Erfahrungsbericht Gitarrenauftragsfertigung in Fernost

  • Ersteller Corkonian
  • Erstellt am
Corkonian
Corkonian
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
15.08.19
Registriert
05.01.10
Beiträge
4.768
Kekse
17.313
Ort
Cork
Disclaimer:
Intenationale Geschaefte erfordern ein grosses Wissen ueber die Kultur der Partner und wer nicht weiss, was er will bekommt das, was er nicht will.
Der Versuch einer internationalen Bestellung kann durchaus mit dem Totalverlust des eingesetzten Geldes enden.
Ich lebe in einem "Entwicklungsland" in dem der Zoll nur stichprobenartig prueft oder Zoll erhebt und in dem der Zoellner keinen blassen Schimmer von CITES und sowas hat.
IANAL!
YMMV!

Einleitung:
Ich bin vollzeit Berufstaetig und habe noch Famile, dementsprechend ist meine Zeit beschraenkt und ich werde das hier wohl als Episodengeschichte erzaehlen muessen...

Die Globalisierung hat, so sagt man, auch ihre Vorteile. Manchmal jedenfalls. Ein Forenkollege in einem englischsprachigen Forum hat "seinen" Gitarrenbauer in Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon), Vietnam ueber den gruenen Klee gelobt und auch einige Videotest in seinem Youtube-Channel von diesen Gitarren produziert.
Dabei kamen diese Gitarren immer sehr gut weg und so stelle ich mir die Frage, ob ich nicht auch von der Globalisierung profitieren kann und eine Gitarre, mass- und handgefertigt fuer kleines Geld in Vietnam ordern kann.

Wer hier in Mitteleuropa (oder auf meiner kleinen Insel) zum Gitarrenbauer geht und fragt was eine gute Gitarre aus gutem Holz kostet, wird schnell feststellen, dass es bei vierstelligen Preisen anfaengt und dass man die Preise (und die Wartezeiten) beliebig in die Hoehe schrauben kann.
Dabei sind die Hoelzer nur ein Posten auf der Rechnung, der Lohnanteil aber ist der groesste Posten und der ist in Vietnam um einiges geringer. Das durchschnittliche Jahreseinkommen in Vietnam liegt bei ca, €1000. Im Jahr.
Kein Wunder also, wenn eine Gitarre in VN um einiges preiswerter kommt, als in Europa.
Handwerklich sind die Vietnamesen sehr gut und viele Markenhersteller lassen in VN produzieren, darunter auch hochpreisige Anbieter wie Baden Guitars.

Warum also nicht auch mal in Vietnam ordern?
Nun, ein Grund ist, dass die Vietnamesen hauptsaechlich Vietnamesisch sprechen, die (ganz) alten sprechen noch Franzoesisch, die (ganz) jungen Englisch, aber die in der Mitte sprechen ... Vietnamesisch.
Ein anderer Grund ist, dass die Gitarrenbauer in Vietnam gut im Nachbauen bestehender Gitarren sind und auch verschiedene Elemente gut kombinieren koennen, aber wirkliche Eigenentwicklungen kann man nicht erwarten. Wenn man ein Vorbild hat, koennte es klappen, hat man nur schwache Vorstellungen, dann geht es unweigerlich in die Hose.
Noch ein Grund ist: Vietnam ist weit weg und der Versand nach Europa kostet um die $250. Eine Ruecksendung ist aus wirtschaftlichen Gruenden nicht machbar. Man hat, was man hat.
Nicht zu verachten ist auch das Zollproblem. Der Gitarrennbauer in VN verbaut das, was er bekommen kann und kuemmert sich in der Regel nicht um CITES oder aehnliche Regularien. Bleibt die Gitarre im Zoll haengen, weil das Holz oder was auch immer vermeintlich auf der CITES-Liste steht, hat man Pech gehabt. Der Gitarrenbauer wird keine CITES Zertifikate ausstellen koennen - er hat ja selber wahrscheinlich keine.

Man muss also einiges bedenken und am Besten hat man jemanden vor Ort, der sich damit auskennt. Ich hatte das Glueck, einen guten Forumskollegen in Saigon zu haben, der mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden ist und ohne den es warscheinlich nicht geklappt haette. Danke Marcellis, auch wenn Du das hier nicht lesen kannst!

