Wenn du den Approach von Mozart im Griff hast. Cool!
Dann gibts ja noch Beethovens Skizzenbücher als andere Herangehensweise.
Warnung: Ich werde bisschen abschweifen...Meine Antwort war mehr auf spontane Ideen oder neue Instrumente bezogen, die auch das Werk als Gesamtes verändern können - und die hat doch fast jeder, nicht? Cool, ein neuer Shaker eingespielt...hmm, jetzt ändere ich jedoch die Hihat auf Achtel...Cool, ein Synthbass addiert. Damn, jetzt ist die durchgehende 4 to the floor BD einfach zu viel, ich nehme BD Schläge auf 2 und 4 raus und den Bass-Slide auf dem E-Bass passt hier auch nicht mehr usw.
Ob man alles neu Einspielen soll, wenn man einfach etwas addiert, das von der Harmonie und alles mögliche perfekt passt, kommt es wohl auf die Umstände darauf an, unter welchen man die anderen Spuren aufgenommen hat. Beim Ideen sammeln/Songwriting bin ich z.B. Sound-technisch und auch vom Mikrotiming her massiv weniger zickig als in der Produktion. Schon alleine, weil ich das Zeugs eh möglicherweise wieder verwerf...oder den Song schneller mach, oder höher, oder was auch immer.
Hat man jedoch die anderen Spuren schon unter seinem maximalen Können eingespielt, lohnt es sich ein erneutes einspielen aus musikalischer Sicht wohl nicht...Ausser man fragt einen befreundeten guten Musiker.
Ich finde, es gibt während dem Recording nichts was mehr nervt, als zu merken, dass man kein fertiges Arrangment hat. "Ach, das geht dann schon. Ich weiss, was ich will, das kommt schon gut..."..gehts eben bei vielen Amateuren meiner Erfahrung nach eben nicht. Und sie sind dann geschockt und beleidigt, wenn man sagt...Hey, das klingt aber nicht toll...Und dann kommen manche mit: Aber im Mix isses dann schon toll...oder ev. nach dem Mastering? Oder ehrlicher: Hat man einfach in der Preproduction versagt? IMO ist die Preproduction mit Abstand der wichtigste Schritt in einer guten Produktion. Und wenn man Interviews mit anderen Produzenten usw. glauben kann, bin ich da glaub ich nicht 100% alleine...
Neue Instrumente einbinden gehört für mich eben noch in die Phase des Arrangierens, da ein neues Element das ganze Songfeeling ändern kann.
Ich habe nicht gesagt (oder sagen wollen), dass man alles obligat neu einspielen muss. Das ist ja der Punkt:
DU musst HÖREN, ob das Arrangment noch funktioniert. Das ist für mich analog zum Mischen eines Songs: Nimmst du die Overhead herunter, musst du ev. die Hihat lauter drehen. Plötzlich ist die Kick im Gesamtverhältniss zu laut...gegenseitiges auskorrigieren. Wenn die BD durch die OH-Volumen-Korrektur nicht zu laut erscheint im Verhältnis zum Gesamt-Drumsound, macht man diese ja aus Prinzip auch nicht leiser, nur weil man die OH's leiser gemacht hat. Ev. passts ja noch, oder sogar noch besser. Hast du ein neues Element im Arrangment hinzugefügt, musst du halt eventuell ein anderes ändern, um Platz zu schaffen oder ähnliches.
Von einspielen, dass etwas halt einfach neu eingespielt ist, macht definitiv keinen Sinn. Wenn es zusammen scheisse klingt, macht es ebenfalls keinen Sinn, etwas nicht neu einzuspielen, respektive den andern Part einfach zu löschen.
Wenn du auch denkst, wow, dieser Gitarrensound ist doch geil, dann kann man den natürlich auch für die Produktion verwenden. Auch Vocal-Takes aus dem Songwritingprozess sind manchmal erstaunlich cool.
Während dem definitiven Recording aber plötzlich wieder am Arrangment herumschrauben, würde ich nicht. Damit mein ich jedoch nicht, mal einen Kreativitäts-Take zu machen. Soll ja eine kreative Sache bleiben.
Beim definitiven Recording will ich mich jedoch zu 100% auf den Sound und die Performance konzentrieren. Wie schon gesagt, merkt man: wow, dieser Bass ist geeeeil...Wäre es ja dumm, einfach alibi-mässig einfach nen neuen Bass einzuspielen.
Wie teilst du andern Musikern denn mit, was sie spielen sollen? Notenpapier (was ja ähnlich ist wie das DAW-Projekt)? Ihnen vorspielen (ist ja ähnlich wie was aus der DAW abspielen)? Lässt du sie einfach selber was dazuspielen (Arrangment noch nicht 100% gefixt)? Ich finde es halt sehr bequem, einem Studiogitarristen/Bandkollegen schonmal meine Lead-Gitarre (die ich als Songwriter eingespielt habe) auf Dropbox zu laden. In der Preproduction kann ich dann auch noch auf die Wünsche meines Gitarristen eingehen - in der Produktion will ich produzieren und nicht diskutieren.
Oder spielst du alles 100% alleine? Dann geht das wohl.
Ich persönliche mache das immer bisschen anders: Manche Songs beginne ich bei den Drums und baue brav auf. Manche Songs entstehen auf der A-Gitarre mit einer Sängerin/Sänger. Manchmal singe ich selber dazu. Z.T. fallen sie einfach ein. Manche entstehen beim Jamen. Manchmal schreib im während dem Joggen. Und amüsierst alle andern Jogger, weil du immer die gleiche Melodie vor dich hinsummst, weil du sie nicht vergessen willst. ^^
Ich habe schon neue Rhythmen entworfen, in dem ich mir 16 16tel auf den Boden gezeichnet hab, und dann mit blinden Augen einen Stein auf den Boden geworfen hab und diese Note, wo der Stein zu liegen kam, dann gelöscht, respektive mit einer anderen verbunden hab. Oder diesen Ton um eine Quint erhöht. Spielerei, klingt meistens scheisse. Kann aber ganz lustig oder sogar fruchtbar werden. Aber auch gefährlich, wenn man fast den Dackel des Nachbarn trifft...

