Ist eine musikalische Ausbildung für jedermann erschwinglich?

  • Ersteller Schapka
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Sagt ja auch keiner das Gegenteil.

Natürlich können sich längst nicht alle Leute Musikunterricht leisten, oder Kneipenbesuche oder deine anderen Beispiele... Ganz unabhängig von den zusätzlichen Kosten (z.B. Auto, Bahn usw.).

Die Threadfrage ist also ganz einfach zu beantworten: Nein, es kann sich bestimmt nicht jeder leisten.

Ich wollte in meinem Beitrag aber darauf hinweisen, dass die angebotene Leistung dort trotzdem günstig ist.

Mich störte in dem Zusammenhang dein Zitat als Antwort auf meinen Beitrag ein wenig:
Mancher kennt vielleicht zu wenige Menschen, die einfach gar nichts übrig haben...
 
Zuletzt bearbeitet:
Das war einfach mein Eindruck als Du von diesen Ermäßigungen sprachst. Denn wie Du richtig feststellst:
Nein, es kann sich bestimmt nicht jeder leisten.
 
Was ich mich hier in dem Thread frage:
Was versteht ihr unter "musikalische Ausbildung" genau?
Ich glaub in unserem örtlichen Musikverein kostet das ganze ca -50 - 100€ im Jahr, und warscheinlich ein kleiner Obolus wenn ein Instrument dazu gemietet wird.
Lasst das ganze mal 120€ im Jahr kosten, das sind 10€ im Monat und kostet mich somit genau 3 Päckchen Tabak :D
Da würde ich schon von "für jeden bezahlbar" sprechen.

Mein Privatunterricht an der Gitarre kostet mich 70€ im Monat, macht 840€ im Jahr!
Schon eine stolze Summe. Aber auch hier glaube ich, es ist "bezahlbar". Schliesslich wächst Geld bei mir auch nicht hinten im Garten -.-
Ich spar mich auch einiges, hey, für das Geld könnte ich mir jedes Jahr eine super neue Gitarre kaufen, oder ein Digitalpiano oder oder oder....., aber was würde es mir bringen?
In den nun 2 Jahren mit unterricht hätte ich mir 2 gute Gitarren kaufen können oder sogar eine extrem super duper gute :)
Auf der ich dann nicht so gut spielen könnte wie auf meiner jetztigen.
Einfach weil eine anständige Spieltechnik einen bedeutenden Mehrwert hat, als 10 gute Instrumente daheim die von einem (ohh das wird nun fies klingen, ist aber garnicht so böse gemeint :redface:) "Dilletanten" gespielt werden.

Aber natürlich hab ich Verständniss wenn jemand sagt "Ne, 840€ im Jahr?!?!?! Das ist mir zuviel Geld!", denn mal erlich.... das ist fast ein Monatsgehalt und es klingt auch nach einem tollen Urlaub oder nach einem richtigen
anstänigem Weihnachtsfest oder eben dananch, das jeden Monat ein paar Euronen mehr übrig bleiben und man sich zwischen durch immer mal einen kleinen Luxus gönnen kann.

Ich persönlich habe das "Glück" das ich Single bin und ohne Familie somit mein ganzes Gehalt für mich allein habe.
Aber auch wenn ich (für einen Facharbeiter in seinem Lehrberuf) ein ziemlich kleines Gehalt beziehe (dafür noch Vollzeit arbeiten gehe, die Branche ist einfach unterbezahlt :D ), den Luxus "musikalische Ausbildung",
denn gönn ich mir einfach.
Dafür geh ich nicht jedes Wochenende auf Party und verschleuder mein Geld in den Discos der Republik, ich war das letzte mal vor 3 Jahren im Urlaub (eine Woche Hamburg, Wohnung von "Schwiegermutter in spe" überlassen bekommen) und ne neue Gitarre ist immer noch nicht in Sicht.

Es kommt halt mMn darauf an, auf wieviel man bereit wäre, für eine gute musikalische Ausbildung, zu verzichten.
Fußballverien oder Musikunterricht? Urlaub oder Musikunterricht? Neues Auto oder...... das lässt sich ja ewig fortsetzten.

Nebenbei, ich kenne viele die darunter heulen "Ahhh ich würd ja gerne aber das ist sooooooooooooo teuer!", und wenn man sich diese Leute und ihre Hobbys ansieht, sieht man:
Wenn da wirklich Intresse wäre, hätten die auch das Geld dafür aber das stecken sie einfach in andere Sachen die sie Intressieren ;)
 
