DirkS
Moderator E-Gitarren HCA frühe PRS und Superstrats
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Alles über die Ibanez J Customs
(Hier noch ein Pic von @gitarrero! , der mir diese Gitarre zu einem echten Freundschaftspreis verkauft hat)
Hier mal ein Neustart eines J Custom -Threads. Der alte (User-)Thread ist aufgrund diverser Deadlinks und einer gewissen Verzettelung in Nebenthemen seit Jahren eingeschlafen, da bot es sich an, einen neuen Thread mit einem Überblick über dieses Thema zu starten. Eingangs ein Dankeschön an Oli (@gitarrero!) für hilfreiche Hinweise und vor allem den Verkauf seiner J Custom an mich, @hack_meck für die Wiederherstellung eines Kontaktes zu Daniel G./Meinl und @Lenny für Hilfestellung bei der Organisation des Threads! Auf geht`s:
Kurze Einleitung:
Ibanez ist die Eigenmarke eines der weltweit führenden Herstellers im Bereich der (vor allem) elektronischen Saiteninstrumente nebst Zubehör.Der Markeninhaber von Ibanez heißt Hoshino Gakki Co., Ltd. und der verarbeitende Betrieb, also die große japanische Gitarrenfabrik Fujigen Gakki, sie wiederum produziert auch unter dem eigenen Label FGN Guitars und für zahlreiche andere Brands. Mit Fujigen ist Hoshino seit Jahrzehnten sehr eng verbandelt und sie haben sich sogar vor ein paar Jahren als Joint-Venture in die gigantische P.T. Cort Gitarrenfabrik in Jawa Timur, Surabaya, Indonesien, eingekauft - dort werden u.a. die Ibanez-Premium-Gitarren hergestellt.
Während die beiden in der firmeneigenen Hierarchie von Ibanez ganz oben stehenden Baureihen J Custom und Prestige, sowie verschiedene Endorser-Modelle noch immer fast ausschließlich in Japan gebaut werden, erkennbar etwa durch das F (für Fujigen) am Anfang der Seriennummer, hat Fujigen die Produktion der preislich darunter angesiedelten Baureihen seit Jahren fast vollständig in andere fernöstliche Länder verlegt.
Alle Ibanez-Gitarren stehen in dem Ruf, in ihrem jeweiligen Preissegment über eine besonders hohe Verarbeitungsqualität zu verfügen. Die J Custom-Baureihe stellt seit 1995/6 die Spitze in der Hierarchie aller Ibanez-Gitarren dar. Schon aus diesem Grund lohnt sich ein genauerer Blick auf diese Gitarren, die erst seit 2018 auch offiziell nach Europa importiert werden.
Eine einheitliche Schreibweise der Bezeichnung gibt es übrigens nicht, Ibanez selbst wechselt in Prospekten munter zwischen J Custom, J-Custom, j-custom und (auf dem Headstock) j. custom.
I. Die Vorläufer der J Customs:
1. Ibanez JEM 777 und Beginn der RG-Baureihe 1987
Als in den 80er Jahren zum einen der Gitarrentyp der sog. Superstrats zum Mainstream wurde, zum anderen neue Hersteller das damalige Top-Preissegment für höchstwertige E-Gitarren ausweiteten (etwa frühe Charvel USA ab 1981, PRS ab 1985, u.v.m.) und spürbar bessere Qualität ablieferten, als dies seinerzeit jdf. in der Masse Gibson und Fender bewerkstelligten, entschied sich auch Ibanez, in diesem sehr lukrativen Segment tätig zu werden.
Den Startpunkt dieser Entwicklung bildet wohl 1987 die zusammen mit Steve Vai entwickelte Ibanez JEM 777 in den damals angesagten Neonfarben knallgrün (LG= loch ness green), neongelb (DY = desert yellow) und pink (sk=shocking pink).
