Guitar Tech Fails - wenn der Gitarrenbauer Mist macht...

  • Ersteller Saitenschlumpf
  • Erstellt am
Saitenschlumpf
Saitenschlumpf
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
14.03.24
Registriert
05.09.10
Beiträge
568
Kekse
5.288
Die geliebte Gitarre zur Überarbeitung in den Hände eines Gitarrenbauers geben - weil man selber nicht weiß, wie's geht, einem die handwerklichen Fähigkeiten oder die Maschinen fehlen oder man auch einfach nur keine Zeit oder Lust hat. Die Vertrauensangelegenheit schlechthin: "Der Profi wird's schon richten" - leider weiß mancher "Profi" auch nicht alles und ist nur bei bestimmten Arbeiten top... so zumindest meine Erfahrungen.

Meine Erfahrungen waren allerdings auch: Hätte ich vorher gewusst, welche Werkzeuge es gibt, wie was gemacht werden kann, hätte ich nachfragen können und vielleicht böse Überraschungen verhindern können. Wenn man keine Ahnung hat, lässt man sich vielleicht - gerade als Anfänger - davon überzeugen, dass das merkwürdige Ergebnis das einzig Erreichbare ist.

Zur Klarstellung: Hier soll kein Gitarrenbauer persönlich an den Pranger gestellt werden - also bitte auf eindeutige Nennungen verzichten. Dies soll ein "Lessons learned"-Thread werden, damit es anderen Gitarristen mal besser ergehen soll.

Mein Anlass für diesen Thread liegt jetzt schon gut 2 Jahre zurück: Ich hatte meine 1976er Ibanez Artist 2618 mit schönem Ebenholzgriffbrett zur Abrichtung der Bünde an einen etablierten Gitarrenbauer gegeben, der auch (recht erfolgreich) seine eigenen Gitarren baut und verkauft, mir also als vertrauenswürdig erschien und schon vorher Kleinkram für mich gut erledigt hatte. Nach vollbrachtem Werk fielen mir auf einmal merkwürdige Rillen im Griffbrett parallel zu den Bünden auf - vorher war da alles makellos.


Ibanez2618-Griffbrett-Rillen.jpg



Er erklärte mir dann, dass die Bünde eben nur noch so flach gewesen seien, dass er mit der Bundfeile praktisch ins Holz rein musste. An den Griffbrettkanten waren es teils richtige Dellen geworden.

Ich hatte ja keine Ahnung... war zwar nicht erfreut, aber was soll man machen??? Geht ja anscheinend nur so!

Als ich später die Stadt und den Gitarrenbauer wechselte, schlug der bei dem Anblick die Hände über dem Kopf zusammen. Da habe ich dann auch gelernt, dass es unterschiedliche Bundfeilen gibt - auch ganz flache, damit man nicht ins Griffbrett säbeln muss. Tja, und bei der Neubundierung und dem Abschleifen des Griffbretts mussten dann die "Nubsies" des Bindings dran glauben, ein paar Bünde mussten auf Stegen auf Griffbrettholz stehen bleiben usw... alles dank der fröhlichen Griffbrettverunstaltung mit der "göttlichen" Bundfeile.

Also - mein Tipp: Lasst Euch vorm Auftrag zum Abrichten vom Gitarrenbauer seine Bundfeilen zeigen - wenn der Typ nur eine kennt: umdrehen und ganz schnell weg...
 
Eigenschaft
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Und warum hast Du das akzeptiert? Auch bei handwerklichen Arbeiten gibt es eine Gewährleistung, bis hin zum Rechtsweg, falls man dies nicht gütlich klären kann. Im konkreten Fall Bünde raus, Griffbrett abrichten und neu bundieren.
 
Tja - klar habe ich das nicht einfach so akzeptiert und er hat auch nochmal nachpolieren dürfen. Aber die Rillen waren so tief, dass da nichts mehr zu machen war. Neubundierung stand damals nicht im Raum, ich weiß nicht mehr warum nicht. Ein paar Sachen hatte er vorher auch schon kostenlos für mich erledigt.

