Intonation - wirklich exakt stimmen?

  • Ersteller OphiuchuS
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Hi,

versuchs mal statt mit einer veränderten Stimmung mit einer etwas veränderten Einstellung der Saitenreiter. Auf der Seymour-Duncan-Website erklärt Jerry Donahue, wie er seine Telecaster sauber klingen lässt, und zwar mit der primitiven Drei-Reiter-Bridge. In dem Artikel meint er, dass das Einstellen der Oktavreinheit exakt nach Stimmgerät keineswegs der beste Weg sei, was er festgestellt habe, weil das auf der Vintage-Tele konstruktiv gar nicht möglich ist:

http://www.seymourduncan.com/support...addle_up_your/

Ich war auch immer unzufrieden mit den Akkorden, vor allem mit dem D-Dur, also habe ich das mal auf meine Gitarren (leider noch keine Tele dabei) übertragen und kann danach nur zustimmen: die Akkorde klingen jetzt viel harmonischer, sogar in hohen Lagen (auch wenn das wohl nicht Dein Problem ist).

Kurz gesagt wird die Oktavreinheit bewusst "falsch" eingestellt, weil unser musikalisches System eben in sich nicht ganz stimmig ist. Den Reiter der D-Saite habe ich also etwas nach hinten verstellt, sodass das gegriffene hohe D leicht tiefer ist als der Flagolett-Ton. Die G-Saite hab ich umgekehrt eine kleine Spur nach vorn gedreht. Die Reiter für D- und G-Saite werden also in der Einstellung quasi angenähert.

Jetzt wird die D-Saite nach dem Flageolett "rein" gestimmt und die G-Saite nach dem gegriffenen hohen G (die Leersaite ist also eine kleine Spur zu tief). Der Rest sollte standardmäßig eingestelt und gestimmt werden, die tiefe E-Saite kann laut Jerry eine Kleinigkeit tiefer gestimmt werden, vor allem, wenn man relativ dünne Saiten benutzt und einen harten Anschlag hat. Überhaupt sollte man sich bei der ganzen Sache vor allem nach den Ohren richten und das Ergebnis immer wieder anhand der kritischen Akkorde prüfen, dann findet man eine harmonisch klingende Einstellung.

Ich bin zB auf meinen Gitarren meist nicht so weit gegangen, dass D- und G-Reiter wie bei der Tele auf genau gleicher Höhe wären, da gibts weder Schema noch Patentrezept. Ich setze das auch nicht auf jeder Gitarre so ein, aber auf manchen hat es eine deutliche Verbesserung gebracht, jedenfalls für meine Ohren.

Gruß, bagotrix
 
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Beim herumlesen im Netz bin ich auf einen Bericht gestoßen, in dem steht drin, dass ein Klavierstimmer die tiefen (nennt man das bei Klavieren auch Saiten?) Dinger ein bisschen zu hoch und die hohen Saiten ein bisschen zu niedrig stimmt, weil wenn er es 100%ig exakt stimmen würde, würde es sich nicht gut anhören.
Das muss ich berichtigen. Je nach Instrument wird die Stimmung "gespreizt". D.h. der Bass wird "weiter" also eher größer gestimmt und der Diskant "angehoben". Das warum und wieso hier zu erklären, würde etwas den Rahmen sprengen ;)

Die Qualität ist zwar nicht so toll, aber es war das erste mal das ich was mit audacity aufgenommen habe.

http://soundcloud.com/user8965116/test
Interessant wären die gleichen Akkorde in anderen (höheren) Lagen gewesen. Dann könnte man hören, ob die Gitarre tatsächlich intonationstechnisch nicht stimmt.

Danke fürs anhören. Das heißt, gegen das 'wabern' das immer noch auftritt kann man im Grunde nichts unternehmen?

Das "wabern" was Du meinst sind die Intervalle eines Akkordes, die schneller schweben als andere. Die Terzen z.B. haben alle ein bestimmte Schwebungszahl. Je höher eine Terz, desto höher die Schwebungszahl. Gerade auf einer sehr gut intonierten Gitarre hört man diese "Unreinheiten". Je mehr Terzen (oder andere schwebende Intervalle ein Akkord hat, desto "wabbernder" empfindet man diesen Akkord. Das ist im übrigen auch auf dem Klavier so.

Wie läuft denn das bei Studioaufnahmen? Wird da im nachhinein getrickst?
Jep, mitunter wird da getrickst ;) Aber es gibt auch Gitarristen die ihre Gitarre demnetsprechend auch bei Livegigs anders stimmen. Gerade wenn es um verzerrte Sounds geht. Eine verzerrte Terz klingt greußlich. Quinten, Quarten, Oktaven wiederum nicht. Deswegen spielt man die Powerchords auch meist ohne Terz.
 
Danke für die vielen Antworten. Ich habe es inzwischen nach ungefähr 2 Wochen geschafft, ein befriedigendes Ergebnis hinzubekommen. Ich habe alle Saiten um 0.5 Cent zu niedrig gestimmt und das hat sich bezahlt gemacht. Powerchords und Akkorde klingen gut, das 'wabern' ist auf ein gut erträgliches Minimum reduziert. Ich bin heilfroh, dass ich es noch hinbekommen habe. Ich war ein einem Gitarrenladen, aber der Typ wollte 75.- Euro (exklusive Saiten) und da hab ich gesagt, vielen herzlichen Dank, aber da mach ich das lieber selber. Ich hoffe, dass das Einstellen der Intonation nicht so bald wieder notwendig ist.

Als Tuner hab ich übrigens den TB Strobe Tuner verwendet (http://www.tbstrobetuner.com/), der für $4.95 wirklich günstig ist (im Gegensatz zum Peterson Tuner, wo alleine die Demo bereits $50 kostet) und klaglos funktioniert. Es gibt zwar nur eine Windows Version, die aber (ich verwende Linux als Betriebssystem) wunderbar unter Wine läuft.

Viele Grüße :)
 
Gut, gut und was passiert wenn Du mit anderen Gitarren zusammenspielst ?

Gruß Tom
 
Bagotrix schrieb:
Jetzt wird die D-Saite nach dem Flageolett "rein" gestimmt und die G-Saite nach dem gegriffenen hohen G (die Leersaite ist also eine kleine Spur zu tief). Der Rest sollte standardmäßig eingestelt und gestimmt werden, die tiefe E-Saite kann laut Jerry eine Kleinigkeit tiefer gestimmt werden, vor allem, wenn man relativ dünne Saiten benutzt und einen harten Anschlag hat. Überhaupt sollte man sich bei der ganzen Sache vor allem nach den Ohren richten und das Ergebnis immer wieder anhand der kritischen Akkorde prüfen, dann findet man eine harmonisch klingende Einstellung.
Finde ich interessant, werde ich mal ausprobieren. Habe meine Gitarren einen halben Ton tiefer gestimmt. Ich gehe erst mal von der Intonation des Musikers
aus und übertrage diese so gut wie möglich auf das Instrument. Habe auf die tiefer gestimmte Gitarre die Oktav-Reinheit noch nicht neu abgestimmt.
Ich vertrete ferner die Meinung, daß für einen Cleansound nicht das Ergebnis des Schwingungsbildes einer Saite 1:1 auf den Lautsprecher übertragen werden
muß, das klingt auch oft nicht gut. Eine Akkustik-Gitarre hat auch die Saitenschwingung als Grundlage, jedoch über die Kette Holz Resonanzkörper und Luft
findet auch viel Abweichung statt.
Die E-Gitarre lebt von der Kette der elektrisch manipulierbaren Bausteine. Gegen das Wabbern stelle ich meist ein Delay von 20 bis 30 ms ein, zu einem Ping-Pong-Effekt, der sich dadurch aufhebt, nur der Klang wird räumlicher, könnte man vergleichen mit dem Ton im Resonanzkörper, der auch mehrfach reflektiert
wird. Dieser Effekt wird mit einer entsprechenden Anzahl von Wiederholungen und Feedbacks prozentual beigemischt. Insgesamt mische ich viele Parameter
ab und kann auch gut über einen Kopfhörer spielen, weil es einfach gut klingt, da auch die räumlichen Parameter abgestimmt werden.
 