Das gesuchteste Sammlerstück ist sicher die auf 777 Stück limitierte JEM777LG, mein ehemaliges Exemplar hat Bigfoot, über die ich es Jahre später wieder verkauft habe, sehr schön fotografiert, die Verwendung des Bild hat mir der Shop freundlicherweise erlaubt:
Zu diesen Gitarren gibt es im Board einen eigenen Thread unter
Alles über die ganz frühen JEM - Gitarren | Musiker-Board
Zeitgleich startete 1987 die hieraus abgeleitete etwas preisgünstigere RG-Baureihe (RG = Rock Guitar) mit der Ibanez RG550,
Die Baureihe RG ist die bis heute erfolgreichste Gitarrenserie von Ibanez, fast alle je hergestellten Prestige-, u.s.a. custom- und J Custom-Gitarren von Ibanez fußen auf dieser Baureihe.
Nachfolgend erstellte Fujigen innerhalb der stets erweiterten RG-Baureihe diverse an den unterschiedlichen Zielgruppen ausgerichtete Unter-Baureihen, die heute im Ibanez`schen Hierarchie-System grundsätzlich von der Serie „Prestige“ angeführt werden, die Ibanez für den Profi-Markt entwickelt hat.
(Natürlich genügen auch viele hierarchisch darunter angesiedelte Ibanez-Gitarren professionellen Ansprüche. Auch baut Ibanez diverse andere Baureihen wie S-Serie, AZ-Serie, semiakustische Gitarren etc., dieser post konzentriert sich aber auch weiterhin auf die RG-Gitarren.)
2, Ibanez USA Custom und American Master 1989
Aufgrund des weltweit riesigen Erfolgs der RG-Baureihe entschied sich Ibanez Ende der 80er Jahre, eine noch darüber „over the top“ angesiedelte Custom-Serie anzubieten.
Dies geschah zunächst in den USA mit den Serien „American Master“ und „u.s.a. custom“.
Es sind großartige Gitarren (das Gruppenbild oben zeigt meine ehemalige Sammlung), die unseren Ibanez-Kenner Oli (@gitarrero) und mich zusammen inspiriert haben, ein 274 DIN A4 Seiten starkes Buch nur über diese Serie zu verfassen.
Es handelte sich zusammenfassend um folgende Serien:
Auch zu diesen Gitarren, den direkten Vorläufern der J Customs, gibt es im Board einen eigenen Thread, zu finden hier:
https://www.musiker-board.de/thread...ren-geschichte-modelle-besonderheiten.134845/
3. Der Übergang zu den J Custom-Baureihen
Kommen wir nun zu den nunmehr bereits seit 27 Jahren produzierten J Custom-Modellen, die erst seit 2018 auch direkt in Europa über den Importeur Meinl und ausgewählte Fachgeschäfte erhältlich sind.
Als die Produktion in den USA infolge des sich ändernden Wechselkurses zwischen Yen und Dollar unwirtschaftlich wurde, verlegte Ibanez seine Custom-Abteilung zurück nach Japan, die J Custom-Baureihen lösten 1995/6 direkt die u.s.a. custom-Baureihen ab.
Ab 1995 fertigte Ibanez diese Top-Baureihe in einem Custom Shop, der in Japan (FujiGen Gakki) angesiedelt war. Diese Gitarren wurden von besonders qualifizierten Mitarbeitern unter Verwendung hochwertigster Materialien unter der Leitung von Makoto „Nick“ Sugimoto montiert. Sugimoto spielt noch heute eine besondere Rolle im Custom Shop. Zwar verkauft er auch unter der eigenen Marke "Sugi" Gitarren, er ist aber bis heute für einige Highend-Sonderserien im J Custom-Shop verantwortlich, die dann bei Sugi hergestellt werden.
Im Gegensatz zu dem letztlich überschaubaren Sammlergebiet der USA Customs ist die Vielzahl der inzwischen über 250 verschiedenen J Custom-Modelle kaum noch überschaubar. Nachfolgend soll daher nur der Beginn der J Custom-Modelle aufgezeigt werden, gefolgt von einem kurzen Überblick über seither angebotene Modelle und einer näheren Vorstellung der heute verbreiteten Modelle 84XX und 85XX (wobei "X" hier nur als Platzhalter für weitere Zahlen steht):
Die J Custom-Gitarren waren im Gegensatz zu den u.s.a. customs ursprünglich nicht für den Weltmarkt vorgesehen, sie wurden für viele Jahre nur in Japan verkauft. Aus diesem Grund waren Informationen über die frühen J Customs kaum zu bekommen, erst recht war es fast unmöglich, diese Gitarren in den USA oder Europa anzuspielen.