Aber jetzt drift ich total ab...
BTT:
Das Ganze ist sehr von den Umständen abhängig:
- Schreibst du nur für dich oder auch für andere? Oder macht ihr Co-Writing? Leute die sagen, hey, schick mir mal dein Projekt rüber...Im Mozart-Film hat er ja gesagt: "Ist alles hier drin" - und hat auf seinen Kopf gezeigt.

. Beeindruckend. Ist für Co-Songwriter oder Bandkollegen einfach z.T. nicht so hilfreich.
- Wenn mir eine Sängerin sagt "hey, ich will auch mal einen Song in diesem Stil" muss ich persönlich z.t. bisschen ausprobieren, wie man ein gewisses Feeling erzeugt hat. Das können simple Sachen sein. Wieso hat dieser Song einen solchen Drive? Oder so. Eventuell mal ein Hip-Hop-Beat?
- Schreibt man wirklich nur das, was man selber will? Dann ist das im Kopf wohl einfach. Oder will man einen coolen Song aus der Sicht seiner Sängerin schreiben?
- Bewegt man sich nur in der Comfort-Zone seiner Musiktheorie oder seines Könnens auf dem Instrument? Oder muss man die Comfort-Zone verlassen, weil es verlangt wird? Manche spielen ja immer total das gleiche...
- Was für einen Stil machst du? Dr. Luke arbeitet wohl ganz anders als Ed Sheeran oder als ein Jazzer. Singer-Songwriter zusammensetzen...das fühlt sich einfach falsch an

. Ich versuche für mich, mein Vorgehen immer bisschen dem Stil anzupassen.
- Gehts um Pop-Arrangments oder Country Arrangment mit z.b. 8-10 Gitarren, wenn du das alles im Kopf kannst. Respekt. Mit Strings, Piano und allem. Oder ein kleines Arrangment wie Singer-Songwriter? Hast du einfach 1x Drums, 1x Bass, 1x Gitarre, 1x Vocals? Das können wohl viele im Kopf.
- Wie arbeitet man selber am besten? Das ist ja alles sehr individuell.
- Wie oft kann man am Song arbeiten? 5x pro woche 30 minuten? Oder 2 Tage am Stück full-time? Wenn man z.t. von der Arbeit spät nach hause kommt, ist es halt cool, wenn man da noch schnell ne Lead-Gitarre arrangieren kann, den Song aber schon "greifbar" vor sich hat.
- Ich persönlich arbeite gerne mal an einem Song - hab dann keine Lust mehr darauf, speichere das Projekt, kann aber jederzeit am alten Standpunkt weiterfahren. Wenn ich für eine Sängerin einen Offbeat-Summersong schreiben muss, ich aber momentan total nicht in Stimmung bin. Habe noch keine Brain-Backup-Function entdeckt, leider. Gabs da nicht bei Harry Potter sowas?

- Hat man viele Songs parallel? Hat man momentan gerade 7 Songs im Writing, 5 in Produktion, 3 im Mix...
WICHTIG:
Das Ganze stellt natürlich null Kritik an irgendeiner Arbeitsweise oder Meinung dar, sondern stellt nur meine eigene Erfahrung dar. Das ist ja das Tolle in der Musikwelt. Man wird am Resultat beurteilt und nicht am Weg. Nicht daran, welchen Preamp man verwendet hat oder wie lange man E-Gitarren arrangiert hat oder ob man Audio-Kabel mit einer Laufrichtung verwendet hat. Oder bezahlbare.
BTW: Das mit der visuellen Komponente versteh ich nicht

. Ich beurteil den Song ja nicht anhand der Spurlänge, den Wellenformen oder - mein Fav - den Spurfarben.
Soooooo, ich hab die Anzahl Zeichen fürs MB für diesen Monat wohl verbraucht.