Der Musiker - Gefangen in Konventionen

  • Ersteller Hamstersau
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Das ist im anderen Forum auch so. Musik als Thema läuft sich gerne tot, auch der Bereich Instrumente etc.

Man müsste zum Aufrollen der Thematik bereits bei der Motivation anfangen, so wie es Sikora auch empfiehlt. Sich zusammen zu tun, und bereits vorauszusetzen, dass man "natürlich" eine gehörige Menge treuer Zuhörer begeistern will, zukünftig, geht mMn. schon am Kern der Musik vorbei und macht unfrei.

Ich bastle derzeit an einer Zweitband. Sobald man mit drei anderen die Vorstellungen vergleicht, beginnt man den Kampf, sich aus deren Fantasien, den halbkonkreten Vorstellungen herauszuwinden, um die eigenen Eckwerte realisieren zu können.
Mein Ziel würde unter den unscharfen Begriff "Jazz" fallen, alleine deshalb, weil dort die größten musikalischen Freiheiten eingeräumt werden, selbst wenn das Ergebnis dann verdächtig nach Rock oder Blues oder wasweissich klingen mag.

Will man statt aktuell beim Spielen zwischen thematschen Eckpfosten entsehender Musik ein "Produkt" in die Zukunft hinein planen, dann tritt ruckzuck das Schubladendenken auf den Plan. Wer will schon den geliebten imaginären Zuhörer mit unkalkulierbar ausgefallen Musikexperimenten vergrätzen?
 
Hallo,

wieso sollte es unter (Hobby-)Musikern anders sein als unter "normalen" Menschen?
Das ganze Leben ist voller Konventionen, der Bankangestellte wählt nunmal in ungefragtem, vorauseilendem Gehorsam CDU oder FDP (obwohl es ja eine geheime Wahl ist), weil er glaubt, sein Job wäre dann sicherer.
Der Ökofreak ist nunmal für generelles Tempo 30 auf allen Straßen. Er selbst fährt ja auch nicht Auto, muss nicht zu Terminen.
Und noch schlimmer: nach meiner persönlichen Erfahrung gibt es bei Gruppen, die auch nur aufgrund einer einzigen Gemeinsamkeit entstehen, auch immer eine Art Meinungs-Mainstream. Es scheint unter Musikern bestimmte Klischees zu geben, die man erfüllen MUSS, um "dazu" zu gehören. Versucht mal einen Spaß, bei einem Musikerstammtisch zu äußern, dass Ihr den Einmarsch in den Irak richtig fandet - da schlägt das Kollektiv zurück.
Das liegt zum einen daran, dass die Mehrheit der Menschen ein Herdentier ist. Schön einfach durchs Leben gehen - bei gleichzeitiger moralischer Entrüstung gegenüber Leuten, die nicht der Herde folgen.

Und genau deshalb wird von Leuten, die sich Communities anschließen, nur selten ein richtig guter Song kommen: Angepasste schreiben keine guten Songs.
Wer Klischees bedient, hat nicht die Freiheit im Kopf, um etwas Originäres zu schaffen.

Dazu kommt noch das Thema Zeitverschwendung: ich kenne so einige Profimusiker (ich rede hier nicht von "Studiomusikern" oder Musiklehrern, sondern von tatsächlich deutschland- oder gar weltweit bekannten Musikern) - von denen treibt sich KEINER in Internetforen rum - höchstens in Social Media, zur Selbstvermarktung. Von denen interessiert sich auch keiner für Instrumente, oder mit welchem Amp man welchen Sound macht. Wenn denen was gefällt, dann kaufen sie es - und den Rest bekommen sie als Endorser auf lau. Ich nenne hier keine Namen, aber einer meiner Bekannten ist kürzlich von einem gewissen "Fachmagazin" interviewt worde, hat da lang und breit über sein Equipment geschwafelt, wie toll das wäre usw.
Und zwar tat er dies, weil er kürzlich den Endorser gewechselt hat. Er sagte mir persönlich "die wollen das halt hören - mir ist das scheißegal, Hauptsache, ich bekomme meine Sachen ohne zu bezahlen. Fürs Publikum klingt eh alles Equipment gleich, und die Musikerpolizei kann mich am Arsch lecken..."

Erstaunliche Ausssage, nicht wahr?

Meiner Meinung und Erfahrung mit diesen Leuten nach:
- bringt es nichts, virtuos auf dem Instrument zu sein
- bringt es nichts, das beste Equipment zu haben
- bringt es nichts, zu üben wie ein Wahnsinniger
- bringt es nichts, sich in Foren wie diesem auszutauschen

Jedenfalls bringt es nichts zum Erreichen des Ziels, Songs zu schreiben, die anderen Menschen viel bedeuten werden, es bringt nichts auf dem Weg zum Popstar.

Ein Popstar (und zwar ein richtiger, nicht über diese Castingscheiße im TV), der "große" Songs schreibt, wird man nur, wenn man all das hinter sich lässt.

Große Popsongs entstehen nicht durch Bedienen der Kischees oder durch musikalisches Handwerk - sie entstehen durch angeborenes Talent plus Durchsetzungswille bis zum Größenwahn, und vor allem durch eines:

Es einfach machen, statt in Foren rumzuschreiben oder sein Instrument zu üben. Das bringt alles nichts. Jedenfalls nicht dafür.

Alles , was wir hier machen, ist Hobby und wird es immer bleiben. Ist auch ok so, macht ja Spaß und hat seine Daseinsberechtigung.
Aber wenn man Erfolg will, den großen Song schreiben will, der mit Anpassung und Klischees nichts zu tun hat - muss man all dies hinter sich lassen.

Man muss leben und daraus Songs machen - egal wie. Egal womit.

Just my 2 cents.
 