An einen weltweiten Erfolg dachte man möglicherweise gar nicht, da etwa Anfang bis Mitte der 90er Jahre virtuose Rockmusik im Mainstream durch neuere Stile, etwa Grunge, abgelöst wurde und diese neuen Musikrichtungen keine Superstrats wie die RGs erforderten. In Japan selbst hingegen existierte auch weiterhin stets eine bedeutende Metal-Gemeinde und auch einen Sammlermarkt für besonders hochwertige Gitarren.
Beginnen wir mit den Anfängen des Custom Shops in Japan:
Ibanez J CUSTOM
II. Frühe J Customs:
Zunächst wurden folgende Modelle angeboten:
1995 Japan J Custom: RG1808, RG1508, RG1308, RG1302
1996 Japan J Custom: RG1712RV, RG1702SLK, RG1608SLB, RG1608AM
Nüchtern betrachtet fehlt es den 1995er und 1996er Modellen noch an dem Besonderen und an Innovationen. Die Decken sind ansehnlich, aber nicht spektakulär. Sie erreichen nicht die großartige Optik vieler früherer USA Customs, deren Decken darüber hinaus (UCEW 1) deutlich dicker ausfielen. Mit Ausnahme des neuen Halsprofils waren es besonders sorgfältig gebaute, aber letztlich keine außergewöhnlichen Gitarren. Im Einzelnen:
1995 zeigte Ibanez erstmals in einem Katalog für Japan Modelle der neuen J Custom-Reihe, die Modelle 1508 und 1808. Sie ähneln auf den ersten Blick einer USA Custom UCEW 2, haben aber nicht eine so dicke Ahorndecke. Diese Modelle waren zunächst nur für den japanischen Markt gedacht und wurden nicht weltweit angeboten:
Im Katalog von 1996 für Japan finden sich weitere J Custom-Modelle, etwa die RG 1702. Weiterhin war die Bezeichnung „J Custom“ dem japanischen Markt vorbehalten. Interessant ist allerdings, dass Ibanez kurz darauf nahezu identische Modelle unter der Bezeichnung Prestige in Europa an bot. Ein Vergleich der 1996er Werbung für Japan und derjenigen von 1997 für Europa zeigt auf, dass Ibanez sogar für die Fotos dieser Prospekte denselben Korpus benutzte und lediglich Hardware und Hals austauschte. Dies ist gut erkennbar auf den nachfolgenden Pics, dort eine Gegenüberstellung in der unteren Bildreihe. Die allerersten Prestige-RGs wurden vom selben Team bzw. in derselben Werkstatt gebaut wie J Custom-RGs. Erkennbar ist das daran, dass diese Prestiges auf der Rückseite der Kopfplatte eine schwarz eingestempelte Extra-Seriennummer unterhalb des Decals haben. Das ist ein unmissverständliches Merkmal für J Custom-Fertigung.
Als Ibanez später die J Custom-Reihe oberhalb der Prestige-Modelle positionierte, wurden vereinzelt weitere (einfachere) J Custom-Modelle fortan unter dem Namen Prestige angeboten, etwa die J Custom RG 1302.
Modelle von 1997:
Zunächst gab es wieder einige „Grundmodelle“, im Jahr 1997 waren dies die Serien
RG 1302, 1308, 1608, 1702, 1712, 1908, 1918 (nur im Japan-Katalog)
Die Hälse auf J Customs wurden 1995 ursprünglich "Wizard SP" genannt, 1996 in "Wizard Special" und 1997 in "J Custom" umbenannt, ohne dass sich die Halsmaße geändert hätten. Es handelte sich um 3-teilige Hälse ohne scarf joint (=schräg angeschäftete Kopfplatte). 1998 wechselte Ibanez für die J Customs zu einem 5-teiligen Design und die Prestige-Reihe „erbte“ den alten 3-teiligen Hals, der etwas missverständlich als "Wizard" (wie bei den alten USA Customs) vermarktet wurde, obwohl es sich weiterhin um das J Custom Profil handelte.