Ich weiß nicht, ob´s zutreffend und überhaupt noch von Nöten ist, aber wenn mit der Saitenlage nu alles passt, wie sieht es denn mit der Höhe der Tonabnehmer bzw. deren Abstand zu den (Bass-)Saiten aus? Da war doch noch was mit "Stratitis", oda? Weil, wenn jetzt 10er Saiten sind, wo früher 9er waren, und die 10er vielleicht noch zu einem "light top/heavy bottom" -Satz gehören, könnte das auch noch eine Ursache sein.

Is aber nur so 'ne Idee!
 
Hi OphiuchuS!

Zunächst mal sollte man klären, was unter "Stimmung" zu verstehen ist:

- pythagoreisch

- reine

- mitteltönige

- Silbermann-Sorge

- wohltemperierte

- Werckmeister

- Kirnberger

- Vallotti

- Neidhardt

und, nicht zu vergessen

- gleichstufige

Alle haben ihre Vor- und Nachteile, die Bünde Deiner Gitarre werden gleichstufig sein, kleine Schwankungen durch unterschiedlichen Druck auf die Saiten mögen dazu kommen. Somit ist alles spielbar - aber nie irgend etwas wirklich richtig. Ich denke Menschen mit absolutem Gehör (wird oft als Privileg dargestellt?) oder zumindest einem sehr feinem, haben es ziemlich schwer in dieser Welt. Das mag auch für Dich zutreffen. Leider wird Dir nichts übrig bleiben, als mit den Unzulänglichkeiten zu leben. Alternativen? Streichinstrument lernen und nur noch Streichquartett spielen - aber das dürfte für Dich auch keine Lösung sein. Also wirst Du letztlich mit den Unzulänglichkeiten der Gitarre leben müssen. Aber, zum Trost, das tun sehr, sehr viele andere auch.

Grüße

Thomas
 
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Moin Bassstreichler...
du shriebst:
Leider wird Dir nichts übrig bleiben, als mit den Unzulänglichkeiten zu leben. Alternativen?
klingt alles sehr nach Musik-Theorie was du an Stimmungen kennst. Ich überlege gerade, ob es nicht doch noch eine Lösung für Gitaristen gibt, fredless ist
ja nix für Akkorde. Es gibt diese Umhänge-Keyboards. Wenn ich mir das Griffbrett in Tasten oder Knöpfen vorstelle, natürlich nicht mit Anschlagdynamik,
sondern mit Dämpfungsdynamik und dazu für die andere Hand eine Saitenmatte für Plektron oder Picking, wo anschlagdynamisch der Ton aufgenommen wird.
Die Tonhöhe wird durch die gedrückte Taste bestimmt. Die Tastenabstände nebeneinander haben dann nichts mit der Mensur zu tun. Das obere Tastenfeld
könnte den Akkorden dienen, das untere dem Melodiespiel, wobei sich jede Taste einzeln nach einer beliebigen Stimmung abstimmen läßt.
Gibt es dieses Instrument bereits, oder muß es noch entwickelt werden? Vom Stand der Technik müßte es realisierbar sein.
 
...Geigenlehrer ist sicherlich kein Traumberuf für Leute mit gutem Gehör:D

Nee, für uns Gitaristen es gibt ja noch True Temperament Bundierung oder EARVANA...

LG
 
Also ich "fahre" meinen gesamten Gitarrenfuhrpark schon seit Jahren mit der

"reinen - wohltemperierten - mitteltönigen - Silbermann - Sorge - Werckmeister - Stimmung"

Noch nie Probleme geahabt, klingt alles recht Stimmig.:p

Gruß TOM
 

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