Ich kann mir aber vorstellen, dass ein gelungener Auftrag beim Gitarrenbauer -also wenn alles gut läuft- die Bindung an die Gitarre erhöht und das fertige Produkt viele Jahre lang wirklich Spaß macht.
Genau so ist es bei mir. Und sogar noch ein wenig mehr.
Ich konnte mir im Jahr 2018 endlich meinen Traum von einer Gitarre erfüllen und habe mir eine Gitarre komplett nach meinen Wünschen bauen lassen. Und zwar von A-Z.
Bei mir hat diese Gitarre eine wirklich hohe Bindung, da ich sie mir erst leisten konnte durch eine kleine Hinterlassenschaft meiner Mutter nach ihrem Tod.
Daher ist diese Gitarre für mich auch absolut unverkäuflich.
Eine ähnliche Gitarre von der Stange (und sie wäre so auch nicht 100%ig erhältlich) hätte für mich nicht den gleichen Wert in diesem Falle.
Ich habe einige Gitarren, und diese sind auch sehr gut und ich spiele sie auch sehr gerne.
Aber den individuellen Wert meiner Custom erreicht durch den von mir beschriebenen Hintergrund keine einzige.
Zum Bau meiner Custom (Ich nenne sie liebevoll Mocki, da sie an eine Mockingbird angelehnt ist):
Den Gitarrenbauer, bei dem ich sie bauen ließ, kenne ich nun schon seit 3 Jahrzehnten.
Ich würde sagen, wir sind gut bekannt.
("Befreundet" ist ein sehr hoch angesiedelter Begriff in meinen Augen.)
Er ist auch meine absolut erste Anlaufstelle in Gitarren-Fragen aller Art.
Jahrelang habe ich ihm gesagt, irgendwann wird der Tag kommen, an dem ich mir von ihm eine Gitarre bauen lassen möchte.
Das war nun der Fall.
Aber trotz der langen Bekanntschaft habe ich eine Anzahlung getätigt in höherer dreistelliger Summe.
Mir war auch einleuchtend, daß er mir sein Risiko bei jeder gebauten Gitarre erläuterte. Jeder macht ja auch seine Erfahrungen mit Kundenwünschen.
Daher war es für mich kein Problem mit der Anzahlung.
Er hat mich von Anfang an über Risiken und alles weitere aufgeklärt, da man das Endprodukt nicht vorhersehen kann vom Klang.
Es sollte schließlich auch ein Floyd Rose verbaut werden. Und hier liegen ja bereits auch einige klangliche Unabwägbarkeiten drin.
Aber das Vorgespräch war auch nicht gerade kurz. Und so konnten wir uns gegenseitig bereits im Vorfelde über Erwartbares, Machbares oder auch Unmögliches unterhalten.
Natürlich verbunden mit vielen Tipps und Erfahrungswerten seinerseits.
Wir haben uns also zusammen in das Abenteuer gestürzt, denn ich war guter Dinge und habe ihm vertraut, da ich seine bisherigen gebauten Gitarren kannte und deren Qualität mir sehr hoch erschien.
Von der Kopfplatte (diese haben wir zusammen designt) über Hals (eingeleimt/Dicke/Griffbrett/Inlays) und Korpus (Holzarten/Holz-Suche/Furnier (Maserung+Verlauf)/Form und Abänderungen) zu PUs, Potiknobs (Art, Anordnung, Killpot) und Material aller Hardware (Ruthenium) wurde alles gemeinsam besprochen.
Mir persönlich hat die Zeit, in der meine Gitarre gebaut wurde, sehr gefallen, da ich auch ständig mit interessanten Detail-Infos versorgt wurde. Von den Zwischenbildern mal ganz abgesehen.
Von der Umsetzung und sämtlicher Beratung habe ich keinerlei Wünsche mehr frei.
Es lief alles zu meiner absoluten Zufriedenheit.
Und die Gitarre ist auch das geworden, was ich mir jahrelang erträumt hatte.
Jeden Tag, den ich diese Gitarre nun in Händen halte, weiß ich für mich selbst: Es ist die beste Gitarre, die ich jemals gespielt habe, spiele und spielen werde.
Aber dazu gehört eben auch ein gewisses Maß an Subjektivität meinerseits. Denn dazu gehören die Vorgeschichte der Gitarre, der Werdegang und meine persönlichen Wünsche, die in der Gitarre verewigt wurden.
Für jemanden anderen hätte diese Gitarre niemals diesen Stellenwert.
Und jemand anderes würde diese Gitarre auch um ein vielfaches objektiver betrachten.
Ich kann aus meiner eigenen Sicht nun keinem anderen raten, sich unbedingt eine Gitarre bauen zu lassen oder sich lieber eine gute von der Stange zu kaufen.
Dies ist in jedem anderem Fall wieder ganz individuell zu sehen und sollte daher auch gut abgewogen werden.
Wie bereits einige geschrieben haben, sollte man vielleicht erstmal bei den Stangen-Gitarren schauen, ob es nicht evtl. eine gibt, die sich bereits 90-95% annähert an die eigenen Wünsche.
Diese kann man vor Kauf ja bereits in die Hand nehmen und schauen, ob sie einem zusagt.
Die letzten Prozente lassen sich vielleicht verschmerzen oder durch eigene Maßnahmen ergänzen.
Mein Fazit ist: Die Anfertigung einer Custom sollte wirklich sehr gut überlegt sein. Und erst nach reiflichem Überlegen und Abwägen sollte sich Otto-Normal-Gitarrenspieler dazu entscheiden.
Ich hoffe, ich konnte dem Thread etwas interessantes beisteuern.