Generell sind die Unterschiede innerhalb der frühen 1XXX-Reihen eher gering. Jede Änderung, etwa eine dickere/dünnere Decke, eine andere PU-Konfiguration etc. bekam eine eigene Modellnummer.
Beispiele: Die 1608 hat eine dickere Decke und andere PUs, die 1908 erhielt eine Quilted Maple-Decke und Ahorngriffbrett, sowie einen anderen Steg-PU, etc.
Nüchtern betrachtet fehlt es den 1995er und 1996er Modellen noch an dem Besonderen und an Innovationen. Dies änderte sich im Jahr 1997, in dem der japanische Custom-Shop erstmals zeigte, dass dort auch ganz besondere Gitarren in sehr kleinen Auflagen entstehen konnten. Hierbei handelte es sich um folgende Modelle:
1997 RG-ART1, RG-METAL1, RG-GEAR1, S5400NT, S3040PL, S3040BS, SR-8100.
Diese von Sammlern und Fans heute sehr gesuchten Modelle sollen nachfolgend vereinzelt vorgestellt werden (Fotos Internet und von http://www.ibanezrules.com/catalogs/us/1997jcs/index.htm) :
Ibanez J Custom RG-ART 1 von 1997
Korpus RG-Form aus Linde mit 7mm dicker AAA Flame Maple Decke, Lo-Pro EDGE, DiMarzio Air Norton und Tone Zone AANJ, Hals 3-teilig aus Ahorn, aufwändige mehrfarbige Beiztechnik an der Korpusdecke. Es kam dieselbe Mehrfach-Beiztechnik mit verschiedenen Masken zum Einsatz wie beim Jubiläumsmodell JPM90HAM (John Petrucci, Hoshino 90th Anniversary)
Ibanez J Custom RG-GEAR 1 von 1997:
Korpus RG-Form aus Mahagoni, Lo-Pro EDGE, DiMarzio FRED, Blue Velvet und Super 3, Hals 3-tlg. Ahorn mit Palisander-Griffbrett, geriffelte Oberfläche der Decke mit Zahnradmotiven.
Ibanez J Custom S 3040 BS und S 3040 PL:
Korpus S-Form, Burl Mahagoni, Lo-Pro EDGE, DiMarzio Air Norton und Blue Velvet und Tone Zone Hals 1-tlg Maple mit Ebenholz-Griffbrett
Ibanez J Custom RG-METAL 1:
Korpus RG-Form, Lo-Pro EDGE, DiMarzio FRED, Blue Velvet und Super 3, Hals 3-tlg. Ahorn mit Palisander-Griffbrett. Ibanez hat das auffällige Riss-Finish für das Jubiläumsmodell JEM90HAM (JEM, Steve Vai, Hoshino 90th Anniversary) übernommen.
Ibanez J Custom S 5400 NT:
Korpus AAA Burl Mahagoni, ansonsten wie S 3040
Modelle von 1998: RG 1608, 1680, 1702, 1712, 1802, 1822, 1880 (nur im Japan-Katalog)
Bei der RG1880BS in Blueburst kam erstmals –nach den 97er Sondermodellen- bei einer Serien-J Custom ein matching headstock zum Einsatz. Dieses Detail erstarkte später ebenso wie die Ranken-Inlays im Griffbrett zu einem typischen Merkmal der J Custom-Gitarren.
III.1999 bis heute (gekürzt)
Nachfolgend ist infolge häufiger Modellwechsel die J Custom-Familie recht unübersichtlich geworden, insgesamt existieren bis heute 267 Kleinserien aus dem J Custom-Shop.
Eine Übersicht gibt es u.a. im Netz bei Portal:J Custom series | Ibanez Wiki | Fandom
Anmerkung: Bei diesen Bildern handelt es sich nur um Ausschnitte, die Abbildung aller Modelle würde leider den vorgegebenen Rahmen von maximal 50 Anhängen sprengen.
