Hm, ich bin ja selber Spätanfänger. Ich übe auf einem guten Stage-Piano und habe Unterricht in einer Musikschule, die auf Digitalpianos unterrichtet. Ich lerne aktuell trotzdem viel, übe fleißig und habe Spaß daran. Allerdings mag ich auch keine "pseudo-akustischen Digitalpianos" im Lack-Holz-Kleid, daher auch von mir keine konkrete Empfehlung zur Ausgangsfrage. Wenn, dann soll es auch elektronisch aussehen und alle Vorteile davon haben. Diese sind für mich:
1. Ich kann zu jeder Zeit üben (und ich muss meistens Nachts üben).
2. Ich kann mit Kopfhörer ungehemmt Sachen wiederholen, solange ich will oder kann, ohne das Gefühl zu haben, jemandem auf die Nerven zu gehen.
3. Platzbedarf, Transportabilität und Gewicht spielen in einer Altbauwohnung auch eine "gewichtige" Rolle.
4. Eine gute Tastatur vorausgesetzt, ist die Bespielbarkeit sehr konsistent und reproduzierbar.
Trotzdem nutze ich gerne die Gelegenheit, mich an einen der der Steinway B-Flügel meiner Mutter zu setzen. Dabei ist mir gestern wieder aufgefallen, dass die sich sehr viel "digitaler" verhalten, als mein Stage. Bei ähnlichem Anschlag kann das Teil nur Laut oder Aus (oder man bemüht sich sehr sacht anzuschlagen). Auch der Pedalhub ist extrem kurz. Ich denke aber, dass die Mechanik altersbedingt überholungsbedürftig ist, und die Filze hart sind. Womit wir bei der Wartungsanfälligkeit bei einem Nachteil wären. Oder es liegt tatsächlich an der fehlenden Übertragbarkeit der Spielpraxis vom Digi aufs echte Klavier?! Bei offener Klappe ist so ein Teil auch schon sehr laut. Zum Üben wäre so ein Flügel für mich nichts, nicht auf meinem Level. Auch wenn so einen Flügel gerne in meinem Wohnzimmer stehen hätte, würde ich mir bei 350kg doch zu große Sorgen um die Statik der Altbau-Holz-Decke machen...
Ich denke, man darf bei der ganzen Pro/Contra-Digi-Piano Diskussion nicht außer Acht lassen, was man am Klavier noch erreichen will und kann, und wie die räumlichen und sozialen Randbedingungen aussehen. Einem begabten Kind mit Potenzial und Interesse würde ich versuchen ein "richtiges" Instrument zur Verfügung zu stellen. Dem Spätanfänger, der "nur" musizieren will, aber keine Ambitionen zum Virtuosen mehr hat, vielleicht doch eher das Digi, wenn er sich den Wunsch sonst nicht verwirklichen kann. Nur pauschalisieren würde ich dabei ungern. Just my 2 cents…
Gruß,
glombi