Also wenn ich das richtig verstehe, kommen hier folgende Argumente:
- sooooo erfolgreich ist der Typ ja gar nicht
- professionelles Musikbusiness ist eh scheiße, weil sowieso jeder versucht, zu betrügen
- die Chance, wirklich Erfolg zu haben, ist viel zu klein
Argument 1 finde ich ziemlich überheblich. Donots, Die Happy oder H-Blockx sind mit eigener Mucke immerhin so bekannt geworden, dass die meisten hier im Board schon mal davon gehört haben. Warum diese Bands "peinliche Randerscheinungen" sein sollen, ist mir nicht ganz klar, vielleicht kann mir das mal jemand erklären. Klar stehen viele der Kiddies hier auf Death Metal, Doom und so weiter, aber so weit kann die Intoleranz ja wohl nicht gehen, dass Bands wie die o.g. als "peinliche Randerscheinungen" gesehen werden...
Außerdem frage ich mich ernsthaft, wie erfolgreich es denn sein darf, damit die jungen Bands geruhen, sich mal unverbindlich zu bewerben. Garantierte 100.000 CDs fürs Debut-Album? Wartet ihr ernsthaft darauf, dass Quincy Jones vorbeikommt, um euch zu produzieren? Aufwachen! Die Realität sieht nun mal ganz anders aus, also bleibt bitte mal auf dem Teppich!
Argument 2 hat vielleicht sogar was für sich, und das man niemals einen ungeprüften Vertrag unterschreiben sollte, ist ja wohl hoffentlich allen klar. Die Frage ist, ob es in anderen Branchen wirklich so viel anders aussieht. Klar, als Festangestellter einer Firma bekommt man davon nix mit, aber aus eigener Erfahrung als Selbstständiger kann ich aus erster Hand berichten, dass die Welt nicht nur aus guten Menschen besteht...
Und zu Argument 3: Vor der Entscheidung stand JEDER, der heute erfolgreich ist. Risiko mit geringer Chance auf Erfolg oder lieber doch die Karriere bei der Sparkasse? Eine Frage der persönlichen Präferenzen, und das soll keine Wertung sein. 95% der Bands, die an dieser Schwelle stehen, zerbrechen daran. Das ist halt so. Viele entscheiden sich für die Sicherheit. Von denen hört man natürlich heute nichts. Einige wenige entscheiden sich fürs Risiko. Auch von den meisten der risikofreudigen hört man heute nichts. Aber alle, die heute erfolgreich sind, haben sich definitiv fürs Risiko entschieden!
Aber genau diesen Mut zum Risiko würde ich mal in das von Ralph Quick geforderte Kriterium "hungrig" hineininterpretieren. Und hätte man die heute erfolgreichen Musiker (Popstars-Sternchen mal ausgenommen) früher gefragt, ob sie glauben, mit ihrer Musik mal vor 100.000 Menschen aufzutreten, hätten sie sicher gesagt
"Nö. Aber es macht mir halt Spaß, meine Mucke zu machen".
Wenn ihr euch sowieso nix anderes vorstellen könnt, als Musik zu machen, dann habt ihr eine Chance. Eine sehr kleine, wohlgemerkt. Aber das ist ja egal, denn was anderes kommt ja eh nicht in Frage. In irgendeinem anderen Thread hab ich mal geschrieben: Warte auf die große Chance, aber sei nicht enttäuscht, wenn sie nicht kommt. Anders ist es wohl nicht zu ertragen, denke ich.
Schönes aktuelles Beispiel ist meiner Meinung nach SEEED, deren Live-DVD bei mir im Moment rauf und runter läuft. Bei denen hieß es anfangs auch: 11 Mann auf der Bühne? Seid ihr irre? Und dann auch noch Dub und Dancehall? Vergesst es! Aber sie hatten halt Spaß daran, klug und fleißig immer weiter nicht nur an den Songs, sondern auch an der gesamten Show gebastelt. Und jetzt gerade haben sie nen echten Lauf und spielen die ganz großen Gigs.
Ich glaube nicht, dass sie das von Anfang an erwartet haben. Ich glaube aber auch nicht, dass sie professionelle Hilfe abgelehnt haben. Und ich glaube erst recht nicht, dass sie die Sparkassen-Karriere vorgezogen hätten!
Es ist halt eine grundsätzliche Entscheidung: Möchte ich tatsächlich unbedingt mein Leben lang nichts anderes als Musik machen? Auch auf die Gefahr hin, meinen Lebensunterhalt mit Unterricht geben zu verdienen? Auch auf die Gefahr hin, immer wieder Projekte mit viel Hingabe und Arbeit zu starten, die dann wieder im Sand verlaufen? Oder möchte ich Musik lieber als Hobby betreiben?
Die meisten möchten Musik eigentlich lieber als Hobby betreiben. Sie geben es allerdings nicht zu, auch nicht vor sich selbst. Und genau das ist das Problem, vor dem die meisten Bands am Scheideweg stehen. Es ist doch schön, sich Musik als Hobby zu wählen. Nur sollte man dann absolut ehrlich zu sich selbst sein und nicht irgendwelche Gründe vorschieben, warum man sich jetzt doch nicht für das Risiko entschieden hat.
Menno, schon wieder ein viel zu langer Post. Sorry!
LeGato