IV. Die heutigen / modernen J Customs:
Mit Sicherheit am weitesten weltweit und in Deutschland verbreitet sind die Serien 84XX und 85XX
(sowie deren Varianten 75XX, 81XX, 83XX und 95XX, diese kennzeichnen Modelle ohne die aufwändige „tree of life“ genannte Griffbretteinlage aus Abaloney).
Die "Standard-Linie" unter den RG-Gitarren der J Custom-Reihe erkennt man an der Typenbezeichnung mit 4 Ziffern.
Es begann bei den frühen Exemplaren mit 1XXX (X= Platzhalter für andere Zahlen), ab etwa dem Jahr 2000 (fließender Übergang) abgelöst durch die Ziffern 75XX, 81XX, 82XX, 83XX, 84XX, 85XX, 86XX, 95XX und 96XX. Diese Reihen hat Ibanez nicht in chronologischer Reihenfolge angeboten.
Diese Bezeichnungen sind aussagekräftig:
Bei den hinteren bislang mit Platzhaltern (X) versehenen 2 Ziffern stehen die Zahlen
XX10 für 1 Humbcker
XX20 für 2 Humbucker,
XX30 für H-H oder S-S-S jeweils auf ein Pickguard verschraubt.
XX40 und XX60 für H-S-S,
XX50 für H-S-H auf Pickguard
XX70 für H-S-H und
XX71 für H-H-H.
Die 7-saitigen Gitarren haben stets 2 Humbucker und tragen die Bezeichnung XX27.
Am häufigsten verbreitet sind die Reihen 84XX und 85XX, wobei ein Unterschied zwischen diesen Serien auch bei genauer Betrachtung nahezu nicht erkennbar ist. Einzig der mittlere Single Coil wurde von diMarzio BlueVelvet auf diMarzio TrueVelvet geändert. Und selbst die klingen in meinen Ohren nahezu identisch.
Die auffällige Ranke „tree of life“ auf dem Griffbrett wurde erstmals auf einem Modell im Jahr 2000 verwendet und ist ab etwa 2004 kennzeichnend für fast alle J Customs.
Erstmals in dem Katalog für 2018 wird die J Custom-Reihe auch in Europa beworben. In sämtlichen vorherigen Ausgaben des Ibanez-Katalogs hatte Ibanez Gitarren der Prestige-Baureihe als Top-Modelle vermarktet, obwohl auch in Europa seit mehr als 20 Jahren Interesse an den noch höherwertigen J Customs bestand. Das diesem Katalog entnommene nachfolgende Bild zeigt die für J Customs typische Ranke auf den Griffbrettern.
Findet sich hinter den 4 Ziffern 84XX und 85XX ein "Z", dann handelt es sich um die etwas späteren (ca. ab 2008) Varianten mit dem Edge Zero Tremolo. In den Modellen ohne das "Z" sind noch die etwas beliebteren, weil nahezu verschleißfreien Lo-Pro Edge (2001-2002) bzw. Edge Pro (2003-2007) Tremolos verbaut. Bei den Modellen mit Edge Pro findet sich hinter den 4 Ziffern ein "F".
Prefix: Manchmal finden sich vor der offiziellen Bezeichnung RG 84XX oder RG 85XX weitere Buchstaben.
Hierbei handelt es sich um Spotbestellungen (begrenzte und limitierte Sonderbestellungen) eines größeren Abnehmers, hierbei stehen
- H - für Ikebe Gakki (HRG1802)
- I - für Ishibashi (IRG8470F)
- K - für Musicland Key (KRG1502)
- M - für Kurosawa Gakki (MRG500)
- R - für Rock Inn (RRG1)
- S - für Shimamura Gakki (SRG450QMZD)
- W - für Watanabe Gakki (WRGR13B)
- Y - für Yamano (YJCRG2
Ferner wird manchmal von Verkäufern das Kürzel "JC" für J Custom vor die Bezeichnung gesetzt, also etwa JCRG8570. Dies hat aber keine weitergehende Bedeutung. Genau genommen ist es sogar falsch, da Ibanez die Bezeichnung "JCRG" nur für ganz spezielle besonders hochwertige Modelle innerhalb der J Custom-Reihe verwendete, etwa Jahrgangsmodelle.
Was kennzeichnet diese aktuellen Baureihen? Die meisten der nachfolgenden Infos stammen aus https://ibanez.fandom.com/wiki/Portal:J_Custom_series#1996 :
Die RG8470F ist ein Solidbody-E-Gitarrenmodell der RG-Serie, das 2006 eingeführt wurde. Sie wurde in Japan von FujiGen als Teil der exklusiven J Custom-Linie hergestellt.
Die RG8470F verfügt über eine geflammte Ahorndecke auf einem Mahagoni-Korpus, der mit einem Ahorn- und Walnuss-Super Wizard-Hals verschraubt ist, mit einem 24-Bund-Palisandergriffbrett mit geflammtem Ahorn-Binding und Abalone-Tree of Life-Reineinlagen.
Zu den Komponenten gehören DiMarzio-Pickups mit einem Paar direkt montierter Humbucker, die einen Single-Coil namens Blue Velvet flankieren, eine Edge Pro Double Locking Tremolo-Brücke, Gotoh-Stimmmaschinen und versenkte Bedienknöpfe.
Mit der Einführung des Edge Zero Tremolos im Jahr 2008 wurde der RG8470F zugunsten des Nachfolgermodells RG8470Z eingestellt.
Die RG8470A ist ein sehr ähnliches Modell mit einer AAAAAA geflammten Ahorndecke, das 2006 in begrenzter Stückzahl angeboten wurde.
Die IRG8470F ist ein ähnliches Modell in anderem Farben, das exklusiv vom Händler Ishibashi angeboten wurde.
Die HRG2007 ist ein ähnliches Modell mit einer Lackierung, die exklusiv von Ikebe Gakki war.
Die RG8570Z ist ein Solidbody-E-Gitarrenmodell der RG-Serie, das 2009 von Ibanez eingeführt wurde. Es wird in Japan von FujiGen als Teil der High-End-J Custom-Linie hergestellt.
Die RG8570Z verfügt über eine geflammte Ahorndecke mit Binding auf einem afrikanischen Mahagonikorpus, der mit einem Ahorn- und Walnusshals mit Velvetouch-Finish verschraubt ist, und ein 24-bündiges Palisandergriffbrett mit geflammtem Ahorn-Binding und einer Tree of Life-Rebe-Intarsie. Zu den Komponenten gehören eine Edge Zero Double Locking Tremolo-Brücke mit einem abnehmbaren ZPS-Stimmstabilisator, DiMarzio Pickups mit Air Norton und Tone Zone Humbuckern, die eine True Velvet Single-Coil (anstelle des bei der 8470 noch verwendeten Blue Velvet) flankieren, versenkte Easy Access-Regler und Gotoh-Stimmmaschinen.
Ab 2010 wurde der Hals mit Titanverstärkungsstäben versehen, erkenntlich an einem Aufkleber auf der Rückseite des Headstocks.
Ende 2017 wurde die Halskonstruktion von Ahorn und Walnuss auf Ahorn und Wenge geändert. Zusätzlich wurden drei neue Oberflächen hinzugefügt.
Ein neues Rhodonite Pink-Finish wurde für 2018 als Spot-Modell hinzugefügt, das exklusiv vom Einzelhändler Ishibashi in Japan verkauft wird. Dieses Finish wurde 2019 in Europa und Asien angeboten.
Für 2019 wurde das Griffbrett aus Palisander durch Makassar-Ebenholz für Gitarren ersetzt, die für Märkte außerhalb Japans produziert wurden; das japanische Modell behält das Griffbrett aus Palisander.
Die RG8270F von 2005, das direkte Vorläufermodell der 8470F, unterscheidet sich von der RG8470F nur durch die mit braunem Furnier (anstelle des matching headstocks) belegte Kopfplatte und dadurch, dass die Griffbrettranke zwischen den Blattintarsien mit Gold anstelle von Abaloni eingelegt ist.
Während die meisten J Custom-Modelle ausschließlich in Japan verkauft werden, wurde die RG8570Z ab 2016 auch in Europa und ab 2018 in anderen Märkten weltweit (außer China) angeboten.
