Hier kommt ja ziemlich viel auf einmal, also als Erstes würde ich sagen:
Musik hören, Musik hören, Musik hören!
Du musst dich wie ein Schwamm verhalten und alles aufsaugen was dir gefällt um irgendwie erst einmal einen Ruck zu bekommen was Inspiration angeht.
Findest du Blues geil? Gut, dann stöber in der Musikgeschichte und such dir Künsterl und Bands heraus. Heutzutage ist es mit YouTube echt ein Kinderspiel an teils seltene Liveperformances von legendären Künstlern zu stoßen, oder einfache Lessons und Tutorials von deinen großen Idolen - alles einen Mausklick entfernt.
Falls dir das Material ausgeht empfehle ich (bei vorhandenem iPhone, iPad oder iPod touch) die App "
Discovr". Du gibst einen "Startkünstler" ein und die App nennt dir in einem Raster (ähnlich wie beim Brainstorming) ähnliche Künstler und Bands. Soviel zu dem Bereich.
Dann ist es wichtig, dass du dir die
Basics draufschaffst. Sprich: Akkord- und Skalenwissen.
Bevor du dich überhaupt daran machst Skalen auswendig zu lernen, musst du das Griffbrett "kennenlernen", wo ist welcher Ton, wie sind die Abstände und Intervalle und so weiter... wie ist eine Durtonleiter aufgebaut, wie ist eine Molltonleiter aufgebaut - wo sind die Unterschiede?
1.) Weißt du welche Töne du spielen "darfst"/kannst wenn du zB in E-Dur bist?
2.) Weißt du wie man eine Dur-/Molltonleiter harmonisiert? Weißt du was "harmonisieren" bedeutet?
3.) Weißt du was die Modi oder Kirchentonleitern sind und wie sie verknüpft sind?
Das sind so die ersten 3 Basics die für mich wichtig waren als ich mit dem Improvisieren angefangen habe.
Mit der Pentatonik kommst du anfangs schon recht weit. Schaue dich im Internet oder in diversen Magazinen nach Licks um, speziell nach "
Blues Box"-Licks.
Das Standard-Pentatonik-Pattern wird als (Blues)-Box bezeichnet, also 1-4-1-3-1-3-1-3-1-4-1-4 (von den Fingern her, E bis e-Saite). In dieser Box gibt es zig Varianten Licks zu finden. zB das Standard-Lick: Bend mit dem 3.Finger auf der g-Saite und dann Barree über die beiden hohen Saiten (h- und e-Saite) mit dem Zeigefinger - entweder binär oder ternär phrasiert ("gerade" oder triolisch gespielt).
Ein weiteres Stilmittel sind
Bends, die
keinen genauen Zielton ansteuern. Zum Beispiel
1/4tel Bends. Wenn du in der Blues-Box mit deinem Zeigefinger auf der g-Saite bendest, kannst du dir aussuchen welcher Ton klingen soll. Lässt du deinen Finger liegen, hast du die Mollterz, machst du einen Halbtonbend bist du auch der Durterz. Spielst du einen "Viertelbend" oder etwas stärkeres Vibrato siedelt sich der Ton zwischen diesen beiden Tönen an und du hast weder eine Moll- noch eine Durterz. Auch beliebt sind Bends mit größerem Umfang, zB
1 1/2 Bends oder etwas drüber. Probier mal auf der h-Saite mit dem Ringfinger (oder kleinen Finger) zu benden (die Septime zur Oktave) dann zu releasen und danach nochmal zu benden und "über's Ziel hinaus" zu schießen. Ein richtiges "Ziel" gibt es dabei nicht, du solltest nur über die Oktave bzw. den Grundton kommen. Der Ton kann ruhig nicht 100% identifizierbar sein, das macht den Reiz aus.
Als nächstes großes Kapitel bringe ich die
Modi ins Spiel, das ist kein leichtes Thema. Ohne Lehrer hätte mich das viel Zeit und Nerven gekostet, am besten du fragst deinen Lehrer (falls du einen hast) oder du schaust bei YouTube rein, da empfehle ich den riffoftheweek-Channel von Dave Weiner, er hat mittlerweile jahrelang Videos geuploaded und erklärt in einer Reihe jeden Modus und so weiter.
Danach lernst du wie sich die Modi auf dem Griffbrett miteinander verknüpfen. Nehmen wir das Beispiel G-Dur, oder G-Ionisch. Fängt an vom Grundton 6. Saite, also 3. Bund. Von da an treibt sich das Netz über das komplette Griffbrett. Heute, nach vielen Jahren, sehe ich schon Punkte vor meinem inneren Auge wo welches Intervall ist und was zu G-Dur, F-Dur, c-Moll und so weiter gehört.
Und das wirst du auch schaffen! Wenn du an dem Punkt bist, hast du ganz große Freiheit was deine Lagen betrifft und du bist nicht mehr in deiner Blues-Box "gefangen".
Ergo: Modi lernen. Dazu gehören: Die
Fingersätze, Grundton 6. Saite reicht erstmal. Die Namen. Die
Intervallstruktur der einzelnen Modes. Der
charakteristische Klang der Modes und der
dazugehörige Akkord. (wenn du die Durtonleiter zB harmonisiert hast, wirst du erkennen was es damit auf sich hat).
Nicht erschrecken vor soviel Material! Das Improvisieren gehört nicht umsonst zu den Königsdisziplinen auf der Gitarre und es erfordert jahrelanges Training bis man sich selbst bzw. den Sound aus seinem Kopf auf dem Griffbrett verwirklicht hat. Über die Jahre wird sich dein Stil verändern, du wirst je nach Wissens- und Technikstand andere Licks und Stilmittel bevorzugen, quasi als Musiker reif werden und immer weiter wissen was für dich geil klingt.
Ich hoffe das bringt den Stein etwas ins Rollen!
...und nicht vergessen: saug' alles auf was du zu Gehör bekommst und was dir gefällt. Klau ruhig anfangs ein paar Licks, mit der Zeit wirst du die Dinge so abwandeln dass man gar nicht mehr hört woher das kommt. Und selbst wenn, es wurden schon zig Licks doppelt und dreifach in den verschiedensten Soli verwendet. Keine Sorge! Und immer aus dem Stil "klauen" der dich am meisten berührt. Mike Portnoy hat seine Beats auch aus keinem Destiny's Child-Song, auch wenn er diese gut findet.
In diesem Sinne.