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Meinung Meinung nach ist es wichtig, dass das was auf der Bühne passiert und zu sehen ist, stimmig ist und beim Publikum gut ankommt!
Neben der reinen musikalischen Qualität ist es von Vorteil, wenn die Show, die Kleidung und das Bühnenbild exalkt die EMOTION unterstützen, die man an das Publikum transportieren möchte. Und hier kann das volle Erfüllen von Klischees auch deutlich unterstützen. Die Mischung aus herausragender Musik, toller Show, guten Kostümen und einem Bühnenbild, dass alle Konventionen erfüllt, ist gar nicht so einfach hinzubekommen, so dass man das gar nicht so häufig sieht.

Selbstverständlich kann man auch alle Konventionen sprengen. Es muss einem nur gelingen, dass das neue Gesamtbiid den Geschmack eines Publikums trifft. Wer also Heavy-Metal-Songs mit 6 stimmigem Falsett-Satzgesang in Lederhosen mit Schweinsohren in einem Science-Fiction Bühnenbild präsentieren möchte, kann das gerne tun.
Die Grundregell beim Marketing lautet nur, dass man nicht nur sein Produkt verkauft, sondern im Vorfeld ein Produkt schafft, dass sich auch verkaufen lässt :)

Ich bin gespannt auf Links zu Bands, die völlig unkonventionell sind.....
 
Ich bin gespannt auf Links zu Bands, die völlig unkonventionell sind.....

Unkonventionell ist beim aktuellen Mainstream weder sonderlich auffällig, noch bunt oder schrill, was die Optik betrifft. Was erwartest du da zu sehen? Es geht um Musik. Unkonventionelle Musiker gibt's zuhauf, die kennst du selber. Musst dich nur im Jazzbereich mal rumtreiben.

Wenn hier über unkonventionelles Marketing geschrieben wird, bin ich falsch orientiert und sage "sorry".

;)
 
Aber muss man dabei nicht unterscheiden, ob man Musik als Kunst ansieht, mit der man nebenbei vielleicht ein paar Kröten einnimmt wenns gut läuft., dafür aber das tut, was man will.
Oder Musik als Produkt, dass man unbedingt an den Mann/die Frau bringen will?
 
Meinung Meinung nach ist es wichtig, dass das was auf der Bühne passiert und zu sehen ist, stimmig ist und beim Publikum gut ankommt!
Neben der reinen musikalischen Qualität ist es von Vorteil, wenn die Show, die Kleidung und das Bühnenbild exalkt die EMOTION unterstützen, die man an das Publikum transportieren möchte. Und hier kann das volle Erfüllen von Klischees auch deutlich unterstützen. Die Mischung aus herausragender Musik, toller Show, guten Kostümen und einem Bühnenbild, dass alle Konventionen erfüllt, ist gar nicht so einfach hinzubekommen, so dass man das gar nicht so häufig sieht.

Selbstverständlich kann man auch alle Konventionen sprengen. Es muss einem nur gelingen, dass das neue Gesamtbiid den Geschmack eines Publikums trifft. Wer also Heavy-Metal-Songs mit 6 stimmigem Falsett-Satzgesang in Lederhosen mit Schweinsohren in einem Science-Fiction Bühnenbild präsentieren möchte, kann das gerne tun.
Die Grundregell beim Marketing lautet nur, dass man nicht nur sein Produkt verkauft, sondern im Vorfeld ein Produkt schafft, dass sich auch verkaufen lässt :)

Ich bin gespannt auf Links zu Bands, die völlig unkonventionell sind.....

Und genau da liegt imho der Denkfehler: Du machst den Versuch, eine unkonventionelle Band zu beschreiben - machst aber wieder nix anderes als Klischees zu vermischen.

Ich denke auch nicht, dass wir hier im Thread über die beste Vermarktung reden - wir reden doch eigentlich darüber, wie man Songs schreibt, die Bedeutung haben.
Was hat das Bühnenbild oder die Bühnenshow mit Songs zu tun?

Antwort: nüscht.

Ich persönlich habe ja eh den Eindruck, dass sehr viele Leute nur Musik machen, um Musiker zu sein. Ist auch ok, sollen sie machen. Das sind aber nicht die Leute, die große Songs schreiben.

Und nochmals zum Handwerk: ob man sein technisches Handwerk draufhat oder nicht, ist völlig egal, solange es reicht, den einen Song komponieren und dann auch noch spielen zu können.

Um es auf eine einfache Formel zu bringen: wessen Songs sind erfolgreicher, haben mehr Menschen etwas bedeutet:
"Songs" von Supertechnikern wie Vai oder Satriani - oder das simple "Yesterday" von den Beatles?

Man muss erstmal drauf kommen, und dazu muss der Kopf frei sein, man muss sich einen Dreck darum kümmern, ob, und falls ja, welchem Klischee man entspricht.

Und eines ist mal auch klar: wer 5 Tage die Woche beim Einwohnermeldeamt arbeitet, und zu Feierabend mit ein paar Leuten im Ü-Raum spielt - der schreibt einfach nicht den großen Song.

Ist nicht, geht nicht, gibts nicht.

Muss auch nicht, Hobby ist auch schön.
 