Hätte ich das damals noch besser handhaben können? Wahrscheinlich schon. Vielleicht fehlte mir da die Juristenmentalität. :weird:

Wie auch immer - das Problem ist und bleibt, dass durch keine Nacharbeit und keinen Schadenersatz die Gitarre wieder in den Ausgangszustand zurückkehrt wäre.

Deshalb wäre es doch super, wenn hier im Tread solche Erfahrungen gesammelt werden könnten - am Ende hätte man dann vielleicht einen kleinen Leitfaden für den Gang zum Gitarrenbauer.
 
Hier soll kein Gitarrenbauer persönlich an den Pranger gestellt werden - also bitte auf eindeutige Nennungen verzichten.
Bitte bei weiteren Beiträgen unbedingt beachten !! Wenn ich das richtig vom TS verstehe, soll hier nur aus dem persönlichen "Horrorkabinett" geplaudert werden, damit andere nicht nochmal gleiche Wege beschreiten, um aus "Schaden klug zu werden".

Daher...
Auch bei handwerklichen Arbeiten gibt es eine Gewährleistung, bis hin zum Rechtsweg,
...auch schon einmal prophylaktisch die Bitte, mit juristischen Beurteilungen und Hinweisen Zurückhaltung üben, denn Rechtsberatung kann und darf hier nicht stattfinden - KLICK :opa:.

LG Lenny (für die Moderation)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich hatte nur mal den Fall, dass ich eine Gitarre mit Tonepros Locking Bridge beim Gitarrenbauer hatte. Die Bridge war nicht das Problem, aber die Höhe musste nach seinen eigentlichen Arbeiten neu justiert werden. Dummerweise hat der Gitarrenbauer niemals etwas von Tonepros gehört und auch die Arretierungsschrauben der Brücke nicht gesehen und deshalb alles mögliche, bis zu roher Gewalt, angewendet um die Brücke auch nur den Bruchteil eines Millimeters zu bewegen. Nunja das Ding war nachher Schrott und er musste mir die Brücke ersetzen. Zum Glück hat die Oberfläche der Gitarre dabei nichts abbekommen :)
 
Ich vermute mal, seitdem weißt Du jedesmal auf die Tonepros hin, wenn Du die Gitarre an einen Tech abgibst?
 
...
Er erklärte mir dann, dass die Bünde eben nur noch so flach gewesen seien, dass er mit der Bundfeile praktisch ins Holz rein musste. An den Griffbrettkanten waren es teils richtige Dellen geworden.

Ich hatte ja keine Ahnung... war zwar nicht erfreut, aber was soll man machen??? Geht ja anscheinend nur so!
...

Zunächst: Ich halte die Situation, dass ein Nichtfachmann (Gitarrist) sich an einen Fachmann wendet, für völlig normal - sie ist Grundlage des Geschäfts bzw. dass überhaupt eins zustande kommt. Die Erwartung an sich und andere, sich so schlau zu machen wie der Fachmann, um möglichen Unbillen aus dem Weg zu gehen, halte ich für nicht zielführend. (Damit will ich nicht sagen, dass es nicht sinnvoll ist, sich so schlau wie möglich zu machen, sondern nur, dass dies nicht erwartet werden kann und auch nicht muss. Und dass weitere mögliche Schritte genau davon auszugehen haben, dass eben der eine ein Laie und der andere ein Fachmann ist.)

Der erste Fehler bzw. das erste Versäumnis des Fachmanns sehe ich darin, nicht vor dem Eingriff Bescheid gegeben zu haben und sich nicht für die Einwilligung des Kunden gesorgt zu haben.
Es kann immer vorkommen, dass ein geplanter Eingriff unter bestimmten Bedingungen zu nachfolgenden Einbußen führen. Es ist Sache des Fachmanns, das zu sehen. In dem Fall muss er sich an den Kunden wenden und die Sachlage darlegen. In dem Fall: Ich kann das so machen, aber da die Bünde so flach sind, werden sie mit höchster Wahrscheinlichkeit in Mitleidenschaft gezogen und folgendes kann auftreten ...

