Hi,
@n****t ,
Ja, 1968 war ein markantes Jahr, nicht nur für die BRD, sondern auch für mich. Da war ich schon Student und verbrachte ein praktisches Jahr als Englischassistent an einem Bonner Gymnasium, um mein gesprochenes Deutsch zu verbessern. Und die ersten Worte, die ich dazulernte, waren "Notstandsgesetze" und "Kundgebung"! Kurz danach - in der Karnevalszeit - folgten die Worte "ich liebe dich".
Ich hatte in Bonn zwei Kollegen. Wir bildeten die Basis für viele britische Witze: "There were an Englishman, an Irishman and a Scotsman ..." Wir wurden von Party zu Party gereicht, um die Texte der Beatles-Lieder zu erklären ("Sergeant Pepper" war gerade aktuell). Glücklicherweise stammte unser
Engländer ausgerechnet aus Liverpool!
Im Gegensatz zu dir verarbeitete ich das Jahr 68 lyrisch zeitnah. Ich habe ein paar lieder aus der Zeit, die ich heute noch bei Gelegenheit singe. Stilistisch liegen sie irgendwo zwischen "Des Knaben Wunderhorn" und Leonard Cohen (Jimi Hendrix war nicht mein Ding.) Aber wie dein nachträglicher Text behandeln sie nicht die politischen Ereignisse, sondern die persönlichen Erlebnisse.
An deinem Text finde ich nichts, was ich sprachlich verbessern müsste. Im Gegenteil - du setzt einige feste Redewendungen passend ein (z.B. "moved six feet under", "memories sweetened my years"), und einige originale Formulierungen (z.B. "Time to find and time to lose myself,") sind auch dabei.
Über zwei Wörter grübele ich noch:
1. "... on my sandy
shelf" - hat das mit "left on the shelf" zu tun, also "keine abgekriegt" zu haben? "Shelf" ist kein direktes Synonym für "beach", "shore", "strand" o.ä. Oder hat es nur mit Sommer/Strand/Urlaub zu tun? dann wäre "...on my sandy
shore" besser. Da schwingt "neue Ufern" mit. Deine Übersetzung "sandigen
Riff" entspräche eher "sandy
reef" - und da schwingt Abgeschnittenheit mit. Alles richtig - aber immer ein bißchen anders in der Aussage.
2. "I
missed the wisdom of the elder ones" - Könnte es sein, dass "I
lacked the wisdom of the elder ones" eher zuträfe?
To miss heißt, etwas nicht zu finden, was man erwartet hätte oder schon kannte.
To lack heißt schlicht nicht zu besitzen. Beides wäre sinnvoll: entweder waren die Älteren nicht so weise, wie ich es mir vorstellte, oder ich besaß nicht die Weisheit des Alters.
Habe ich gern gelesen!
Cheers,
Jed