Aber mal ganz naiv gefragt. Gibt es denn eine Alternative zur CC die in der Praxis nicht so schwieriger zu händeln ist?
Ja, aber die willst Du nicht wissen.
Spaß beiseite:
Wenn man mal versucht die Problematik eben von dieser Seite her zu verstehen, wird einem plötzlich die Legitimation bzw. sogar Notwendigkeit von Verwertungsgesellschaften klar. Sie sind u.a. auf als Antwort auf genau die Probleme entstanden, vor denen die "Generation CC" jetzt teilweise auch wieder steht.
Will man die Probleme lösen, landet man wieder bei einem ähnlichen System wie der GEMA. Etwa: Eine zentrale Institution wo jeder der unter CC-Lizenz veröffentlichen will, seine Werke verbindlich anmelden muss. Diese Institution muss dann aber auch für einen eventuellen LizenzNEHMER rechtssichere Angaben machen und auch die Verantwortung übernehmen. Sprich finde ich ein Werk in der Datenbank und es ist als CC ausgewiesen, muss die Institution die Verantwortung dafür übernehmen, wenn ich trotz Einhaltung der entsprechenden Lizenzbestimmungen von Dritten belangt werde.
So eine Institution ist ohne eigene gesetzliche Grundlage und "quasi-staatliche" Befugnisse in der Praxis schwer denkbar. Wer sollte - auch die finanzielle - Verantwortung übernehmen, dass die Rechte alle garantiert sind? Man braucht leider eine gewisse "Amts-Struktur": Alle Lizenzgeber (Urheber) müssen mit persönlichen Daten erfasst sein, etc.. Wie sollte eine "CC-GEMA" aussehen? Ein Portal, wo man unter einem Nicknamen irgendwelche Werke anmeldet? Welcher Betreiber würde den Kopf hinhalten und für die Richtigkeit der Nutzerangaben einstehen? Nutzt man heute ein GEMA-Werk und hält die Lizenzbestimmungen ein, ist die Sache absolut wasserdicht. An dieser Stelle kommt noch hinzu:
CC mit den variablen Lizenzbedingungen (v.a. der in der Praxis eigentlich unmöglichen Unterscheidung kommerziell/nicht-kommerziell) verkompliziert die Sache enorm. Denn heute ist es in dem System UrhG/GEMA so, dass jeder auch für kommerzielle Zwecke jedes Werk nutzen darf (Bearbeitung, Sync, Werbung, etc. ausgeschlossen), solange er "angemessene Vergütung" - sprich GEMA - bezahlt...
STOP! Kurzer Einwurf, eine Live-Erkenntnis sozusagen
:
Mir fällt gerade zum ersten Mal Folgendes auf: CC versucht mit dieser Unterscheidung u.U. eine Unterminierung des UrhG. Konsequent zu Ende gedacht könnte man unter CC weit "nutzerfeindlicher" und rigider Vorgehen als mit dem UrhG! CC will - von der Idee her - es doch dem Urheber optional erlauben, sein Werk GRUNDSÄTZLICH bestimmten Personen oder Unternehmen nicht für kommerzielle Verwertung freizugeben. Also auch nicht, für "alles Geld der Welt" , wenn er halt nicht will. Das UrhG ist da anscheinend teilweise sogar "kulturfördernder" und "piratistischer" (sorry, nicht wieder falsch verstehen
), da gibt es nämlich eine Reihe von Schranken, die auch bei kommerzieller Nutzung von Belang sind. Beispiel:
Zwangslizenz im Urheberrecht
Das UrhG koppelt das nur an eine angemessene Vergütung. CC - wenn ich recht verstehe - will u.a. dem Urheber die Möglichkeit erlauben, sich komplett auf seine Rechte zu setzen, sobald auch nur ansatzweise kommerzielle Motive bei der Nutzung im Spiel sind. Da gibt es also eine Bestimmung im UrhG, die gemacht wurde, um zu Vermeiden, das z.B. eine (böse
) Plattenfirma ein Monopol auf einen Titel bekommt. Das progressive CC-Modell sieht entsprechendes nicht vor und könnte somit einer solchen Monopolisierung zu gunsten einzelner Plattenfirmen vorschub leisten. Bizarr.
Noch "besser" wird es, wenn wir die Kombination UrhG/GEMA betrachten. Als GEMA-Mitglied, kann ich z.B. NICHT verhindern, dass eine Nachwuchsband meinen Titel am (kommerziellen) Dorffest spielt oder eine private Musikschule mit ihren Kids eine CD damit aufnimmt (immer vorausgesetzt, es werden Gebühren bezahlt). Als Mitglied der "CC-Mafia" (Satire macht halt Spass
) oder auch als nur "Nicht-GEMA"-Mitglied KANN ich das komplett verbieten oder horrende Vergütung verlangen.
Folglich: Nach dem CC-Modell kann - "bösen" Willen vorausgesetzt - ein Urheber teilweise sogar rigider und egoistischer sein geistiges "Eigentumsrecht" durchsetzen, als Mithilfe von UrhG/GEMA! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Sehr interessant.
Fairerweise muss natürlich gesagt werden, dass ich umgekehrt als GEMA-Mitglied keine kostenlose Nutzung bei den obigen Beispielen erlauben könnte, unter CC theoretisch zumindest schon.
Zurück zu unserer "CC-GEMA". Also wie sollte das in der Praxis aussehen? Man könnte auf die Idee kommen, das der GEMA noch auf den Rücken zu binden, aber das wäre schlicht nicht finanzierbar. Ein extremer Aufwand, ohne zusätzliche Einnahmen. Viellicht können wir freiwillige und ehrenamtliche Mitarbeiter aus der Piratenpartei rekrutieren?! (Ich kann's halt nicht lassen
)
Es gibt ja schon Testläufe bei Schwesterngesellschaften im europäischen Ausland, die es den Mitgliedern erlauben unter CC zu veröffentlichen. Allerdings löst das ja noch nicht die genannten Probleme. Die entsprechenden Werke fallen halt einfach aus deren Verantwortungsbereich raus und können nicht etwa ÜBER die Gesellschaft zu CC-Bedingungen lizenziert werden. Aber genau DAS wäre notwendig.
Der CC-Stempel müsste amtlich und wasserdicht sein. Ich sehe nicht, wie das auf breiter Basis funktionieren sollte.
Edit:
Expertenfrage:
Als der Anspruch auf angemessene Vergütung eingeführt wurde, gab es doch die sog. Linux-Klausel:
Mit einer von 2000 bis 2002 erarbeiteten Modernisierung des deutschen Urheberrechts sollte gesetzlich verankert werden, dass ein Urheber auf eine angemessene Vergütung in keinem Fall verzichten kann.[4] Theoretisch hätte das für Händler, die freie Software verkaufen, eine Rechtsunsicherheit zur Folge gehabt, da Programmierer möglicherweise im Nachhinein einen Anteil des Erlöses hätten verlangen können, was Möglichkeiten des Missbrauchs eröffnet hätte. Mit der Ergänzung des Gesetzentwurfs um die sogenannte Linux-Klausel wurde die GPL (und ähnliche Lizenzen, die unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumen, vgl. § 32 Abs. 3 Satz 3 UrhG) jedoch auf eine sichere rechtliche Basis gestellt.
Quelle: Wikipedia
Darauf basieren ja seitdem alle "freien Lizenzen", auch CC. Ohne diesen Zusatz wären freie Lizenzen ohne Rechtsunsicherheiten für den Lizenznehmer GAR NICHT mehr möglich gewesen. So. Jetzt lässt aber das Gesetz ja nur folgende Möglichkeit:
(3) Auf eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Urhebers von den Absätzen 1 und 2 abweicht, kann der Vertragspartner sich nicht berufen. Die in Satz 1 bezeichneten Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Der Urheber kann aber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumen.
Das muss doch heissen, ALLE bekommen ein einfaches Nutzungsrecht, EGAL ob kommerziell oder nicht. Ist also diese Unterscheidung von CC evtl. überhaupt nicht mit dem UrhG vereinbar?! Sprich folgende Zwickmühle als Urheber:
-Ich vergebe eine "Pseudo"-CC-NC-Lizenz => Rechtsunsicherheit für ALL Nutzer, da nach UrhG nicht möglich => potentielle Nachforderungen angemessener Vergütung
-Ich vergebe - dem UrhG gemäß - "unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann" => kommerzielle Nutzung kann ich nicht unterbinden