Der Kunde kann und muss dann entscheiden, ob er unter diesen Umständen den Eingriff vornehmen oder er das Ganze bleiben läßt.

Das ist aus meiner Sicht von einem Fachmann zu verlangen und auch gängige Praxis bzw. Grundlage der Kunden- und Geschäftsbeziehung.

Als Kunde (nun ja: das Kind ist ja vor zwei Jahren in den Brunnen gefallen) kann ich jederzeit bei einem solchen Ergebnis zu einem anderen Fachmann gehen und beurteilen lassen, ob dort ein sachgemäßer Eingriff erfolgt ist oder es Mängel gibt. Dann liegr es an mir, das Ergebnis zu beanstanden und auf Ausgleich zu dringen.

Dabei kann es sein, dass der ursprüngliche Zustand nicht wieder hergestellt werden kann und es kann sein, dass eigentlich nur ein gleichwertiger Ersatz (gleichwertige Gitarre) adäquat ist. Es kann auch sein, dass das teurer kommt als der Eingriff. Das ist aber Sache des Fachmanns und nicht Sache des Kunden.

Abgesehen von konkreten Fällen und auch dem Musikbereich ist ein Basiswissen über Verträge schon recht grundlegend und man muss dazu auch nicht in die Tiefen der Juristerei eindringen. Das liegt einfach daran, dass Verträge zu jedermanns Leben gehören, vom Mietvertrag bis hin zu Kaufverträgen etc.

just my 2,5 cent
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Fachmann, Fachmann, Fachmann ... ich denke, das ist doch gerade das Problem, der Mann war in meinen Augen KEIN Fachmann. Ich habe hier zwei Gitarren, die neue Bünde haben. Keine sieht SOOOO aus.

Zupfinstrumentenmacher gehört zu den zulassungsfreien Handwerken. Es gibt keinen "Meisterzwang". Das heißt, im Grunde genommen kann sich jeder, der sich "berufen" fühlt, als Gitarrenbauer etablieren.
... einen etablierten Gitarrenbauer gegeben, der auch (recht erfolgreich) seine eigenen Gitarren baut und verkauft, mir also als vertrauenswürdig erschien ...
Das muss in meinen Augen nicht immer eine 100% vertrauenserweckende Qualifikation sein. Unbestritten, dass es Selfmade-Handwerker gibt, die richtig, richtig was drauf haben und jedem Handwerksmeister in ihrer Fähigkeit ebenbürtig sind, aber der eigentliche Sinn der Meisterprüfung ist es, den handfesten Beleg dafür zu liefern, dass diese Fähigkeit geprüft und mit einem ernstzunehmenden Handwerks-Diplom verbrieft sind. Das ist etwas, was dem Kunden zumindest soweit Sicherheit gibt, dass ein Mindeststandard beim Handwerker gegeben ist.

(Ich habe das oben extra dick und unterstrichen geschrieben, um gleich darauf hinzuweisen, dass es auch ohne Meistertitel kompetente Gitarrenbauer geben wird, weil das Lamentieren erfahrungsgemäß immer groß ist, wenn man versucht zu erklären, was die wichtigste Bedeutung eines Meisterbriefes ist.)

Wir haben hier im Forum den einen, oder anderen Gitarrenbauer und von dem einen, oder anderem WEISS ich, dass er sehr gut ist und keinen Meistertitel braucht, weil sein Renommee hier nach langer Zugehörigkeit groß ist. Das wäre bestimmt nicht der Fall, wenn er den Members hier gelegentlich Murks anbieten würde. Deshalb, liebe Forums-Gitarrenbauer, Ihr solltet Euch nicht angesprochen fühlen - PEACE!!!

Der Themenstarter hat mein volles Mitgefühl!
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Fachmann, Fachmann, Fachmann ... ich denke, das ist doch gerade das Problem, der Mann war in meinen Augen KEIN Fachmann. Ich habe hier zwei Gitarren, die neue Bünde haben. Keine sieht SOOOO aus.
Er hat sich aber als Fachmann ausgegeben und dann muss er sich auch gefallen lassen, dass er diese Erwartungen zu erfüllen hat.
Er hat den Auftrag angenommen - also besteht ein Dienstleistungsverhältnis und also besteht eine Regresspflicht.
 