Viel wurde ja schon gesagt, ich versuch mal was zu dem "Wunsch nach mehr" zu sagen. Der Punkt ist, stell mal eine Hair Metal Band hin und sag ihr: "Macht mal was, was noch nciht gemacht wurde, habt euren eigenen Stil". So funktioniert das nicht. Wenn du jemandem sagst dass er mal was anders machen soll als seine Vorbilder kommt im besten Fall Mist heraus, weil er krampfhaft versucht was anders zu machen, er aber keine rechte Ahnung hat, was man gut anders machen könnte.
Es gibt nix eigenes, es gibt nur gut geklaut. Und das lässt sich auf so ziemlich alle Bereiche des Lebens erweitern.
Wenn jemand nur Standard Hair Metal Songs schreibt, dann wahrscheinlich weil er nur von Hair Metal inspiriert ist. Ist ja auch komplett logisch, in meiner Zeit, in der ich noch Hardcore gemacht habe, hab ich auch nur Hardcore gehört. Das Ergebnis klang dementsprechend auch nach standard Hardcore. Wenn man allerdings was neues machen will muss man denk ich sich aus anderen Bereichen inspirieren lassen, und diese irgendwie einfließen lassen.
Das wiederrum ist auch problematisch, weil dann viele meinen weil sie etwas aus anderen Bereichen drin haben wäre es automatisch innovativ und gut. Da kommt dann oft noch größerer Mist raus, weil man sich keine Gedanken drüber macht, wie man das ganze kongruent verknüpft, aber wenn man mal einen guten Weg gefunden hat, kann man das oft zu seinem Markenzeichen ausfeilen.
Das Problem ist also nicht, dass alle nur kopieren, das Problem ist, dass sie nur bei einer Quelle kopieren.
 
folgendes ist keine Kritik[...]

Na, also wenn DAS keine Kulturkritik ist, weiß ich's auch nicht mehr...;) Du nennst einige ziemlich bedenkliche Tendenzen klar beim Namen, und letztlich stellst du Uniformität und Gleichförmigkeit fest. Das ist schon eine Kritik.

Bei all der scheinbaren Kompetenz, die es in diesem Board gibt, müssten eigentlich nur geile Songs entstehen.

Guter Gedankengang, ähnliches ging mir auch durch den Kopf. Aber: hier sind ja gar nicht alle User damit beschäftigt, Songs zu komponieren und aufzunehmen. Ich halte mich hier u.a. deswegen auf, weil man hier mit interessanten Leuten über Musik reden und diskutieren kann. Wenn ich Musik machen will, dann doch nicht hier im Board oder für das Board - ich bin ganz froh, jetzt gerade nicht zu spielen. Spielen tu ich genug im Job (Musiker und Musiklehrer). In meiner Freizeit beschäftige ich mich auch gerne mit Musik, aber Aufnahmen zu machen, liegt mir momentan eher fern. Ich kenne genug andere Live-Musiker, die auch keine besondere Affinität zu Aufnahmen haben. Geile Musik zu spielen, ist schon eine andere Baustelle, als geile Songs aufzunehmen.

Sind es die Bands und deren Unfähigkeit aus ihrem Genre auszubrechen? Ist es die Angst vor zu viel eigner Persönlichkeit? Faulheit? Ist es wirklich ein sinnvolles Ziel heutzutage wie die Beatles damals zu klingen?

Musiker sind Kulturreproduzenten. Jeder Musiker gibt die Kultur wieder, in der er lebt und die er verinnerlicht hat. Das dürfte sozusagen ein Axiom im Umgang mit Musik sein, denn es ist (vermutlich) unmöglich, aus der eigenen kulturellen Prägung auszubrechen. Von daher würde ich deine erste Frage so beantworten: Bands sind in der Tat unfähig, aus ihrer Musikkultur auszubrechen. Wenn sie aber auch nicht aus ihrem Genre ausbrechen, wollen sie einfach nicht. Denn durch Analyse kann man (wenn man will!) andere Genre und Stile kennenlernen und sich aneigenen - wer das nicht tut, will es nicht.

Ist es wirklich ein sinnvolles Ziel heutzutage wie die Beatles damals zu klingen?

Hehe...auch eine interessante Frage, die seit Jahren durchs Board geistert! Letztens gab es dazu diese Diskussion, aus der ich dann eine weitere Grundsatzdiskussion gestartet habe. Meine Meinung dazu: ja, als temporäres Zwischenziel ist das sinnvoll.

Übrigens ist diese Diskussion hier schon musikwissenschaftlich, weil es den Umgang von Musikern mit Musik grundsätzlich thematisiert, einschließlich der dahinterstehenden philosophischen Sinnfragen. Ggf. würde ich den Thread auch in die Musikwissenschaft verschieben, je nachdem wie er sich entwickelt.

1. Metalbands sind grundsätzlich schwarz angezogen und mindestens einer hat lange Haare.
2. Möchte man mit seiner Gitarre cool wirken, trägt man eine Sonnenbrille und/oder Lederjacke und /oder hat eine Zigarette im Mund.
3. Spielt man Beatle-ähnliche Musik, tragen alle Bandmitglieder das Gleiche.

Das ist gut beobachtet - aber letztlich nur eine Ausformung der Tatsache, daß Subkulturen immer wieder zu kommerzialisierten Hochkulturen werden. In der Popularmusik ist Uniformität eine grundlegende Tendenz - die kreative, unberechenbare Seite allerdings ebenso. Die Phasen, in denen Kreativität nur ein wenig kommerzialisiert war, waren meist die spannendsten: der New-Orleans-Jazz, die Frühphase der Swing-Ära, die Entwicklung des Rock'n-Roll in dern 50ern, die ersten Hip-Hop-Scheiben. Bis heute wird jede kreative Tendenz von der Industrie schnell aufgegriffen und verwurstet. Das gilt für die löchrige Jeans ebenso wie für jedes andere unangepasste Kulturgut.

Interessant finde ich dabei, daß alle Popularmusik mit Groove arbeitet - also strengen rhythmischen Mustern, egal ob Ragtime oder Techno. Gleichzeitig transportiert Popularmusik aber gesellschaftliche Loslösung, Entgrenzung und Freiheit. Ebenso bewegt sich das Outfit der Musiker zwischen diesen Polen der strengen Muster und der Ungebundenheit. Wenn allerdings Einfallslosigkeit dazukommt, sind die strengen Muster wesentlich einfacher einzuhalten...vielleicht kommen die vielen schwarzen Klamotten daher.


Es gibt diese Genrekonventionen, und wenn einer die nicht erfüllt, wird er nicht gekauft.