Nachdem also der Gedanke da war, sich mal eine Gitarre fertigen zu lassen, war die Frage: Was will ich? Martin-artige Gitarren habe ich zu genuege, aber eine Guild, ds waere schon was. So eine Guild D60... bis man dann mal schaut, was eine Westerly Guild D60 so kostet... Aua!
Also eine "Guild" soll es werden.
Von der D60 nehmen wir also die Decke und die Zargen, von der D50 den Boden und von der D55 den Hals und die Kopfplatte, fertig ist der Guild-Mix.
Die Decke wird aus Fichte, die Zargen, der Boden und der Hals aus geflammten Ahorn, das Griffbrett und der Sattel aus Ebenholz gebaut, das ganze mit ein bisschen Paua-Abalone und Perlmutt garniert, alles soweit wie es geht naturbelassen ... eigentlich ganz nett angedacht.

In Form gegssen, an den Gitarrenbauer gemailt, Hin- und heruebersetzt und ohne Marcellis vor Ort waere das nicht so schnell klar gekommen. Herausgekommen ist - bei Verwendung der feinsten verfuegbaren Hoelzer ein Preis von $600 fuer die Gitarre, plus Versand.
$600 - also €500 ist nicht die Welt und hier bekommt man gerade mal eine Yamaha FSX720 oder etwas vergleichbares "von der Stange", aber auf keinen Fall vollmassive Hoelzer und alles so, wie man es sich wuenscht.

Abgemacht waren auch Bilder vom Baufortschritt und mit einigen dieser Bilder moechte ich den ersten Teil meines Berichtes beshliessen:

headstock.jpg
Die Kopfplatte - Ebenholzfurnier ueber Ahorn

back.jpg
Der Boden. Gut zu erkennen der geflammte Ahorn und die Fraesnuten fuer das Binding

top.jpg
Die Decke. Man erkennt die Freaseungen fuer die Schallochverzierung und die feine Struktur der Fichtendecke. Nein, eigentlich erkennt man die Struktur nicht, denn die Decke ist feiner und gleichmaessiger gemasert als die Decke meiner Martin D40.

neck-rear.jpg
Korpusrueckseite und Hals.

Nachdem mich diese Fotos hoechst befriedigt haben, habe ich die Erlaubnis zum Weiterbau gegeben...
 
Eigenschaft
 
Zuletzt bearbeitet:
Prima geschrieben. Dann bin ich mal gespannt wie es weitergeht.:)
 
Ist das Holz eigentlich (trocken) abgelagert? Die Luftfeuchtigkeit ist dort ja wohl recht hoch...
 
Das Holz ist abgelagert, aber die meisten Instrumentenbauer da unten haben wohl kein Geld fuer eine flaechendeckende Kimatisierung ihrer Werkstaetten.
In meinem Falle ist das nicht ganz so kritisch, da Irland auch nicht gerade zu den Trockengebieten dieses Planeten gehoert und die rel. Feuchte hier im Sueden der Insel immer oberhalb 60-70% liegt, aber in Mitteleuropa wuerde ich einen guten Koffer nehmen und einen PlanetWaves oder aehnlichen Luftbefeuchter in den Koffer/in die Gitarre haengen, wenn nicht gespielt wird.
 
Der Tragoedie zweiter Teil...

Warum Tragoedie? Es war doch alles eitel Sonnenschein, oder?
Nun, es waere zu schoen gewesen, denn die Frage des Transports von VN nach IRL war noch zu beantworten.
Eine Anfrage bei UPS und DHL lokal hier auf der Insel ergab Traumpreise von ueber €1000. Das kann nicht sein, also auch das delegiert nach VN und nach 3 Tagen kam dann auch die Antwort: $220. OK.
Irgendwann muss man ja auch bezahlen und die Frage ist: wie?
Kreditkarte ist bequem von meiner Seite aus, aber der Gitarrenbauer in Vietnam hat nur ein Ritsch-Ratsch-Geraet und muss horrende Gebuehren bezahlen. Paypal hat er nicht, WesternUnion will ich nicht... also Auslandsueberweisung.
Drei Tage spaeter kommt die Mail mit den Kontodaten und ich bin am naechsten Tag zur Bank, das Geld ueberwiesen und...
auf einmal finde ich eine Mail in meines Postfach, in der der Gitarrenbauer in deutlich veraendertem Englisch (man beachte: die Vietnamesen sprechen/schreiben asiatisches Pidgin-Englisch) um Hilfe bittet, denn er sei in Madrid gestranded und man haette ihn beklaut und nun braeuchte er mal schnell €3500.
€3500? Madrid? Der Vietnamese? Komisches Englisch....??