Stimmt, Du hast in gewissem Sinne Recht, ein wirklicher Fachmann hätte die Problematik im vorhinein erkannt und das vorab klären müssen. Aber wenn es eben kein wirklicher Fachmann ist, erkennt er das Problem nicht und wurschtelt beherzt drauflos. Und wenn der Kunde hinterher den Schlamasel bemerkt, versucht er ihn dann natürlich mit plumpen Ausreden abzuspeisen.

Der andere Gitarrenbauer war ja offensichtlich eher ein Fachmann, der genau sagen konnte, wie der Fehler zu vermeiden gewesen wäre.

Ich glaube es ist keine große Überraschung, dass ich Handwerker bin. Wenn mir ein Kunde etwas zur Reparatur gibt, schaue ich mir vorher alles haargenau an und versuche vorher zu überprüfen, was alles schieflaufen könnte. So ein Gespräch mit dem Kunden ist für mich wichtig, da ich keine Lust habe hinterher den schwarzen Peter zu haben. Denn ich stehe hinterher dafür gerade, dass das Ergebnis nicht nur einer Abnahme durch den Kunden, der zumeist Laie ist, standhält, sondern gegebenenfalls auch der Begutachtung durch einen kritischen Kollegen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Naja, einen kleinen Schock kann man auch bekommen, wenn das Instrument als solches einwandfrei zurückkommt. Ich habe vor ein paar Jahren meine geliebte Vester-Strat (50s-Kopie mit Seymour Duncans) zum Neubundieren gegeben und dabei auch gleich die rostende Hardware austauschen lassen, ausserdem neue Potis, da die alten einfach nicht besonders hochwertig waren und zu kratzen anfingen. Auch ein neues Tremolo (irgend so ein angesagtes Teil, habe den Namen schon wieder vergessen, aber ich hatte es als positiv bewertet recherchiert, und auch der Gitarrenbauer stimmte mir da zu). Der Gitarrenbauer ist ebenfalls renommiert und etabliert, hat ein Meisterdiplom und stellt auch seine eigenen Instrumente her, die ziemlich gut sind.

Dann das Anspielen nach der Überarbeitung: Ein anderes Instrument! Andere Bespielbarkeit - besser als vorher, aber eben auch anders, also erst mal eine Umgewöhnung fällig. Und der Sound: Vollkommen verändert. Vorher hatte sie einen crispen Sound, schon rein akustisch nicht allzu laut, mit etwas ausgedünnten Mitten. 50s-Vintage-Style in Vollendung. Mit der neuen Hardware dann gab es Vollgas in den Mitten! Die klang also plötzlich wesentlich kräftiger, rockiger. Das war der eigentliche Schock. Vorher hatte ich so ein sanftes, crisp klingendes Instrument, und dann kommt so eine Rockerbraut zurück.

Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich wieder daran gewöhnt hatte. Oder bis ich (möglicherweise unbewusst) meine Spielweise soweit darauf eingestellt hatte, dass da wieder crispe, brilliante Sounds rauskommen.

Versteht mich richtig: Da ist nichts kaputtgemacht worden. Alle Arbeiten sind akkurat durchgeführt worden, absolut einwandfrei. Es kam halt nur ein von Grund auf verändertes Instrument zurück, was ich so eben nicht erwartet hätte.

Gruß,
Jo
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
... hört sich an, als hätte der Gitarrenbauer mithilfe der neuen Parts das Beste aus Deiner "sanft, crisp klingenden" Strat herausgekitzelt. Bill Gates sagte einmal "it's not a bug - it's a feature". Kann ja keiner ahnen, dass für Dich der Bug das Feature ist. :D
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
@x-Riff : Danke. Wir können festhalten, dass Kommunikation das A und O ist. Wenn man sie nicht bekommt, muss man sie einfordern - Fragen stellen wie "Kann dabei etwas in Mitleidenschaft gezogen werden?" und "Könnte es Probleme geben?". Man muss ja auch nicht alles im Detail wissen, aber ein Grundwissen ist hilfreich. :)
Dass man nach dem "Unfall" in einer anständigen Geschäftsbeziehung die Möglichkeit zu weiteren Schritten hat, ist natürlich richtig und wichtig. Aber manches ist eben kaum korrigierbar, noch ersetzbar. Was ist denn der gleichwertige Ersatz für eine Vintage-Gitarre, die seltenst mal auf dem Markt erscheint und in die man schon vorher Zeit und Geld für Wiederherstellung und Tuning investiert hat? Irgendwas geht bestimmt, aber Prävention ist mir da deutlich lieber. :cool:

@Blade Runner: Danke fürs Mitgefühl! :)
Die neu gebauten Gitarren sahen sehr edel und einwandfrei aus. Und der war auch schon viele Jahre tätig. Für mich war deshalb absolut nicht ersichtlich, dass der Mensch so eine Wissenslücke hat.

@buzzdriver: Die Erfahrung habe ich auch mehrmals gemacht - auf Locking-Mechaniken, Locking-Bolzen und Locking-Bridges und wie sie funktionieren muss man immer hinweisen. Am besten einen Zettel dazulegen. Bei mancher Hardware, z.B. das Magnum-Lock-System oder die 510F-Bridge und Tailpiece-Serie von GOTOH, ist das auch wirklich nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Und auch der Locking-Inbus an der Seite der Locking-Bridges von ABM (gibt's heute glaube ich schon nicht mehr) wurde schon mal übersehen. Allerdings hatte ich nicht den Fall, dass rohe Gewalt eingesetzt wurde. Zumindest habe ich keine Spuren davon entdecken können. :)

Eine weitere Geschichte auf die man hinweisen muss, ist besonders empfindlicher Nitrolack - wenn man es weiß. Die oben erwähnte 76er Ibanez hatte ich später ja noch bei einem anderen Gitarrenbauer in Bearbeitung. Als ich sie abholte, hatte ich sie nicht bis ins Kleinste untersucht. Als ich daheim war, bemerkte ich ein paar Tage später, dass sich Teile der Decke irgendwie klebrig anfühlten - als hätten kleine Kinder mit Süssigkeitenfingern drauf rumgetatscht. Ich konnnte mir das nicht erklären. Der Weg zum Gitarrenbauer ist für mich aber ein weiter, so dass ich keinen Bock habe, wegen Kleinkram ewig durch die Gegend zu fahren. Ich griff zur lackschonenden Clover-Politur und mit der Zeit ging die Schicht runter. Das war allerdings sehr zeitintensiv. Dem Gitarrenbauer habe ich das natürlich sofort mitgeteilt. Er konnte sich das auch nicht erklären. Bei der nächsten Überarbeitung polierte er noch nach und fand dann heraus, dass dieser spezielle Lack sehr empfindlich war. Wahrscheinlich war der Nitrolack durch Ausdünstungen eines Alkohol-getränkten Tuchs oder durch einen Alkohol-Sprühnebel bei der finalen Bearbeitung angelöst worden. :weird:

Wie auch immer - diese Episode hat keinen nachhaltigen Schaden hinterlassen und ist auch durch den Gitarrenbauer sehr kulant kompensiert worden.

Ich habe manchmal das Gefühl, dass "Arbeit zieht Arbeit nach sich" fast immer gilt, wenn man eine Gitarre zur Überarbeitung weg gibt - passiert nur mir sowas? :confused:
 