Stimmt zwar - das Interessante ist aber, daß selbst Musiker sich den Verkäuflichkeitskriterien unterwerfen, deren Musik eh nicht gekauft wird.

Vom kulturell-idealistischen Standpunkt ;) aus könnten sich 5 junge, engagierte Musiker zu einer Metalband zusammenfinden, möglichst alle Konventionen hinter sich lassen und neue kreative Wege erforschen. Musik machen um der Musik willen, weil Kommerz keine Rolle spielt. In der Realität aber spielen da sofort kommerzielle Ideale, gesellschaftliche Konventionen und die normative Kraft des Faktischen mit hinein, bis der anfänglich mögliche Aufbruch in die Unangepasstheit schnell wieder in alten Formen steckenbleibt. Und zwar, ohne dass real irgendwie Geld geflossen ist - alleine sich in einem möglicherweise Kommerz-nahen Umfeld zu bewegen, bewirkt schon eine Anpassung.

Und das Publikum feiert die Kopie der Kopie ja tatsächlich. Auf jedem Dorffest spielen fünf Truppen, die alle denselben Poppunksound haben und die selben pseudolustigen Bandfotos mit den pseudorebellischen Krawatten

Weil Musik Kulturvermittlung ist. Und Vermittlung bedeutet eben zu einem ganz großen Teil auch Bestätigung und Wiederholung. An dem Punkt, wo Kultur sich selbst in Frage stellt, wird sie zwar hochinteressant, aber unkommerziell und unpopulär. Geht jemand von euch auf die documenta in Kassel? Noch bis zum 16.9.! Da gibt's (teilweise...) unangepasste Kultur, die sich selbst in Frage stellt. Oder im nächsten Opernhaus um die Ecke. Aber trotz hoher Subventionen ist eher wenig Publikum bereit, Kultur zu hinterfragen. Stattdessen wird die Kopie der Kopie gefeiert, wie du richtig bemerkst. Wenn man's ganz grundsätzlich sieht, zelebrieren wir hier übrigens auch gerade die Kopie der Kopie der gesellschaftlich-kulturellen Hinterfragung...die gibt's spätestens auch schon seit den alten Griechen.

Und genau da liegt imho der Denkfehler: Du machst den Versuch, eine unkonventionelle Band zu beschreiben - machst aber wieder nix anderes als Klischees zu vermischen.

Am Rande: solange man Bands beschreibt, also Popularmusik, muss man innerhalb der Klischees bleiben, die eben konstitutiv für Popularmusik sind.

Ich denke auch nicht, dass wir hier im Thread über die beste Vermarktung reden - wir reden doch eigentlich darüber, wie man Songs schreibt, die Bedeutung haben.
Was hat das Bühnenbild oder die Bühnenshow mit Songs zu tun? Antwort: nüscht.

Hmmm...Musik ist - darin stimmen wir sicher überein - nur ein Teil der Show. Auf der Bühne zählt das Optische auch sehr viel, oft gleich viel oder mehr als das Musikalische. Es ist zwar nett, einen bedeutungsvollen Song zu haben, aber die Präsentation ist alles andere als nebensächlich. Kein Musiker wird nur als Frequenzproduzent berühmt, sondern vielmehr als Darsteller von dramaturgisch glaubhaften musikalischen Situationen.

Harald
 
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Linda Perry hat mit Beautiful einen klassisch-guten Song geschrieben
Christina Aguilera hat den veröffentlicht, sehr erfolgreich...
beeindruckt hat sie mich aber erst mit einer Aufführung ganz allein (a capella) vor einer Videowand
(die Aufnahmen zeigten Szenen mit Leuten, die irgendwie speziell, mit handicap, unkonventionell waren)
da wurde auch im mainstream mal eine Grenze überschritten.

cheers, Tom
 
@ HaraldS
Sehr interessant, deine Ausführungen. Die meisten, wirklich fundierten Antworten auf die diversen Beiträge betreffen aber doch ziemlich eindeutig die Bewegungen von uns Musikern hier in einem realen oder imaginären MARKT.
Einzig die Aussage "Geile Musik zu spielen, ist schon eine andere Baustelle" betrifft das Musikmachen, den eigentlichen Kern der Sache.
Um mal die Kopie einer Aussage in die Runde zu werfen möchte ich Victot Wooten zitieren (grob):
"Musik ist Kommunikation", womit er primär im Kontext die Kommunikation zwischen den Musikern meinte.

Unkonventionelle Musik kann nur zwischen unkonventionellen Menschen entstehen.
Der Wunsch, unkonventionell zu sein, genügt dazu bei weitem nicht. Noch viel weiter vom Ziel entfernt ist es, an sich, an uns, an den Musikmarkt, an die Gesellschaft eine solche Forderung zu stellen.
Wer also unkonventionell sein möchte, darf sich erstmal mit den Grundschemata der menschlichen Handelns- Fühlens- und Denkensweise beschäftigen; darin Schwächen und Ungereimtheiten entdecken, für sich selbst überwinden - und dann versuchen Leute zu finden, die dies in ähnlicher Weise bereits getan und gesund überstanden haben.
Dann kann's losgehen.

Bassisten sind dafür aber ziemlich gut geeignet ;)
Viele von ihnen haben gute Ideen jenseits der Interessen der Frontmänner (und Frauen); aber keiner will sie hören.
 
Übrigens ist diese Diskussion hier schon musikwissenschaftlich, weil es den Umgang von Musikern mit Musik grundsätzlich thematisiert, einschließlich der dahinterstehenden philosophischen Sinnfragen. Ggf. würde ich den Thread auch in die Musikwissenschaft verschieben, je nachdem wie er sich entwickelt.

keine Einwände ... :)
 
Na, also wenn DAS keine Kulturkritik ist, weiß ich's auch nicht mehr...;) Du nennst einige ziemlich bedenkliche Tendenzen klar beim Namen, und letztlich stellst du Uniformität und Gleichförmigkeit fest. Das ist schon eine Kritik.

