x-Riff
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Lieber Jongleur,Lieber @x-Riff, deiner Analyse würde ich gern vorbehaltlos zustimmen Aber ich habe einen
kleinen, nicht unwesentlichen Einwand, bezogen auf folgendes Zitat:
die Sendung bezieht sich eigentlich mehr auf folgendes Zitat eines dänischen Musikwissenschafters:
Diese These bezieht sich also eigentlich garnicht auf die Gliederung in //S/Bridge/R/Cteil// sondern auf den formal sehr ähnlichen Inhalt all dieser Songteile.
Und diese Veränderung stelle ich auch fest!!
das Zitat des Musikwissenschaftlers ist:
"Es ist im Grunde das Ende der Strophe, weil gewissermaßen alles nur noch Refrain ist. Alles ist hyper-erinnerbar und unglaublich markant."
Und genau dafür ist der song, der als Beleg dienen soll, einfach kein Beleg. Die Strophen sind weder formal noch inhaltlich wie der Refrain, noch besteht er aus hooks, die hyper-erinnerbar und unglaublich markant sind. Das kann man sich einfach vor Augen führen, indem man den song hört und sich die lyrics anschaut, was ich eben einfach mal gemacht habe.
Das ist prinzipiell ja vielleicht auch gar nicht so schlimm, mag man denken - wenn doch das große Ganze, das gemeint ist, stimmt. (Jetzt mal alle mit den Köpfen nicken. Danke.)
Stimmt aber eben nur höchstens halb.
Denn es ist ein Beispiel für die verbreitete Sitte, mal einfach was rauszuhauen, wo dann alle Köpfe nicken, anstatt genau hinzuschauen und zu versuchen, sich den Dingen adäquat zu nähern. Das ist einfach schlechter Journalismus. Und nichts weiter.
Und dieses nicht genau Hinschauen ist im Grunde eine Weigerung, sich auf das Thema und die These wirklich einzulassen und lieber zu einem gemeint-gefühlten großen Ganzen überzugehen, weil in jeder gut gerührten Suppe mit vielen Zutaten finden mit Sicherheit halt viele Leute irgendwas, was sie bestätigen können und auch finden bzw. immer schon mal gesagt haben wollten. Hilft halt nur nicht weiter, wenn man tatsächlich Interesse an Thema und These hat. Natürlich trifft die These auch etwas, das stimmt. Aber dann kommt halt der ganze Rumms mit Bausch und Bogen und dann stimmts eben nicht mehr.
Aber halt: Jetzt, wo ich nachdenke, finde ich es irgendwie jetzt auch und finde Belege ohne Ende wie alles nur noch aus hooklines besteht wie in diesem aktuellen song:
Oder dieser hier - eine hookline nach der anderen:
Gar nicht zu sprechen von dieser hochaktuellen Nummer mit einer einprägsamen Zeile nach der anderen:
Lieber Jongleur,
natürlich geraten wir hier in die verführerischen Sogwellen einer höchst feinen Polemik. Die eben dazu dient, über das gezielte Hin und Her darauf zu kommen, worum es eigentlich geht.
Jenseits von dem beliebten Gebashe, dass früher alles besser war. War es nicht. Ich war dabei. Das meiste ist romantische Verklärung. Pop war damals Pop wie er heute Pop ist und bedient das Eingängige. Und das Eingängige ist eben eine Mischung aus Gewohntem mit einer klitzekleinen Beimischung von Überraschung und massenhaft Zeitgeist.
Und jenseits so eingängiger Vorgehensweisen wie unsaubere Vergleiche. Etwa, indem ich schlechte Texte heute gängiger songs und Genres wie unter anderem Rap mit den Ausnahmeperlen früherer gängiger Poptexte vergleiche, um dann - Hase aus dem Hut - mit allen anderen gemeinsam zu finden, dass die Qualität der songtexte heute unter jeder Sau ist.