@x-Riff : Danke. Wir können festhalten, dass Kommunikation das A und O ist. Wenn man sie nicht bekommt, muss man sie einfordern - Fragen stellen wie "Kann dabei etwas in Mitleidenschaft gezogen werden?" und "Könnte es Probleme geben?". Man muss ja auch nicht alles im Detail wissen, aber ein Grundwissen ist hilfreich. :)
Auf jeden Fall. Je mehr man vorher abspricht bzw. anspricht, desto besser.
Dass man nach dem "Unfall" in einer anständigen Geschäftsbeziehung die Möglichkeit zu weiteren Schritten hat, ist natürlich richtig und wichtig. Aber manches ist eben kaum korrigierbar, noch ersetzbar. Was ist denn der gleichwertige Ersatz für eine Vintage-Gitarre, die seltenst mal auf dem Markt erscheint und in die man schon vorher Zeit und Geld für Wiederherstellung und Tuning investiert hat? Irgendwas geht bestimmt, aber Prävention ist mir da deutlich lieber. :cool:
Auch wieder richtig: Vorsicht ist die Mutter der Porzelankiste.
Es kann halt dennoch vorkommen. Im Fall nicht ersetzbarer Gegenstände gilt das gleiche wie bei einem versicherten Diebstahl: es geht um eine Einstufung / Schätzung.
Einen Part übernimmt ein Gutachter, der schätzt beispielsweise, ob das Teil wirklich "vintage-" Wert hat, gegebenenfalls gibt es eine Liste mit Liebhaber- bzw. Auktionspreisen. Bei dem immateriallen Verlust (man hat die Gitarre 10 Jahre gespielt, Auftritte damit gemacht etc.) einigt man sich auf einen Aufschlag oder ein Schlichter oder ein Gericht stellt sowas fest. Bei materiellen Aufwertungen (Tuning, bessere Tonabnehmer, aufwändige Umbauten etc.) kann man wiederum einen Aufschlag ausmachen bzw. berechnen.

Faktisch läuft es oft so, dass man ein Angebot bekommt (vom Fachmann oder dessen Versicherung) und dann in die Verhandlungen geht.

Letztlich kann man nur eine materielle Entschädigung erwarten, auch wenn es um immaterielle Dinge geht.
 
Die 80er Jahre Tele in meinem Ava habe ich vor drei Jahren bei einem Selfmade-Gitarrenbauer, neu mit Jumbos bundieren lassen. Neben dem hat er mir eine sehr verzwickte Schaltung und zwei Kloppmann Strat-Pickups eingebaut. (Anders als auf dem Bild ist der Middle mittlerweile auch ein Strat-Pickup.) Neue megadicke Messingbridge, und ein Custom-Pickguard. Der Hals wurde beim Neubundieren neu lackiert und ein Knochen- statt des Tusq-Sattels eingesetzt. Die Gitarre schlug alles, was ich bis dahin an Strats gehört hatte. Der Traum. Auch die Halslackierung ist mir extrem angenehm. Eine sich hauchdünne seidenweich anfühlende Mattlackierung. Nach anfänglicher Begeisterung merkte ich dann aber, dass es der hohen E- und der H-Saite in den Lagen ab dem zwölften Bund etwas an Sustain mangelte. Deadspot dachte ich sofort. Sche!ße! Hier bei uns gibts einen Gitarrenbaumeister, der für international bekannte, klassische Gitarristen ziemlich teure Konzertgitarren - 6K Einstigspreis - baut. Ich rede von Nylon-Akkustikgitarren. Er hat ein einen Meisterbrief für den ulkig klingenden Handwerksberuf des Zupfinstrumentenbauers. Ich hatte den auch schon gefragt, was eine Neubundierung denn wohl kosten würde. Ja, Ok, E-gitarren macht er auch - natürlich, warum nicht. Der Preis war mir im Vergleich allerdings damals etwas zu hoch, muss ich gestehen. Nunja, nachdem ich mein Sustain-Problem nicht mit Inbus und Reiter rauf in den Griff bekam, habe ich ihm die Tele dann doch gebracht. Er hat den Sattel nachgefeilt und die Bünde in den hohen Lagen nachgearbeitet. So hat er es am Ende hingekriegt. Kein Deadspot. Das hat mich dann in Summe zusammen mit dem zuvor günstigeren Preis meines Selfmade-Gitarrenbauers letztendlich genauso viel Geld gekostet, als hätte ich den Hals gleich von ihm machen lassen. Ich denke mittlerweile, dass Bünde richten mit zum Heikelsten gehört, was an einer Gitarre zu machen ist und werde da zukünftig keine Experimente mehr machen und diese Arbeit nur noch von Leuten ausführen lassen, von denen ich vorher etwas mehr erfahren habe, als nur von ihrem netten Facebook-Profil.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe vor einiger Zeit auch so etwas in der Art erlebt.
Eine bei Ebay gekaufte, gebrauchte Fender Mustang Japan-Reissue mit Dellen in den Bundstäbchen habe ich zum renommierten Gitarrenbauer gegeben, der nicht nur repariert, sondern auch ganz eigene Instrumente baut.
Eine Neubundierung stand an, es war unvermeidbar. Das Griffbrett musste auch gehobelt und von Macken befreit werden.
Was hat er gemacht?
Nun ja, er hat es scheinbar beim Radius total verpeilt und das 7,25" Griffbrett auf 9,5" runtergeschliffen.
Daran kann man sich gewöhnen, das Problem ist allerdings, dass die Bridge der Mustang fest und nicht
verstellbar ist. Ich hatte also die alte 7,2" Bridge am neu geschliffenen 9,5" Griffbrett.
Das kann man unter Umständen verschmerzen, nicht aber, wenn ein Profi dran war und man auch noch 220€ dafür gelöhnt hat.
Zu guter letzt stemmten sich nach ein paar Monaten auch noch die ersten Bundstäbchen an den Rändern hoch.
Ich vermute, dass er in geistiger Umnachtung die falschen Bundstäbchen mit Gewalt in den von ihm plattgehobelten Radius gepresst hat.



