Frei auf dem MIII spazieren gehen

Hmm, das klingt gut. Jedoch sehe ich auf dem Stand immer noch keine Notwendigkeit, auf beiden Manualen "spazieren" gehen zu können.
Du spielst quasi abwechselnd monophon. Das kann man machen, muss es aber nicht.

Wozu ich tatsächlich ein M3 bräuchte, wäre, wenn tatsächlich zwei eigenständige Melodien synchron zueinander gespielt werden. Beispielsweise ein Canon im einfachsten Fall. oder eine Terzversetzung, Quintenversetzung etc.
Ich habe das Instrument jetzt nicht greifbar, schildere aber mal was ich (ziemlich als einzigstes derzeit) auf M3 übe: Frère Jaque als Canon. und zwar so, dass mal links beginnt und rechts das Echo übernimmt oder umgekehrt bzw. man an verschiedenen Stellen einsetzt. Das ganze mit den Tonarten, die jeweils die charakteristische Reihe abbilden. (Also z.b. C,C#,D oder auch C,G,F so dass man die drei verschiedenen Dur-Fingersätze links hat)
Witzigerweise wäre so eine Art des Spiels auf eine Oktave bezogen mit M2 viel einfacher, da man da links grundsätzlich nur einen Fingersatz braucht ;)

Dann kann man zwar immer noch nicht frei improvisieren, aber man lenkt die Aufmerksamkeit schön auf beide Manuale.
 
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Hmm, das klingt gut.
Hi @Malineck, vielen Dank. Für deine konstruktive und kritische Begleitung gibt es jetzt erst einmal Gutzele. Wohl bekomms.

Wozu ich tatsächlich ein M3 bräuchte, wäre, wenn tatsächlich zwei eigenständige Melodien synchron zueinander gespielt werden. Beispielsweise ein Canon im einfachsten Fall.
Ja, natürlich. Das ist das Ziel, zu dem ich gelangen möchte. Das hier ist ein gemütlicher Spaziergang dorthin. Nun macht ein Spaziergang, bei dem man nur auf den Boden guckt überhaupt keinen Sinn. Man sollte schon abwechselnd nach rechts und links gucken. Erst das verspricht den vollen Genuss. Darum der letzte Post mit meinen Ergebnissen. Abwechselnd auf links und rechts konzentrieren.

In der Tat hast Du recht. Eine weitere Übung wäre ein Kanon, bei dem man die beiden Stimmen ineinander verschiebt. Beim MIII-Lernen-Thread habe ich so etwas mal gemacht. Freilich nach Noten, die ich übereinander geschrieben habe. Logischerweise habe dann die Noten dann die Koordinationsarbeit übernommen. Das fällt beim Freispielen ja weg und stellt eine Hürde da. Ich überlege: Vielleicht ist das der nächste Schritt.

Dann kann man zwar immer noch nicht frei improvisieren, aber man lenkt die Aufmerksamkeit schön auf beide Manuale.
Yupp. Aber es wird bestimmt heller am Horizont, wenn ich den Weg langsam weiter beschreite.
 
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Die Möglichkeiten könnten über das planbare vielleicht auch hinausgehen.
Aus meiner Schulzeit erinnere ich bei weniger spannenden Texten daß ich nach mehreren Seiten Lesen nichts vom Inhalt wußte
da ich weiterlesend versehentlich an etwas ganz anderes gedacht hatte und 5 Seiten zurückblättern mußte.
Die Fähigkeit geplant bzw. wissentlich etwas zu lesen und dabei etwas anderes zu denken habe ich aber leider nicht.
 
Idee:
Man nehme ein einfaches Liedchen mit 2-3 Grundharmonien.
Ziel: freies Improvisieren der Melodie bei freiem Spiel gebrochener Akkorde, das Ganze wechselseitig.
Schritte:
1. nur Melodie synchron re-li
2. nur gebrochene Akkorde synchron re-li
3. re Melodie- li gebrochene Akkorde und umgekehrt (Varianten)
4. Improvisierte Melodie re- li synchron
5. improvisierte Melodie mit gebrochenen Akkorden (re-li abwechselnd)