Nun, meine natürlich subjektiven Eindrücke kommen sicher nicht ohne Unterton daher. Mir gefallen Klischees einfach nicht, genauso wie der zwanghafte Versuch anders zu sein. Beidem fehlt es für mich an Natürlichkeit (und was ist nun natürlich...). Da das jedoch viele hier anders sehen können, und sie jegliches Recht dazu haben, möchte ich diese Menschen nicht kritisieren. Lieber möchte ich deren Beweggründe kennen lernen!


Guter Gedankengang, ähnliches ging mir auch durch den Kopf. Aber: hier sind ja gar nicht alle User damit beschäftigt, Songs zu komponieren und aufzunehmen. Ich halte mich hier u.a. deswegen auf, weil man hier mit interessanten Leuten über Musik reden und diskutieren kann. Wenn ich Musik machen will, dann doch nicht hier im Board oder für das Board

Guter Punkt, doch scheint es auch hier viele zu geben, die eben für das Board Musik machen, sei es zur Profilierung oder zur Thematisierung. Ich denke da an "Zeigt was ihr könnt" - Threads oder die ganzen hochgeladen Guitar Pro Files. Ziel ist dann doch meistens sein Schaffen zu reflektieren und sich zu verbessern. Deshalb meine Aussage, dass hier nur Hits existieren sollten. Das Wissen und die Kompetenzen die in diesem Forum gebündelt sind, sind unvorstellbar groß. Entweder sind die User zu dumm dieses Wissen zu nutzen, oder sie wollen es nicht. Letzteres ist wahrscheinlicher, oder?


Musiker sind Kulturreproduzenten. Jeder Musiker gibt die Kultur wieder, in der er lebt und die er verinnerlicht hat. Das dürfte sozusagen ein Axiom im Umgang mit Musik sein, denn es ist (vermutlich) unmöglich, aus der eigenen kulturellen Prägung auszubrechen. Von daher würde ich deine erste Frage so beantworten: Bands sind in der Tat unfähig, aus ihrer Musikkultur auszubrechen. Wenn sie aber auch nicht aus ihrem Genre ausbrechen, wollen sie einfach nicht. Denn durch Analyse kann man (wenn man will!) andere Genre und Stile kennenlernen und sich aneigenen - wer das nicht tut, will es nicht.

Sicherlich bewegt sich der Musiker in einem mehr oder weniger beschränkten Kulturkreis. Doch wo wären wir, wenn der Ausbruch nicht möglich wäre? Ich habe auch die Vermutung wie Returntobass, dass es dem Musiker einfach egal sein muss. Nicht "gewollt" egal, sondern aus sicher heraus. Jedoch scheint eben vielen dieser Kulturkreis sehr zu gefallen, und sie haben gar kein Interesse weiterzugehen. Vielleicht ist es auch, wie ich Void verstanden habe, nur möglich auszubrechen wenn man aus mehr als nur einer Quelle schöpft.

Achja, die Grundsatzdiskussion bzgl der Beatles schau ich mir mal an, danke für den Link!

Übrigens ist diese Diskussion hier schon musikwissenschaftlich, weil es den Umgang von Musikern mit Musik grundsätzlich thematisiert, einschließlich der dahinterstehenden philosophischen Sinnfragen. Ggf. würde ich den Thread auch in die Musikwissenschaft verschieben, je nachdem wie er sich entwickelt.

Da will ich mich erwehren. Mir wären subjektive und naive Antworten lieber als deskriptive ;-)



Interessant finde ich dabei, daß alle Popularmusik mit Groove arbeitet - also strengen rhythmischen Mustern, egal ob Ragtime oder Techno. Gleichzeitig transportiert Popularmusik aber gesellschaftliche Loslösung, Entgrenzung und Freiheit. Ebenso bewegt sich das Outfit der Musiker zwischen diesen Polen der strengen Muster und der Ungebundenheit. Wenn allerdings Einfallslosigkeit dazukommt, sind die strengen Muster wesentlich einfacher einzuhalten...vielleicht kommen die vielen schwarzen Klamotten daher.

Das findet man nicht nur in der Musik, sondern jeglicher Form von Kunst wieder. Fällt mir auch eben erst auf.






Hmmm...Musik ist - darin stimmen wir sicher überein - nur ein Teil der Show. Auf der Bühne zählt das Optische auch sehr viel, oft gleich viel oder mehr als das Musikalische. Es ist zwar nett, einen bedeutungsvollen Song zu haben, aber die Präsentation ist alles andere als nebensächlich. Kein Musiker wird nur als Frequenzproduzent berühmt, sondern vielmehr als Darsteller von dramaturgisch glaubhaften musikalischen Situationen.

Es stimmt sicherlich, dass Musiker nicht als "Frequenzprodukt" berühmt werden, aber ich kann mir gut vorstellen, dass Musikern das Bühnenoutfit recht egal ist. Das ist etwas für das Publikum.


Vielen Dank für die weiterhin interessanten Beiträge und Beteiligungen!
 
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Na, also wenn DAS keine Kulturkritik ist, weiß ich's auch nicht mehr...;) Du nennst einige ziemlich bedenkliche Tendenzen klar beim Namen, und letztlich stellst du Uniformität und Gleichförmigkeit fest. Das ist schon eine Kritik.



Guter Gedankengang, ähnliches ging mir auch durch den Kopf. Aber: hier sind ja gar nicht alle User damit beschäftigt, Songs zu komponieren und aufzunehmen. Ich halte mich hier u.a. deswegen auf, weil man hier mit interessanten Leuten über Musik reden und diskutieren kann. Wenn ich Musik machen will, dann doch nicht hier im Board oder für das Board - ich bin ganz froh, jetzt gerade nicht zu spielen. Spielen tu ich genug im Job (Musiker und Musiklehrer). In meiner Freizeit beschäftige ich mich auch gerne mit Musik, aber Aufnahmen zu machen, liegt mir momentan eher fern. Ich kenne genug andere Live-Musiker, die auch keine besondere Affinität zu Aufnahmen haben. Geile Musik zu spielen, ist schon eine andere Baustelle, als geile Songs aufzunehmen.



Musiker sind Kulturreproduzenten. Jeder Musiker gibt die Kultur wieder, in der er lebt und die er verinnerlicht hat. Das dürfte sozusagen ein Axiom im Umgang mit Musik sein, denn es ist (vermutlich) unmöglich, aus der eigenen kulturellen Prägung auszubrechen. Von daher würde ich deine erste Frage so beantworten: Bands sind in der Tat unfähig, aus ihrer Musikkultur auszubrechen. Wenn sie aber auch nicht aus ihrem Genre ausbrechen, wollen sie einfach nicht. Denn durch Analyse kann man (wenn man will!) andere Genre und Stile kennenlernen und sich aneigenen - wer das nicht tut, will es nicht.



Hehe...auch eine interessante Frage, die seit Jahren durchs Board geistert! Letztens gab es dazu diese Diskussion, aus der ich dann eine weitere Grundsatzdiskussion gestartet habe. Meine Meinung dazu: ja, als temporäres Zwischenziel ist das sinnvoll.

Übrigens ist diese Diskussion hier schon musikwissenschaftlich, weil es den Umgang von Musikern mit Musik grundsätzlich thematisiert, einschließlich der dahinterstehenden philosophischen Sinnfragen. Ggf. würde ich den Thread auch in die Musikwissenschaft verschieben, je nachdem wie er sich entwickelt.



Das ist gut beobachtet - aber letztlich nur eine Ausformung der Tatsache, daß Subkulturen immer wieder zu kommerzialisierten Hochkulturen werden. In der Popularmusik ist Uniformität eine grundlegende Tendenz - die kreative, unberechenbare Seite allerdings ebenso. Die Phasen, in denen Kreativität nur ein wenig kommerzialisiert war, waren meist die spannendsten: der New-Orleans-Jazz, die Frühphase der Swing-Ära, die Entwicklung des Rock'n-Roll in dern 50ern, die ersten Hip-Hop-Scheiben. Bis heute wird jede kreative Tendenz von der Industrie schnell aufgegriffen und verwurstet. Das gilt für die löchrige Jeans ebenso wie für jedes andere unangepasste Kulturgut.

Interessant finde ich dabei, daß alle Popularmusik mit Groove arbeitet - also strengen rhythmischen Mustern, egal ob Ragtime oder Techno. Gleichzeitig transportiert Popularmusik aber gesellschaftliche Loslösung, Entgrenzung und Freiheit. Ebenso bewegt sich das Outfit der Musiker zwischen diesen Polen der strengen Muster und der Ungebundenheit. Wenn allerdings Einfallslosigkeit dazukommt, sind die strengen Muster wesentlich einfacher einzuhalten...vielleicht kommen die vielen schwarzen Klamotten daher.




Stimmt zwar - das Interessante ist aber, daß selbst Musiker sich den Verkäuflichkeitskriterien unterwerfen, deren Musik eh nicht gekauft wird.

Vom kulturell-idealistischen Standpunkt ;) aus könnten sich 5 junge, engagierte Musiker zu einer Metalband zusammenfinden, möglichst alle Konventionen hinter sich lassen und neue kreative Wege erforschen. Musik machen um der Musik willen, weil Kommerz keine Rolle spielt. In der Realität aber spielen da sofort kommerzielle Ideale, gesellschaftliche Konventionen und die normative Kraft des Faktischen mit hinein, bis der anfänglich mögliche Aufbruch in die Unangepasstheit schnell wieder in alten Formen steckenbleibt. Und zwar, ohne dass real irgendwie Geld geflossen ist - alleine sich in einem möglicherweise Kommerz-nahen Umfeld zu bewegen, bewirkt schon eine Anpassung.



Weil Musik Kulturvermittlung ist. Und Vermittlung bedeutet eben zu einem ganz großen Teil auch Bestätigung und Wiederholung. An dem Punkt, wo Kultur sich selbst in Frage stellt, wird sie zwar hochinteressant, aber unkommerziell und unpopulär. Geht jemand von euch auf die documenta in Kassel? Noch bis zum 16.9.! Da gibt's (teilweise...) unangepasste Kultur, die sich selbst in Frage stellt. Oder im nächsten Opernhaus um die Ecke. Aber trotz hoher Subventionen ist eher wenig Publikum bereit, Kultur zu hinterfragen. Stattdessen wird die Kopie der Kopie gefeiert, wie du richtig bemerkst. Wenn man's ganz grundsätzlich sieht, zelebrieren wir hier übrigens auch gerade die Kopie der Kopie der gesellschaftlich-kulturellen Hinterfragung...die gibt's spätestens auch schon seit den alten Griechen.



Am Rande: solange man Bands beschreibt, also Popularmusik, muss man innerhalb der Klischees bleiben, die eben konstitutiv für Popularmusik sind.



Hmmm...Musik ist - darin stimmen wir sicher überein - nur ein Teil der Show. Auf der Bühne zählt das Optische auch sehr viel, oft gleich viel oder mehr als das Musikalische. Es ist zwar nett, einen bedeutungsvollen Song zu haben, aber die Präsentation ist alles andere als nebensächlich. Kein Musiker wird nur als Frequenzproduzent berühmt, sondern vielmehr als Darsteller von dramaturgisch glaubhaften musikalischen Situationen.

Harald

Hallo Harald,

damit wir uns nicht missverstehen: es geht mir nicht um "bedeutungsvolle Songs".
Bedeutungsschwangere Songs werden nie Popsongs, weil der Wille, etwas Bedeutendes mit seinem Song zu sagen, die Selbstverständlichkeit beim Texten und Komponieren verhindert.
Überzeugungstätersongs von Leuten "die etwas mit ihrer Musik bewirken wollen" sind das Schlimmste überhaupt.