ALAAAARM! Das kann nicht "mein" Gitarrenbauer sein, irgendwer hat da seinen Account gehackt und versucht jetzt in 419 Manier abzuzocken. Die Frage ist, wie lange hat der Nigerianer schon in der Leitung gehockt, sind meine und die Kontodaten des Gitarrenbauers kompromittiert?
... und in VN ist ein Feiertag. Keine Antwort auf meine Mails...

Langsam kriecht Panik hoch... Waren die Bankdaten echt oder auch 419?

Dann nach 3 Tagen die Erloesung, Geld ist da, Passwort ist geaendert, alles im gruenen Bereich.

Ausserdem ist die Gitarre fertig und es gibt die letzten Fotos:

DSC06064.JPG
Gitarre und Koffer

DSC06067.JPG
Griffbretteinlagen und der Paua-Abalone Ring um's Schalloch

DSC06071.JPG
Ein schoener Ruecken kann auch entzuecken...

DSC06074.JPG
Zargen und Hals

DSC06075.JPG
In aller Schoenheit...

Damit waere ja alles klar, oder?

Oder nicht, denn die Initialien auf der Kopfplatte (die ich hier aus privaten Gruenden nicht praesentiert habe) sind im falschen Font. Offensichtlich hat der Computer in Vietnam den Font nicht gefunden und durch Times New Roman ersetzt. OK, damit kann ich leben, eigentlich wollte ich ja was anderes, aber...
... aber sonst ist alles klar, oder?

Oder nicht, denn die Air Waybill Number, die der Gitarrenbauer zum Tracking mitgeteilt hat tracked nicht. Die neue Nummer trackt zwar, aber die Zieladresse stimmt nicht.
Anstelle von "Republic of Ireland" haben die Vietnamesen "Reijkjavik, Iceland" als Zieladresse eingetragen. Wie zum Henker...? Alsodie Spedition kontaktiert. Die sagen, die koennen von mir nix annehmen, der Versender muss das Ziel aendern. Also den Gitarrenbauer kontaktiert und zur Sicherheit auch den Forenkollegen...
Grosser Aufstand, klar ist nur: ist die Gitarre erstmal in Island unzustellbar gemeldet (und das geht schnell, weil es kein "Cork" in Island gibt), dann geht die unaufhaltbar zurueck nach VN.

Nach zwei hektischen Tagen hat's dann doch geklappt, in Leipzig wurde die Gitarre abgefangen und statt nach Is- nach Irland geschickt.

Und dann kam da noch der Zoll...
... denn mittlerweile war mir klar, dass Paua-Abalone auf der CITES-Liste steht. Zwar nur im Anhang II, aber....

Aber der Irische Zoll hat nur das Paket aufgerissen, nach Drogen untersucht und notduerftig mit Klebeband mit "ZOLL"-Aufschrift verklebt und wohl frustriert weil keine Drogen 'drin waren das Paket zollfrei:D freigeben.

Das Ganze hat von der Bestellung bis zur Auslieferung etwa 8 Wochen gebraucht und es war lehrreich.

Was lernt uns das:
1) Nimm NIE etwas als gegeben an. Wenn es nicht buchstabengetreu bestaetigt wird, dann stimmt es nicht. Nerv' bis alles stimmt!
2) Wenn man Schriftzuege in bestimmten Fonts haben will, dann besser als Bild als als DOC schicken, auch wenn das Gegenueber behauptet, lieber Word zu haben. Ausserdem gilt Regel 1!
3) Hoechste Vorsicht bei finanziellen Transaktionen. Bei mir ist alles glatt gegangen. Aber: Nix ueberweisen, wenn nicht zweimal die Richtigkeit der Angaben bestaetigt wurde. Am besten Mail UND Telefon. Ausserdem gilt Regel 1!
4) Das Konzept von Namen, Strassen, Hausnummern, Postleitzahlen (PLZ z.B. hamwer hier in Irland nich!), Staedten und Staaten mag fuer UNS natuerlich sein. Ist es das auch fuer einen Vietnamesen "vom Land"? Also Adressen und alles andere bestaetigen lassen. Siehe auch Regel 1!
5) Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser. Siehe auch Regel 1!

