Hallo,
ich besitze seit ca. einem Jahr eine RGT6EX IPT (Iron pewter), spiele aber eher selten mit der Gitarre obwohl der Sound wirklich toll ist. Grund dafür ist die zwar sehr ansprechende, aber sehr heikle Hochglanzlackierung. Kaum in den Händen, sieht das Teil aus wie ein verschmiertes Butterbrotpapier. Also ist nach jedem Spielen eine gründliche Reinigung angesagt. Den einen mag es nicht stören, aber ich hasse es, wenn die Gitarre so versaut aussieht. Also bleibt die Gitarre öfters im Koffer liegen, obwohl ich Lust hätte darauf zu spielen.
So habe ich mich entschlossen eine etwas weniger heikle Gitarre zu kaufen. Meine Wahl viel auf die Cort X-TH, die in den Grundzügen mit der Ibanez identisch ist. Beide Gitarren haben einen 5-teiligenden durchgehenden Hals. Der Body besteht bei beiden Gitarren aus angeleimte Mahagoniflügel. Verbaut sind die aktiven EMGs 81/85. Cort verbaut das hauseigene Double locking II Tremolo, Ibanez die Edge III Bridge. Beide Gitarren haben 24 Jumbo Bünde. Die Cort weißt eine mattschwarze Open pore Lackierung auf. Das neuste Modell ist jedoch auch in einem Hochglanzfinish erhältlich.
Zu erwähnen ist, dass die Ibanez RGT in den Werken von Cort Korea hergestellt wird. Kein Wunder also, dass die beiden Gitarren fast identisch sind. Bis auf den Preis. Die Ibanez wird in der Schweiz für Fr. 1799.angeboten, die Cort für preisgünstige Fr. 1100.--. Ein nicht unerhebliche Preisdifferenz!
Gestern konnte ich die Cort beim Händler abholen. Dieser hatte zuvor noch neue Saiten aufgezogen, aber sonst keine Einstellungen vorgenommen. Und das war der Gitarre anzumerken. Im Gegensatz zur Ibanez die ab Werk eine brauchbare Grundeinstellung erhalten hatte, war die Cort nicht spielbar. Der Hals kerzengerade, die Saitenlage viel zu hoch und die Intonation, na ja... Schon etwas enttäuschend für eine Gitarre in dieser Preisklasse. Nun gut, der Hals bekam seine Krümmung und die Saitenlage war sehr schnell in der richtigen Höhe einjustiert. Nur mit dem Tremolo kam ich nicht klar. Kaum hatte ich die Gitarre gestimmt und das Tremolo leicht bewegt, war die Stimmung wieder dahin. Die Ursache fand ich dann jedoch relativ schnell. Die Saiten waren katastrophal auf den Tunern aufgewickelt. Also runter mit den Drähten und einen neuen Satz 10er Saiten aufgezogen. Diese beim Aufwickeln etwas gedehnt und mit starkem Gegenzug aufgewickelt und schon zeigte das Tremolo, dass es stimmstabil zu bedienen ist. Ich weiss nun nicht, wem ich wegen der ungenügenden Einstellung den schwarzen Peter zuschieben soll. Cort, weil sie eine so schlecht justierte Gitarre aus dem Werk lassen oder dem Händler, der sich nicht die Mühe gemacht hat das Instrument vor dem Verkauf gründlich zu checken.
Jedenfalls lässt sich die Cort sehr gut einstellen. Eine tiefe Saitenlage ist problemlos möglich, ohne dass die Gitarre gleich scheppert. Aber wo liegen nun die Unterschiede zwischen der Cort und der Ibanez.
Von der Form her spricht mich die Cort mit den langen Teufelshörnern (Cutaways) mehr an. Irgendwie schaut das Teil absolut cool aus. Auch die abgerundeten Kanten am Body machen optisch mehr her als die eckige Form der Ibanez. Die Cort schaut mehr nach Heavy-Gitarre aus. Auf dem Bild kommt die Form der Cort nicht zur Geltung. Dagegen wirkt die Ibanez schon etwas bieder. Die matte Lackierung der Cort ist für mich perfekt. Ich mag diesen matten Lack einfach lieber beim Spielen. In Ordnung, fürs Auge ist perfekte Lackierung der Ibanez eine Wucht.... Auch der mitlackierte Schaft bei der RGT sieht natürlich sehr edel auch, kann aber in machen Situationen das Spielgefühl doch stören. Zumindest im Sommer wenn man an den Händen schwitzt, bleibt man doch manchmal an der Lackierung etwas kleben.