Ich muss Dir übrigens vehement widersprechen:
die Show auf der Bühne, das Image des Künstlers usw. hat NICHTS mit Musik zu tun. GAR NICHTS!

Musik ist eine Aneinanderreihung von Tönen in eine Gesamtheit, die beim Hörer eine Wirkung erzeugen kann.
Nix gucken, nix anfassen: HÖREN!!!!!

Musik HÖRT man, man GUCKT sie nicht!

Das besondere an Musik ist, dass sie ausschließlich das Gehör anspricht, daher die volle Phantasie des Hörers anspricht/anregt, Gefühle erzeugt.
Musik ist daher die hinterhältigste Kunstform.

Der Unterschied zwischen Musik hören und eine Musikshow sehen ist wie der Unterschied zwischen ein Buch lesen und die Verfilmung im TV sehen:
das Buch lässt dem Leser mehr Raum für Eigenes, denn nichts ist radikaler und konventionslosser als die menschliche Phantasie - das holt kein Film auf!

Klar: Musiker, die beim Konzert nur rumstehen, keine Show machen, will keiner sehen.
Aber hier geht es doch um die Musik an sich.

Sobald die Show mehr Stellenwert einnimmt als die Musik, sobald die Waage zu dieser Seite umkippt, wenn Show, Aussehen, Image usw. mehr zählen als die Musik und der Song selbst - dann sind wir nicht mehr bei der Musik, sondern bei Musikprodukten wie Dieter Bohlen, Boygroups oder eben Lady Gaga, deren Songs nichts aber auch wirklich nichts haben, kein Genie, kein Verve, nichts. Zum größten Teil nichtmal tanzbar.

Letztere hat nur verstanden, dass es fürs Geldverdienen nicht auf die Musik ankommt, sondern nur auf die Verkaufe: lauf immer schrill rum, lass die Leute im Unklaren, ob Du Junge oder Mädchen bist - und schon verkauft sich Dein zusammengeklauter, belangloser Hilfsdiscoschrott bis zum Erbrechen.

Hier ging es aber daraum, ob Musiker sich aus Konventionen ihres sonstigen Lebens oder aber den Konditionen der Musikszene befreien müssen, um gute Songs zu schreiben.

Dicke Show auf der Bühne zu machen, ist nicht sich von Konventionen befreien - es ist das Gegenteil.

Greetz

EDIT (weil mir noch was einfällt, ein "kleiner" Exkurs):

Vor einigen Jahrzehnten, als das TV in die Wohnzimmer einzog, kamen einige Fernsehmacher auf die Idee, das Playback bzw. Halbplayback einzuführen. Aus Kostengründen, um die großen Orchester eiinzusparen.
Selbstverständlich haben das Produzenten ausgenutzt, haben telegene Leute ins Rennen geschickt, die gut aussahen aber nicht singen konnten, bzw. kein Instrument spielten.
Eingesungen haben es irgendwelche Studiomucker - angefangen bei "The Teens" über "Boney M" bis zu "Milli Vanilli".

Dann kam MTV und Viva - das Musikvideo, also die anfänglich nur als visuelle Unterstützung der jeweiligen Songs gedachte Kunstform verselbständigte sich.
Die Optik wurde nochmals wichtiger als der Inhalt, sprich die Musik. Auch hier kamen die Produzenten mit ihrer Fakerei.
Das Ergebnis von sowas sind dann eben Boygroups, Bohlen und..... "Blümchen". LOL

"Video- killed the radiostar" hieß das erste Lied, das auf MTV international gezeigt wurde.
eigentlich müsste es heißen "Musicvideo killed the music" - denn heutzutage lassen sich die "Hörer" durch Optik einreden, etwas klänge toll.
Lady Gagas Songs wären ohne Musicvideo und ohne ihre schrillen Kostüme auf roten Teppichen (bevor sie noch überhaupt ne Platte aufgenommen hatte LOL) niemals erfolgreich, weil sie einfach hohler Müll sind.

So - und jetzt mal auf uns Musiker bezogen:
wie war das in den 50ern, den 60ern?

Elvis, Stones, Beatles usw. - deren Songs hat man zuerst im Radio gehört.
Man hat sie GEHÖRT - nicht gesehen!

Die Songs an sich haben ihre Wirkung entfaltet, wurden Hits oder Flops. (Junge) Menschen, teilweise ganze Generationen fanden sich darin wieder - oder nicht.
Zeichnete sich ein Hit ab, ja , dann wurde es auch visuell, z. B. in der BRAVO, manchmal auch im Fernsehen.
Aber durchsetzen mussten sich die Musiker erst über das reine Hören ihrer Musik. Die Musik an sich musste wirken.
Konzerte waren damals selten, die wenigsten konnten sie besuchen.

Zeitblende, kommen wir auf die heutige Situation:
man kann ein Konzert einer unbekannten Band besuchen, und dabei richtig Spaß haben - z. B. weil einem die Virtuosität gefällt, oder (was mir immer wichtig ist) weil man die Spannung im Zusammenspiel der Musiker spürt.
Wenn sie denn wirklich zusammenspielen und nicht gegeneinander...;-)

Aber mal im Ernst: wie stark ist man wirklich von den SONGS angetan, passiert es einem wirklich, dass man die SONGS toll findet?

Und jetzt kommt der dicke Otto:
Ihr selbst, Ihr Amateur- oder Semiprofibands tretet ja ERST auf - und macht vielleicht irgendwann, Jahre später ne Platte. Oder auch nicht.

Das heißt: Euer Publikum wird nie nur der reinen Musik ausgesetzt, ohne von Eurem Aussehen, Eurer Kleidung, Eurer Coolness, Eurem Image, Eurer Show usw. beeinflusst zu sein.

