Gitarristenbesprechungssprache

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Gitarristenbesprechungsdeutsch oder wie war das jetzt gemeint?

Es ist noch nicht allzu lange her, dass ich in irgendeinem Review zu einem Konzert las: Er/Sie* spiele mit konstant hohem Wiederkennungsfaktor, äußerst ökonomisch und sehr geschmackvoll. Und nun, was mag einem das sagen? Spielt er/sie immerzu (verlässlich) gleich und nur die wirklich erforderlichen Noten (kann man mit Noten überhaupt sparsam umgehen?) bzw. kann man auch zu viele Noten (quasi überflüssige) spielen und damit dann verschwenderisch sein und was ist geschmackvoll, also mit vollem Geschmack als Gegenteil von leerem Geschmack?
Gibt es noch mehr von diesen sehr speziellen Begrifflichkeiten die man je nach Grundstimmung und Tageslaune auch entsprechend freundlich/unfreundlich bewerten könnte?


25or6to4


*habs wirklich vergessen
 
Eigenschaft
 
Also als Wiedererkennungsfaktor bezeichne ich wie sehr ich den Stil eines Musikers raushören kann. Z.B. wurde mir schon gesagt das man mich auf Aufnahmen an meinen Bendings erkennt. Allerdings setzt das eine gewisse Kenntnis verschiedener Stücke des Musikers vorraus.
Ökonomisch kann ich mir nur vorstellen das man gemessen am Song nicht zu viele Noten reinknallt. Was bei einem Beatles-Song viel zu vie ist, ist im Metal wieder viel zu wenig. Ist also Genre- und Geschmacksabhängig.
Bis hierhin komme ich mit dem Auszug mit und finde die Aussagen auch relativ eindeutig, wenn man das Musikstück dazu kennt.

Geschmackvoll ist wirklich so ein Wort das sich nicht auf das Verständnis von anderen übertragen lässt. Viele Riffs die andere als "tasty" beschreiben finde ich lahm und fühle dabei überhaupt nix. Ob geschmackvoll oder nicht bestimmt der eigene Geschmack, deswegen hat das Wort absolut keine Aussagekraft. "Trifft den Geschmack einen Hendrix-Fans" ist da schon eindeutiger, aber immernoch recht schwammig.

Von diesen Gefühls-Beschreibungs-Adjektiven unter denen man vieles verstehen kann gibt es jede Menge. Der eine finde Reggae "smooth" weil entspannt und locker, für den anderen sind die Solos von Paul Gilbert "smooth" weil er so sauber spielt. Ein Metaler wird das "smooth" vom Reggae-Fan dann wohl eher mit "langweilig" gleichsetzen. (Und durch die negative Verknüpfung eventuell auch nicht mehr zu positiven Beschreibung benutzen.) Und den Spieß kann man auch umdrehen.
Gemein haben diese ganzen smoothen und tasty Adjektive, das sie für eine Beschreibung nicht taugen. Aber da viele nicht so wirklich über die Sprachgewohnheiten nachdenken macht man sich auch nicht die Mühe sowas umzuformulieren. Klingt ja auch fresher so. Und da die Leute, die diese Adjektive gleich assoziieren wie der Autor ihn verstehen, hat der Autor eine Gruppe die ihn bestärkt das seine Aussage rüberkam. Für alle anderen ist solche Musik ja nix.
Die Leute sollen mal verständliche Quellcode-Dokumentationen zur Übung schreiben.
 
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Die Gitarren-Besprechungs-Sprache ist ja auch nicht besser. Wenn ich luftig, glockig, vokale Ansprache etc..... lese dann krieg ich ganz erdige, manchmal auch knurrige Gedanken :evil:
 
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Ein berühmter Philosoph sagte
wovon man nicht reden kann, darüber muß man schweigen"

und den Klang einer Gitarre zu beschreiben ist schon so schwierig,dass man es oft besser vermeidet:evil:

Dass Musiker zuviele Noten spielen ist häufig.
Gute Blueser spielen oft sehr wenige Noten (z.B. Muddy Waters. John Lee Hooker) und trotzdem kommt viel rüber.
 
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Ich kann damit genau so wenig anfangen, wie mit dem üblichen Weinverkostungsvokabular.
Deswegen verwende ich auch beides nicht, sondern sage einfach, ob mir was gefällt/schmeckt.
Sachkenntnis ist immer von Vorteil, nur muss man sich nicht mit einer Insidersprache über Gebühr wichtig machen, um Nicht-Insider zu beeindrucken.
 
