Free Jazz

turko
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Hallo zusammen,

ich bin nicht sicher, ob dieses Thema überhaupt hier hin gehört, aber ein passerendes Forum habe ich auch nicht gefunden ... mich würde Eure Meinung zum bzw. Herangehensweise an das Thema FREE JAZZ (brennend) interessieren. Mein persönliches Problem damit ist Folgendes:

Ich bin ein glühender Fan (auch) von Jazzmusik, von jazz-artiger Musik, und von sehr vielen Musikstilen, die ohne ihren Jazzeinfluß gar nicht denkbar wären. Meine Liebe reicht dabei von Scott Joplin über Louis Armstrong, bis hin zu BloodSweat&Tears, Pat Metheny und Dave Grusin. Um wirklich nur einige zu nennen. Und mir liegt im übrigen nichts ferner als eine Diskussion über das Thema „Was ist Jazz ? Was nicht ... ?“.

Womit ich jedoch absolut nichts anfangen kann, obwohl ich es schon etliche Male ernsthaft und ehrlich probiert habe, ist Free-Jazz. Und nicht nur, daß ich persönlich nichts damit anfangen kann ... mir ist darüber hinaus absolut schleierhaft, was überhaupt ein musikalischer Mensch ernsthaft daran und darin finden kann. Und das meine ich nicht überheblich, sondern voll des „ehrlichen Unverständnisses“.

Und das verwirrt mich gleichzeitig schon wieder ... weil ich ja weiß, daß sich grandioseste Musiker im Range eines Coltrane oder Ornette Coleman in diese Richtung in Marsch gesetzt haben. Und wie könnte ich, armes Würstchen, dann Zweifel daran haben, daß in diesem „Ding“ enorme Mengen an Musik stecken ... ??!! Und wie könnte ich Zweifel daran haben, daß es nur meinem persönlichen Unvermögen geschuldet ist, dieses Musikpotential nicht zu hören/fühlen/empfinden? Daß ich einfach persönlich noch nicht weit genug (entwickelt) bin, musikalische Freude daran zu empfinden (wie ich zum Beispiel Jahre zuvor noch nicht weit genug entwickelt war für Bebop, was sich dann aber irgendwann eingestellt hat ...) ?

Die Kehrseite ist, daß sich die allermeisten der grandiosen (zeitgenössischen, aktuellen) Musiker NICHT in diese Richtung in Marsch gesetzt haben, und daß sie letztlich vor dem Übertreten der Schwelle des völligen Aufgebens einer harmonischen Tonalität, eines rhythmischen/metrischen Plans, etc. zurückgeschreckt sind. Und auch das sollte ja irgendeinen Grund haben ...

Oder technisch gesprochen: Bei mir hört die Freude an Musik auf, wenn

- in Musik nur mehr Spannung, jedoch keine ENT-Spannung mehr ist
- ich keinen „Bauplan“ mehr nachempfinden kann
- kein Bisschen vom Spiel mit der Erwartung und des tatsächlichen Fortgangs der Musik spürbar ist
- alles völlig willkürlich erscheint (?)
- keine Unterscheidung mehr treffen kann, zwischen „falschen und richtigen“ Tönen

Rein emotional bin ich mir ziemlich sicher, daß ich das alles nicht mag. Intellektuell bereitet es mir ein wenig Probleme, weil ich erstens offen an die Sachen herangehen möchte, und zweitens ähnliche Erfahrungen mit den zeitlichen Vorgänger-Jazzstilen gemacht habe wie ich noch jung war, mit dem Ergebnis, daß ich nach einiger Zeit der Eingewöhnung jeweils „bereit“ für dafür war. Und ich mich eben frage, ob mein Gehör einfach noch (immer) nicht soweit, und noch immer nicht reif für Free-Jazz ist.

Es gab Zeiten, da erschien mir Charlie Parker wie ein irres und verrücktes Gefudel ... aber irgendwann war es dann plötzlich schön und logisch und auch ENT-spannend.

Allerdings ... bei Free-Jazz warte ich jetzt schon 25 Jahre auf diesen Zustand ...

Konkrete Frage: Wer kann einem an und sich durchaus geübten Musiker Tipps geben, wie man an diese Sache herangehen kann, und wo die Freude beim Zuhören wohl liegen könnte ? Ich kann mir, nebenbei bemerkt, durchaus vorstellen, daß es Spaß mach, diese Musik zu SPIELEN. Nur, sie zu HÖREN finde ich ... (noch ?) keinen Genuß.

Das selbe trifft im übrigen bei mir auch auf zeitgenössische Konzertmusik zu.

Würde mich freuen, wenn mir irgendjemand da auf die Sprünge helfen könnte.

LG, Thomas
 
Eigenschaft
 
mein erster Tipp, laß es doch, so wie es ist! Es muß ja nicht jeder alles hören/verstehen/mögen/spielen/...

Mein zweiter Tipp (wenn dich ersteres nicht befriedigt), geh behutsam an die Geschichte ran, erstmal mit Musikern, die im Grenzbereich spielen, also, die überwiegend "Musik mit Struktur" machen, aber Ausbrüche in die "Freiheit" unternehmen - nur mal einige wenige willkürliche Namen: Aki Takase, Don Pullen/George Adams, David Murray und natürlich viele andere mehr...

