Soo, anbei mal ein Großteil eurer Fragen. Mein ursprünglicher Plan, das alles in ein Video zu packen, ging nicht auf. Ich habe das ein mal probiert, und kam schnell bei 20 Minuten Videolänge an.
Damit ist ja niemandem geholfen. So kann sich jeder seine Antwort schnellstens raussuchen. Nur eines noch: Alle Fragen zum Equipment kommen in einen Rig Rundown als Video - deshalb fällt der im schriftlichen hier jetzt raus.
Eine Frage, welche du mir sicher beantworten kannst, wäre: Wie viel Zeit plant ihr für den Soundcheck? Braucht man da länger bei so großen Bühnen? Weniger Zeit, weil alle Profis?
Wir gehören glücklicherweise zu den wenigen privilegierten Musikern, die tatsächlich einen "Soundcheck" haben, wie er ursprünglich mal gedacht war - das Anpassen des Sounds an die jeweilige Halle und an das jeweilige Ohr des Musikers. Hier muss man Unterscheiden: NENA hat an einem Showtag vor uns Soundcheck, daher ist für den FOH alles schon gecheckt. Was wir dann lediglich noch machen, ist unsere Monitorsounds mit dem Soundmann zu checken (In-Ears). Hier werden die Einstellungen allerdings für jeden gespeichert, sodass sie am Folgetag wieder genau so sind. Je nach Venue, Hallenklang, Bühnengröße und Setlist wird hier nochmal leicht etwas abgeändert, muss aber nicht sein. Es ist also durchaus möglich, dass wir checken, und jeder direkt mit dem Mix vom Vortag zufrieden ist. Daher kann der eigentliche "Soundcheck" schon nach 10 Minuten vorbei sein. Die restliche Zeit nutzen wir dann für lustige Jams (wie in den Videos gezeigt) oder um nochmal eine Nummer anzuspielen, die beispielweise neu ins Set genommen wird und daher nochmal durchgecheckt wird. Deine Annahme stimmt also: Profis erleichtern und verschnellern den Prozess des Soundchecks.
Das macht die Sache auch deutlich flexibler - sollte mal nur 20 Minuten für einen Soundcheck sein, weil irgendwas schief gelaufen ist, reicht das immer.
Mich interessiert, wie Du das alles wahrnimmst, auch mal Dein inneres Befinden, was Du machst, wenn die Lust möglicherweise getrübt ist.
Puh. Interessante Frage! Ich versuche mal so ehrlich zu antworten wie möglich. Da geht es um innere Disziplin. Arbeitsmoral. Von Michael Brauer (Mixing Engineer, u.a. John Mayer) habe ich da was tolles gelernt.
Am Tag einer Show ist einer meiner ersten Gedanken: "Today's gonna be a great day." Ängste, Sorgen, private Probleme und andere Schwierigkeiten hat jeder, daran lässt sich nichts ändern. Am Umgang mit diesen Problemen allerdings schon. Man gibt diesen Dingen im Optimalfall nicht die Macht, das eigene Befinden so zu affektieren. Deshalb habe ich eine optimistische Grundeinstellung zu den meisten Dingen in meinem Leben. Daher: Wenn ich merke, dass sich ein emotionales "Tief" anbahnt, rufe ich mir sämtliche Dinge ins Gewissen, für die ich sehr dankbar bin. Das können ganz elementare Dinge sein, wie: "Ist es nicht verdammt gut, am Leben und gesund zu sein?" oder auch spezifische Sachen wie: "Problem X und Sorge Y sind zwar nervig, aber ich bin dankbar dafür, jeden Abend vor mehreren Tausend Leuten zu spielen" Mit diesen konstruktiven Gedanken fällt meistens schnell auf, dass viele "downer" im Alltag oft Luxusprobleme sind oder im Zweifel es nicht wert, sich länger damit zu beschäftigen. Irgendwas is' ja bekanntlich immer.
Folglich: Trotz der Tatsache, dass man hier und da mal schlecht drauf, traurig, down, genervt oder antriebslos ist: Ich bin, sobald ich auf der Bühne bin, meist der selbe und kann 100% geben. Ausgenommen sind natürlich Dinge wie familiäre Trauerfälle oder sonstiges schlimmes Elend. Zum Glück steht das nicht auf der täglichen Tagesordnung.
Wie viel ist fix, was wird improvisiert, spiel ihr mit Klick und Steuerung, Backingspuren usw.
Clicktrack ist Pflicht, da wir Samples haben, die "vom Band" kommen. Daher ist so gut wie alles in der Show fix. Variieren können Dinge wie Solo-Spots, Crowd-Participation Spots, Songendungen, Show-Intros (inkl. Licht) und Outros. Die werden dann relativ kurzfristig vor einer Show oder einfach in der übrigen Zeit des Soundchecks schnell abgeklärt. Oft kann das auch mal eine halbe Stunde vor Stagetime sein.
ihr findet auch beim NDR Erwähnung (OK, lustig und so - ohne Namen, ABER als Aufhänger für den ganzen Artikel). Welche Vorband schafft das schon überhaupt erwähnt zu werden!
