Gibts noch Leute mit MP3-Player?

Ich nutze immer noch einen tragbaren Medienplayer, ja.

Den Begriff "MP3-Player" kann man darauf nicht anwenden, schon gar nicht in meinem Anwendungsfall. Zunächst mal höre ich weit überwiegend FLAC statt MP3, und das werden mir die ganzen "MP3 ist aber Standard, und den Unterschied hört man nicht"-Fanbois auch nicht ausreden können. Außerdem MP3 bis heute ein proprietäres, patentbehaftetes Format und alleiniges, gesetzlich geschütztes Eigentum des Fraunhofer Instituts für integrierte Schaltungen, und FLAC ist frei wie Freiheit und freie Rede und ist das Eigentum von allen und niemandem. Außerdem ist das Gerät durchaus auch in der Lage, Bilder anzuzeigen, Videos abzuspielen, per WLAN ins Internet zu gehen, Mails zu empfangen und zu senden und bei gutem Wetter per GPS zu navigieren.

Es handelt sich dabei konkret um ein Archos 5 Internet Tablet (also die Generation mit Android), und zwar das ganz große Modell mit einer 500 GB (!) großen 2,5"-Laptop-Festplatte drin.

Und diese riesige Platte brauche ich auch. Allein meine reguläre, einsatzbereite FLAC-Sammlung nimmt aktuell ca. 175–180 GB ein, Tendenz kontinuierlich steigend. Und ja, ich habe immer meine gesamte Musiksammlung bei mir. Ich höre nämlich im Gegensatz zu 99,9% der Menschen nicht immer nur das eine oder andere Album, sondern praktisch ausschließlich – zumeist halbautomatisiert – selbsterstellte Playlists. Und die können auch schon mal 3000 oder 4000 Titel enthalten, darunter praktisch kein einziger Song, der nicht als Single erschienen ist.

Meine Vorgehensweise ist wie folgt:
  • CDs werden mit Exact Audio Copy zu FLACs in höchster Kompressionsstufe gerippt. Das sind überwiegend Compilations. Dabei wird automatisch ein Eintrag unter "Comment" abgelegt, der kennzeichnet, daß die Stücke noch nicht hinreichend getaggt sind.
  • Anschließend werden die Stücke, wenn ich die Zeit habe, unter Zuhilfenahme von Wikipedia und Discogs in foobar2000 händisch getaggt. Sobald sie getaggt sind, wird auch der Vermerk unter "Comment" entfernt und aus dem "Drafts"-Unterordner, wo alles frisch Gerippte liegt, an ihren endgültigen Speicherort verschoben. (Beide Speicherorte liegen auf meinem Nettop, der auch mein heimischer Fileserver ist.) Außerdem werden sie mit ReplayGain analysiert.
  • Nach dem Entfernen des Vermerks unter "Comment" tauchen sie in einer oder mehreren Playlists in foobar2000 auf, die nach einer häufig sehr langen Liste von in mehreren Ebenen hierarchisch verschachtelten Kriterien generiert werden.
  • Am Ende jeder foobar2000-Session werden die Playlists als *.m3u herausgeschrieben.
  • An einer GNU/Linux-Maschine werden dann per Shellskript diejenigen Playlists gelöscht, die ich nur in foobar2000 zur Organisations- und/oder Analysezwecken habe, nicht aber zum Abspielen. Außerdem werden von demselben Skript alle Einträge in den Playlists von absoluten Windows-Pfadangaben auf systemübergreifend nutzbare relative umgeschrieben. Am Ende bleiben immer noch ca. 170 oder 180 Playlists übrig.
  • Der Archos wird über USB an meinen Nettop angeschlossen. Meine gesamte Musiksammlung (minus noch nicht getaggte Stücke natürlich) inklusive aller noch vorhandenen Playlists wird mittels FreeFileSync (viel flexibler und besser zu handhaben als rsync) auf den Archos synchronisiert.
  • Zum Abschluß werden mittels eines zweiten Shellskript die Kopien der Playlists auf dem Archos (was dank Android auch schon mal auf dem Archos selbst durchführbar ist) noch einmal umgeschrieben auf die Verzeichnisstruktur des Archos.
Jetzt dürfte auch klar sein, warum ich soviel Speicher brauche: Transkodieren zu Ogg/Vorbis oder MP3 ist bei diesem Workflow nicht realistisch machbar, zumindest aber erheblich viel komplizierter.

Allerdings fängt der Archos an zu schwächeln. Die Kopfhörerbuchse hat einen starken Wackelkontakt, und der nicht austauschbare Akku hat eine miserable Laufzeit, so daß ich ihn fast nur noch mit angeschlossenem Battery Dock nutzen kann, dessen AV-Out-Buchse ich als Reserve-Kopfhörerbuchse nutze.

Als Nachfolger – und sei es nur zum Musikhören – kommt nur ein Fiio X5 II. Generation mit zwei microSDXC-Karten in Frage, von denen eine für die FLAC-Sammlung mindestens 200 GB haben muß, besser 256 GB. Und das wird teuer. Denn durch die weitgehende Automatisierung meines Workflow und die unterm Strich etlichen zigtausend Songeinträge in den Playlists, die dann umgeschrieben werden müßten, kommt es nicht in Frage, die FLAC-Sammlung auf zwei Karten, also zwei physikalische Laufwerke, zu verteilen.


Martman
 

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