Der dritte Tipp: wenn dir zweitens was gebracht hat, das positive Energien geweckt hat, dann höre dir Freejazzer an, die "positive" Konzepte verfolgen, auch wieder einige wenige Namen ohne irgendwelche Zusammenhänge: Irene Schweitzer, Alexander von Schlippenbach, Charles Gayle, Gruppierungen um William Parker,...aus früheren Zeiten Coltrane, Coleman,...
Diese Bands/Musiker haben oft einen "Angelpunkt" um den sich vieles dreht, kann konzeptionell sein, kann ein Musiker sein, kann ein Sound sein, kann ein Groove sein,... - da gilt es langsam die Form und den Weg der Kommunikation zu erspüren, was oft auf Energie bedeutet. Des öfteren ist das in solchen Bands der Bassist, über den Angelpunkt kann man dem Geschehen folgen, kann Strukturen (für sich persönlich!!) finden, die sich aber für jeden anders darstellen. Die Musik passiert nur deshalb genau so, weil zu diesem Zeitpunkt genau diese Menschen räumlich zusammen sind - das gilt für die Zuhören genauso wie für die Musiker. Es ist alles Kommunikation - und extrem wechselseitig.

Wenn du dann noch einen Schritt weiter willst, dann gibts noch einiges, da nicht unbedingt mit positiven Energien umgeht, als Beispiel Peter Brötzmann (obwohl der sich seit Jahren wieder verstärkt im Wandel befindet), besonders bei älteren Aufnahmen merkst Du, daß da doch recht zerstörerisch mit allem und jedem umgegangen wird, die Musik selber aber keine Perspektive bietet, da was Positives draus zu machen - das kann nur ganz individuell aus einem selber kommen.

Viel Text, wird dir aber wahrscheinlich nicht sehr weiterhelfen...?!:confused::gruebel:
 
Kann eigentlich allem zustimmen, was WilliamBasie gepostet hat.

Jazz (obwohl nicht meine Hauptmusikrichtung) finde ich auch deshalb spannend, weil er grenzüberschreitend einerseits und integrierend andererseits ist - das heißt, dass er sich auch immer wieder neu erfindet.

Dabei muss ich persönlich nicht alles toll finden oder es muss nicht meinem Geschmack entsprechen oder muss mich nicht berühren - das ist bei einem solchen Ansatz auch unvermeidlich und sollte einen meiner Meinung nach deshalb nicht in eine Art Zugzwang versetzen nach der Art: wenn ich das nicht verstehe oder gut finde, dann verstehe ich Jazz und sein Konzept nicht.

Jazz ist ein offenes Angebot und das ist auch gut so.

Was ich extrem gut nachvollziehen kann ist Deine Beschreibung, dass Du so Free Jazz eher spielen als hören kannst. Ging mir lange so - nicht Free Jazz genannt, sondern eher Freie Improvisation auf Fusion/Rock-Basis - da kann man nämlich als Instrumentalist Welten entdecken, die öffnend, erschreckend, verstörend, begeisternd und vor allem neu und gefühlsgeleitet sind.

Das ist die Qualität für die Musizierenden - das Publikum ist dabei (völlig) uninteressant: es ist geduldet, wenn es sich darauf einläßt und davon was hat - aber es ist eigentlich nicht der Zielpunkt dieser Musik. Auch das ist gut zu wissen.

Beim Abhören der Aufnahmen dieser frei improvisierten Musik waren beispielsweise lange Phasen eher langweilig oder gingen nur auseinander - aber es gab Stellen, kristallisationspunkte, Entwicklungen - da stockte mir der Atem (inklusive einer guten Portion gesunder Egozentrik, versteht sich). Und die waren es wert.

Na ja - also letztlich: vollzieh es eher als Spieler, wenn Dir danach ist und gestatte Dir als Hörer alle Freiheiten, die Du haben willst - die Spieler tun es ja auch ...

Ja - und den Tipp mit dem "Einsteiger" - Free Jazz - das fand ich auch sehr gut.
Beziehungsweise: als ich noch drum gespielt habe, konnte ich mit dem Free Jazz mehr anfangen, der sich um den drummer bzw. um die Rhythmik drum drehte - insofern such Dir vielleicht Free Jazz aus, wo das Instrument dominiert, auf dem Du zu Hause bist - da wirst Du vermutlich auch am ehesten einen Zugang zu haben und auch mehr nachvollziehen können als bei anderen Arten von Free Jazz.

Viel Spaß beim Entdecken dieser Welt - und Streß oder Druck dabei ist tödlich!

x-Riff
 
Danke WilliamBasie und X-Riff für Eure guten und ausführlichen Antworten !

Kurz möchte ich da einhaken und mein erstes Statement ergänzen: Natürlich muß nicht jeder alles mögen. Und ich bin auch weit davon entfernt, mich ZWINGEN zu wollen (bin schon 2 Mal aus Freejazz-Konzerten in der Pause weggegangen, weil ich´s nicht mehr ausgehalten hab ...). Wonach ich suche ist ein anderer Zugang dazu, um vielleicht Dinge entdecken zu können, die mir bisher verborgen geblieben sind. Der "intellektuelle" Zugang allein (wie in allen möglichen Jazz-Büchern immer wieder vorgetragen: Der letzte Schritt auf dem Weg des Jazz zur endgültigen Überwindung von harmonischen Schranken; Die Musik als Spiegelbild der Freiheit des Spielenden; Die ganzen ethnischen/rassischen Freiheits-Überlegungen, ...) hilft mir persönlich nicht sehr weiter. Es gibt mir nichts, wenn ich jemandem zusehe/zuhöre, wie er für sich persönlich gerade "frei" ist, wenn ich nicht dabei nachvollziehen kann, nach welchen Prinzipien und (ja, auch:) in welchen Schranken er sich bewegt. Hingegen gibt es mir Berge jemandem zuzuhören, der gerade dabei ist, mit diesen Schranken zu spielen und an ihre Grenzen zu gehen, sie auch neu zu definieren, ohne sie jedoch dabei völlig und für immer zu übertreten.

Ich höre Musik immer (auch) so, daß ich (meist völlig unbewußt und automatisch) das gerade gehörte einordne und für mich selber im Kopf schnell eine mögliche Version bastle, wie´s denn jetzt nun weitergehen könnte. Das betrifft größere Formen ebenso wie die nächsten 4 Töne eines Jazz-Solos oder die nächsten harmonischen ReharmonisationsÜberraschungen in den nächsten 2 Takten eines Chick Corea. Und dann vergleiche ich meine Erwartung mit dem tatsächlich gespielten, und daraus resultiert Spannung, ENT-Spannung, Freude, Überraschung, VÖLLIGE Überraschung, ... all das. Bei Freejazz ist mir das völlig unmöglich. Mir fehlt da komplett der Bauplan ... MIR halt ...

Die Anregung zur "schrittweisen" Herangehensweise mit dem "Angelpunkt" finde ich gut ... dem werd´ ich mal nachgehen.

Das mit dem selber spielen war hypothetisch gemeint ... mein Instrument ist zwar das Klavier, aber ich bin mir recht sicher, daß ich nicht in der Liga bin, sowas spielen zu können. Außer, man bemüht kurz mal das (wohl falsche) Klischee und es ginge nur um eine Eruption der totalen Freiheit ... Ellenogen auf der Tastatur und so ... aber ernsthaft wäre das wohl nichts für mich, in allen Belangen.

Instrumentaltechnisch gesehen bin ich sogar noch meilenweit von einem "traditionellen" Jazzer entfernt ... und ich habe auch eine (scheinbar) unübliche Herangehensweise ... : Ich weiß, es wäre gut, alle Skalen/Akkorde intus zu haben, sie dann zu vergessen, und einfach zu spielen, was man empfindet. Leider habe ich mangels Übung diesen ersten Schritt übergangen, was mich aber nicht hindert, beim Spielen überhaupt nicht an geübte Läufe, Akkorde oder Skalen zu denken, sondern einzig und alleine das (nach)spielen zu wollen, was ich gerade von meiner inneren Stimme höre, ... das, was ich gerade dazu SINGEN würde ... naja, und da ich am Instrument zu schwerfällig und schlecht bin, das sofort umzusetzen ... endet das regelmäßig in Sackgassen ... :)

Danke nochmals für die Tipps,
Alles Liebe, Thomas
 
das "technische Hören" und verstehen wollen bringt dich beim Freejazz in der tat nicht weiter - besonders beim Freejazz ist die Technik nur noch Mittel zum Zweck.
Vorrangig geht es um Kommunikation!

...und wie die modernen Psychologen ja rausgefunden haben:
*Der Empfänger ist der Herr der Botschaft
*Es gibt keine Nicht-Kommunikation
nach diesen Grundsätzen wird JEDER (Musiker wie Zuhörer) was eigenes sehen/hören/erleben/kommunizieren. Diese Kommunikation beinhaltet auch mehr oder weniger Energie, dieses Spekrtum läßt dann genau dieses Musik entstehen, die dann passiert.

Selbst wenn Du im Konzert sitzt mit aufgerollten Fußnägeln, dann geht von Dir eine kommunikative Energie aus, die das Konzert beeinflußt.
Mit ganz seltenen Ausnahmen höre ich keine freie Musik von Konserve, das ist meistens noch viel schlimmer als der dritte Kaffeaufguß zum siebtenmal aufgewärmt... - das geht für mich primär nur live. Ok, Coltrane habe ich verpaßt, aber selbst mit seinen Aufnahmen tue ich recht schwer, besonders mit seiner letzten Besetzung.
 
Ja, ... das kann ich nachempfinden, was Du da schreibst. Wahrscheinlich sollte ich in aller erster Linie mal meine Hör-Weise überdenken ... soweit das (noch) was mit DENKEN zu tun hat ... :)
 
Dem, was WilliamBasie und x-riff geschrieben haben, ist eigentlich kaum noch was hinzuzufügen. Höchstens würde ich es bekräftigen wollen, daß Du evtl. über den Klang Deines Lieblingsinstrumentes eher einen Zugang kriegst.
Ich stehe z.B. total auf Vibraphon ( :rolleyes: auch wenn ich es nicht spielen kann) und komme relativ gut mit freien Sachen klar, die Gunter Hampel darauf gemacht hat. (Oder auch mit Neuer Musik auf Vibraphon oder Marimba.)
Unter Umständen könnte es auch leichter sein, sich erst mal über leisere, luftigere Musik reinzutasten, als über die berüchtigten Krach-Orgien.

Ich sammle gerade mit einem Trio (sax+b+dr) erste Erfahrungen in Sachen Freies Spiel - ohne daß wir damit auftreten. Es ist schon reizvoll, aber man muß selbstkritisch rangehen und überlegen, ob die Sachen aufgehen. (Eigentlich müßten wir also jede Probe mitschneiden und hinterher durchhören.) Ins unreine gesprochen kommt's mir so vor, als ob WENIG spielen da NOCH sinnvoller ist als in konventionelleren Spielarten. Das Ganze lebt von Aufeinanderhören, Reagieren, Luft lassen etc. etc., auch von Abwechslung in Rhythmik, Puls und Dynamik (es geht also NICHT nur laut). Und wir stehen noch ganz am Anfang.
Als Pianist hast Du natürlich (finde ich) das Problem, daß atonales Spiel in den Augen der meisten Zuhörer schnell so klingt, als säße da einer am Klimperatorium, der überhaupt nicht spielen kann... Was man da machen kann, weiß ich auch nicht...

Für den zweiten Tip von WilliamBasie könntest Du z.B. die späteren akustischen Sachen des zweiten Miles-Davis-Quintetts nehmen. Um an "Miles Smiles" etwas Faszinierendes zu finden, hab ich z.B. 20 Jahre gebraucht ;), aber dann klappte es doch, und mir blieb der Mund offenstehn. "Nefertiti" ist da etwas gemäßigter. "E.S.P." noch mal gemäßigter. Eine andere Platte, die streckenweise etwas freier abgeht, ist Herbie Hancocks "Empyrean Isles".

Deine Erfahrungen mit dem "Gewöhnungsprozeß" an Charlie Parker hab ich übrigens ziemlich ähnlich auch gemacht - in meiner tiefsten Benny-Goodman-Phase hatte ich noch geradezu Haßattacken, als ich das erste Mal Bebop hörte... :rolleyes: Ich glaub, es war der Ton von Parker, der mich dann sozusagen langsam in die Faszination hineinzog. Analoges passierte dann später im Falle wüsterer Jazz-Spielarten, als mir Bebop irgendwann etwas zu vorhersehbar wurde ;)

Möglicherweise ist der Zugang zum Free Jazz auch leichter, wenn Du Dir diese Musik nicht nur anhörst, sondern auch siehst, was die Leute machen.
In jedem Falle könnte ich mir denken, daß man a) auch Free Jazz durchaus als Bauch-Musik angehen und b) sich selbst Zeit geben sollte.

Michael
 
Kompliment an die Schreiber vor mir !!
Man muß ja vielleicht die Geschichte des Freejazz verstehen- in den Jahren nach
diversen Formen des Bebobs(Hardbob,Cooljazz,etc.)gabs neue Bestrebungen in der
Musik-neue Formen,ganz ohne Form(Free)-Mit Sicherheit ist die Musik meiner Meinung
nach der modernen Klassik ebenbürtig.Ich selbst spielte jahrelang eher Bebob,Swing,
Blues,Rock,etc.,auch aus dem Grund,daß man zur Musik immer die passenden Partner
braucht.Meiner Meinung nach sollte ein Musiker immer ein offenes Gehör für neue
Musik haben,wie sonst würden sich neue innovative Musikstile entwickeln.Ich habe
die Erfahrung gemacht,daß die Finger relativ schnell neue ungewohnte Melodien spielen
können-das Gehör braucht länger dafür.Wenn man offen ist,kann man sein Gehör aber
für vieles schulen.Leider ist die Masse dazu nicht bereit.Schön,wenn es junge Musiker
gibt,die über den normalen Tellerrand drüber schauen wollen.
 
@ Mike1967: Ja, daß das eine Musik ist, die man unbedingt live erleben sollte und nicht aus Konserve, das glaube ich sofort (Anmerkung ... genauso, wie es Musik gibt, die scheinbar vorwiegend zum An-SEHEN der Noten bestimmt ist ... ich denke da an die Kunst der Fuge ...). Das gilt, finde ich, im Jazz überhaupt. Bei Freejazz sicher noch umsomehr ...

@ WesL5: Ich hoffe, Du hast mit den "jungen Musikern, die über den Tellerrand schauen wollen" nicht mich gemeint. Du würdest Dich wundern ... :) Allein die Tatsache, daß ich seit 25 Jahren versuche, dem Freejazz irgendetwas abgewinnen zu können, sagt was aus über mein Alter ...

Ansonsten: Danke für Eure Meinung zu dem Thema. Natürlich will man (ich) offen sein für neue Einflüsse. Deswegen thematisiere ich das Ganze hier ja. Ich war halt auf der Suche nach neuen Denk- und Fühl-Ansätzen, die mir das irgendwie erleichtern könnten. Andererseits bin ich nicht "besessen" von der Idee, ein Intimfreund von Freejazz werden zu müssen, koste es was es wolle. Es gibt an und in "konventioneller" Musik sooooooo vieles, was noch neu entdeckt, verstanden und geliebt werden will, daß ich damit ohnehin sicher bis zu meinem Tode beschäftigt sein werde ...

Nur eine kleine Anmerkung zu diesem Sidestep: Ich habe mich in letzter Zeit intensiv mit Händels Utrechter TeDeum beschäftigt. Wir singen das mit unserem Chor, und ich habe anhand der Partitur die Orchesterstimmen mittels Cubase eingespielt, um ein Orchesterplayback dafür zu haben. Und was man DABEI sieht und lernt, das läßt einem den Mund offen stehen ... : Das ist wie ein gigantisches Musik-Puzzle, das seinen Sinn erst offenbart, wenn der letzte Stein (= Stimme) d´rin ist. Und was man für Spannung und Intensität und Vielfalt aufbauen kann, obwohl man weitestgehend diatonisch bleibt (weit und breit fast keine zusätzlichen Vorzeichen zu sehen ...), das ist auch ehrfurchtgebietend ... !!

Tschuldigung für den kurzen Ausflug,
Alles Liebe und Danke für Eure Beiträge,
Thomas
 
Noe. Die Kunst der Fuge ist auch mit Ohren und sowas geil.

Es ist kann nicht Sinn und Zweck des Musikkonsums sein, sich dazu zu zwingen, eine Musik mögen zu lernen. Derartiges keinen Sinn/Wert. Ich kann mir Nancarrow auch nicht ewig anhören - ähnlich verhält sich das bei Art Tatum. So interessant diese Musiker auch waren - sich diesbezüglich zu irgendetwas zu zwingen entspricht nicht der notwendigen Vorbedingung für eine positive Musikerfahrung! Es entspricht auch nicht dem Geist der Musik - insbesondere nicht dem der freien Musik. Das ist doch Paradox - sich dazu zu zwingen freie Musik anzuhören? Unsinnig! Wenn ich mich zum Free Jazz gezwungen habe, war es dann Free Jazz? Haha!
 
OK, über die Kunst der Fuge will ich hier nicht streiten. Was das andere betrifft: Ich dachte, ich hätte es ohnehin schon klar gemacht: Keine Rede davon, daß irgendjemand (ich) irgendjemand anderen (mich) zu etwas derartigem zwingen wollte ... !!! Es ging lediglich darum, eventuell durch Hinweise oder Tips andere Zugänge zu finden, die mir bisher verborgen geblieben sind.

LG, Thomas
 
Auch von mir hier Beifall an alle iin diesem Thread Beteiligten. Da sind sehr gute Beiträge dabei, die ich gerne gelesen habe.
Mein Verhältnis zum Freejazz ist 1979 maßgeblich durch eine Reihe von Konzerten, die ich mit Lester Bowie (Chicago Art Ensemble) hatte, geprägt worden. Außer Lester war damals noch ein hervorragender römischer Saxophonist, ich glaube er hieß Massimo, dabei. Diese beiden lieferten sich regelrechte Battles, was ich von meinem Spiel nicht behaupten konnte.
Es war ein überwältigendes, in meinem musikalischen Werdegang einschneidendes Erlebnis mit der Folge, dass ich danach nie mehr das Bedürfniss hatte Freejazz zu spielen. :D
Es ist eine sehr persönliche Sache, denke ich. Die Sache war nach der Konzertreihe für mich klar entschieden.
Was ich dann in späteren Jahren unter anderem mit Leuten wie Papo Vasquezspielte, lag alles zumindest im erweiterten tonalen Bereich.
Für mich ist eine tonale/formale Bindung in meinem Spiel ungeheuer wichtig. Ich bin damit aufgewachsen und dadurch geformt worden.
Man kann den Schritt Swing -> Hard-Bop nicht mit dem Schritt Modern-Jazz -> Freejazz vergleichen. Bei Letzterem betritt man eine Welt die Wesentliches/Essentielles negiert um sich so zu manifestieren/differenzieren. Warum sollte ich das tun, fragte ich mich damals. Wieso Funktionierendes zugunsten einer nicht harmonierenden Klangmasse austauschen?
Naja, vielleicht ist es auch lediglich meine Unfähigkeit meinem Instrument exklusiv Dissonanz zu entlocken. :D
 
