Das ist in der Theorie richtig, aber leider verhält sich eine schwingende Saite nicht so!
Ist das Verhältnis von Länge zu Dicke ausreichend groß, so klappt das mit den Vielfachen, wenn nicht, wird diese Beziehung eben nicht eingehalten. Das bedeutet aber nicht, daß solche Schwingungsverläufe unmöglich sind.
In der Theorie muß die Saite an Ihrer Aufhängung (Steg, Sattel) einen scharfen Knick machen, um dem originalen Sinus folgen zu können.
In der Praxis ist der Knick aufgrund der Biegesteifigkeit nicht möglich, sondern es kann nur ein minimaler Biegeradius erreicht werden. Dazu hier ein Bild, daß die 1. (blau) und 2. (rot) Harmonische am Sattel zeigt:
Ich habe an beide Kurven eine Tangente angelegt. Idealerweise sollten sie sich im Ursprung treffen. Tatsächlich geschieht das aber nicht, sondern es ergibt sich ein kleiner Offset in X-Richtung. Er ist unmittelbar proportional zum "Knickwinkel", der mit steigender Ordnungszahl der Harmonischen größer wird.
Man kann also sagen, je größer die Harmonische, desto größer der notwendige Knickwinkel, desto kürzer die Periodendauer.
Die tatsächliche Periodendauer einer Schwingung ist dann:
[Mathe-Mode]
Teff= T-2*Xoff
Für die Periodendauer der beiden Harmonischen gilt:
T1=2*T2
Mit
T2eff= T2-2*X2off
folgt dann
T1eff=2*(T2-2*X2off)
T2=1/2*T1
T1eff=2*(1/2*T1-2*X2off)
T1eff=T1-2*2*X2off
Daraus folgt dann
X1off=2*X2off
[/Mathe-Mode]
Unter der Bedingung, daß die einzelnen Offsets auch ganzzahlige Vielfache eines Grundoffsets sind, stimmt Deine Behauptung also.
Leider ist die Funktion Xoff=f(Knickwinkel) nichtlinear. Wenn der minimale Biegeradius erreicht wird, wird der effektive Winkel nicht mehr größer. Die Periode muß sich dann mehr verkürzen. Damit ist dann aber der Zusammenhang X1off=2*X2off verletzt.
Alleine aus der Tatsache, daß hier ein nichtlineares Verhalten ins Spiel kommt, läßt sich schon schließen, daß sich im Frequenzverhältnis etwas ändert.
Nebenbei bemerkt läßt sich unser Ohr nur schlecht täuschen. Wenn die Obertöne nicht ganzzahlige Vielfache des Grundtons sind, ist unser klangliches Empfinden gestört. Wir empfinden ein solches Schallerreignis dann eher als Geräusch.
Ulf