Heißt: Der Text steht beim Rap im Vordergrund, die Musik ist loopartig.Und diese Veränderung stelle ich auch fest!! Ein guter Rapptext ist voller Hocks und Punchlines! Denn die Beats sind meistens keine sich dramaturgisch steigernde Strophen mehr, sondern ähneln eher monotonen Riffs oder kurzen Musikmotiven. Der Beat lullt mit seinen scheinbar ewigen Wiederholungen eher ein und schafft damit zusätzlichen Raum zum Hören und Reflektieren.
So wie diese hier:
Natürlich bekenne ich freimütig, jetzt auch argumentativ zu tricksen. Denn Du hast ja nicht behauptet, dass nur im guten Rap gute Texte mit einem Beat gekoppelt sind, der meistens keine dramaturgisch sich steigernden Strophen mehr kennt, sondern eher aus monotonen Riffs oder kurzen Musikmotiven besteht, die gerade deshalb Raum zum Hören und Reflektieren lassen.
Hast Du nicht behauptet. Aber zumindest der journalistische Text, der am Anfang dieses threads steht, zielt ja eben genau darauf ab, indem er suggeriert, dass es sich um einen ganz neuen Trend handelt, der um sich greift und alles andere auslöschen wird.
Und genau das halte ich erstens für kalten Kaffee und zweitens für Quatsch. Und das passt drittens dazu, dass der Belegsong, der dazu dienen soll, zu belegen, dass die Strophen nur noch aus hooks bestehen, genau das nicht zeigt. Jedenfalls nicht mehr als Popsongs aus den 60er, 70er und 80er Jahren, die genau das eben auch schon massenhaft belieferten.
Aber worum geht es dann?
Darum, dass das Zeitgeistige am Rap folgendes ist?
Genau wie im Punk!Und diese Veränderung stelle ich auch fest!! Ein guter Rapptext ist voller Hocks und Punchlines! Denn die Beats sind meistens keine sich dramaturgisch steigernde Strophen mehr, sondern ähneln eher monotonen Riffs oder kurzen Musikmotiven. Der Beat lullt mit seinen scheinbar ewigen Wiederholungen eher ein und schafft damit zusätzlichen Raum zum Hören und Reflektieren.
Somit waren plötzlich genügend Komfortzonen da für die musiktheoretisch uninteressierten Straßen-Kids, ihre Träume und Spannungen heraus zu spiten, wie es ihre Gefühle, Rhythmen und Reime spontan diktieren. Dieser gekonnte „Dilettantismus“ eroberte bald den gesamten Pop. Und fasziniert auch mich noch immer! Denn er machte endlich Schluss mit der romantischen Nachkriegsstimmung und ihrer Fortsetzung im Edelpop.
Wer kein Geld für Instrumente und Lehrer hat, der reimt und spuckt wenigstens Liebe und Hass für lau!
Und genau wie zwanzig, dreißig Jahre zuvor Garagenrock und flowerpower!
Und fünfzig bis hundert Jahre zuvor Folk und Blues und country!
Lieber Jongleur,
natürlich geht es mir in diesen polemischen Repliken darum, dem näher zu kommen, was die neue Entwicklung im Pop zeigt. Denn dass zeitgenössische Musik etwas über den Zeitgeist sagt, davon gehe auch ich aus. Aber was zeigt sie? Und was ist tatsächlich neu?
Da hilft nur das genau Hinschauen und der Vergleich mit dem, was es jenseits der Pop-Musik noch so weiter gibt und der Vergleich mit dem, was es früher schon gab.
Und da ist mir der im Eingangsthread verwiesene Text mit seiner angerührten Suppe aus dem Verschwinden des Refrain, der angeblich überbordenden Konzentration auf hooks und der immer wieder angeführten Eintönigkeit der Musik, die ja so eklatant zugenommen zu haben scheint, einfach zu dünn und insgesamt nicht nur verwässert, sondern insgesamt nicht zielführend.
Zum Schluss noch ein unschlagbarer Beleg für die heutzutage so zugenommen habende Kombination aus thematisch einfach gestrickter, loopartiger Musik und einem Text, der gänzlich auf einen Refrain verzichtet und nur aus Hooklines bestehen und der keine Geschichte mehr erzählen mag und was weiß ich noch alles:
Herzliche Grüße
x-Riff
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