@jipchen welchen Kurs machst du an der Deutschen Pop und wie findest du es denn bis jetzt ?
Ich habe den Ausbildungsgang "
Mastering Engineer" gebucht. Nicht weil ich selbst Mastering Engineer werden will, sondern eher weil ich das Mastering zumindest in den erweiterten Grundsätzen verstehen und beherrschen will.. gezwungenermaßen (Budget!) mastern ja viele Tontechniker ihre Mischungen auch selbst. Die Bands sehens halt nicht ein da "viel" oder eben mehr zu bezahlen.
Den "Tonmeister" hatt ich mir auch angeschaut, aber das war mir etwas zu teuer.. und die Musiktheorie ist zwar sehr interessant aber ich hatte mir vorgenommen das anhand von Büchern etc zu lernen (bisher erfolglos

)..
Ich habe mir auch zuvor die Alternativen angeschaut (und auch die Deutsche POP beim Infotag), und meine Erwartungen waren in etwa so: Wirkt ganz gut, kommt wahrscheinlich ziemlich auf den Dozenten an, aber im schlimmsten Fall ist das einzige was ich davon hab Kontakte in der Branche und das ist ja auch was wert. Tja, und mit den recht niedrigen Erwartungen bin ihc dann in den Kurs gegangen.
Zur POP: Ich bin ja in München, es wird jeder Standort etwas anders sein.. aber ich war auf jeden Fall positiv überrascht. Der Lehrplan ist getrennt in Akustik und Elektronik, wobei das nicht so wörtlich zu nehmen ist. In Akustik geht es hauptsächlich um die theoretischen Hintergründe zu Akustik (Überraschung!) also Schallwellen, Frequenzen, Anhebungen und Auslöschungen, Kammfilter, stehende Wellen, um mal ein paar Stichworte zu nennen.. außerdem geht es um Signalflusst, Grundlagen E-Technik (aber wirklich nur angekratzt), theoretische Mikrofontechnik. Und dann eben mehr in die Praxis: Dann werden verschiedene Mikrofone ausprobiert, mit Hinblick auf das vohrer erlernte, und Tonstudiotechnik eben in der Praxis ausprobiert und angewandt. Also Effekte einschleifen, das Mischpult sinnvoll benutzen, die Patchbay/Multicore etc richtig verkabeln, Routing etc. Die ersten drei Monate sind eher theoretisch aber diese basalen Sachen sind nunmal die Grundlagen die man sich draufschaffen muss/sollte. Danach ist der Unterricht hauptsächlich praktisch (im "Studio" der jeweiligen Schule). "Studio" deshalb, weil es eher Home oder Projektstudio als etwas anderes ist.. aber das ist mMn gar nicht so falsch. Während an anderen Schulen die fetten SSL Konsolen rumstehen, lernt man mit dem Zeug umzugehen mit dem man höchstwahrscheinlich auch arbeiten wird (zB Digidesign 003, Soundcraft Ghost, etc). In späteren Kursen geht es dann zumindest für uns Münchner in die Dorian Gray Studios in Eichenau (Studio 3), da sind dann schon auch hochwertigere Sachen vorhanden. Aber Equipment ist ja in Wirklichkeit eh nur ein Teil, alleine hilft auch das beste Pult etc nichts.
In "Elektronik" geht es im Tonassisstenten hauptsächlich um Logic. Also Grundlagen Mac, Logic, Dateiverwaltung, MIDI Theorie (ätzend

), Automation, MIDI in Logic, Sample Editor, Logic Routing, Tempogeschichten,etc etc.
Ich hatte wie erwähnt schon Vorwissen, einige Bücher gelesen, sehr viel in Foren informiert, und auch schon ein paar Bands aufgenommen (und mich selbst natürlich). D.h., vieles im ersten Kurs wusste ich schon, oder glaubte ich zu wissen. Ich hab zu meinem Erstaunen einiges dazugelernt.. auch mit Logic, das ich schon 2 Jahre benutzte. Am Anfang war es für mich ein bisschen Langweilig wenn es um Logic ging, aber ich habe im Lauf des Kurses trotzdem viele kleine und größere Tricks und Funktionen gelernt die ich mir nie auch nur erträumt hätte

Bei so großen Programmen wie Logic/Cubase/Pro Tools etc kennt man sich wohl nie völlig aus. Auch bei den Akustikgrundlagen etc hatte ich das meisten schonmal gelesen, aber erstens schadet die Wiederholung nicht und zweitens ist es gut auch mal weiterführende Fragen dazu stellen zu können.. und wenn man "gezwungen" wird dann schaut man sich eben auch die unangenehmen (und recht theoretischen Sachen) gut an. Man darf das aber nicht zu krass verstehen, so sehr ins Detail geht es in der Theorie nie, dass man aussteigen würde - wenn man sich die Skripte und Aufzeichnungen gut anschaut. Manchmal hätte ich mir gewünscht dass es weiter ins Detail geht und nicht nur an der Oberfläche kratzt (zB bei Raumakustik, wenn es um Diffusor und Absorber etc ging.. das war mir zu wenig). Aber es ist ja auch der erste Kurs, und da sollen gewisse Ziele am Ende erfüllt sein. Dazu gehört eben nicht dass man einen Raum sinnvoll mit Akustikelementen ausstattet. Es gibt immer wieder Übungen vom Dozenten (hängt aber stark vom Dozenten ab), die man zuhause oder auch an den Arbeitsplätzen in der Schule machen kann (die kann man buchen, kostet nichts). Außerdem gibt es 5 Pflichtübungen die im Lauf des Halbjahres erledigt und kontrolliert werden müssen - die werden dann auch benotet. Dann gibt es noch ein Referat (Thema kann man sich aussuchen) und die Projektarbeit.
Die Projektarbeit ist eigentlich die Krönung, weil man das was man aus dem Kurs mitgenommen hat, mit seiner Gruppe im Studio umsetzten muss. Im TA ist die Aufgabe, eine MIDI Vorproduktion mit mindestens vier Spuren zu erstellen und dann die Spuren durch mikrofonierte Audiospuren zu ersetzen (mindestens 8). Dazu hat man dann 5 Stunden im Studio Zeit (für die Aufnahmen).. da zeigt sihc dann wer was gelernt hat

Ich konnte definitiv von dem halben jahr profitieren, und bin gespannt auf die kommenden 1,5 Jahre. Ich vermute / hoffe dass es da noch mehr ins Detail gehen wird und nicht nur um die Grundlagen.. aber irgendwie muss man ja anfangen. Die Kurse sind drauf ausgelegt dass auch absolute Anfänger zurechtkommen. Da war ich übrigens sehr skeptisch.. ob die am Ende wirklich in der Lage sind alleine ein paar Spuren aufzunehmen (das Routing dort am Mischpult ist nicht so einfach wie das Aufnehmen mit einem Interface, das sei mal gesagt).
Aber auch die beiden "Anfänger" in meiner Gruppe haben sich mMn im Studio wacker geschlagen. Das ist natürlich sehr individuell.. gab einige die haben nie aufgepasst und keine Eigenmotivation, da bin ich völlig sicher dass sie immer noch nichts können.
Es ist schwer seine Meinung über sowas halbwegs objektiv oder geordnet rüberzubringen, zusätzlich bin ich gerade wahnsinnig müde und hab Kopfweh wie Sau

Hoffe es hat ein bisschen geholfen. Wenn du spezifische Fragen hast beantworte ich sie gerne soweit ich kann. "Einfach mal so drauflos zu erzählen" fällt mir deutlich schwerer.
---------- Post hinzugefügt um 23:23:41 ---------- Letzter Beitrag war um 23:04:42 ----------
Und falls das nicht genügend rübergekommen ist: Sicherlich ist der theoretische Anteil im Vergleich zu einem echten Studiengang pipifax.. mal als kleinen Anhaltspunkt: Ich hab zwar Abi, war aber immer ein extrem fauler Schüler. Trotzdem habe ich mit geringem Aufwand 96% für den TA-Kurs geschafft.. Aber es geht dort auch mehr darum die Grundlagen für die tägliche Arbeit als Tontechniker zu erlernen. Nicht mehr und nicht weniger. Hier im Forum gibt es auch einige (zumindest von einem weiß ich) Leute die zB in Österreich das Elektrotechnik/Toningenieur Studium absolvieren.. Das ist eine völlig andere Liga, aber die Zielsetzung ist auch grundverschieden.
Und letztlich kümmert es keinen wenn du als freiberuflicher Studiotontechniker erfolgreich bist, ob du ein knallhartes Studium, ein "Studium" an SAE/Deutsche POP oder die Ausbildung zun Mediengestalter Ton und Bild (die könntest du dir mal anschauen) hinter dir hast. Aber das sind halt die wenigsten
Ganz witzig finde ich diese Grafik hier:
http://www.wegweiser.ac.at/studium/karriere/
Selbst die Elite (ich zähle jetzt mal Tonmeister und Toningenieur-Studenten zur Elite), hat also in dem Bereich recht besch..eidene Beurfschancen, verglichen mit so ziemlich allen anderen Studiengängen die es so gibt. So als kleine Motivation

"Der Karriere-Index:Wirtschaft kann auch so interpretiert werden, dass die durchschnittliche Bewerbungsdauer um eine Vollzeitstelle in der Wirtschaft innerhalb der Studienqualifikation für das Studienfach Elektrotechnik-Toningenieur zu erhalten in etwa 100 geteilt durch den Wert des Karriere-Index ist, also 100 / 4.6 = 21.7 Quartale, und das sind ca 65.1 Monate."
Tontechnik ist schon toll