War eine witzige Geschichte! Daniel hatte den Zuruf aus dem Publikum bezüglich des offenen Reissverschlusses auf sich bezogen, gemeint war aber tatsächlich meiner!
Daniel hat das sehr professionell runtergelächelt, und ich mein nötiges getan.
- Wie läuft die musikalische Vorbereitung für so eine Tour? Bekommt ihr Sheets oder musstet ihr euch die Sachen von Aufnahmen raushören? Wie wird abgesprochen, wer was spielt (wenn z.B. Zwei Gitarristen da sind), wie lange vorher und wie oft wird zusammen geprobt? Wird auch auf der Tour noch an den Songs gearbeitet?
Vorbereitung bei den individuellen Musikern je nach Gusto. Ich bin glücklicherweise mit einem guten Gehör gesegnet und höre seit meinem 5. Lebensjahr Songs heraus, bin daher geschult darin, Songs sehr schnell durch mehrmaliges Hören einzuprägen. Musik auf Blättern ist für mich persönlich wie Architektur zu tanzen. (frei nach Jack White
) Absprechen wer was spielt: Ist meistens durch das Arrangement schon klar, ansonsten kurze Nachricht per Whatsapp, Skype, etc. Geprobt wird im Normalfall gar nicht. Jeder kann individuell sein Zeug, der erste Soundcheck der Tour dient als kurze Generalprobe. Alles fehlende bzw. suboptimale wird im Zuge der folgenden Shows perfektioniert. Hier geht es aber wirklich nur noch um Nuancen, die dem Publikum im Normalfall gar nicht mehr auffallen.
Wieviel Einfluss hat/will der Bandleader auf den Sound der Musiker? Wie beeinflusst das die Wahl des Equipments?
Im Normalfall gar keinen, bzw. nur in 2 Sonderfällen, beide sehr unwahrscheinlich.
1. Beide Gitarristen spielen extrem ähnliches Equipment und unterscheiden sich daher soundtechnisch nicht stark genug. Wenn dem so ist, spiele ich als 2. Gitarrist etwas anderes.
2. Der Sound des Gitarristen ist so unpassend für den jeweiligen Musikstil, dass der Bandleader interveniert. Passiert extrem selten bzw. nie, da wir es hier ja mit professionellen Leuten zu tun haben, die wissen, worauf es ankommt.
Wenn da aber doch mal Zweifel herrschen: Einfach den Bandleader fragen, was er sich vorstellt und entsprechend handeln.
ABER.
Reality Check: Wenn eine Produktion aus Kostengründen beispielsweise Kemper mit auf Tour nimmt, nutzt man die. Alpha-Gitarristen-Getue á la "Ich spiele nur den Amp XYZ weil nur DER genau meinen Sound hat" gibt's hier nicht. Da greife ich jetzt vor: Das ist einer der größten Unterschiede zu Gigs im freizeitlichen Milieu: Die ganzen "Soundexperten" gibt's im professionellen Bereich an den Gitarren glücklicherweise nicht. Guter Sound ist echt wichtig, aber Dinge wie "nur vintage ist geil" und "Der britzelt so schön in den Höhen" ist hier völlig überflüssig. Der Soundmann verbiegt sich das Signal ohnehin so, dass es mit 15 anderen Signalen gut in einen Mix passt. Ebenso ausrangiert: Überdimensionierte Cabs und 150 Watt Amps. Die Zeiten sind einfach vorbei. In einer Touringsituation sind Kemper nicht mehr wegzudenken. Im Studio ist das natürlich eine andere Sache.
Sitzt ihr den ganzen Tag zusammen rum oder habt ihr auch mal Ruhe voreinander?
Wieviel Kontakt habt ihr zur "Hauptband" und zu Nena selbst?
Das ist alles eine Frage der ehrlichen, offenen Kommunikation. Wenn jemand genug hat und langsam Tour-Krise bekommt, ist für alle anderen natürlich okay, wenn er am Abend alleine auf seinem Hotelzimmer bleiben will. In der Regel hängen wir jetzt auf Tour schon die meiste Zeit lange aufeinander, weil wir uns mögen, und uns zusammen freuen, das machen zu können, was uns einen riesen Spaß macht.. und das vor ein paar Tausend Leuten am Abend. Jedem wird dennoch sein eigener Freiraum gelassen, wenn er diesen einfordert.
Aber wie sieht das bei so einer Tour-Band, die ja wohl nur für eine begrenzte Zeit zusammengestellt wird, eigentlich mit dem Bandgefühl aus? Entwickelt sich da was über die Zeit, oder geht ihr nach dden Gigs direkt auseinander?
Da ist es wie mit allen Bekanntschaften. Manche bleiben, verfestigen und intensivieren sich zu Freundschaften, andere bleiben auf professionellem Niveau oder verlaufen nach einer Zeit im Sand. Wichtig ist nur, dass man sich auf irgendeiner Basis versteht. Alles andere kann auf Tour zum Alptraum werden.
SO! Das wars fürs erste. Am 28. geht's in Augsburg weiter. Dann gibts auch wieder Bilder, Videos, und und und.. weitere Fragen? Her damit.
Joey