Was hab' ich nun tatsaechlich erhalten, wie klingt das Ding, wie spielt es sich und war es das ganze Wert?

Mehr im dritten Teil!
 
Bin schon gespannt : )
 
Hallo Corkonian

Jetzt will ich auch wissen wie es weitergeht, hab in Fernost auch schon lustige Sachen erlebt.
Da läuft vieles anders als bei uns in Europa. Nicht besser,schlechter.....anders.
Hat aber nichts mit Gitarre zu tun.

Gruß TOM
 
Um Dinge zu erleben, die nicht besser, nicht schlechter, sondern nur anders laufen, musst Du nicht nach SEA gehen, 1000 Meilen Nordwest reichen. Hier auf meiner kleinen Insel am Rande Europas sind die Dinge ziemlich anders. Dass die Spache und das Alphabet bekannt vorklmmen ist nur ein Verschleierungseffekt...

Aber Du hast Recht, in VN laufen die Dinge wohl noch ganz, ganz anders ab. Ich werde es ja hoffentlich nextes Jahr sehen, denn diese Episode hat mich auch dazu bewogen, mich ueber das moderne Vietnam schlauer zu machen. Fuer uns aus dem Westen faengt VN ja irgendwie mit den Franzosen an - meist am Ende der franzoesischen Herrschaft und mit Dien-Bien-Phu und hoert irgendwie 1975 mit dem Verlust Saigons und der Raeumung der US-Botschaft auf.
Dabei hat das Land eine viel, viel aeltere Geschichte und auch nach der Oeffnung ist viel passiert. Ich will's mir auf jeden Fall mal ansehen.
Und vielleicht eine Gitarre mitbringen:gruebel::D
 
Okay, dann war es endlich soweit.
Der gelbe Van von DHL steht vor der Einfahrt und ich ... ich sitze im Buero.
Gluecklicherweise ist aber meine Lebensgefaehrtin zu Hause und nimmt das Paket entgegen. DHL hat hier auf der Insel eine SMS Benachrichtigungsoption und kaum 2 Minuten nachdem sie das Paket in den Flur gestellt hat, laeuft bei mir die SMS auf und ich bin natuerlich sofort am Teleon um den Zustand des Paketes abzuklaeren.
Da habe ich natuerlich erstmal vom schlechten Zustand der Umverpackung erfahren, aber auch gehoert, dass der Koffer im inneren wohl unbeschaedigt ist... hoffentlich.

Natuerlich passiert an diesem Tag auch noch genug Sch... so dass ich - natuerlich - noch eine Ueberstunde abreissen muss, bevor ich nach Hause komme.

Zu Hause erwartet mich erst mal meine etwas angesaeuerte Partnerin, die sagt "Was brauchst Du NOCH EINE Gitarre?" - Ich sage, dass das mein Geburtstagsgeschenk sei und dass die Gitarre mit der abgebrochenen Kopfplatte nicht wirtschaftlich zu reparieren sei und dass die nicht mehr vom Gitarrenbauer zurueck kaeme. Da konnte Sie natuerlich nix mehr sagen.
Naja, meine Partnerin ist der Meinung eine Gitarre im Haus sind schon zwei zuviel... deswegen haben wir einen Deal, ich darf so viele Gitarren haben, wie in den Wandschrank passen. Kreative Stauarbeit und zur Zeit bin ich bei 10 ;-)

Aber zurueck zur blonden Vietnamesin...

Der Koffer wird aus den Pappkartonresten geschaelt und erstmal auf Beschaedigungen untersucht. Der Zoll hat wohl das Paket mit einem Kugelschreiber aufgerissen, denn es it ein blauer Strich an einer Kofferkante. Wenigstens haben sie kein Messer genommen...

Dann die drei Schoesser aufschnappen lassen und erstmal den Koffer vorsichtig aufmachen. Kommt mir eine Splitterwolke entgegen? Nein, erfreulicherweise nicht, alles scheint so weit, so gut zu sein.
Hmm... hell sieht sie aus. Etwas sehr blond. Ich haette sie mir eigentlich etwas dunkler gewuenscht. Aber dunkler wird sie wohl mit der Zeit von allein. Haben die die Decke etwa deckend lackiert oder.... nein, die Maserung ist so eng und das Holz so hell, dass es aussieht, als waere es eine uniforme Flaeche. Geht man naeher 'ran sieht man, dass es gaaaaaaanz feine ... ja, was sagt man dazu? Jahresringe sind's ja nicht, das Holz ist ja Quartersawn... Jahresstreifen sind. Da muss ich wohl Makroaufnahmen machen und dazu brauche ich Tageslicht... Saiten sind 'drauf, allerdings schlabbern die so 'rum, oder? Einmal ueber die Schlabbersaiten gestrichen und ... normalerweise klingen schlabberweiche Saiten ja nicht. Normalerweise, aber das ist nicht normal. Die Saiten schlabbern sichtbar hin und her und die Gitarre produziert einen Klang? :weird: Wo kommt der denn her?
Vorsichtig aus dem spack sitzenden Koffer geholt und erstmal eingehend inspiziert.
Sattel und Stegeinlage sind aus Knochen, sauber gearbeitet und optisch tadellos. Normalerweise verwenden die Asiaten gern viereckige Saettel und fraesen/saegen die Nuten fuer die Saiten in der benoetigten Tiefe und Breite ein. Der Sattel hier ist aber sauber geformt und die Saiten liegen nicht im Sattel sondern knapp zur Haelfte auf dem Sattel. So sollre es normalerweise sein. Die Einlegearbeiten auf dem Griffbrett und auf der Kopfplatte sind offensichtlich CNC, das ist ZU sauber, als das es handgearbeitet sein koennte. Aber das hat der Gitarrenbauer ja auch gesagt, elaborierte Perlmuttarbeit laesst er lieber machen... Der Paua-Abalone-Ring um's Schalloch kommt super gut, richtig schoen blau - ich liebe es. Die beiden Kontrastringe sind ein wenig zu weit vom Abalonering weg, ich haette das beim lokalen Gitarrenbauer anders gehabt, genau wie das Binding auf der Rueckseite, aber das sind nur klitzekleine Schoenheitsfehler.

Dummerweise ist es schon zu spaet, also stimme ich die schlappen Saiten aus VN erstmal auf Konzertstimmung und lausche auf verdaechtige Geraeusche... nix, kein Krachen im Gebaelk, der in modifizierter V-Form gefertigte Hals scheint auch zu passen (Gut, dass ich hier Marcellis vertraut habe, ich wollte eigentlich ein Martin modified Oval haben, Marcellis sagte, sein modified V sei besser und ich hab's gewagt, obwohl ich V sonst hasse) also zurueck in den Koffer und auf in den Pub...

Und da habe ich erst gemerkt, wie LAUT diese Gitarre wirklich ist. Mit meinen anderen Gitarren konnte ich mich bei all den Fiedeln, Geigen, Akkordeons, Floeten, Banjos, Bouzoukis ... selber nicht hoeren, aber hier sagt sogar der Geigenspieler zwei Plaetze weiter, dass diese Gitarre ja unwahrscheinlich gut klaenge und wo ich die den herhaette und so musste ich Teil 1 und 2 im Pub noch mal zum Besten geben.

Nach ein paar Tagen und einem neuen Satz Saiten (Martin Maquis light 0.11 - 0.53 , was anderes passendes hatte ich nicht in der Schublade) kann ich nur eines sagen:
Ich hatte ja Ahorn gewaehlt, weil ich einen kraeftigen Anschlag wollte und ich glaubte mit Sustainverlust fuer den Anschlag bezahlen zu muessen. Dem ist aber nicht so. Diese Gitarre hat sowohl Attack als auch Sustain und etwas lauter gespielt kommt das ganze Instrument zum leben, anders kann ich das nicht beschreiben, die Schwingungen gehen nicht nur von der Decke aus, sondern explodieren von der ganzen Gitarre geradezu in den Raum hinein. Die Energie dazu kann doch unmoeglich nur von den Saiten kommen, das Ding ist sowohl lauter als auch sustainiger als alles andere in meiner Sammlung??? Irgendwo ist da bestimmt eine Batterie und ein Verstaerker drin!