Da habe ich gemerkt, dass auch Profis unter Umständen nur mit Wasser kochen und mache seitdem viel selber.


Ich kann Euch die Göldo Bundfeile von Thomann empfehlen.
Das Teil kostet knapp 20 € und man kann wirklich sehr viel damit machen!
Ich habe schon mehrere Griffbretter damit komplett abgerichtet OHNE vorher die Bundstäbchen platt schleifen zu
müssen.
Die Feile sorgt automatisch dafür, dass die Bundstäbchen alle dieselbe Höhe haben, wenn man die Feile korrekt an der
Griffbrettkannte aufsetzt.

Für das, was ich mit der Feile mit der Zeit bisher selbst an meinen Gitarren gemacht habe, hätte ich beim Gitarrenbauer locker ein paar Hunderter abdrücken dürfen.

 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich habe schon mehrere Griffbretter damit komplett abgerichtet OHNE vorher die Bundstäbchen platt schleifen zu
müssen.

Das versteh ich jetzt gar nicht. Wie kann man mit einer Bundfeile ein Griffbrett abrichten, wenn die Bünde sogar noch drauf sind?
 
Ich musste bis jetzt mit keiner meiner Gitarren zum Gitarrebauer, weil sie so weit noch in Ordnung sind. Lediglich meine alte Konzertgitarre aus den 1920er Jahren hätte eine Reparatur dringend notwendig, weil sie nach Jahren nicht ganz sachgemässer Lagerung Sprünge hat. Und auf meinen Strats sind schon ordentliche Riefen in den Bünden, die wohl auch einmal eine Überarbeitung brauchen.
Ich hab also etwas recherchiert und eine Handvoll Gitarrebauer in Wien gefunden. Es ist halt das Glück, dass ich in der Großstadt wohne, hier ist das Angebot deutlich besser als "am flachen Land". Daher gilt für mich: bevor ich eines meiner Schätzchen einem Gitarrebauer in die Hand drücke schau ich nach Referenzen - hat er Erfahrung mit der gewünschten Arbeit (Bünde abrichten/Neubundieren) und wie schaut das Ergebnis bei anderen aus. Das ist dann die Grundlage für die Entscheidung wer den Auftrag bekommt.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Das versteh ich jetzt gar nicht. Wie kann man mit einer Bundfeile ein Griffbrett abrichten, wenn die Bünde sogar noch drauf sind?


Hatte ich vergessen: Es handelte sich um Siemens Transparent-Bunddraht.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
Hast Du mit der Feile nur Jumbo, oder auch medium Jumbos wie bei vielen der heutigen Fenders abgerichtet?

Und was ist mit noch dünneren?
 

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben