hi!
onestone hat ja oft/meistens recht - aber hier muss ich ein kleines bisschen widersprechen...
wir benutzen seit vielen jahren einen 100er hiwatt-amp als bassamp. zunächst lange zeit über die dazugehörige 4x12", später dann lieber über eine 1x15" bass-box - macht untenrum mehr "rumms".
ich benutze gelegentlich (für demo-aufnahmen zuhause) einen 5-watt "champion 600" für bass - und da ist auch noch nix kaputtgegangen.
man muss einfach ein bißchen gesunden menschenverstand und seine ohren benutzen - also, nicht so laut, und auf "komische" geräusche achten, dann geht das schon.
Selbstverständlich darfst du mir widersprechen und ich erkläre auch gerne meinen Standpunkt nochmal genauer. Betrachten wir mal die Problematik vom Anfang (Instrument) zum Ende (Box).
Gut, die Gitarre macht weniger Bass als der Bass, das ist klar und selbst wenn man eine 7saiter nimmt und die runterstimmt, dann hat man dennoch deutlich dünnere Saiten, was zu mehr Obertönen bei der Gitarre führt. Man muss das ja immer relativ zueinander betrachten.
Also erstes Problem: Bass macht vereinfacht gesagt mehr Bass und sonst relativ wenig außer Anschlagsgeräusche und bissl Knurren.
Gehen wir zum
Verstärker: Ein Verstärker, der ordentlich zerrt und auch so betrieben wird, hat immer (!) reichlich Hochpässe im Signalweg, die den Bassanteil abschneiden. Das fällt bei Gitarrenbetrieb nicht auf, da durch die Kompression bei der Verzerrung der Signale die Bässe "hochgezogen" werden. Die Mitten und Höhen dagegen werden bei der Verzerrung begrenzt. Das führt bei verzerrter Nutzung des Verstärkers am Ende der Verzerrungskette meist wieder zu einem ausgeglichenen Klang. Würde man einen Zerrkanal clean spielen, so hätte man bei vielen Verstärkern relativ wenig Bass.
Wenn man den Amp clean betreibt und er nicht nennenswert komprimiert (das ist nebenbei in sich linear verhaltender Form nicht wirklich machbar ohne einen dedizierten Kompressor einzubauen...), dann passieren die Bässe usw die Vorstufe meist relativ unverändert. Die meisten Gitarrenverstärker senken eher die Mitten ab und machen im Bassbereich relativ wenig, wenn sie clean benutzt werden.
Man hat also bei "Brettsounds" und Cleansounds gleichermaßen relativ viel Bass bei der Endstufe. Generell will man bei einem Basssignal außerdem ja massiv mehr Bass, als das bei einem (intelligenten) Gitarristen der Fall wäre.
Dazu kommt die Problematik, dass Bässe deutlich mehr Energie benötigen als die üblichen Gitarrensignale, die sich maximal auf Tiefmitten beschränken.
Betrachtet man also die übliche Kombination "Bass" plus "tiefer Sound" plus "laut", so kommt man zu einem Anwendungsbereich, für den Gitarrenverstärker nicht zwingend konzipiert sind. Technisch beideutet das:
- mehr Leistung gefordert als bei Gitarrenbetrieb (gemittelt, also Dauertonleistung) => Höhere Belastung des Netzteils und der Endröhren
- mehr Tieftonantei, tieferer Tieftonanteil => Höhere Aussteuerung des Ausgangsübertragers => Sättigungseffekte => Überlastung der Endröhren
Wenn man jetzt einen Verstärker hat, der untenrum schiebt, wie einen alten Hiwatt oder Marshall oder sowas, die dicke Ausgangsübertrager mit niedrigen unteren Grenzfrequenzen haben, dann ist das kein Problem. Bei einem Verstärker, der aber "kostenoptimiert" ist und demzufolge Kupfer und Eisen gespart wurde, wo man sparen konnte, da führt das eben zu oben genannten Problemen.
Abhilfe wäre da:
- Verstärker nutzen, die die tiefen Töne können
- Leiser spielen => Weniger Leistung, weniger Sättigungseffekte
- Effiziente Boxen nutzen => Weniger Leistung wird gefordert
Auf der
Boxenseite ergeben sich andere Probleme:
- Frequenzgang und Resonanz der Lautsprecher IN DER BOX (!!!!)
- Zulässige Auslenkung der Lautsprecher
- Belastbarkeit der Lautsprecher
Zum Frequenzgang ist zu sagen, dass die meisten 12er Gitarrenlautsprecher keinen tiefen Bass machen. Daher schiebt man da gerne mehr Leistung rein, und das können sie bei tiefen Frequenzen dann erst recht nicht, weil sie dazu nicht ausreichend belastbar sind, weil sie zuviel Hub machen und dann an der Polplatte anstehen oder anderweitige mechanische Schäden davontragen.
Dazu kommt das Problem, dass die Lautsprecher an sich schon eine Eigenresonanz irgendwo bei 80-150Hz haben. In Verbindung mit der Box ist das auch ausgeprägt (Mesa 4x12 glaub ich irgendwo bei 110-120Hz). Wenn man mit dem Bass diesen Ton trifft - und das wird man - dann bedarf es fast keiner Leistung, um die Lautsprecher massiv auszulenken, bis sie anschlagen und mechanisch zerstört werden.
Daher sollte man Gitarrenboxen nicht mit einem Bass spielen. Sie werden thermisch oder mechanisch überlastet.
Man kann natürlich auch mit einer Gitarrenbox und einem Gitarrenverstärker Bass spielen, nur sollte man wissen, was man tut.
Jens Bogren nutzt seit Jahren seinen Recto und andere Gitarrenverstärker als Bassamp, allerdings durch 8x10 Bassbox.
Hab auch noch auf keinem Gitarrenamp einen Aufkleber gehabt "Warnung, Gitarre nicht runterstimmen , das schadet dem Amp."
Für Boxen trifft das aber wie oben schon mehrfach erwähnt durchaus zu
Der Recti geht relativ tief ohne nennenswerte Sättigungsprobleme und zum Thema Gitarre runterstimmen: Schau dir mal die Spektren eines Basses und einer Gitarre an und mach mal mit einem Gitarrenamp eine Messung, wieviel Leistung du jeweils brauchst, um auf 100dB(a) oder so zu kommen...dann verstehst du, was ich meine
Liegt also eher am Bass-Anteil als an den Peaks beim Attack? (Die wären bei starker Zerre ja weg..)
Exakt. Die Attacks sind nicht das große Problem, denn die werden einerseits in der Vorstufe begrenzt (anders will das keiner spielen mit zuviel Dynamik...) und anderseits haben die nicht soooo viel Energie...
MfG Stephan