Der Hals der RGT weißt das typische Wizard II Profil auf. Sehr dünn halt, aber wer damit zurecht kommt, wird den Hals schätzen. Der Hals der Cort hat etwas mehr Fleisch am Knochen und fühlt sich mit sehr angenehm an. Ich fühle mich mit meinen langen Fingern auf der Cort wohler; aber das ist sehr individuell. Das Griffbrett ist bei beiden Gitarren sehr flach. Zusammen mit den hohen Bünden ist die Gitarre leicht zu spielen. Bei der Cort sind die hohen Bünde eindeutig besser zu spielen. Hier kann die Ibanez nicht dagegen halten.
Das Griffbrett der Ibanez ist mit einem weissen, leicht gelblichem Binding eingefasst. Diese ist bei der Cort schneeweiss. Die Mechaniken funktionieren bei beiden Gitarren sehr leichtgängig und genau.
Aktive Tonabnehmer brauchen eine Batterie und diese muss irgendwo verstaut werden. Bei der Ibanez müssen für einen Batteriewechsel auf der Rückseite der Gitarre zwei Metallschrauben mit eingeschlagenem Gewinde gelöst werden. Anschliessend muss die Batterie, die an einem sehr kurzem Stromkabel hängt, etwas mühsam aus der Fräsung herausgeklaubt werden. Das geht besser und Cort macht es vor. Ohne Werkzeug lässt sich die Klappe öffnen und anschliessend kann die Batterie ohne Probleme und Gefummel entnommen werden. Es gibt keine Kabel, die Kontakte sitzen fest am Holz. Also Batterie rein, Deckel zu und schon kann weitergespielt werden. Ein Batteriewechsel dauert so für den normalen Gitarristen10 Sekunden, ich brauchte 11 dazu.
Schon optisch macht das Tremolo auf der Ibanez einen hochwertigen Eindruck. Das ist auch beim Gebrauch so. In dieser Beziehung kann Cort mit der ausgereiftem Edge III Bridge nicht ganz mithalten. Während der Tremoloheben bei der Ibanez nur eingesteckt wird, aber völlig spielfrei sitzt, weißt der aufgeschraubte Hebel in der Cort doch einiges Spiel auf. Leider lässt sich dieses nicht wie bei der Ibanez mit einer Schraube regeln.
Nun, wie klingen nun beide Gitarren. Bei fast identischer Bauweise ist es verständlich und zu erwarten, dass sich beide Gitarren nicht weh tun. Die EMGs klingen eben nach EMGs. Druckvoll im Bass ohne dabei zu dröhnen und zu mulmen. Die Höhen sind sehr clean und haben durchaus sogar etwas Wärme vorzuweisen. Piech Harmonics lassen sich spielend provozieren, einfach genial.
Überhaupt erstaunt es mich, dass beide Gitarren sogar Twang-Tendenzen aufweisen. Von Vorteil finde ich auch, dass sich mit dem Tone-Poti die Lautstärke feinfühlig regulieren lässt, ohne dass dabei Höhen verloren gehen.
Beide Gitarren zeigen sich sehr resonanzfreudig, was bei einem durchgehenden Hals ja auch nicht anders zu erwarten ist. Die Gitarren sind keine Leichtgewichte, aber trotzdem entfaltet sich der Ton sehr schnell und spritzig.
Es sind zwischen den beiden Gitarren durchaus kleine tonalen Unterschiede festzustellen. Aber dieses sind hier auf dem Papier schlecht in Wort zu fassen. Ich würde meinen, dass klanglich beide Gitarre auf dem gleich hohem Level spielen.
Fazit: Die Cort muss nur wegen dem wackelndem Tremolohebel einige Federn lassen. Von der Verarbeitung her schenken sich beide Modelle sonst nichts. Ich persönlich ziehe alleine schon wegen der OP-Lackierung die Cort vor. Für mich ist diese auch die formschönere Gitarre. Dagegen sieht die Ibanez schon etwas altbackend aus. Und im Preis-Leistungsverhältnis sieht es für die Ibanez sehr schlecht aus. Ich habe keine Ahnung, wo in der Ibanez die deutliche Preisdifferenz steckt. Im Klang ganz sicher nicht....