Also, ich spiele Volksmusik und habe meine bescheidene aber treue, regionale Anhängerschaft!
Das, was Wader sagt, trifft eigentlich heute auf das Rap zu. Jugendarbeitslosigkeit, Verarmung ganzer Gesellschaftsschichten und Regionen usw. fasst man heute nicht mehr in populäre Balladen, die jeder mitsingen kann. Wozu auch? Es gibt ja das iPod!
Weshalb ich trotzdem alte Lieder singe - aus den Britischen Inseln, wo ich herkomme und aus Deutschland, wo ich lebe - hat mit historischer Perspektive zu tun. Das Volkslied im Sinne von Hannes Wader führt uns vor Augen, dass der einfache Mensch immer schon mit Liebe und Hass, Krieg und Frieden, Leben und Tod, Armut und Reichtum und der Willkür der Mächtigen zu tun hatte. Dessen teils leidenschaftliche, teils humorvolle Auseinandersetzung damit kann uns eine Inspiration sein. Unsere Rapper sind nicht die ersten, die das alles ansprechen - und ich gehe davon aus, dass sie auch nicht die letzten sein werden.
In diesem Sinne sehe ich das Volks-Liedgut als wichtiger an, als die Volks-Tanzmusik. Tanzmusik macht keine Aussage. Auch wenn sie genauso schön klingt, wie eine gesungene Ballade oder ein Scherzlied: sie lullt ein, eher als dass sie zum Nachdenken anregt. Wie Techno auch.
Volkslieder sind eigentlich eine gesungene Literatur - und wir lesen auch klassische Autoren wie Tolstoi, Dickens, Goethe und co. um aus deren Einsichten in das menschliche Leben zu lernen.
Cheers,
Jed