Also, mein Fazit ist, dass wenn man die richtigen Partner hat, wenn man ein bisschen Glueck hat, wenn man gewillt ist aufzupassen wie ein Schiesshund und wenn man mutig genug ist, dann ... ja dann kann man durchaus fuer kleines Geld eine Gitarre gebaut bekommen, die woanders erheblich mehr kosten wuerde.

Allerdings:
Ohne Raum- oder Kofferbefeuchter und Hygrometer wuerde ich mir in Mitteleuropa so eine Gitarre nicht zulegen.
Aber weil ich hier das Problem nicht habe gehen jetzt zwei oder drei meiner Gitarren ueber den Tisch - ich verkaufe eine Takamine EG440SC, eine Ovation Applause AE28 und wahrscheinlich eine Yamaha FG730S - wobei die Yammie wohl nur dann weggeht, wen's muss... um mir eine andere Klampfe in VN bauen zu lassen, diesmal bin ich auf eine Gibson SJ-200 ohne den grauslichen Gibson-Bling und ohne diese schroeckliche Bruecke aus....:gruebel:

Bilder und Klanbeispiele kann ich leider fruehestens Samstag oder Sonntag anfertigen, denn wenn ich nach Hause komme ist es schon zu dunkel zum fotografieren und ich bin zu muede zum sauberen Gitarre spielen...

Daher gibt's noch einen Teil 4!
 
sehr gespannt auf Bilder und Klangbeispiele wartend.
Bewertung ist so und so schon raus :)
 
Kurz drei Handybilder von der Decke rund um das Schalloch. Sitka ist DAS nicht, bei der Maserung denke ich eher an Engelmann, oder was sagen die Hozsachverstaendigen hier?
Am WE gibt's dann echte Makrofotos, weil ohne Makro geht da gar nix. Auf den Handyfotos ist das Cross-Silking in der Maserung ja deutlicher zu sehen als die Maserung selber...
P101014_173242.jpg P101014_172633.jpg P101014_173313.jpg
 
Engelmann denke ich eher nicht. Zumindest die, die ich gesehen habe (und eine hab ich selbst) waren eher noch gröber bzw. deutlicher gemasert als Sitka.

Meine sehen im Vergleich ziemlich so aus wie hier bei den Beispielfotos von Thomann:
https://www.thomann.de/de/onlineexpert_61_5.html


Bei Sitka (aber auch bei Europäischer Fichte) kann es aber durchaus vorkommen, dass die "Ringe" so hell sind, dass sie sich kaum absetzen:
http://www.breedlove-guitars.de/uploads/pics/D5A46470505F5C18C12576B90055E49A_Sitka_Spruce.jpg
 
Nun, die Ringe sind hell und fein.Ich glaub' ohne digitale Bildverschlimmbesserung geht da wenig...
 
Ich liebe das Holz!

Und ich liebe helle Gitarren, vorallem so extrem helle.
Ich beneide dich, für so wenig Geld hast du echt was bekommen, auch wenn ein dicker Batzen Risiko dabei war!
 
Tja, die Teenagertochter meiner Lebensgefaehrtin hat ein Rudel Teeniemaedelz zum "sleepover" hier, als wird es nix mit dem Aufnehmen von ein paar Toenen. Eigentlich wollte ich die Vietnamesin gegen eine Martin D-35 und eine Yamaha FG730S antreten lassen, aber das wird erstmal nix.

Aber immerhinke wad die Sonne draussen und ich konnte ein paar Makroshots machen.

DSCF0038.JPG
Ist das nicht ein wunderbares Holz? Die Maserung ist fein und gerade. Ich habe selten so schoen gerade feine Fichte gesehen. Sogar noch ein klein bisschen besser als bei der Martin D35

DSCF0037.JPG
Leider gibt es ein bisschen Runout. Ganz laesst es sich nicht vermeiden und wenn man das Holz abtoent, kann man da viel egalisieren. Aber ich wollte ja 100% Natur und so muss ich mit dem Runout leben.

DSCF0041.JPG
Die Sonne stoert, aber ich brauche viel LIcht fuer die Makroaufnahme. Ich liebe diese Paua-Abalone und das helle, fein gemaserte Holz. Ich haette die Ringe lieber etwas enger zusammen gehabt, aber...