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Das ist mal wieder dieser Bereich, der kommunikativ hochproblematisch ist - zum einen hängt die Assoziation bestimmter Worte mit bestimmten Emotionen oder Eindrücken sehr vom jeweiligen Sprecher ab. Manche Worte dieses Gitarristensoziolekts haben zwar ein leidlich greifbares Denotat (also was das Wort rein morphologisch an Bedeutungsinhalt hergibt, bspw. 'knurriger Sound' oder 'fließendes Spiel'), aber völlig willkürliche Konnotate (also was durch Verwendung oder Assoziation mit dem Wort verbunden wird, bspw. 'matschig', 'tight'). Zum anderen spielt da natürlich auch Marketingsprech mit rein, der das Ganze dann noch weiter in den Bereich des Willkürlichen verschiebt.
Das ist so viel blabla, dass man im Grunde genommen ablehnen sollte, überhaupt so zu sprechen - Leute, die so sprechen (oder schreiben), kann man in dem Kontext ohnehin nicht ernstnehmen.

Btw.: Ich vermute mal, im Gitarristenkontext mein "ökonomisch" wahrscheinlich eher technich-ökonomisch (also ohne viel Bewegung zu vergeuden) als melodiös ökonomisch.
 
Zuletzt bearbeitet:
... ist auch nichts anderes, als "Zeugnissprech". Dieses Beispiel habe ich mal hier im Board gefunden: "Der Mann Nummer eins auf der Bühne ist der Gitarrist, der seine Mitstreiter allesamt in den Schatten stellt und das zahlreich erschienene Publikum zu begeistern versteht. In seinen Soli hatte er was zu sagen und in seiner Begleitung überzeugte er mit Genauigkeit und Soundvolumen." Der Genannte hat sich sehr darüber gefreut, ich hoffe er nimmt mir meine Interpretation nicht zu übel:

1. "Der Mann Nummer eins auf der Bühne ist der Gitarrist, der seine Mitstreiter allesamt in den Schatten stellt ..." => Die anderen Musiker waren für ihn nur Mittel zum Zweck, um sich selber profilieren zu können. Sie durften halt auch da sein...

2. "In seinen Soli hatte er was zu sagen..." => Er hat einfach nicht aufgehört rumzugiedeln, auch wenn die Bandkollegen schon die Augen verdreht haben...

3. "in seiner Begleitung überzeugte er mit Genauigkeit und Soundvolumen." => Seine Begleitung war zwar rhythmisch exakt aber dadurch auch ein langweilig, und natürlich auch viel zu laut...

Sorry, will niemandem zu nahe treten, musste aber wohl schon zu oft Bewerbungen und (immer wohlwollend formulierte) Zeugnisse lesen...

Gruß,
glombi
 
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Talking about music is like dancing architecture.
F.Z.
 
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Ich bekomme das metale Kotzen bei den generischen Reviews von Fachzeitschriften (bezüglich Musiker oder auch Instrumenten/Equipment). Bei "normalen" Menschen gehe ich immer noch davon aus, dass ein Sinn enthalten sein kann. Bei Fachzeitschriften gehe ich davon aus, dass möglichst wohlklingende Worte genutzt werden, um dem jeweiligen Künstler / Hersteller / etc. zu huldigen (so nach dem Motto: entweder das Review ist positiv oder es war das letzte Mal, dass die Fachzeitschrift Freitickets, Exklusivitnerviews, Zugang zu Prerelease-Alben und weißderGeier bekommen hat).

Es ist noch nicht allzu lange her, dass ich in irgendeinem Review zu einem Konzert las: Er/Sie* spiele mit konstant hohem Wiederkennungsfaktor, äußerst ökonomisch und sehr geschmackvoll.

Geiler Satz, würde mir so nie im normalen Sprachgerbauch auch nur in den Sinn kommen. Klingt für mich genau nach der Art von Review, die sozuagen als leere Dankeshülse an den Künstler selbst gerichtet sind. Es schreit förmlich danach, dass der Verfasser des Reviews keine Idee hatte, was ihm nun genau gefallen haben könnte :D. Und daher würde ich mich beim Lesen auch selbstverständlich weigern, es zu interpretieren.

Ein Metaler wird das "smooth" vom Reggae-Fan dann wohl eher mit "langweilig" gleichsetzen. (Und durch die negative Verknüpfung eventuell auch nicht mehr zu positiven Beschreibung benutzen.).

Auch im Metal kann "smooth" eine positive Bedeutung erlangen, z. B. wenn der Bassfrequenz-Anteil der Gitarre sanft verzerrt daherkommt (und dadurch der Sound eine gewisse Schlagkraft oder "Eier" untenrum erhält und nicht so erbärmlich fuzzmäßig kreischt).

Anderes Thema, aber gleiche Problematik ... gerade letztens gabs bei titanic eine Sammlung satirischer Foodblogs. Jeder Blogeintrag enthielt den Satz "[XYZ] interpretiert Klassiker modern und verbindet traditionelle Gerichte mit Haute Cuisine". Bei Musik/Gitarristen setzt halt jeder Künstler "einen neuen Standard" ... und alles ist Werbung, willkommen in Qualityland :D.
 
