Oha - dann will ich auch mal.
Die Bühnenstürze inkl. blutender Hand habe ich bereits im anderen Thread erwähnt. Mal gucken was mir sonst so einfällt.
Landesturnfest in Stade. 1996
Mit meiner Bad-Taste-Schlagerband: Ein fettes Open-Air Fest, in dem sich Turnvereine des ganzes Bundeslandes zum Wettkampf und zum Feiern treffen. Mit mehreren Bühnen und tausenden Leuten mit nem Durschnittsalter von ca 18 und jünger ...
Obwohl ich etwas Angst hatte, ob die jungen Leute mit unserem 70er-Programm was anfangen konnten, war der Gig super.
Schräg war die Nacht und die Unterbringung. Wir hatten zum Schlafen ein leeres Klassenzimmer in einer Grundschule (ich hatte natürlich nichts mit - keine Decke und so).
Dem Schlagzeuger, seiner Freundin und mir war langweilig und wir machten wir uns auf die Suche, ob wir irgendwo in dieser Schule wohl Alkohol finden konnten. Ich war noch geschminkt mit Make-Up und zerlaufener Wimpertusche und verschmiertem Kajal. Ansonsten trug ich nur ne Unterhose und ein T-Shirt. Ich sah wohl etwa aus wie eine Drag-Queen beim Aufstehen.
Überall in der Schule war Kontrollpersonal aufgestellt - alles Jungs und Mädchen um die 13,14, oder 15. Wir kamen nach einer Zeit zum Ausgang, wo auch so ein durchaus pflichtbewusster Knabe stand.
Ich frage ihn: "sag mal, gibt es hier irgendwo noch Alkohol. Uns ist langweilig."
Er:" drüben in der Turnhalle - einmal quer über den Schulhof - ist noch Disko. Da gibt es sicher noch was zu trinken."
Ich: "Guck mich an - meinst du denn, ich geh jetzt in Unterhose tanzen? "
Wir zogen ab und ich steckte mir eine Zigarette an. Ein paar Gänge weiter trafen wir auf ein weiteres Kontrollkind.
"Entschuldigung - Sie dürfen hier nicht rauchen!"
Also mussten wir - damals anfang bis mitte 30 - in einer Schule auf die Toilette schleichen, damit uns die 15-jährigen Schüler nicht beim Rauchen erwischen. Ich fühle mich in der Zeit um Jahre zurückversetzt - nur dass damals die Lehrer hinter mir her waren. Und ich war der 15-jährige.
Wir fanden dann trotzdem noch eine begehbare Vorratskammer, in der es ein paar Flaschen süßen weißen Wein gab. Ein paar andere - etwas tolerantere Teenager - schauten ab und zu herein, ließen uns aber unermahnt gewähren.
Irgendwann hatten wir dann auch genug vom Wein und rauchen und schlichen zurück in unser Klassenzimmer. Als Decke nahm ich mir einen Pelzmantel aus dem Bühnenfundus und legt mich auf den kahlen Fußboden. Als Kopfkissen diente mir ein aufgeblasener Luftballon.
Irgendwann amnächsten Vormittag - ich schlief noch tief und fest und war natürlich verkatert bis zum geht nicht mehr - kam eine Horde 12-13jähriger Mädchen mit einem auf volle Lautstärke aufgerissenem Ghettoblaster bewaffnet, reingestürmt und die Rädelsführerin schrie:
"IHR MÜSST JETZT SOFORT AUFSTEHEN UND HIER RAUS. IN FÜNF MINUTEN SIND HIER LAUTER KLEINE KINDER ZUR BASTELSTUNDE"
....
Unser Schlagzeuger zu mir: weißt, was ich viel schräger finde? Dass dein Kopf noch genauso auf dem Luftballon liegt wie beim Einschlafen.
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Fisch sucht Fahrrad. 1996
Zu Zeiten, als es noch keine Singlebörsen im Internt gab, waren Fisch-sucht-Fahrradpartys der absolute Renner. Das waren so Kontaktpartys und es ging in erster Linie ums f****. ... Die Atmosphäre war immer dementsprechend - ich sage mal : aufgelockert.
Die Regeln habe ich nicht verstanden: Irgendwie kriegt jeder eine Nummer angeklebt und zwei Nummern passen dann zusammen oder so .. keine Ahnung.
Für so eine Party waren wir mit der Schlagerband engagiert worden. MItten im Sommer, Open-Air und es war sehr heiß. Obwohl wir keine Teilnehmer der Kontaktbörse waren, klebte mir irgendwer aus Spaß so eine Nummer ans Bein.
Vor der Bühne waberte eine ausgelassene Menschenmasse, knutschende frisch verkuppelte Paare und einige konnte ich sehen, die eine Kopulation zumindest simulierten.
Irgendwann - auf der Bühne - spürte ich ich einen entschiedenen Griff von unten in meinen Genitalbereich. Da hatte wohl jemand seine passende Gegennummer gefunden.
Ich sah herunter.
Es war ein Kerl.
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1. Wo ist der Bass? 1983
Eine Band aus Ghana hatte eine Platte aufgenommen, sich aber kurze Zeit nach der Veröffentlichung aufgelöst. Problem: durch das Management war die Band noch für zwei Gigs verpflichtet. Einen in der Uni HIldesheim für 1500 DM, einen in dieser fetten Großraum-Disko in Paderborn für 3000 DM plus Hotel.
Also wurde schnell irgendeine Band zusammengeschustert, die unter diesem Namen auftritt, damit der Vertrag erfüllt werden konnte. Ich war damals der Gitarrist. Es wurde ein Sänger aus der Karibik engagiert, der zwar eine schöne Stimme hatte, aber mit Tonarten und Texten nichts anzufangen wusste. Egal: wir hatten nur einen Probetermin, an dem irgendwelche bekannten Reggea-Cover-Nummern von Bob Marley lediglich kurz angespielt wurden.
Hildesheim war noch OK. Die Studenten waren genügsam und wollten nur ausdruckstanzen, denen reichte der Rhythmus. Es war ihnen egal, dass der Sänger keinen Ton traf und zu jedem Song den Text von "Hit the Road, Jack" sang (wobei: "schrie" trifft es besser). Das Ganze war eher eine Jam-Session. Jedes Lied zogen wir auf 10-20 Minuten.
Eine Woche später dann die Großraumdisko in Paderborn.
Problem: der Bassist besaß kein eigenes Instrument. Daher brachte der Keyboarder normalerweise seinen Bass mit. An diesem Abend aber wollte er ein pädagogisches Exempel statuieren und ließ sein Instrument zuhause: "Du hättest ja mal anrufen können, statt ganz selbstverständlich davon auszugehen .. usw".
Kurz und gut: jemand musste die knapp 300km fahren, um den Bass zu holen. Angekündigt waren wir für 23 Uhr. Es wurde später und später .. und später. Um ca. 2 Uhr morgens war immer noch kein Bass da und der Veranstalter jagte uns auf die Bühne. Wir jammten erstmal 10 Minuten mit Synthie-Bass.
Dann - oh Erlösung - kamen Bassist und Bass zu uns auf die Bühne.
Nütze aber nichts: das meiste Publikum war mittlerweile gegangen und der Rest begann zu ahnen, dass das, was sie sahen und hörten, nicht so wirkte wie eine ghanaische Band, die gerade eine Schallplatte veröffentlicht hatte.
Der Veranstalter gab uns nach vier Songs ein Zeichen, mal besser abzubrechen, bevor der Laden ganz leer wird.
Das Geilste war dann der übermotivierte DJ:
Das war die SUUPERBAND "Keine Namen" und ihr wollte doch ganz sicher eine ZUUUUGABE .....
Ich war etwas verwundert, da ich mich noch in dem Glauben befand, wir würden zwei Sets spielen.
Ein einzelnes, aber lautes "Zugabe" war tatsächlich vernehmbar: das war die Freundin des Managers.
Der Veranstalter gab uns die Hälfte der Gage und bat uns, ohne Hotelübernachtung ganz schnell zu verschwinden
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Düshorn in Schutt und Asche. 1987
Nur eine kurze Story. Auf einer Party in einem Tonstudio jammte ich mit zwei Freunden spontan ein bißchen auf einem Funk-Groove. Ich spielte Bass und rappte irgendwas dazu. Nicht festes. Einem anwesenden Gast, der einen netten Live-Schuppen ziemlich außerhalb in Düshorn betrieb, gefiel das sehr gut und er fragte, ob wir nicht bei ihm auftreten wollten. 1200 DM plus Freigetränke.
Wir sagten zu.
Wie bei der vorigen Story wurde schnell ein Programm und eine Besetzung aus dem Boden gestampft. Das erste Set bestand aus eigenen Sachen, das zweite war eine Art "Best of George Clinten / Parliament/ Funcaldelic". Dazu brachten wir zum Auftrittstermin eine ganze Busladung aus Gastmusikern und Publikum mit.
Der Abend war durchaus ein Erfolg. Ein lange Party und wir waren durchaus zufrieden.
Um zwei Ecken erfuhr ich dann aber, dass das unser letzter Auftritt in diesem Laden gewesen sein sollte. Der Veranstalter war äußerst betrübt: Neben den 1200 DM Gage konsumierte unser ganzer Clan Freigetränke für weitere 1400 DM. Zudem bekam er noch ein Anzeige wegen Ruhestörung - nicht nur wegen der ausufernd langen Party, sondern auch wegen unseres Abfahrtslärms.
Mir tat das im nachhinein sehr leid, weil der Veranstalter ein sehr netter und fairer Mann war. Es war vermutlich auch das letzte Mal, dass er einer Band unlimitierte Freigetränke zusagte.
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Der MP wünscht sich ein Lied. 1997
Auch wieder die Schlagerband. Aber ich hatte meinen Austritt angekündigt und dies war mein letzter Gig mit der Band. Wir spielten im Kuppelsaal auf dem von der NP (Neue Presse . eine lokale Tageszeitung) medial unterstützten "Ball der Werbung".
Vie Lokalprominenz aus Wirtschaft, Werbung, Medien und Politik. Gerhard Schröder - damals noch Ministerpräsident - trat erstmals nach der Scheidung von Hillu mit seiner neuen, jungen Frau "Dorris" in der Öffentlichkeit auf und jeder wusste bereist, dass er ehrgeizig und sehnsüchtig auf das Kanzleramt schielte. Als erster Akt spielten die schwergewichtigen "Weather Girls" (It's Raining Men), bei denen ich mich noch heute frage, mit wieviel Kränen und Lastaufzügen man die nach Hannover auf die Bühne geschifft hat.
Nach dem Gig war ich wieder in der Garderobe, hatte mich schnell meiner Schlaghosen, Perücke und Glitzhemd entledigt, sie verstaut und war selig, dass ich es hinter mir hatte.
Plötzlich kam ein sehr aufgeregter und nervöser Assistent heringestürmt.
ASSI: Ihr müsst unbedingt noch mal auf die Bühne ...
ICH: Wozu? DAs Programm ist durch und ich bin schon umgezogenl.
ASSI: Der MP wünscht sich was!! Der MP wünscht sich noch ein Lied
Ich hatte aber was anderes verstanden...
ICH: Wie bitte? Die NP (Neue Presse) wünscht sich was? Das ist mir doch egal ...
ASSI: Nein. Der MP - unser Ministerpräsident wünscht sich "Über sieben Brücken musst du geh'n"
Zur Info: Schröder wünschte sich damals IMMER dieses Lied - ob von den Scorpions oder sonst einer lokalen Band. Und kam dann gern mit auf die Bühne, um mitzusingen. Es war seine persönliche "Kampfhymne".
ICH: Ok. Gehe hin und sag dem Ministerpräsidenten, dass ich ihm was singen werde, was auf jeden Fall mit Wasser zu tun hat...
Ich betrat also die Bühne, Schröder und seine Dorris vor mir im Publikum und ich sang:
"Wennn ein Schiiiiiffff vorüüüberfährt - fährt mit ihm die Sehnsucht".
.. was sich aus jetziger Sicht ja als ebenso passende Hymne erwies.