Hallo zusammen,

sich an das Ende eines so spannenden Threads anschließen zu dürfen, ist mir eine Ehre. So stimme ich auch den meisten Schreibern vor mir zu, doch möchte auch nocheinmal kurz darauf eingehen, dass es sich meiner Meinung, die Persönlichkeit des Musikers oder Zuhörers für den Genuß einer solchen Musik das wichtigste ist.
In meiner Interpretation ist Free Jazz, der kürzeste Weg zu den Gefühlen oder aber auch Ansichten des schaffenden Künstlers. In diesem Fall ist Musik in keinstem Fall Selbstzeck, sondern ausschließlich Selbstverwirklichung.
Nun ist es aber schwierig und selten genau das gleiche zu empfinden, wie der Künstler oder exakt den gleichen Umwelteinfüssen ausgesetzt zu sein, was eine Interpretation erleichtern würde.
Ich glaube deshalb muss man immer wieder neue Arten der Interpretation, Wege seine Gefühle in die Musik zu leiten, für sich selbst finden, ohne die einem der Genuß der jeweiligen Stücke verwehrt bleibt.

Bitte entschuldigt meine holprige Schreibweise.

VLG

A.
 
Hallo JazzGirl, sobald du dieser Musik eine Interpretation aufzwängst, ist sie nicht mehr frei - es ist ziemlich egal, was der/die Künstler oder der Zuhörer/das Publikum für Einflüsse, etc. hatten.
Im Augenblick des Musizierens passiert eine enorme Kommunikation und die ist höchst individuell und trotzdem total an diesen gemeinsamen Augenblick gebunden.

Mit den gleichen Musiker, dem gleichen Publikum passiert am gleichen Platz zu einer anderen Zeit was ganz anderes - und das hat nix mit Interpretation zu tun, das ist Energie, das sind Gefühle, das ist Kommunikation.

Interpretation ist Kopf, Freejazz ist Bauch!
 
Auch von mir hier Beifall an alle iin diesem Thread Beteiligten. Da sind sehr gute Beiträge dabei, die ich gerne gelesen habe.
Mein Verhältnis zum Freejazz ist 1979 maßgeblich durch eine Reihe von Konzerten, die ich mit Lester Bowie (Chicago Art Ensemble) hatte, geprägt worden. Außer Lester war damals noch ein hervorragender römischer Saxophonist, ich glaube er hieß Massimo, dabei. Diese beiden lieferten sich regelrechte Battles, was ich von meinem Spiel nicht behaupten konnte.
Es war ein überwältigendes, in meinem musikalischen Werdegang einschneidendes Erlebnis mit der Folge, dass ich danach nie mehr das Bedürfniss hatte Freejazz zu spielen. :D
Es ist eine sehr persönliche Sache, denke ich. Die Sache war nach der Konzertreihe für mich klar entschieden.
Was ich dann in späteren Jahren unter anderem mit Leuten wie Papo Vasquezspielte, lag alles zumindest im erweiterten tonalen Bereich.
Für mich ist eine tonale/formale Bindung in meinem Spiel ungeheuer wichtig. Ich bin damit aufgewachsen und dadurch geformt worden.
Man kann den Schritt Swing -> Hard-Bop nicht mit dem Schritt Modern-Jazz -> Freejazz vergleichen. Bei Letzterem betritt man eine Welt die Wesentliches/Essentielles negiert um sich so zu manifestieren/differenzieren. Warum sollte ich das tun, fragte ich mich damals. Wieso Funktionierendes zugunsten einer nicht harmonierenden Klangmasse austauschen?
Naja, vielleicht ist es auch lediglich meine Unfähigkeit meinem Instrument exklusiv Dissonanz zu entlocken. :D

Danke Cudo für Deine Wortmeldung. Das war sehr interessant. Da ich ein eher praktisch orientierter und einfach gestrickter Mensch bin, und Du scheinbar die nötige Erfahrung hast (WOW übrigens), würde mich brennend interessieren: Wie läuft so ein Konzert - aus Musikersicht - eigentlich ab? Ich meine, was sind die Spielregeln? Welche Dinge WERDEN im Vorhinein überhaupt vereinbart, ... welche nicht? Oder überläßt man tatsächlich ALLES dem Augenblick ? Genau DAS ist es eigentlich, was mich interessiert: Wie gehen die Spielregeln ??

Nebenbei ... ich war mal vor 20 Jahren oder so bei einem LesterBowie-Konzert in der Wiener Universität. Da war er mit einer reinen Brass-Formation. Ich kann mich erinnern, daß mir das WAHNSINNIG gefallen und nich beeindruckt hat. Das war allerdings weit von "free" entfernt. Ich habe mir im Anschluß einige Platten (damals noch Platten !!!) von ihm gekauft, die mich dann allerdings weniger begeistert haben. Abgesehen von Stilunterschieden zwischen Konzert und LP muß man diese Musik unbedingt live erleben, meine ich ...

Würde mich sehr freuen, wenn Du, wie oben angerissen, noch ein wenig ins Detail gehen könntest ?!

