Hallöchen zusammen,
wie wäre es denn mal mit einer einfachen Analyse anhand der physikalischen Grundlagen und der bekannten Fakten? Solange es scheinbar keine unabhängigen vollständigen Messungen gibt, sehe ich das als Ziel führender als die Programmgesamtbeurteilung des Herstellers oder persönlicher gegenseitiger Unmutsäußerungen. Vielleicht lassen sich so ja auch die jedem zustehenden persönlichen Höreindrücke erklären oder besser zuordnen.
Ergänzend muss ich zugeben, das System noch nicht gehört oder gesehen zu haben.
Betrachten wir das Topteil:
4x 3,5"-Breitbänder mit je 16 Ohm, das Topteil hat auch 16 Ohm Nennimpedanz, daraus folgt die Parallelschaltung je zweier in Reihe geschalteter Chassis. 97 dB Wirkungsgrad (halfspace), daraus folgt 91dB je Chassis.
Die gesamte Membranfläche liegt also bei 160 bis höchstens 180cm², also über einem 6" und unter einem 8" (8" hat typischerweise mindestens 200cm², eher um die 220cm²).
Das ist soweit nicht diskutierbar.
(16Ohm-Topteil um 4 parallel hängen zu können.)
Typischerweise haben moderne Breitbänder dieser Größe Schwingspulendurchmesser zwischen 19 und 25mm (deute ich die Abbildungen richtig hier 25mm). Aus dem Schwingspulendurchmesser und der Nennbelastbarkeit des Einzelchassis lassen sich Rückschlüsse auf die Länge der Schwingspule treffen, ebenso auf den Schwingspulenüberhang aus dem Wirkungsgrad im Verhältnis zum Chassisgewicht. (Schätzwert aus Gewicht des Tops bei konventionellem Magnetantrieb (Neodym ist nirgends erwähnt)).
Natürlich kann das nur eine grobe Annäherung sein wegen der vielen Schätzdaten. Trotzdem halte ich es für sicher, dass der lineare Antriebsbereich der Breitbänder die für diese Chassisgruppe typischen 1 - 3,5mm keinesfalls überschreitet.
Daraus folgt auch, dass der maximale Output der Tops bei identischer Hochpassfilterung keinesfalls höher sein kann als bei einem konventionellen 8"-Topteil (mit typischerweise 2,5 - 5mm linearem Antriebsbereich).
Dieser Absatz ist natürlich anfechtbar eben wegen der groben Annäherungen. Ich war aber bemüht, sehr wohlwollend zu rechnen.
Die Richtcharakteristik wird ganz simpel von den Ausmaßen der Schwingeinheiten und der Schallwände bestimmt. Das ist einfache Physik und also auch nicht diskutierbar.
Also ist das Topteil bis über 3kHz praktisch ein Rundumstrahler...
Um gerichtete Abstrahlung aus so einem kleinen Gehäuse zu erhalten, müsste die Konstruktion ein aktiver oder passiver Kardioid sein, das wäre dann aber auch deutlich zu erkennen. Ersterer ist aufwändig, zweiter erzeugt hohe Verzerrungen.
Abhängig vom tatsächlichen Membrandurchmesser wird die Abstrahlung kontinuierlich enger, typischerweise für 3-3,5"-Breitbänder bis auf etwa 20-30° Nutzwinkel, hier spielen aber viele Faktoren mit rein. Sehr oft wird bewusst versucht, die außenliegenden Membranteile mit zunehmender Frequenz abzukoppeln und so über die kleinere wirksame Membranfläche eine geringere Bündelung zu erreichen. Teilweise wird versucht die Hochtonwiedergabe über Schwirrkonen zu verbessern, allerdings verursacht das stärkere Unlinearitäten und Verzerrungen.
Auf dem Produktfoto sieht es fast so aus, als wären Schwirrkonen verbaut, auf den Produktzeichnungen nicht...
Da könnte ich jetzt noch ne Stunde philosophieren, ist aber für die Gesamtbeurteilung erst mal nicht so wichtig.
Kurzum, die Box strahlt bis in den Präsenzbereich sehr breit und wird dann immer enger, im Hochton prinzipbedingt sicher unter 60° Nutzwinkel. Keine der Möglichkeiten die Abstrahlung zu homogenisieren wurde angewandt (Kardioid, Schallführung/Schalllinsen, Anwinkelung der Chassis).
Zum Vergleich nochmal ein 8"-Top: ca. bis 1,4kHz rundum strahlend, mit nem guten Horn spätestens ab Übergabe ans Horn praktisch homogene Abstrahlung.
Kommen wir zum Linienstrahler, auch hier simpel über die entsprechenden Formeln zu lösen:
Bis 800Hertz ist das einzelne Top in der Länge ein Kugelstrahler. Die maximale Koppelungsfrequenz der Breitbänder aufgrund der weit auseinander liegenden Schallzentren liegt bei höchstens 1,75kHz. Spätestens ab 2kHz ist man im Bereich massiver Interferenzen zwischen den einzelnen Chassis und so verursachten deutlichen Energieverlusten. Durch die Bündelung der Breitbänder machen sich die Interferenzen bei höheren Frequenzen (ab ca. 6-8kHz) nicht ganz so dramatisch bemerkbar, aber Line ist anders.
Das einzelne Top ist also höchstens in einem sehr schmalen Bereich eine Line. Selbst beim Maximalausbau mit 4 Tops besteht die Line nur vom Grundton bis höchstens 1,75 kHz.
Ciao, Deschek