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Ist es jetzt unangemessen, wenn ich bei solchen Formulierungen an Karl Kraus denke? Der meinte einmal, es genüge nicht, nur keine Gedanken zu haben, man müsse auch unfähig sein, sie auszudrücken.
 
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... oder es bedeutet einfach: "Bla bla, bla bla bla, bla bla bla bla, blah, blah!" :opa:
 
Erstmal sollten wir die allgemeinen Veränderungen der Sprache in unser Vokabular aufnehmen. Ab jetzt bitte nur noch: Gitarre_in.
Desweiteren halte ich solche Aussagen für zutreffend, man muss sich nur reinfühlen. Ich klinge schon seit jeher nach Großkatzenurin mit einem Schuss Harzer Rolle, wenn meine Gitarre_in quallig vor sich hin schmiert, gleich einer beleibten Sirene_in während ihres zweiten Frühstücks. Wer das nicht versteht hat null Plan von Musik.
 
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....und wo bleibt das/die/es "Diverse" ?

"Er/Sie/Diverse war stehts bemüht im Takt zu bleiben."
"Er/Sie/Diverse war insgesamt motiviert die richtigen Töne zu erreichen..."
 
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Sei bitte konsequent und beuge "Takt" und "Töne" auch. Deren Geschlecht wurde ja auch einfach festgelegt ohne zu fragen!
BTT, hab mir letztens für ne Zugfahrt dieses Magazin gekauft, dessen Name sich aus zwei Saiteninstrumenten und einem & zusammensetzt... hab das früher immer toll gefunden, dann lang nicht gelesen. Es hat mich ziemlich erschreckt, in wie vielen Worten man genau nichts sagen kann. Die Substanz der Tests passt komplett ins Fazit, der Rest liest sich eher wie das Gefasel auf nem leichten Pilztrip:D
 
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"Die Verarbeitung ist über jeden Zweifel erhaben."

"Klanglich lässt sie keine wünsche offen und ist durchaus auch für den professionellen Einsatz geeignet."
 
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Sehr lustige Antworten hier :D

Wenn man das Geschreibsel sehr wohlwollend interpretiert kommt folgendes bei raus:

Er/Sie/Divers spielte wie von ihm/ihr/es gewohnt: Auf dem Punkt, ohne unnötige Verzierungen und hat sich nicht einmal hörbar vergriffen.

:D
 
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Wobei sich ja Syd Barrett angeblich mal auf die Bühne gestellt hat, bisschen an den Mechaniken gedreht hat und nur einen Akkord gespielt hat. DAS ist ökonomisch. Geschmackvoll? Ist Geschmacksache, wa? Wiedererkennungsfaktor... da kann man sogar was mit anfangen, da würd ich dann gern wissen wer gemeint ist. Da gibt es nämlich nicht sooo viele.
 
Er/Sie/Divers spielte wie von ihm/ihr/es gewohnt: Auf dem Punkt, ohne unnötige Verzierungen und hat sich nicht einmal hörbar vergriffen.

upps, sind ja schon gute Ideen für einen Besinnungsaufsatz zusammengekommen :) und ja, mit Wohlwollen liesse sich das z.B. so interpretieren, könnte aber auch heissen:

ErSieEs spielt das Immergleiche in erkennbar gleicher Art und Weise ohne sich dabei auch nur annähernd zu verausgaben (tonal, musikalisch, physisch) und eben so, dass es allen schmeckt (gefällt). Was an sich ja noch nichts Schlimmes bedeuten muss. Aber was wäre denn wohl das Gegenteil von geschmackvoll, wohl geschmacklos, oder? Gibt es sowas überhaupt, dass jemand geschmacklos spielt? Kommt mir grad ein wenig fremd vor von geschmacklosem Spiel zu sprechen. Und der Vergleich mit Weinverkostungssprache ist nicht einmal unsympathisch, man könnte z.B. von einem Gig sprechen, der viel Kork hatte, oder vom Musizieren ohne Blume oder mit leicht pflaumigem Abgang. Sprache ist doch eigentlich was wundervolles finde ich.
 
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Ich kann damit genau so wenig anfangen, wie mit dem üblichen Weinverkostungsvokabular.
Deswegen verwende ich auch beides nicht, sondern sage einfach, ob mir was gefällt/schmeckt.
Sachkenntnis ist immer von Vorteil, nur muss man sich nicht mit einer Insidersprache über Gebühr wichtig machen, um Nicht-Insider zu beeindrucken.
Problematisch wird es wenn man das verwechselt und der Gitarrist plötzlich "blumig im Abgang" klingt :)
 
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