Bei uns in NRW gibt es seit ein paar Jahren das JeKi-Projekt. Jedem-Kind-sein Instrument. In Zusammenarbeit mit Stadt, Schulen, Musikschulen und Musikgeschäften funktioniert das Ganze hier mal mehr mal weniger gut. Es steckt ja auch noch in den Kinderschuhen ;) Auf jeden Fall ist es Ziel, dass jedes Kind die Möglichkeit hat sich sein Wunschinstrument aussuchen zu können. Von Klavier, über Kontrabass bis Querflöte. (Sogar Akkordeon geht :))
Dann bieten Musikschulen Rabatte für Geschwisterkinder und für jedes weitere Instrument an. Meine Tochter hat zudem das Glück ein Stipendium bekommen zu haben, was u.a. mir die Kosten für die Musikschule erspart.
Viele Musikgeschäfte und Instrumentenbauer bieten überaus günstige Konditionen für das Leihen oder Leasen der Instrumente an. 6-12 Monate sind minimum. Aber ich weiß auch von sehr viel längeren Lufzeiten. Die Mieten werden dann komplett auf den Kaufpreis angerechnet. Häufig ist es auch möglich den Mietvertrag in einen Ratenvertrag umzuwandeln. Hier ist es sinnvoll sich großflächig zu erkundigen und Informationen einzuholen. Gerade für Hartz IV-Empfänger gibt es sehr viele Vergünstigungen. Man muss halt nur wissen, dass es sie überhaupt gibt und das man einen Anspruch darauf hat.

Dann gibt es hier Theater, die extra für alle Altersgruppen (wirklich von 2 aufwärts!) Veranstaltungen anbieten, die hier einen unheimlich großen Zulauf erfahren und die regelmäßig ausverkauft sind. D.h. man muss nicht nur die Instrumente und den Unterricht anbieten, sondern überhaupt erst einmal wieder eine Basis schaffen, wo die Kinder überhaupt erfahren können, dass es außerhalb von DSDS und YT auch noch andere Musik gibt, mit der man sich befassen und die außerdem überaus spannend sein kann.
 
Diejenigen die ich kenne können sich nicht erlauben: Kneipenbesuch, Restaurantbesuch, Konzertbesuch und erst recht keine Musikausbildung.

Der Unterschied ist, dass man in einer Kneipe oder einem Restaurant für das Verzehrte bezahlen muss. Für Konzertbesuche und Musikausbildung muss man unter Umständen nichts bezahlen. Daher sollte man diese Dinge so nicht gleichsetzen.

Gerade in Ballungszentren wie Hamburg ist es doch vergleichsweise einfach (nicht absolut einfach, nur vergleichsweise), kostenlos in Konzerte zu gehen - es gibt massenweise Konzerte, bei denen nur um Spenden gebeten wird. Ich könnte jetzt aktuelle Beispiele nennen wie dieses, aber das ist natürlich speziell weihnachtlich und damit nicht repräsentativ fürs ganze Jahr. Aber man kann in Hamburg sicher viel kostenlos Live-Musik hören, wenn man will.

Mein Nachbar ist soweit ich weiss immer noch Aufstocker und seine Tochter möchte Gitarre spielen. Musikschule ist einfach nicht drin.

Auch Musikausbildung kann kostenlos sein, wie z.B. innerhalb des Hamburger JeKi-Projekts. Es könnte für die Tochter passen, je nach Alter. Kinder von Hartz4-Empfängern sind ausdrücklich im Blickfeld der Kulturpolitik, sie sind keine ignorierte Randgruppe. Das Bildungspaket der Bundesregierung stellt pro Monat 10 Euro für Musikunterricht bereit, damit kann evtl. schon eine Unterrichtsgebühr z.B. in einer Vierergruppe abgedeckt sein (das hängt von der konkreten Musikschule ab). Auch die Teilnahme an Kinder- und Jugendchören ist oft kostenlos, vielleicht gibt es - wie hier im Ruhrgebiet - genauso kirchliche Gitarrengruppen, wo man das Instrument lernen kann. Über http://www.gitarrehamburg.de/ kann man sicher einen Tip bekommen, ob, wo und wie ein Gitarrenunterricht für 10,-/Monat machbar wäre.

Harald
 
Hm.

Was mich an dem ganzen Thread massiv stört: Das systematische Musikmachen und Musiklernen verbinden Einige hier viel zu sehr mit Geld.

Viel wichtiger sind der Wille, der unbedingte Wunsch, die Disziplin, das Durchhaltevermögen. Die Selbstverständlichkeit, dass Musikmachen einen der vorderen Ränge im eigenen Leben einnimmt. Nicht zu vergessen: die Zeit, die man investiert. Und die Unterstützung durch andere: Die kann man sich nicht kaufen, die muss man sich verdienen.

Wenn all das gegeben ist, dann findet sich ein Weg - auch wenn man anfangs kein Geld hat. Das habe ich selbst erlebt, das sehe ich in meiner unmittelbaren Umgebung. Manchmal bedeutet "musikalische Ausbildung" eben: Mehr selbst suchen, weniger geführt werden. Das ist nicht das Schlechteste. Spätestens im Studium ist es nahezu egal, wieviel Geld man mitbringt. Es zählt nur die eigene Leistung. Fürs Leben gibt's dann BaFög.

Im Thread-Titel steht das Wort "erschwinglich". Das passt. Man muss in Schwung kommen.

