Moin delayLLama,
ich fühle mich bemüßigt, mal ein paar Worte zu Deiner Reaktion auf unsere bzw. meine Empfehlungen bzgl. der günstigen Les Paul Modelle zu verfassen.
Um es gleich von vornherein zu sagen:
1. Ich will hier weder beleidigt tun, noch einen kindischen "Ich hab doch Recht!"-Steit vom Zaun brechen - davon gibt es hier im Forum genug und aus dem Alter bin ich raus. Laß uns drüber reden, wie Erwachsene
2. Alle meine Beiträge beruhen auf langjähriger Erfahrung und sind (meistens
) auch gut durchdacht, aber: Ich stelle keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, ich bin kein professioneller Musiker und ich bin auch kein Instrumentenhändler. Ich bin nur ein Hobbymusiker mit Spass bei der Sache, der versucht, hier seine Erfahrungen an ambitionierte Anfänger weiterzugeben und sie davor zu bewahren, die gleichen (Anfänger)Fehler zu machen,wie ich seinerzeit. Die Instrumente, über die ich rede, habe ich entweder besessen oder in der Hand gehabt - anderenfalls schreibe ich es normalerweise dazu.
Da ich über die eigentliche Thematik (billige Les Paul Gitarre) schon gesagt habe, was ich weiß / denke, möchte ich meine Meinung hier einfach einmal begründen. Ich tue das nicht, weil ich mich ob Deiner Aussage, ich hätte etwas falsches geschrieben persönlich angegiffen fühle. Ich tue es, da es vielleicht dem ein oder anderen Anfänger hilft, meine Fehler zu vermeiden - und vielleicht auch dem ein oder anderem "Hilfesteller", seine Meinung in Ruhe zu überdenken und keine überhasteten Empfehlungen auszusprechen.
Ich habe bisher eine Menge an Gitarre getestet und 11 oder 12 selbst besessen, von denen im Moment 5 geblieben sind. Die "überlebenden" sind neben meiner allerersten Samick Western und einer Stagg Wandergitarre fürs Lagerfeuer (bei 20 Euro stört es mich nicht, wenn sich mal versehentlich jemand draufsetzt
) eine Ibanez 12saiter, eine Squier Affinity Strat und eine Epiphone Les Paul Standard mit Bigsby.
Angefangen habe ich vor ca. 12 Jahren mit nahezu Null Ahnung und wenig Geld als Schüler. Die Samick war damals ein Kauf unter dem Titel "das Glück des Dummen". Für 180 Mark im Ausverkauf (statt 350) habe ich ein Instrument erstanden, dass erfahrenen Gitarristen unter meinen Freunden ungläubiges Staunen ob des Preis/Leistungs-Verhältnisses entlockt hat. Da hatte ich einfach Glück. Meine erste E-Gitarre war eine Fenix SG - ebenfalls mit Null Ahnung gekauft. Dann kamen eine 12saitige Johnson, eine Resonator von Johnson, die Squier Strat, eine Epi Sg, eine Squier 51, ... zum Schluss dann irgendwann die Epi Les Paul.
Soviel zur Geschichte, jetzt zu dem, was ich sagen will:
Ich nehme als Beispiel mal die Johnson 12saiter heraus. Die hab ich damals gekauft, weil ich unbedingt ne 12er wollte, aber als Student keine Kohle für was "ordentliches" hatte. Da es allgemien hieß, für's Geld wär die Johnson ok, hab ich sie genommen.
Erst als ich ein paar Jahre später günstig an die Ibanez 12saiter kam, hab ich rausgefunden, dass 12er spielen kein Krampf sein muss...
Ähnlich war es mit der Fenix - die war fürs Geld auch ok, aber mit der Epi SG400 (ok, ich hatte mittlerweile Ahnung und ne Gute erwischt) von der Bespielbarkeit nicht zu vergleichen. Dazu kamen bei der Fenix eine ewig mitrappelnde Mechanik und andere Kleinigkeiten. Zum Glück gibt es mittlerweile Sammler für sowas und ich hab sie nach 10 Jahren für den Kaufpreis wieder losbekommen. Mag sein, dass diese Gitarre allgemein unterbewertet werden - bei mit hat sich der Spass erst mit der Epi eingestellt. Hätt ich nicht spontan die Les Paul gefunden, die ich immer wollte und mir nie leisten konnte, und Platz und Geld dafür gebraucht, hätt ich die SG mit Sicherheit immernoch.
Ich will nicht sagen, dass man eine Johnson, Keiper, von mir aus Harley Benton nicht prinzipiell auch spielen oder kaufen kann. Ich will auch nicht ausschließen, dass es bei diesen Marken vereinzelt Instrumente geben mag, bei denen die Chinesen einen guten Tag hatten und die ihr Geld wert sind (den Ausdruck "mehr als das Geld wert" würde ich nur bei günstigen Gebrauchten verwenden, in Neupreis schenkt einem niemand was - das ist eine Illusion).