DSCF0043.JPG
Ebenholzgriffbrett - schwarz wie die Nacht und sanft zu den Fingern. Spielt sich wie Butter. Ist NICHT gefaerbt, denn beim Abwischen beim Saitenwechsel gab's keine schwarzen Finger.

DSCF0044.JPG
Ebenholzbruecke und Knochensattel - handgefertigt. Die DIngs an der tiefen E habe ich eingebracht beim Wechsel der Saite... ich mach' mir nicht ins Hemd, das ist eine Pubgitarre...
Aber die Saitenendpins sind auch schoen, oder? Die Einlagen an der Seite vom Hals (Punkte an 3,5,7,9,12,15,17) sind aus dem gleichen Material.

DSCF0047.JPG
Das versteht man in Vietnam unter "furnierte Kopfplatte". Furnier ist in meinem Buch etwas viel duenner...

DSCF0046.JPG DSCF0045.JPG
Und so sieht ungebeizter Flammenahorn aus. Der wird aber - genau wie die Decke - mit den Jahren noch schoen eindunkeln und noch viel, viel schoener werden.

Ein Klangvergleich mit einer Martin D-35 und einer Yamaha FG730S wird folgen, sobald ich etwas Ruhe im Haus habe.
 
Nochwas und gleichzeitig eine Frage an die anwesenden Gitarrenbauer - so die hier mitlesen...

Mir ist ein Plektrum in die Gitarre gefallen, also hab' ich das Ding mal geschuettelt und reingeschaut..
Die Back Braces, also die Tone Bars .... wie heissen die auf deutsch? Bin schon zu lange weg .... Sind bei der Gitarre alle unterschiedlich. Die erste Brace ist sehr schmal und sehr hoch und dann werden die Bracings am Boden immer niedriger und breiter, die letzte scheint eher quadratisch im Profil zu sein. Sowas hab' ich bei "rezenten" Gitarren noch nie gesehen, ich kann mich nur an uralte "Ladder Braced" Stella, Harmony oder andere Sears&Roebuck Gitarren aus den USA erinnern, wo man das mit dem Deckenbracing gemacht hat ... Aber das ist Vorkrieg...
 
Das ist eigentlich garnicht so unüblich, kann natürlich sein, dass es bei deiner sehr ausgeprägt ist.

In meinem Gitarrenbauerbuch werden als Richtlinine bei Steelstrings für die vorderste Leiste eine Höhe von 5/8" und eine Breite von 5/16" angegeben, für die Hinterste eine Höhe von 1/2" und eine Breite von 3/4". Passt also schon ins Bild, die erste schmäler und höher, die letzte breiter und niedriger.
 
Nun, die letzte Gitarre bei der ich bewusst 'reingeschaut habe wae eine Ovation. Da is ja nix mit Bodenleisten. Aber die Teeniemaedchen sind immer noch hier - gehen morhen gemeinsam zur Schule. Zur Zeit haben die ein Justin Bieber "Konzert" auf dem Schirm im Wohnzimmer. Erschroecklich. Dagegen waren die Teens damals ja noch Musiker. Aber die Kids stehen drauf. Hannah Montana, Justin Bieber, irgendwelche Vampirgeschichten.... Ich glaub' ich werde so langsam alt.
 
Keine Angst, dasselbe Gefühl kenn ich mit 22 auch nur zu gut. Bez. Bieber und Konsorten sowieso und ich hatte inseltechnisch auch einen leichten Kulturschock bez. der Party"kultur". Bin grade in Wales (Swansea) für ein Auslandssemester. Schon krass, wie da an Freitag- und Samstagabenden Massen an (möglicherweise grade Ü16/18) halbbekleideten Teens irgendwoher strömen und schon um 9 min. 3 Promille haben. Und insebsondere bei den Mädels bewundere ich sowohl das Schamgefühl und die Wetterfestigkeit. Ein Stück Stoff bei Temperaturen teilweise nahe 0 ist schon nicht schlecht. :D

Nun gut, entschuldige mich aber für 120%igen Off-Topic-Trash-Talk. Jetzt wieder Inhaltliches :redface:
 
Ok, in UK ist das noch extremer als auf der kleinen gruenen Insel nebenan.
Dafuer sind die Klampfen hier teurer.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben