Ich kann auch (heute) nicht (mehr) nachvollziehen, warum um diese "diskret"-Geschichte so ein Hype gemacht wird. Das ist 2015 in den allermeisten Fällen kein Vorteil mehr.
Diese Geschichte stammt ja aus der Frühzeit der Hifi-Norm 45000 in den 60er/70er Jahren, als auch die ersten erschwinglichen ICs aufkamen und die Bauteile (sowohl ICs als auch die Einzelteile) alle Toleranzen jenseits von gut und böse hatten. Da zeichneten sich dann die "diskreten" Endstufen dadurch aus, dass da "handverlesene" Bauteile zum Einsatz kamen, die dann durch Selektion statt 10% Toleranz nur 3-5% hatten und damit der damaligen Qualität der Chipfertigung (weit?) überlegen waren. Abgesehen davon, dass sowas natürlich reparaturfreundlicher ist - aber darum geht's ja hier nicht.
Wenn man sich anschaut, was für Transistordichten heute durch die ganze Digitalelektronik bis hin zu (Handy) System-on-a-chip und (PC) CPUs gang und gäbe sind, und welche Qualitätsstandards da Einzug gehalten haben, dann sind die ICs für Audioanwendungen ein Klacks dagegen. Insgesamt hat die Technik da von den harten Anforderungen der Computerindustrie (auch was Fertigungsprozesse, Materialien und Design angeht) extrem profitiert. Das bekomme man mal erst in "diskret" in vergleichbarer Qualität hin, wo dann hunderte (bleifreie!) Lötstellen das eine und die immer noch bei (bezahlbaren) Einzelbauteilen vorhandenen Toleranzen das andere Problem sind.
Dieses Gerücht, diskret sei automatisch besser, hält sich in der Hi-End-Szene (die mit den Kabeln für 200€ den Meter) ja bis heute, genau wie viele Gitarristen immer noch steif und fest behaupten, jeder Halbleiter im Signalweg sei der Teufel persönlich.
Den einzigen Vorteil diskreter Schaltungen bei Analogsynths, den ich auf Anhieb erkennen kann, ist dass durch die größere Streuung der Bauteilparameter eben
keine 2 Oszillatoren annähernd gleich sind. In dem Fall ist das ein bisschen wie bei der Röhre: objektiv schlechter, klingt aber geiler