Aber ich will sagen, dass es dafür einer Menge Erfahrung gepaart mit Glück und viel Antesten bedarf. Und man sollte von vornherein wissen, was man kauft und das Prädikat "gut" im engen Kontext mit dem gezahlten Preis verwenden.
Einem eher unbedarften Anfänger ohne Erfahrung und Blick auf die Feinheiten kann ich guten Gewissens zu einer Epiphone raten, wenn er eine "Les Paul" will (ja, mit der Einschränkung, zu testen - auch hier gibt es schlechte Instrumente, aber ich meine, dass es weniger sind). Einem Anfänger zu sagen "Schieß Dir für 150 ne Johnson bei e-bay, damit kommste genauso klar", das fände ich aus eigener Erfahrung fahrlässig.
Ich persönlich habe den Spass am Spielen erst richtig entdeckt, dachdem ich die Quälereien mit Johnsons & Co. hinter mir hatte.
3 Kurze Beispiele noch zum Schluss, um zu zeigen, was ich meine - und das meine Meinung eben nicht generell und unreflektiert ist: "Kauf bloß nix billiges".
1. Einer der Gitarristen in meiner Band (keine Profis!!) spielt ne Johnson Western mit Abnehmer. Ich finde, sie spielt sich furchtbar, aber er kommt sehr gut damit klar und meint, mehr muss eine Gitarre nicht kosten. Dafür lebt er damit, dass es ab und an in der Anlage knallt, weil die Buchse das Klinkenkabel nicht 100% fest aufnimmt. Das Kabel ist ein Cordial mit Neutrilk-Stecker, daran sollte es also nicht liegen. Irgendwann wird er die Johnson zum Gitarrenbauer schleppen und die Buchse tauschen lassen. Ich weiß nicht, was der dafür nimmt - aber für den Preis der Johnson, den Arbeitslohn + vielleicht 20 Euro hätte man sicher mit etwas Erfahrung beim Suchen eine bessere (viell. gebrauchte) Gitarre in der Hand..
2. Als ich anfing, für die Band den Basser zu machen, hab ich mir testweise für 60 euro nen "Santander" Bass von ebay geholt. Um zu gucken, ob Bass spielen generell was für mich ist, war er ok, da es hier vor allem drauf ankam, das finanzielle Risiko übeschaubar zu halten. Mit 10 Jahren Gitarrenerfahrung konnt ich mit dem Ding auch halbwegs umgehen. Aber: es war ein grauenhaftes Brett, ich musste als erstes einige Lötstellen ausbessern, Potis festziehen und die Mechaniken überholen, damit er überhaupt spielbar war. Nach 4 Wochen stand fest, ich bleib am Bass, der Knüppel ging dahin, wo er herkam und ich spiele jetzt mit Spass nen Cort GB34. Ich wusste, auf was ich mich beim Santander einlasse, hatte die Erfahrung, ihn spielbar zu machen - und wusste, dass es nicht für länger sein würde. Als Anfänger wär ich an dem Ding verzweifelt.
3. Ein Freund von mir wollte mal sehen, ob E-Gitarre was für ihn ist und hatte nicht viel Geld. Ich bin dann mit ihm zu nem großen Musikhaus gefahren. Die Prämissen waren klar: möglichst spielbares Equipment für maximal 200 Euro all inclusive. Nach ewigem testen hab ich dann bei den 70 Euro -Noname-Strats eine gefunden, die sauber verarbeitet war und ne anständige Bespielbakeit hatte. Dazu nen kleinen Peavey, nachdem ich ihm den Klang verschiedener Verstärker demonstriert hatte, ein bisschen Kleinzeug, fertig. Er ist erstmal glücklich, kann anständig mit dem Zeug üben und wenn er dabei bleibt, kauft er sich irgendwann was "anständiges". Wenn nicht, verkauft er das Zeug für nen 100er und hat max. 100 Euro in den Sand gesetzt. Wär er da allein hingefahren, hätt er das Behringer-Einsteigerset genommen und wär jetzt wahrscheinlich schon mit dem Hobby durch.
Ich will damit sagen: Billige Instumente haben ihre Daseinsberechtigung. Mit genügend Erfahrung oder/und einem begrenzten Einsatzzweck kann man sie kaufen.
Aber: Ich würde keinem Anfänger guten Gewissens dazu raten.
Und: Hätte ich in den vergangenen 12 Jahren gewusst, was ich heute weiß, dann wären mir viel Frust und Geld erspart geblieben. Johnson, Behringer und wie sie alle heißen würde ich heute nicht mehr kaufen oder empfehlen. Ich habe mehr als einmal gelernt: "wer billig kauft, kauft zweimal". Es mag einzelne Ausnahmen geben, aber diese zu finden, traue ich einem Anfänger nicht unbedingt zu.
Ich relativiere daher meine Aussage "Eine gute Les Paul unter 200 Euro gibt es nicht." in "Um für weniger als 200 Euro eine neue Les Paul zu finden, die gut verarbeitet ist und Dich vom Klang und der Bespielbarkeit auch längere Zeit zufriedenstellt, brauchst du viel Erfahrung und/oder eine Menge Glück."
Du siehst, ich bin kein Prinzipienreiter