Hinweis: bei einer einfachen Harmonie bestehen die gebrochenen Akkorde nur aus 1-3-5-(8) usw beliebige Oktavlage
Ggf den Dominant7 mit 1-3-kl7-8

ich würde hier nicht das Ergebnis in den Vordergrund stellen, sondern den Prozess beim Üben: Gehör, Automatisieren der gebrochenen Akkorde ins Fingergedächtnis bis die je andere Hand frei zum Improvisieren ist. Beobachten wie aus dem anfänglichen Denken immer mehr Hinhören und Gefühl wird.
Empfohlene Tonarten: C,D,Bb (damit hat man beim M3 die drei möglichen Reihen im Grundton und im Falle von Klaviertasten rechts die drei Charakteristischen Fingersätze von # und b Tonarten)

am besten sowas zum warmspielen (hirnmäßig)

wie findest sowas @Bernnt ?
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Ach vergessen:
Die gebrochenen Akkorde gehören auch letztlich improvisiert, und zwar in der Abfolge und in der Rhythmik.
 
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Die Möglichkeiten könnten über das planbare vielleicht auch hinausgehen.
Ich verstehe nicht so ganz, was du damit meinst, @120. Ehe ich noch weiter rätsele, frage ich einfach mal nach. Denkst Du, dass es möglich ist, dass es bei einer passenden Gelegenheit automatisch passiert, wenn man links und rechts gleichzeitig anfängt kreativ zu werden?

freies Improvisieren der Melodie bei freiem Spiel gebrochener Akkorde
Hi @Malineck. So etwas Ähnliches hatte @Klangbutter ja auch schon vorgeschlagen. Der Vorschlag ist nicht schlecht. Freilich verliere ich die Kontrolle, wenn ich anfange über gebrochenen Akkorden zu improvisieren. Links und rechts passen dann nicht mehr aufeinander, weil ich zu viel Hirnschmalz für die Koordination brauche. Ich überlege daran, ein kleines Rhythmusspielchen rechts zu starten und links dazu zu improvisieren. So käme ich mit weniger Griffwechseln aus und könnte die Rechts-Links-Koordination im Blick behalten. Ich überlege und probiere noch...

ich würde hier nicht das Ergebnis in den Vordergrund stellen, sondern den Prozess beim Üben
Exactly. Es geht um den Prozess. Man könnte versuchen, sich Improvisationsideen aufzuschreiben. Dann käme man schneller zur Aufnahme, aber nicht zum gewünschten Ergebnis. Es soll ja ohne Noten und Papier gehen.
 
Das ist eine super Idee, mal links - mal rechts - mal abwechselnd eine leichte Melodie spielen. Ich werde das ausprobieren. (y)
 
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Vielen Dank in den Jura in der SChweiz nach Biel - an Wolkensprung!

Du bringst den Eingangs auf Youtube eingestellten "extremen Superlativ" mal mit Gelassenheit auf den Punkt! - Ich wandere immer wieder gern im Engadin und laufe dabei ins VAl dal Fain oder zum Munt PErs hinauf; beim Piz Languard würde es mir heute vielleicht etwas mulmig auf dem betonierten Gipfelplateau mit eineinhalb Kilometern Tiefenblick werden; ABER ich möchte Reinhold Messmer mit der Mount Everst Besteigung deshalb NICHT nacheifern.

Hans aus Achberg
 
Ich stelle das mal in diesen Faden.
Dieser junge Mann (btw. 1. Preisträger in Klingenthal 2017) benötigt für „Unterhaltungsmusik“, wo jeder zu M2 greift, nur noch M3.
Er spielt quasi jegliche Begleitung komplett über Einzelton. Dabei hat er das russische System mit den tiefen Tönen unten.

Da ich das sehr beeindruckend finde und sonst noch nie gesehen habe, teile ich das Video mal zum weiteren Diskurs:

 
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Jazz lebt vom Improvisieren. E-Gitarren-Solos zehren davon. Ich habe mittlerweile gehört, dass Barockmusiker auch improvieren konnten. Wie lernt man so etwas? Wie ging das im 17./18. Jahrhundert? Auf Youtube habe ich Leonard Schick entdeckt. Er interessiert sich für alte Musik, kennt deren Lernmethoden, improvisiert Fugen und hat mehrere Beiträge veröffentlicht, wie man sich diesem Thema praktisch nähern kann. Ein Einstieg findet sich hier:


View: https://www.youtube.com/watch?v=hEhkIVnrL_Y

Ich habe angefangen, seinen Spuren mit dem MIII-Akkordeon zu folgen. Durch Hören und Probieren ergibt sich ein machbarer Zugang für Cembalisten, Klavier- und Orgelspieler - ich ergänze: auch für Akkordeonisten (mit Einschränkungen).