Die Unterschiede zu den Prestige-Baureihen sind folgende:
(Infos sämtlichst aus dem Thread J-Custom & Prestige confusion - What makes a J-C a J-C? | Page 2 | Ibanez JEM Forum (jemsite.com) , in dem sich Mitarbeiter des J Custom-Shops geäußert haben):
Im Jahr 2002 beschrieb ein Mitarbeiter von Hoshino/Ibanez die Unterschiede zwischen J-Custom und Prestige wie folgt (übersetzt):
„Die J-Custom-Modelle werden in unserer kleinsten Fabrik von den erfahrensten Mitarbeitern des Unternehmens hergestellt, die meisten haben 20 oder mehr Jahre auf dem Buckel. Die Menge, die diese Fabrik produzieren kann, ist ziemlich gering. …
Die Prestige-Modelle werden nicht wie die J-Customs von Hand gefertigt, aber wir haben alle Toleranzen verschärft, um denen der J-Customs zu entsprechen. Dies sind Bereiche wie die Tiefe des Halses und das Pickup-Routing. Der Hals und die Bünde sind bei den J Customs ebenfalls von Hand aufwändig nachbearbeitet (6-Extra-Steps) und die Setup-Standards sind viel höher als bei einem regulären Produktionsmodell.“
Ibanez selbst beschrieb 2005 die Unterschiede zwischen J-Custom und Prestige etwas genauer in einem amerikanischen Forum wie folgt (übersetzt): (J-Custom & Prestige confusion - What makes a J-C a J-C? | Page 12 | Ibanez JEM Forum (jemsite.com) )
„Mit jeder Gitarrenlinie wird der Qualitätsstandard immer enger und die Handwerkskunst höher, je höher man in einer Baureihen-Hierarchie aufsteigt. Nachfolgend sind alle Funktionen aufgeführt, die auf der J. Customs zu finden sind.
- Selected African Mahagoni Center 2pcs Back & Selected Flamed Maple Top. Die schönsten Decken und die besonders ausgewählten Mahagonihölzer erhalten die J Customs.
- Flamed Maple Neck und Korpus Binding
- Gotoh Free-Lok Locking Strap Pin
- Velvet Touch Neck Back Finish (glattes Finish im Vergleich zu Prestige)
- Besonders aufwendige runde Bundkantenbehandlung
- Switchcraft Barrel Jack
- Tree of life als Abaloni-Inlay (fast alle Modelle)"
Letztlich betont Ibanez immer wieder etwas kryptisch, dass für die J Customs viele weitere Arbeitsschritte bei der Herstellung anfallen würden, ohne diese aber näher zu definieren. Ferner sind nur die allerbesten Ibanez-Mitarbeiter berechtigt, an der Produktion des J Customs mitzuwirken.
Letztlich folgere ich aus den Informationen, dass es zwar tatsächlich noch weitere Unterschiede zwischen den Baureihen Prestige und J Custom gibt, es sich aber eher um Nuancen, als um Umstände handelt, die sich sofort aufdrängen. Bereits die (vielen) Prestige-Gitarren, die ich im Laufe der Jahre angespielt habe, waren tadellos verarbeitet, der Wunsch nach noch mehr Verarbeitungsgüte kam bei mir gar nicht auf. Auch wird man mit Sicherheit sagen können, dass nicht jede J Custom zwangsläufig besser klingen wird, als jede Prestige, dies wird schon durch die normale Serienstreuung der Hölzer als Naturprodukt verhindert.
Letztlich existieren aber Unterschiede. Das letzte Quäntchen an Qualität ist bekanntlich überall deutlich teurer, so verhält es sich auch bei den J Customs. Hier muss jeder selbst entscheiden, ob er bereit ist, den hierfür anfallenden Mehrpreis zu akzeptieren.
Abschließend soll noch ein Name vorgestellt werden, der für die J Customs eine große Rolle spielte:
Makito "Nick" Sugimoto.
Bei jedem Custom Shop eines großen Herstellers ragen einzelne Mitarbeiter noch einmal heraus (bei Gibson z.B. Tom Murphy, bei Fender z.B. Ex-Masterbuilder John Cruz), dies dürfte bei Ibanez eindeutig Sugimoto sein.
