@rainbowxxl kannst Du den Schmerzpunkt noch ein wenig genauer beschreiben?
Zur Schulter, bzw. zum Schultergelenk sollte man das folgende wissen:
Im Vergleich z.B. zum Hüftgelenk wo der Oberschenkelkopf in der Gelenkpfanne gut eingepasst und weitgehend umschlossen und damit sehr stabil gelagert ist, ist das Schultergelenk eine sozusagen "offene" und vergleichsweise labile Konstruktion, da der Oberarmknochen mit seinem Gelenkkopf nur relativ kleine Berührungsflächen mit dem Schulterblatt und dem Schlüsselbein hat. Es ist jedoch genau diese "Labilität", die uns den extrem großen Bewegungsradius der Arme ermöglicht. Diese wird zusätzlich dadurch vergrößert, dass das Schulterblatt und das Schlüsselbein sich selber ziemlich frei bewegen können und dadurch dem Arm in seiner Bewegung folgen. Das Schulterblatt kann man sozusagen als ein "fließendes Element" betrachten und man kann auch sehr schön beobachten wie es sich geschmeidig mit bewegt, wenn jemand den Arm nach oben streckt, wenn er z.B. auf ein hoch über ihn fliegendes Flugzeug zeigt (vorausgesetzt, derjenige hat nur ein Unterhemd an oder einen nackten Oberkörper, etwa am sommerlichen Strand).
Das Hüftgelenk muss natürlich viel kompakter und stabiler aufgebaut sein, denn es hat eine ganz andere Funktion - nämlich das Gewicht des Oberkörpers zu tragen) und die Beine brauchen nur eine viel geringere Bewegungsfreiheit.
Aus diesem anatomischen Zusammenhang folgt, dass die Schulter keine dauerhaft haltende Funktion haben im Gegensatz zu den Hüften. Das hat auch Konsequenzen für die motorische Funktion der beteiligten Muskeln. Die Schultermuskulatur ist weniger eine Haltemuskulatur (tonisch), sondern eine Bewegungsmuskulatur (phasisch).
Auch wenn Ferndiagnosen an sich problematisch sind und die Informationen über deine Schmerzen noch zu unpräzise, lässt sich einiges Allgemeines dazu sagen.
In der beschriebenen Position der Gitarre auf dem rechten Bein, wahrscheinlich auch dicht am Körper bzw. angelehnt kann schnell die Situation entstehen, daß der rechte Arm zu weit vorne, vor dem Körper und damit zu weit entfernt von der Gitarre positioniert ist. Da die Finger natürlich an den Seiten sein müssen wird der Arm nach hinten/oben verlagert bzw. gezogen um die Hand zu den Saiten zu bringen.
Wenn dies auf eine motorisch ungeschickte Weise so geschieht, dass der Arm von der Schulter aus gezogen wird dann werden die betreffenden Schultermuskeln gezwungen für die Dauer des Übens/Spielens tonisch zu arbeiten, also das Schulterblatt dauernd nach hinten/oben zu ziehen und in dieser Position fest zu halten.
Darauf reagieren diese Muskeln auf eine mehrfach negative weise: Sie verspannen sich und an diesen Stellen entstehen Schmerzpunkte. Ein ganz besonders übler Schmerzpunkt ist im übrigen die Stelle am Rücken zwischen den Schulterblättern, etwa an der Wirbelsäule gelegen.
Wird diese verspannte und negative Position immer wieder eingenommen wird es noch fataler, denn die Muskeln können sich verkürzen und verhärten, das Schulterblatt steht dann dauerhaft verschoben, die Situation wird chronisch und der Schmerz geht nicht mehr weg bzw. es schmerzt schon bei sehr geringen Belastungen. Es hat sich ein dominant-stereotypes Fehlhaltungsmuster entwickelt das nicht mehr an die ursächliche Situation (hier Gitarre spielen) gebunden ist und das nun permanent im Alltag Probleme verursacht. Nicht selten ist das Ende vom Lied eine äußerst schmerzhafte und chronische Entzündung des betroffenen Gewebes.
Diagnostisch lassen sich üblicherweise die verschobene Position des Schulterblattes, die Schmerzpunkte und an diesen Stellen Verhärtungen sowie eine mehr oder weniger eingeschränkte Bewegungsfreiheit des betreffenden Armes feststellen. Diese ist nicht nur funktional eingeschränkt durch die Verkürzung von Muskeln, sondern auch alleine schon wegen der Schmerzen beim Bewegen.
Bei verkürzten und schmerzenden Muskeln (bzw. auch Sehenenansätzen usw.) sind Kräftigungsübungen immer fatal, im Gegenteil ist Lockern und die Wiedererlangung der Bewegungsfreiheit angesagt. Außerdem muss eine ideale Spielposition mit der Gitarre gefunden werden.
Was immer wieder für Verwirrung sorgt ist die Tatsache, dass eine von außen betrachtet gleich aussehende Position bei einem Spieler Beschwerden verursachen kann und bei einem anderen nicht. Der Grund liegt u.a. in den nun mal bei allen Menschen im Detail unterschiedlichen anatomischen Gegebeneiten, so dass in der Konsequenz jeder seine eigene optimale Situation selber finden muss.
Anhaltspunkte dazu gibt das eigene Bewegungsgefühl. Es geht nebenbei bemerkt bei einem entsprechend fundiertem Unterricht am Instrument also nicht darum, die konkreten Bewegungen des Schülers/Studenten zu schulen, sondern darum, sein Bewegungsgefühl zu schulen. Denn nur so kann jeder heraus finden, wie es für ihn am besten passt.
Ansonsten kann ich Dir noch empfehlen, dich mal an einen sog. Musiker-Dispokinesiopaeden/Musiker-Dispokineter (nach van de Klashorst) zu wenden (mal im Netz googeln). Dort solltest Du jemanden finden, der sowohl in den anatomischen, motorischen als auch den instrumentalspezifischen und instrumental-motorischen Fragen bewandert ist und Dir (hoffentlich) weiter helfen kann. Grundsätzlich betrachten Dispokineter aber den gesamten Zusammenhang von Haltung und Bewegung, mit und ohne Instrument und arbeiten mit einem gezielten Übungskonzept an Haltung, Bewegung, Spannkraft, Haltungsausdruck allgemein und beim Musizieren.
Ich drücke Dir die Daumen!
Gruß, Jürgen