Komplexer ist der Einstieg über das historische Material aus der Barockzeit. In Neapel hat man an den Konservatorien lange Jahre die sogenannte Oktavregel, Kadenzen und bestimmte Bassmotive gelehrt. Die Schüler mussten dann diese Motive auf vom Lehrer vorgefertigte Bass-Verläufe, sogenannte Partimenti, anwenden und selber Stücke entwerfen. Diese Lehr-Tradition wird in der Forschung gerade wieder entdeckt und das Material dazu in umfangreiche Datenbanken eingepflegt.

Praktische Zugänge aus den 2020ern findet man in zwei bekannten Lehrbüchern von John J. Mortensen: "The Pianist's Guide to Historic Improvisation" und "Improvising Fugue: A Method for Keyboard Artists." Die Ansprüche sind hoch, der Lernweg zum Gipfel des Fugenglücks steil. Zwei Jahre braucht es für einen talentierten Musikstudenten, bis er den barocken Klettersteig gemeistert hat, zumindest fünf Jahre für einen engagierten Amateur, sagt er Author. Wie dem auch sei. Diesen Lehrgang werde ich nicht komplett gehen. Aber als Steinbruch für bestimmte Motive ist das letztere Buch auf jeden Fall geeignet.

Ich finde das Thema ingesamt total spannend. Mich würde auch interessieren, ob sich dieses Thema mittlerweile auch im Akkordeon-Studium findet.
 
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Ja, ich glaube sogar bis relativ weit in die Neuzeit hinein war die Improvisation innerhalb der Ausbildung sehr ausgeprägt. Alleine schon deshalb, weil es ja viel weniger Noten gab und wenn, waren diese weniger detailliert notiert. Irgendwann hat halt das Notenspiel Einzug genommen und die Improvisation eigentlich vollständig verdrängt (bei der normalen schulmäßigen musikalischen Ausbildung)

Im Prinzip kenne ich das als Kompositionstechniken. Man hat also (ich zumindest) harmonische Verläufe im Kopf und sorgt dafür, dass die Stimmen in einer vernünftigen Mischung aus parallelen und gegenläufigen Wegen der Melodie folgen. So was spontan umgesetzt ist dann die Improvisation.
Um das zu meistern, ohje, ... würde sagen, man spielt zuerst mit einfachen Kadenzen herum und versucht einige Regeln zu befolgen. Beispielsweise sollte der Bass keine direkten großen Septimensprünge aufweisen, sollten Quinten nicht parallel laufen etc. pp (nur auf DIESE Art Musik bezogen, später hat man ja bewusst gegen sämtliche diesbezügliche Regeln verstoßen)

Dazu gibt es vieles, wenn nicht alles unter dem Stichwort "Kontrapunkt" z.B.

Ob man das jetzt derart hoch treiben muss, naja, als "Laie" kann man sich doch auch am variieren freuen, sag ich mal keck :) Auch das wird ja in der Regel komplett ausgelassen zugunsten des Noten Abtippens.
Man kann (muss aber keineswegs) seine Ergebnisse tatsächlich aufschreiben und erkennt dann Muster. Ich persönlich hab einige Male auf diese Weise Stücke am "Reißbrett" konstruiert und lernte dabei halb durch Versuch und Irrtum (da ich meist was einzeln im Ohr hatte, was dann zusammen gespielt aus irgendeinem Grund doch nicht passte) und halb durch Anwendung von Regeln, wie solche "Impros" entstehen bzw. zusammengesetzt sind.
Am sichersten ist man, und so war das ja damals notiert (bzw. wenigstens gedacht) wenn die einzelnen Stimmen ohne Gesamtklang jede für sich schön klingen also in sich stimmig und jede Stimme für sich die Harmonie erkennen lässt.

Ich finde das auch sehr spannend, muss ich sagen und warum nicht erstmal mit einfachsten bekannten Stücken damit anfangen.


Beispiel Kinderlied: Zuerst normal spielen, dann Harmonien mit Grundbässen dazu (Standardsystem bietet sich an), dann Bässe auf verschiedenen Stufen dazu spielen, dann mit Übergangstönen dazwischen und schon hat man einen walking base. Dann z.B. eine zweite Stimme druntersetzen. Zuerst auf einem der Akkordtöne, und dann auch mit Übergangstönen. Wenn man bei gleicher Melodie hier beginnt zu variieren und feststellt dass sowohl der walking base als auch die zweite Stimme stimmig sind und ggf Reibungen rechtzeitig auflösen, hat man solch eine Impro auf einfachem Niveau geschafft.
Dann merkt man auch, dass das spontan nicht ganz ohne ist, flüssig zu spielen.

Wenn das sicher ist, kann man auch die Melodie innerhalb des harmonischen Musters verändern (wie es auch als Solo-Impro bekannt ist) und letztlich alles zusammen klingen lassen.

Reizvoll ist dan aber auch, zu reharmonisieren, also die Kadenzen durch Ersatzharmonien ersetzen. Hier muss man aber aufpassen, da sich mindestens ein Akkordton ändert und dieser bei dem walking base und/oder der Zweitstimme/ Drittstimme sich wiederspiegeln muss. (Ersetzt man also einen C-Dur durch einen A-Moll oder über E-moll nach A-Moll, muss das unbedingt in den anderen Stimmen zu hören sein.
Simples Beispiel: Ich habe ein längeres G in der Melodie und normalerweise C-Dur dazu. Nun stelle ich fest dass E-Moll + A-Moll gut passt. Dann muss in der Begleitstimme z.B. statt c und e dann eben h und e (Em) und dann in (a), c, e (Am) übergehen. Aus dem Grundbass C wird E und A. Das alles auch mit Übergangstönen.

Im Akkordeonstudium:

Da hab ich ja (immerhin) nur einseitige Erfahrung :)
Theoretisch lernte ich das kennen und im Rahmen des Arrangierens und Komponierens auch praktisch anwenden. Man wird zum Improvisieren angehalten, was allerdings sehr vielen echt schwer fällt (von den "älteren" Studenten zumindest.) Entweder derjenige hat immer schon gern improvisiert (dann ist der quasi unterfordert :D ) oder noch nie im Leben (der ist dann überfordert :D)
Schwerpunkt praktisch ist jedoch der "saubere Vortrag" ggf. sowohl vor als auch hinter dem Dirigentenpult. Ich persönlich wäre froh gewesen, von Anfang (Kindheit) in das freie Spiel eingewiesen worden zu sein.
 
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Reizvoll ist dan aber auch, zu reharmonisieren, also die Kadenzen durch Ersatzharmonien ersetzen. Hier muss man aber aufpassen, da sich mindestens ein Akkordton ändert und dieser bei dem walking base und/oder der Zweitstimme/ Drittstimme sich wiederspiegeln muss. (Ersetzt man also einen C-Dur durch einen A-Moll oder über E-moll nach A-Moll, muss das unbedingt in den anderen Stimmen zu hören sein.
Simples Beispiel: Ich habe ein längeres G in der Melodie und normalerweise C-Dur dazu. Nun stelle ich fest dass E-Moll + A-Moll gut passt. Dann muss in der Begleitstimme z.B. statt c und e dann eben h und e (Em) und dann in (a), c, e (Am) übergehen. Aus dem Grundbass C wird E und A. Das alles auch mit Übergangstönen.

wenn ich das alles so durchlese, dann klingt das für mich ziemlich genau gleich wie die Anweisungen in Jazzbereich wie man eine Impro zu einem Thema spielt... ist das jetzt allgemein gemeint oder ist das schon speziell auf die Improvisationen der Barockzeit gemünzt?

Denn ich bilde mir ein, das zwischen Barock und heute schon Unterschiede in der Auffassungen herrschten, wie man die "freien Umspielungen " gestaltet.

-> ... Vielleicht kann uns da jemand mehr dazu berichten, der evtl. Musikwissenschaft studiert/promoviert hat und sich in dieser Zeitepoche detaillierter auskennt?
 
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Denn ich bilde mir ein, das zwischen Barock und heute schon Unterschiede in der Auffassungen herrschten, wie man die "freien Umspielungen " gestaltet.
Im Jazz hast Du in der Regel Leadsheets, die den harmonischen Ablauf eines Stückes beschreiben und über den dann improvisiert wird.

In der Barockzeit dachte man nicht in Akkorden, sondern in Bassfolgen, mit denen bestimmte Regeln verbunden waren, wie man die anderen Stimmen dazu zu führen hat. Der Musiker lernte diese kurztaktige Brocken bestehend aus verschiedenen Stimmen auswendig, übte sie in verschiedenen Tonarten und kombinierte sie zu größeren Einheiten. So konnte er Musik begleiten oder selber kreativ werden. Kleinere heute noch gemeinhin bekannte Chunks sind z.B. verschiedene Kadenzen. Größere Einheiten können ganze Gattungen wie die Passacaglia oder Chaconne sein, für die es drei verschiedene Chunks gibt: Folia d'Espagne, Romanesca, Lamento.

Der Vorteil der Chunks ist, dass man auf diese Stimmführungsregeln in die Hände hinein internalisiert ohne lange nachdenken zu müssen. So vermeidet man grobe Stimmführungsfehler. Außerdem fliegt man beim Improvisieren nicht raus, weil man zuviel nachdenkt.

Das Youtube-Video von Schick, das ich oben vorgestellt habe, verwendet übrigens den Chunk "Do-Re-Mi" als Basis seiner ersten Fuge. Sein Genie besteht darin, seinen Schülern erst einzelne Chunks vorzusetzen, sofort praktisch einzusteigen und von dort aus weiterzugehen. Man muss also nicht erst zum Barock-Experten werden, der alles kennt und alles weiß.
 
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Der Jazz unterscheidet sich nach meinem Verständnis vor allem in der Rhythmik (wie z.b. die ternären Noten, die nicht exakt festgelegt sind, oder die vielen Offbeats) und in den obligatorischen Optionstönen, den Blue Notes etc. Also wird dort mit mehr Möglichkeiten improvisiert und es fallen diese genannten (bach'schen) Regeln weg. Barock ist rhythmisch sauber, gerade und schlicht. Auch wird, wie Bernd beschrieben hat, in ganzen Harmonien gedacht, während man im Barock den Generalbass mit den zugehörigen Intervallen (also indirekt auch Akkorde/ Harmonien, bloß anders aufgeschrieben) hat. So wie ich es erfahren habe, diente das der sofortigen Umsetzbarkeit. Statt wissen zu müssen, wie der m6 in D# gegriffen wird, steht der Griff quasi schon fertig in Zahlenschreibweise da.

Witzigerweise sind die Chunks von damals ja auch nichts anderes als heutige moderne Begleitmuster vom Ding her. Einfach hilfreich zum Automatisieren, wie Bernd sagt. Wer sehr in Noten denkt, wird es anfangs bissel schwerer haben, die Zahlen spontan in Griffe umzuwandeln. Im Grunde ähnelt der Generalbass schon ein wenig der Akkordschreibweise im Jazz. Man schreibt im Jazz bzw. heute überall z.b. Dm6. Im Generalbass steht ein D und die Intervalle in Zahlen darunter (mit bestimmten Regeln, wie sie zu lesen sind) Hier hab ich ein Video dazu gefunden.

Die Wechsel der Bezugstonart wird im Jazz meist exzessiv durchgeführt (manchmal in gefühlt jedem zweiten Takt, gibt es - weniger häufig pro Stück - auch im Barock. Zumindest war das oft bei der Werkanalyse aufgefallen, wenn man die Funktionen bestimmen musste und es war dann trotz gleicher Töne plötzlich eine andere o_O (Stichwort Doppeldominante, Zwischendominante) Nix anderes passiert im Jazz., wobei das dort meistens weiter oben im Quintenzirkel beginnt. (z.B. kommt eine 2-5- Verbindung, die zu ner neuen 1 führen würde, ohne dass diese 1 je realisiert wird- Spannungserzeugung) Das ist in der alten Musik eindeutiger und "entspannter".

Umspielungen gibt es auch in der alten Musik massig. Zum Beispiel als Triller, Vorhalt- oder Durchgangstöne. Sogar in den Stimmen versetzt. Ist zwar Klassik, man hat es aber sofort im Ohr: Mozart ist voll davon z.B.
Das meinte ich damit. Du hast einen Zielton und der wird nicht direkt gespielt sondern über Umwege erreicht. Sowas kann man in jeder Art Impro verwenden. Hauptsache es entspricht dann noch dem Stil (Rhythmik etc)

Abschließend: Barock ist natürlich ein ganz eigener Stil, mit dem man sich sehr spezifisch auseinandersetzen kann (und sollte, wenn man stilecht spielen/ improvisieren möchte)
Dennoch sehe ich in den grundsätzlichen Überlegungen zum Improvisieren erstmal keinen Unterschied zu jeder anderen westlichen Musikrichtung, die unser Tonsystem nutzt. Kirchentonarten werden im Jazz, in der Filmmusik genutzt, und waren bereits Grundlage im Barock. Spiele mal einige Sequenzen eines barocken Stücks akkordisch und du erhältst sehr modern klingende Wendungen mit Wiedererkennungswert hier und da. :)
 
In der Barockzeit dachte man nicht in Akkorden, sondern in Bassfolgen, mit denen bestimmte Regeln verbunden waren, wie man die anderen Stimmen dazu zu führen hat.
Wer sagt das? Was sind das für Regeln? Ich glaube das ist eine sehr gewagte Hypothese.
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Der Jazz unterscheidet sich nach meinem Verständnis vor allem in der Rhythmik (wie z.b. die ternären Noten, die nicht exakt festgelegt sind, oder die vielen Offbeats) und in den obligatorischen Optionstönen, den Blue Notes etc. Also wird dort mit mehr Möglichkeiten improvisiert und es fallen diese genannten (bach'schen) Regeln weg. Barock ist rhythmisch sauber, gerade und schlicht.
Was Du über Barock sagst, mag stimmen, wenn man die Noten so abspielt, wie sie da stehen. Genau das macht man aber weder im Jazz noch im Barock. Und auch nicht im Wiener Walzer z.B. Also im Grunde genommen in der meisten Musik nicht.
Welche bach'schen Regeln???
Auch wird, wie Bernd beschrieben hat, in ganzen Harmonien gedacht, während man im Barock den Generalbass mit den zugehörigen Intervallen (also indirekt auch Akkorde/ Harmonien, bloß anders aufgeschrieben) hat.
Ehrlich, ist Quatsch. Z.B. im ganzen Wohltemperierten Clavier gibt es keine einzige Generalbassbezifferung.
 
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Zu den Schreibweisen vs tatsächlich gespielt.
Wir wissen doch, dass Noten lediglich Annäherungen sind. Ohne auditive Kenntnis des Stils wird man ihn nicht authentisch spielen können. Das ist ja auch der Grund, weshalb es gravierende Unterschiede in der Interpretation gerader barocker oder noch älterer Stücke gibt. Es gibt keine Aufnahmen und die Artikulation wurde damals nicht notiert wie z.B. später in der Romantik. Deshalb wurde dann später festgelegt, welche Noten gebunden werden oder eben nicht, ohne dass es Notationen dazu gibt. (z.B. bedeutete ein "Bindebogen" damals so etwas wie crescendo etc...) Ein weiteres Problem dabei ist, dass barocke Musik selten aufgeführt bzw. vom original Interpret persönlich weiter unterrichtet wurde. Sozusagen gibt es da eine Vermittlungslücke, die man anhand von schriftlichen Aufzeichnungen nachzuvollziehen versucht.
Daher ist diese ältere Musik sehr speziell.

Zum Generalbass: Dieser wurde als Begleitmuster für Choräle etc. notiert und nicht in solistischen Werken. Das rührt daher, dass das Cembalo bzw. überhaupt Tasteninstrumente ursprünglich primär gar nicht solistisch angedacht waren, sondern als harmonische Begleitung und auch einen weit geringeren Tonumfang hatten.

Zu den Satzregeln (man leitet die halt von Bach ab, da man nachträglich gewisse Gesetzmäßigkeiten erkannt hat, die man dann zum Arrangieren/ Komponieren verwendet. Bach selbst hat die nie aufgestellt, sondern einfach in den Stücken umgesetzt). Sie beziehen sich klassischer Weise auf den vierstimmigen Tonsatz mit Sopran, Alt Tenor und Bass. Diese Stimmen bilden pro Taktschlag eine Harmonie, die man als Funktionen (Tonika, Dominante etc etc.) definiert.
Einfache Beispiele für solche Regeln sind: Gleiche Töne bleiben liegen; der höchste Ton ist immer der Melodieton (also der Sopran); Der Bass darf keine Septimsprünge machen. Die Dominantterz darf nicht verdoppelt werden; Die Begleitstimmen müssen den kleinstmöglichen Weg nehmen, Es darf keine Quintfolgen geben (also nie zwei Quinten nacheinander setzen),...
Es geht bei diesen Regeln um die Übergänge von der einen Funktion in die nächste.
 
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Wer sagt das? Was sind das für Regeln? Ich glaube das ist eine sehr gewagte Hypothese.
Der Professor, der diese These in die Welt gesetzt hat, ist soweit ich weiß Robert Gjederingen. Er behauptete, dass die italienischen Barockmusiker die immer gleichen Schemata / Chunks bestehend aus Bassfiguren samt intendierten Begleitstimmen gelernt, auf Partimenti angewandt und schließlich durch Kombination und Variation kreativ verwendet hätten. Quellen:

Gjederingen, Robert O. Music in the Galant Style. New York: Oxford University Press, 2007.
Ders. "Partimento, que me veux-tu." Journal of Music Theory 51/1(2007): 85-135.
Ders. "The Perfection of Craft Training in the Neapolitan Conservatories." Rivista di analisi e Teoria Musicale 15 (2009): 26-49.
Der. "Partimenti Written to Impart a Knowleage of Counterpoint and Composition." In Partimento and Continuo Playing in Theory and Practice. ed. Dirk Moelants. 43-70. Leuven: Leuven University Press, 2010.

Musik ist ihm zufolge also ein Handwerk. Wie der Schreiner mit Holz arbeitet, so arbeitet der Musiker mit den Schemata, die Gjederingen in "Music in the Galant Style" beschreibt. Ein für mich praktisch hilfreicher Impuls.

Durch die Decke schoss die These in den 2010ern /2020ern dann, als man italienische Bibliotheken nach musikalischen Werken durchsuchte, eine Unzahl von Übungen aus dem Barock fand, die diese Chunks immer wieder enthielten. Auf Youtube findet man einzelne Streamer, die dieses Denken aufgreifen und popularisieren, z.B. Early Music Sources, En blanc et noir. Seine Thesen wurden von zahlreichen Musikwissenschaftlern aufgegriffen, z.B. von dem römischen Professor Giorgio Sanguinetti, dem schwedischen Professor Peter van Tour und dem oben bereits genannten amerikanischen Professor John J. Mortensen.
 
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Der Professor, der diese These in die Welt gesetzt hat, ist soweit ich weiß Robert Gjederingen. Er behauptete, dass die italienischen Barockmusiker die immer gleichen Schemata / Chunks bestehend aus Bassfiguren samt intendierten Begleitstimmen gelernt, auf Partimenti angewandt und schließlich durch Kombination und Variation kreativ verwendet hätten.
Ich habe ehrlich gesagt nie von Gjederingen gehört. Es scheint ja auf italienische Musik beschränkt zu sein, oder? Jedenfalls halte ich das für groben Unfug, den Bass- und Begleitstimmen ein solches Gewicht beizumessen. Wo bleiben die Hauptstimmen denn? Sind die nicht die Hauptsache in einem Stück?

Wenn man mal z.B. die Bachsuiten für Cello solo betrachtet, wird das ganz schön eng mit der Herangehensweise über Bass und Begleistimmen ;-)
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Zu den Schreibweisen vs tatsächlich gespielt.
Wir wissen doch, dass Noten lediglich Annäherungen sind. Ohne auditive Kenntnis des Stils wird man ihn nicht authentisch spielen können. Das ist ja auch der Grund, weshalb es gravierende Unterschiede in der Interpretation gerader barocker oder noch älterer Stücke gibt. Es gibt keine Aufnahmen und die Artikulation wurde damals nicht notiert wie z.B. später in der Romantik. Deshalb wurde dann später festgelegt, welche Noten gebunden werden oder eben nicht, ohne dass es Notationen dazu gibt. (z.B. bedeutete ein "Bindebogen" damals so etwas wie crescendo etc...) Ein weiteres Problem dabei ist, dass barocke Musik selten aufgeführt bzw. vom original Interpret persönlich weiter unterrichtet wurde. Sozusagen gibt es da eine Vermittlungslücke, die man anhand von schriftlichen Aufzeichnungen nachzuvollziehen versucht.
Daher ist diese ältere Musik sehr speziell.
Das gilt für alle Musik bis ca. 1900. Artikulationen z.B . wurden schon notiert, wenn es notwendig war. Ansonsten gab es Konventionen, wie man was zu spielen hatte. Natürlich bleibt vieles im Dunkeln, aber das gilt auch für spätere Musik. Aber das führt hier echt zu weit.
Was du damit meinst, dass barocke Musik selten aufgeführt wurde, ist mir ein Rätsel.
Zum Generalbass: Dieser wurde als Begleitmuster für Choräle etc. notiert und nicht in solistischen Werken. Das rührt daher, dass das Cembalo bzw. überhaupt Tasteninstrumente ursprünglich primär gar nicht solistisch angedacht waren, sondern als harmonische Begleitung und auch einen weit geringeren Tonumfang hatten.

