist, kommt mir die Anschlagsdynamik trotz ihrer dreifältigen Auslage äußerst vielfältig vor. Meine einzige Beschwerde gilt hierbei allerdings dem bei leisem Lautsprecherspiel auftretenden Tastengeräuschen. Ohnehin scheinen mir die Tasten während des Spiels über die Lautsprecher, die Ich nur sehr selten in Anspruch nehme, etwa wackelig, wenn nicht gar fragil vorzukommen. Ein leichtes Klicken hier, etwas Stelzenhaftes dort, aber alles in allem überschaubar, nur pedantischen Ohren ins Gewicht fallend. Der Tastenweg ist eine Sache für sich: Ich war es gewohnt, auf dem heimischen Klavier
tief durchzudrücken! Es hat einen federnden, harten Anschlag, umso mehr ist es eine schöne Gunst meines Kawais, meine Hände etwas versöhnlicher als brüderlich bewegen zu müssen. Die Lautsprecher im Übrigen haben nicht ansatzsweise dieses Fluidum, das Ich mir, in Ermangelung eines besseren gewünscht hätte: leider sehr milde - über die Kopfhörer wiederum eindringlich. Die Pedaleinheit verhält sich nicht aufregender als die eines gewöhnlichen Klavieres. Das Fortepedal tut der Sache jedenfalls keinen Abtrag. Das Dämpferpedal ebenso wenig. Und auch der Ausklang, sowohl mit als auch ohne große Forte, kommt ganz wunderbar zum Ende. Eine parenthetische Frage: was versteht man unter der Bezeichnung
halbpedalfähig?
Schlussendlich hat mir dieses Gerät schon einiges beibringen können, und es ist mehr als befriedigend, in einer Nacht mehr zustande zu kriegen als in monatelangen Reifeprüfungen lautstarker Nachbarschaftsbeschallung - eine ganz große Sänfte der Euterpe. Ich komme nicht umhin zu sagen, dass dieses kommode Instrument durchaus eine Empfehlung wert sei - Ich für meinen Teil bin glücklich. Nur mein Geldbeutel sieht etwas altertümlich aus . .
Was Ich aus Prävention noch gerne wissen möchte:
wie abträglich ist regelmäßiges Rauchen in der Nähe solcher Geräte?
Ich möchte es mir nicht verscherzen und würde es dann gegebenenfalls umsiedeln . .