Und wenn man trotz aller Anstöße und Anregungen nicht in die Gänge kommt? Dann könnte man sich fragen: Ist Musik überhaupt meine eigentliche Motivation? Oder dient Musik als Projektionsfläche für ein ganz anderes Bedürfnis?


Wird nicht gern gehört, ist aber richtig: "Wo ein Wille ist, da ist ein Weg."

Darum möchte ich die Eingangsfrage so beantworten:

Ja, eine musikalische Ausbildung ist bei uns für jeden erschwinglich, der das wirklich will. Geld macht einige Phasen etwas einfacher, spielt aber insgesamt eine untergeordnete Rolle.


Wolfgang
 
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"Musikalische Ausbildung" finde ich einen sehr schwammigen Begriff..

Was soll das sein?
- 20 Akkorde auf der Gitarre flüssig wechseln können und nen Dutzend verschiedener Rhythmen dabei kombinieren können?
- Ne Analyse eines Orchesterwerks auf spezielle Merkmale?
- drei Lieder auf ner Flöte spielen?
- tiefgreifende Komposition und Nachbearbeitung von virtueller Musik am PC?

Die Frage müsste wohl eher lauten: "kann sich jeder einen Lehrer leisten"?
Die Antwort ist: Kommt sehr auf die Umstände an, aber nein, vmtl wird es auch ein paar Leute geben, die das nicht können.

Ein Lehrer kann auch der gute Kumpel sein, der schon 5 Jahre das Instrument spielt und einem ab und an was erklärt.
Oder XYZ aus der Nachbarschaft, der zweimal im Monat für 30 Minuten vorbeikommt und dafür jeweils 10€ bekommt.

Ich behaupte frech: Jeder kann Musik machen, wenn er will. Dafür reicht schon ein PC.
Nicht jeder kann umbedingt das machen, was er gerne möchte. Für nen Kontrabass wird man ein paar Hundert Euros zahlen müssen, das kann nicht jeder.

Ansonsten war es noch nie so leicht wie jetzt sich selbst musikalisches Wissen zu beschaffen.
Es gibt so viele Angebote im Internet, die teilweise wirklich gut sind. Man kann sich für umsonst soviele gute Künstler (z.B. auf Youtube) angucken und sehen was sie machen.
Man kann sich Fachbücher in der Bibliothek ausleihen. Viele Noten bekommt man in freien Transkriptionen/Tabulaturen.
Es gibt Foren wie dieses, wo man Fragen stellen kann, wenn man etwas nicht versteht, wo man Feedback zu eigenen Aufnahmen bekommt.

Im Grunde kostet "musikalische Ausbildung" nur viel Zeit.
Dabei kann einem ein Lehrer helfen: Zeit zu sparen. Fehler vermeiden. Strukturierter vorgehen.
Das heißt aber nicht, dass man das nicht auch mit mehr Zeit alleine hinbekommt.
Viele Ideen muss man sich einfach selbst ausdenken. Erfahrungen selbst machen. Auch mit Lehrer.
Jemand der täglich 3-4h alleine übt, wird schneller vorankommen, als jemand, der nen Lehrer hat, aber nur 15 Minuten am Tag spielt.
__________

Bezüglich Sachen, die hier angesprochen wurden:
JeKi ist in keiner Weise irgendeine musikalische Ausbildung.. Da sitzen dann teilweise 8 Gitarrenkids im Alter von 7 Jahren, von denen die Hälfte eigentlich keine Lust hat Gitarre zu spielen und bekommen 45 Minuten "Unterricht"..
Das ist maximal eine erste Berührung mit Instrumenten, die meiner Meinung nach vmtl genausoviele Kids abschreckt, wie sie anregt..
Da muss man wirklich Glück haben um eine gute Gruppe zu bekommen.

Hilfsbereitschaft bei Musikern sollte man nicht unterschätzen. Ich kenn so viele Leute, die einiges tun, um Anfänger zu unterstützen. Sei es alte Instrumente verschenken, ungenutzte ausleihen, Vergünstigungen für Leute, die wirklich kein Geld haben, oder alternative Lösungen. (ich kenn z.B. eine Musikschule, da bekommt ein jugendliches Mädel Unterricht dafür, dass sie im Gegenzug die Unterrichtsräume saugt und aufräumt)
Wer ernsthaftes Interesse zeigt, hat mMn in vielen Fällen die Möglichkeit, dass ihm/ihr irgendwie geholfen wird. Ich hab letztens hier irgendwo von nem Schüler gelesen, der sich das Recording-Equipment seiner Schule ausleihen darf, dafür, dass er da ab und an Aufnahmen vom Schulchor macht. Ein Lehrer von mir, hat mir mal angeboten nen halbes Jahr umsonst Unterricht bei ihm zu nehmen, wenn ich das bräuchte.
Ich hab da wirklich soviel Gutes erlebt, dass es mir schwerfällt zu glauben, dass jemand, der wirklich in finanzieller Not ist, da vollkommen allein gelassen wird. Aber mag ein wenig von der Wohngegend abhängen. Im kleinen Dorf gibt es vmtl einfach nicht soviele Leute, wie in der Großstadt.
 
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