Sugimoto war lange Zeit der Chef des J Custom Shops. Einige der J Customs sind von ihm entwickelt worden, auch heute noch zeichnet er für besonders aufwändige Sondermodelle aus dem J Custom Shop verantwortlich. Daneben führ er eine eigene Gitarren- und Bass-Fertigung unter der Firma "Sugi Guitars",
https://www.sugiguitars.com/en/
Die Ibanez J Customs by Sugi stellen wohl die Spitze innerhalb der J Customs dar.
Interessanterweise beruhen auch die heutigen Standard-Reihen auf einem Vorbild J Custom by Sugi, der Ibanez JCRG-80 von 2001, die als erste zugleich die Bezeichnung 8570 (noch ohne Zusatzbuchstabe hinter der Zahl) trug, hier ein Screenshot dieses "Urahnen" von
https://ibanez.fandom.com/wiki/RG8570 :
Dieses Modell blieb das einzige aus der 84XX/85XX - Familie, das Ibanez nicht in Fujigen, sondern von Sugi fertigen ließ.
Einen weiteren hilfreichen Hinweis bekam ich bei der Vorbereitung dieses Beitrags noch von unserem Ibanez-Kenner Oliver (@gitarrero! ):
Ebenfalls noch oberhalb der "Standard"-Serien 84XX und 85XX angesiedelt sind die
J Custom-"Jahrgangsmodelle" von 2010 bis 2017. Viele davon von Sugi, von manchen gibt's nur eine Handvoll, preislich geht's rauf bis 700,000 Yen = 5.300,- EUR, hinzu kämen in Deutschland wohl noch Transport, Steuern, Händlermargen etc.:
2017 https://www.ibanez.com/jp/special/jcustom/2017/JCRG1701DCD.html
2016 https://www.ibanez.com/jp/special/jcustom/2016/JCRG1601.html
2015 https://www.ibanez.com/jp/special/jcustom/2015/JCRG1501.html
2014 https://www.ibanez.com/jp/special/jcustom/2014/index.html
2013 https://www.ibanez.com/jp/special/jcustom/2013/JCRG13BEM-OA.html
2012 Saber https://www.ibanez.com/jp/special/jcustom/2012S/JCS12QM-CRS.html
2012 RG https://www.ibanez.com/jp/special/jcustom/2012/JCRG12-MBK.html
2011 https://www.ibanez.com/jp/special/jcustom/2011/JCRG11R-GTE.html
2010 https://www.ibanez.com/jp/special/jcustom/2010/JCRG10-01.html
Eine neue Kleinstserie aus dem Jahr 2022 liegt darüber hinaus bereits deutlich im 5-stelligen Bereich.
https://www.ibanez.com/usa/special/50th_Anniversary/50-guitars.html
Näher dazu in einem der folgenden Posts.
https://www.musiker-board.de/thread...ge-und-wissenwertes-heute.730312/post-9319189
Sicher nicht billig, aber auch von den amerikanischen Herstellern edler Gitarren werden inzwischen diese Preise verlangt und offensichtlich existiert ein Interessentenkreis, der diese Gitarren kauft.
Zusammenfassend verkörpern die J Custom-Modelle stets die bestmögliche Qualität, die Ibanez zum jeweiligen Zeitpunkt der Herstellung zu leisten imstande war. Sie stehen und standen zu recht (zusammen mit den jeweiligen Endorser-Topserien wie JEM oder JS) an der Spitze der Hierarchie.
Das letzte Quäntchen an Qualität und Nacharbeit/Handarbeit kostet wie überall auch bei Ibanez überproportional mehr, die tatsächlichen Unterschiede zur knapp darunter angesiedelten Prestige-Baureihe sind jedenfalls nicht so groß, wie es der Preisunterschied vermuten ließe.
Mir jedenfalls macht es eine große Freude, eine J Custom zu spielen. Es ist ein wunderbares Stück Handwerkskunst, Schwächen habe ich auch nach sorgfältiger Suche keine gefunden.
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