hallo zusammen,
ich habe so den Eindruck, hier wird ziemlich kompliziert gedacht. Die einfache Kadenz, I IV V I , lässt sich doch aus der Tritonusspannung ableiten. Wenn wir vier Ganztöne hintereinander spielen, dann hat der musikalische Zuhörer den Eindruck, es müsste ein Halbtonschritt folgen. Die Tritonusspannung ist in den dreistimmigen Akkorden der vierten und fünften Stufe enthalten, wenn man sie nacheinander spielt.
So wie wir eine Tonleiter als musikalisch runde und geschlossene Sache empfinden, so ist das auch mit der einfachen Kadenz in Dur. Wenn wir die V. Stufe als vierstimmigen Akkord mit der kleinen Septime spielen haben wir die Tritonusspannung schon in einem Akkord liegen. Darum hat der Dominantseptakkord so eine starke Tendenz, sich zur I. Stufe aufzulösen. Nicht nur darum natürlich.
Man kann Kadenzen erweitern, man kann Akkorde ersetzen, man kann zu Akkorden ungewohnte Noten hinzufügen usw. Bei manchen Akkordfolgen kann man auch lange darüber streiten, ob sie sich als Kadenz bezeichnen lassen oder nicht. Das hängt manchmal von der Empfindung des Einzelnen ab, oder vom großen Zusammenhang in dem sie auftreten.
Ein Quintfall im Bass hat immer so eine Art Schlusswirkung, egal was ich da für Noten zusätzlich darübersemmel. Aber das alleine mit der Kadenz im musikalischen Sinn in Verbindung zu bringen, ist ein kühnes Unterfangen.
Das Gebilde, das hier so heiß diskutiert wird als Quintenzirkelkadenz oder ähnliches ist eine Allerwelts-Sequenz.
Diese Sequenz gab es schon in der Barockmusik. Vivaldi hat diese Art von Sequenzen mit Hingabe abgenudelt. So ein Figur kannst du spielen bis das Klavier zu Ende ist.
Harmonielehre (Dachs-Söhner / 1. Teil / S. 39)
Zitat:
In der bildenden Kunst zeigen Verzierungen architektonischer, plastischer oder malerischer Art ein immer wiederkehrendes Ornament; so wiederholt sich bei malerischen Ausschmückungen einer Wand immer wieder einbestimmtes Motiv. Eine ähnliche Gestaltungsweise gibt es auch in der Musik, nämlich die Sequenz.
Beispiel: I IV VII III VI II V I (Anmerkung: an dieser Stelle im Buch gibt es ein vierstimmiges Notenbeispiel in C-Dur / Oberstimme: e f d e c d h c)
Im obigen Beispiel wird ein melodisch, harmonisch und rhythmisch bestimmtes Modell dreimal wiederholt, und zwar stufenweise abwärts. Der Baß macht, je eine Stufe tiefer beginnend, immer den gleichen Schritt, nämlich eine Quinte abwärts; die drei Oberstimmen weisen auch immer die gleiche Bewegung auf. Dies können wir leicht dadurch feststellen, daß wir den den Gang jeder einzelnen Stimme Takt für Takt verfolgen. Die obige Sequenz bewegt sich also in absteigender Rungung, und außerdem sind nur Akkorde verwendet, die der C-dur-Tonleiter angehören. Wir haben demnach eine leitereigene fallende Sequenz vor uns.
Wird die Sequenz fließend gespielt, so ist unsere Aumerksamkeit vorwiedend der melodischen Bewegung der einzelnen Stimmen zugewandt. Wir hören in erster Linie auf das mechanisch gleichförmige Weitergleiten aller Stimmen in der Skala; die akkordischen Zusammenklänge beachten wir weniger, und vor allem beziehen wir die einzelnen Akkorde nicht auf T, D und S; die Funktion der Akkorde macht sich nicht geltend. Die Sequenz ist also eine vorwiegend melodische Gestaltung, in der die harmonischen Funktionen suspendiert sind.
In Eurem Beispiel mit Septakkorden wäre die Oberstimme in C-dur: h c a h g a f g auch zweckmäßig und möglich. (Ich denke gerne in C-dur, schließlich bin ich eine Frau)
Es rentiert sich also, wieder einmal die alte klassische Harmonielehre aus dem Schrank zu holen. Das Fundament ist die beste Basis der Grundlage, hat ein Kontrabass spielender Kollege immer gesagt.
LG Dana