Liebe Grüße
Thomas
 
... würde mich brennend interessieren: Wie läuft so ein Konzert - aus Musikersicht - eigentlich ab? Ich meine, was sind die Spielregeln? Welche Dinge WERDEN im Vorhinein überhaupt vereinbart, ... welche nicht? Oder überläßt man tatsächlich ALLES dem Augenblick ? Genau DAS ist es eigentlich, was mich interessiert: Wie gehen die Spielregeln ??
Ich meine, Lester hat nun wirklich einen Namen in der Freejazz-Scene. Wir hatten damals eine Musiker-Kommune im Emmental und Lester kam zu uns. Er sprach von seiner bevorstehenden Konzertreihe und dass er passende Musiker dazu suche. Nun gut. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich damals, 197?, nicht wusste wer Lester war und so schöpfte ich keinen "Verdacht". Er regte an ein paar Standards anzuspielen.
Also ging ich unvorbelastet zum Konzert. Backstage hatte Lester einen Arztkittel angezogen
was ich damals sehr merkwürdig fand. Kurz vor Beginn fragte ich Lester "finally, what´s gonna be the first tune to open up with?", da wir ja eigentlich nur einmal kurz gejammt hatten und es eigentlich kein Programm gab. So etwas ist ja nicht ungewöhnlich, aber man will doch, wenn man vor einem größeren Publikum spielt, schon mal das erste Stück zumindest mental durchgehen können. Lesters Antwort: "just be cool" :D
Wir eröffneten und spielten absolut ohne Plan. Es gab keine Regeln außer dass man alles musikalisch konventionelle gefälligst meiden sollte.
Ich habe schon vorher erwähnt, dass dies für mich kein Weg ist. Musik ist für mich etwas das sowohl Form und die Auflösung derselben als auch den natürlichen Verlauf von Konsonanz und Dissonanz aufweisen sollte. Wenn mir diese Polaritäten genommen werden, fühle ich mich eingeschränkt und wenn ich mich genau erinnere war es dieses eingeengte Gefühl bei Bowies Konzerten das mich am meisten störte. Spiel etwas das unkonventionell klingt! war die Devise. Wie kann das angehen? Warum sollte ich das tun? Ich mache sowohl damals als auch heute Musik aus der Überzeugung heraus mich selbst darzustellen. Dazu brauche ich Harmonie und Form die ich gegebenenfalls natürlich auch temporär auflösen kann um Kontrast zu erzeugen. Aber nur das Eine, nein, das war und ist nicht mein Ding.
Das Wort Free-Jazz wird meiner Meinung nach nicht seinem Inhalt gerecht.
Aber das ist nur meine persönliche Meinung.
 
Danke, Cudo, für Deine ausführliche Schilderung. Genau SOWAS wollte ich - aus berufenem Munde - einmal hören.

Ich will nicht wieder von vorne anfangen und mich wiederholen ... aber ich empfinde die ganze Sache ähnlich wie Du: Das, was (gute ...) Musik so toll macht, ist die wohlausgewogene Balance zwischen Spannung und Entspannung, ... und das auf allen möglichen Ebenen (Harmonik, Rhythmik, Melodik, Stimmung/Mood, ...). Freejazz stellt für mich - ganz persönlich - nur Spannung dar, und mir fehlt da (noch ?) komplett der entspannende Gegenpol ... wenn es keine Grenzen mehr gibt, wo bleibt da die Kunst, mit ihnen zu spielen ? ... so ungefähr halt ...

Danke jedenfalls vielmals für diesen Kommentar.

LG, Thomas
 
Interessanterweise ist es bei mir genau umgekehrt. Meine erste Klavierlehrerin war Freejazzerin und wir haben im Klavierunterricht auch immer viel improvisert, ich bin also gewissermassen damit aufgewachsen. Andererseits ist mir der "konventionellere" Jazz immer sehr fremd geblieben und ich fange jetzt erst langsam an, einen Zugang zu ihm zu finden. Natürlich hat das aber auch viel mit dem "selber machen" zu tun, was mir zugegebenermassen in der improviserten Musik immer wichtiger als das blosse zuhören war.

Was mich an der improviserten Musik generell immer fasziniert hat ist aber schon das "Kolumbus-Gefühl" in eine Welt einzutauchen, von der weder ich, noch irgend jemand sonst eine Ahnung hat, zu was das führen könnte; sich auch mal durch unausgereifte Passagen zu kämpfen, um dann plötzlich Momente zu erleben, wo auf einmal alles einfach passt und sowohl fremd und neu, als auch völlig stimmig ist. Ich denke das ist auch der Grund, wieso ich (wie WilliamBasie es auch erwähnt hat) völlig frei improviserte Musik auf einer Aufnahme selten ertragen kann. Von einer Aufnahme erwarte ich meist etwas geplantes, ins Detail wohlüberlegtes, welches sich keine längeren Durststrecken erlaubt - denn genau das genaue planen und ausarbeiten ist der Vorteil den das Medium CD/Schallplatte/etc. zu bieten hat, gegenüber dem Live-Konzert. Improvisierte Musik kann hier weder ihre Stärken, noch die Stärken der Konservenmusik richtig ausspielen.