Zu den Satzregeln (man leitet die halt von Bach ab, da man nachträglich gewisse Gesetzmäßigkeiten erkannt hat, die man dann zum Arrangieren/ Komponieren verwendet. Bach selbst hat die nie aufgestellt, sondern einfach in den Stücken umgesetzt). Sie beziehen sich klassischer Weise auf den vierstimmigen Tonsatz mit Sopran, Alt Tenor und Bass. Diese Stimmen bilden pro Taktschlag eine Harmonie, die man als Funktionen (Tonika, Dominante etc etc.) definiert.
Einfache Beispiele für solche Regeln sind: Gleiche Töne bleiben liegen; der höchste Ton ist immer der Melodieton (also der Sopran); Der Bass darf keine Septimsprünge machen. Die Dominantterz darf nicht verdoppelt werden; Die Begleitstimmen müssen den kleinstmöglichen Weg nehmen,
Es geht bei diesen Regeln um die Übergänge von der einen Funktion in die nächste.
Den Generalbass, wenn wir z.B. mal bei Bach bleiben wollen, hat er in fast allen Sonaten und Konzerten notiert, nicht nur in Chorälen. Das Cembalo hat und hatte nie einen "weit geringeren" Tonumfang (als was auch?).
Tonika, Dominante usw. wurden erst durch Rameau im 18. Jhd. eingeführt. Diese Denke ist z.B. für sagen wir Schütz völlig daneben weil nicht vorhanden.
 
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Es scheint ja auf italienische Musik beschränkt zu sein, oder?
Ja, soweit ich sehe, bezieht er sich zunächst einmal auf die Barockmusik in Italien. Partimenti wurden zunächst in Neapel gelehrt und gelangten von dort nach Bologna. Man weiß mittlerweile, dass Giovanni Battista Martini damit musikalisch aufgewachsen ist und als Lehrer sein Wissen darüber an Mozart und Johann Christian Bach weitergegeben hat. Ein Nachfolger von Martini war Mattei, der Rossini und Donizetti darin geschult hat. Der Übergang der Tradition über die Alpen ermöglichte Luigi Cherubini, der das Pariser Konservatorium gründete. Dort wurden auch Fenarolis Partimenti neu herausgegeben und in die Musik-Examina aufgenommen. Durch diese Prüfungen mussten z.B. Berloiz, Debussy und Ravel durch. Eine der letzten, die die Partimenti-Tradition lehrte war Nadia Boulanger. Wenn dieser Name dann fällt, kriege ich feuchte Augen: Denn das ist die Lehrerin von Astor Piazzolla. Danach geriet die Partimento-Tradition wohl bis jetzt in Vergessenheit. Das scheint sich gerade massiv zu ändern. Ich weiß, das man in Trossingen gerade wieder in die Feraroli-Partimenti hineinschaut. Zu dem ganzen Überlieferungsprozess lohnt sich dieses Video. Zeit zu schauen, was man mit dem Akkordeon damit anstellen kann.

Ich weiß, dass Du Bach-Fachmann bist und finde nichts darüber, wie Johann Sebastian Bach improvisieren gelernt hat. Ich habe nur öfters gelesen, dass er ein guter Improvisator gewesen sein soll. Weiß man etwas Genaueres über die pädagogischen Prozesse?

Wo bleiben die Hauptstimmen denn? Sind die nicht die Hauptsache in einem Stück?
Ja klar. Wahrscheinlich habe ich mich falsch ausgedrückt. Es geht um alle Stimmen. Partimenti sagen nicht: "Jetzt muss du im Alt eine Achtel spielen!" Ihre Bestandteile (schemata / chunks) lehren nur, welche Intervalle zwischen den einzelnen Stimmen möglich sind. Sie geben nur einen groben Rahmen vor. Daraus gute Musik zu machen, bleibt dem improvisierenden Musiker vorbehalten.
 
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Da fällt mir die Katze ein. Auf Kommandos hört sie nicht, ist aber sehr schlau. Vielleicht ähnlich den Fingern. Von den singenden Sägen ausgehend dachte ich geometrisch daß den Ton zu finden bei verschiedenen Längen ungefair aus dem Dreieck resultiert. Seit ich mit weiteren Saiteninstrumenten beschäftigt bin aber reicht den Fingern doch eher nur eine einfache Strecke. Ein Reverenzton um die Länge der Saite zu erfassen. Es ist intuitiv womõglich mehr machbar als für den Kopf begreiflich in der Improvisation, wenn man ihn zurückstellt.
 
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