In einer Livesituation hingegen (und in der Improvisation als Extrembeispiel), bin ich bereit hier viel mehr Ungereimtheiten zu verzeihen, denn ich gewinne dafür das Erlebnis, gemeinsam mit den Musikern etwas noch Unbekanntes bei der Entstehung zu hören und auf die genannten wenigen "Augenblicke des Glücks" (das klingt vielleicht kitschig…) zu warten, von denen noch niemand, nicht einmal die Musiker selbst, weiss, woraus sie bestehen und ob und wann sie auftauchen. Das ist für mich die wesentliche Qualität frei improvisierter Musik.
 
Ich habe 1975 ....1976 ??...Anthony Braxton bei einem Jazzfestival in der Berliner
Philharmonie gehört,unter anderem auch Brötzmann.Ich war zu der Zeit Rockmusiker,
sehr engstirnig auf meinen Stil fixiert.Aber alleine die Erscheinung eines A.Braxton mit
einem der letzten 3 funktionierenden Basssaxofonen weltweit(nicht Bariton) und seine
Trompetenexcesse mit Wassereimer haben mich damals mächtig beeindruckt.Reine
Plattenaufnahmen hätten das nie bei mir erreicht,obwohl ichi schon offen
gegenüber freier Musik war,ab damals allerdings viel offener.Mir hat das gefallen.
Selbst habe ich die Jahre danach eher Big Band Musik von Count Basie,etc. gespielt.
Bebop etc.,aber ab und zu höre ich gerne noch Musik ,die über Charles Mingus raus-
geht(harmonisch).Wobei ich aber zugeben muß,daß es an " unmusischen Tagen "
höchstens bis zu Abercrombie oder Scofield reicht...das ist bei mir sehr stimmungs-
abhängig.Coltraine in seiner letzten Phase ist kein Problem...ist aber auch kein Freejazz.
Ein Bekannter von mir hat mal versucht,mit einem bekannten Rundfunkorchester " leichte
Freeaufnahmen " zu machen......keine Chance...die haben dann immer irgendwelche bekannten
Melodien dazwischen gespielt..:)
 
sehr interessante diskussion.

@turko:
ich spiele seit jahren "free-jazz", oder das was sich so nennt, und in die gewässer bin ich vorerst als session-basisst reingesegelt...
also, wie die andere schon sagten - free-jazz aufnahmen welche man als zuhörer "geniessen" kann gibt es selten... vieles davon trägt die würde des künstlers rufes, und man neigt aus respekt dazu absolut keine kritik zu äussern.
so finde ich dein "zweifel" nicht ungewöhnlich - miles davis z.b. hatte ein von exklusivsten label-verträgen überhaupt, mit null verpflichtungen dem cbs gegenüber, aber mit lebenslangen astronomischen bezügen, so ist vieles von ihm nicht so golden wie es glänzen sollte. ;)
aber: er hat auch keine "ansprüche" an sein schaffen (sprich aufnahmen) gelegt - sondern nur an sich selbst, und deswegen galt die prämisse dass ein miles-konzert NIE und NIMMER "schlecht" sein kann.
ausser für eintopf-jazzer. ;)

will mit der aussage niemandem zu nah treten oder manche kollegen abwerten, aber wir reden alle hier von der freier musik...
nur eben - die improvisation war vom frühen mittelalter bis zum 18. jhr. pflichtfach in musikschulen, also freispiel ist in keinem fall nur eine "jazz" sparte, wie viele leute heute immer noch denken, sondern die großen jazz-musiker haben nur die natürliche auffassung des komponierens wiederbelebt.
also, man könnte sagen dass der mozart der grösster free-jazzer ;) war, weil er nachweislich aus jedem triton eine figur oder eine melodie entwickeln könnte, und ihm gegenüber kann man den verkopften wagner stellen, welcher sich nicht gescheut hat mehrere notenblätter aus einem seinem werk in das andere zu übernehmen, und dann monatelang die komposition mit dem orchester zusammen soweit zu kneten bis es nicht "so ähnlich" anhörte, das übernommene...

summa summarum:
1. jazz ist heute keine "musikrichtung" mehr, gottseidank.
jazz ist die ästhetik.
2. die ästhetik muss man erleben. man kann sie sehen, hören oder schmecken,
aber DAS ERLEBNIS ist entscheidend, man muss sie innerlich fühlen.
3. und um freie musik fühlen/erleben zu können, muss man sie SPIELEN.
spielen ohne anspruch den anderen zu gefallen, weil dass will ein freier musiker in der erster linie nicht. das entscheidende ist nämlich der sprung über eigenen schatten, die persönliche musikalische entwicklung welche dabei stattfindet - und last but not least, die interaktion mit mitmusikern und publikum.

sorry wenn mein roman hochnäsig klingt, so ein typ bin ich sicherlich nicht, aber ich rede einfach von erlebten fakten.
und mache jetzt auch bissel werbung:
klingende bilder
am sonntag spielen wir frei, orgelfabrik karlsruhe/durlach, ab 20:00, eintritt frei gegen spenden.
es wäre schön wenn ich mit meinem gelaber bei jemandem die interesse geweckt habe, und hoffe dass wir uns am sonntag sehen und unbefangen über das thema weiter reden können...
viele grüße aus ka,
dragan
 

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