Denn sie hören Euch ja nicht vorher 50 mal im Radio und gehen dann zu Eurem Konzert - sondern ausschließlich dahin.

Das bedeutet für den Musiker, dass er keinerlei Regulativ für die Qualität seiner Songs hat.
Und auch deshalb schreiben so unglaublich viele Musiker so unglaublich viele überflüssige Songs.

Lösung: keine Konzerte geben, ausschließlich proben und Songs schreiben.
Die Songs aufnehmen und veröffentlichen.
Werden sie Hits: Konzerte geben.

Werden sie Flops: nur noch in Coverbands spielen - und mir nicht mehr mit schlechten Songs auf den Sack gehen.

Greetz

(hihihi, die letzten beiden Absätze waren natürlich nur Jux)
 
Zuletzt bearbeitet:
damit wir uns nicht missverstehen: es geht mir nicht um "bedeutungsvolle Songs".

Wenn ich dich korrigieren darf: doch, dir selbst ging es darum. Zumindest vorgestern noch, in Beitrag #27:

Ich denke auch nicht, dass wir hier im Thread über die beste Vermarktung reden - wir reden doch eigentlich darüber, wie man Songs schreibt, die Bedeutung haben.

Ich habe da nur deinen Begriff von "Songs mit Bedeutung" übernommen, der stammt nicht von mir.

Bedeutungsschwangere Songs werden nie Popsongs,

Das ist so pauschal, denke ich, kaum haltbar. Es gibt genügend Songs, die eine hohe Popularität erreichten, weil ihre Inhalte Menschen etwas bedeuten. Another brick in the wall/Lili Marleen/Wind of change/Candle in the wind/Blowin' in the wind/und, und, und...alles populäre Lieder bzw. Songs, die erst dadurch populär wurden, weil mit ihnen eine Bedeutung verknüpft wurde.

die Show auf der Bühne, das Image des Künstlers usw. hat NICHTS mit Musik zu tun. GAR NICHTS! Musik ist eine Aneinanderreihung von Tönen in eine Gesamtheit, die beim Hörer eine Wirkung erzeugen kann.

Na gut, vielleicht haben wir beide unterschiedliche Defintionen von Musik. Es gibt viele Erscheinungsformen von Musik, aber alle wesentlichen, die ich kenne, haben damit zu tun, daß Musik mit allen Sinnen wahrgenommen wird. Musik in "Reinform", also nur als klingende Töne, gibt es schlichtweg nicht...das ist eine ideale Vorstellung, die aber in unserer Welt so nicht vorkommt. Immer gibt es beim Musikhören Einflüsse auf den Hörer neben den eigentlichen Tönen, die mit Musik verknüpft werden. Der Hörer befindet sich in einer Hörsituation, die mit seiner sozialen Umgebung, seinem Lebensalter, seinem Wohlbefinden usw. verknüpft wird...und nicht zuletzt spielen auch optische Eindrücke beim Musikhören eine Rolle. Eben deswegen, weil der Mensch ein Augentier ist und den Sehsinn nicht ausschalten wird. Wenn es so wäre, wie du sagst, könnte Musik ohne optische Eindrücke existieren. Aber genau das ist nicht der Fall: jede Musik bringt in irgendeiner Weise ihren optischen Eindruck mit. Selbst ein gekauftes MP3-File im Netz bei Amazon wird mit einer Grafik oder einem Bild des Künstlers angeboten. Den optischen Eindruck soweit zu verneinen wie du es tust, halte ich für übertrieben radikal argumentiert.

Soviele in der Kürze, gerne demnächst mehr, aber der Job ruft...

Harald
 
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Kurz und naiv und subjektiv:
  • Ich habe technisch weder an Gitarre noch an Gesang je einen Standard geschafft, den ich auch nur als zufriedenstellend bezeichnen würde. Trotzdem bin ich regelmäßig auf Bühnen und finde auch immer genug Leute, die das gut finden, was ich mache.
  • Meinen Lebensunterhalt verdiene ich woanders. Aber Musik ist ein Lebensmittel für mich.
  • Da ich keinerlei messbaren Erfolg vorzuweisen habe, bin ich auch nicht an irgendwelche Hörerwartungen gebunden. Ich mach meinen Stiefel und find sowohl ein paar Leute, denen das gefällt, als auch ein paar Mitstreiter, die mir bei der Geräuscherzeugung zur Hand gehen (nee, Quatsch, wir rocken einfach zusammen, mit Down & OUT seit über 25 Jahren).
  • Tatsächlich habe ich seit ich in Lohn und Brot und famili stehe, kaum noch einen guten Song geschrieben, im Schnitt etwa alle drei bis vier Jahre einen. Vorher schrieb ich so viele IN EINER WOCHE! Mein Fundus ist also ganz ordentlich. Vom Niveau her sind sie ganz brauchbar, ohne ins Unglaublich-Geniale zu lappen. Sie brauchen sich nicht zu verstecken.
  • Ich covere trotzdem recht viel - zum Einen, weils langweilig wird, wenn keine neuen Lieder ins Repertoire kommen, zum Anderen, weils so viele bessere Lieder als meine gibt. Gottseidank halten die eigenen Lieder stand, so dass ich (glaubich) noch nie einen reinen Cover-Gig abgeliefert hab. Und schlussendlich ist es ganz nett, wenn das Publikum mal was wiedererkennt und mitgeht.
  • Ich hab keine Ahnung, ob ich an Konventionen gebunden bin - meine Ausgangspunkt ist dieses Neil-Young-Ding, aber da bin ich glaubich inzwischen recht weit von entfernt - das ist imho eine Frage, die sich nicht für sich selbst beantworten lässt.

Haut rein
 
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Na gut, vielleicht haben wir beide unterschiedliche Defintionen von Musik. Es gibt viele Erscheinungsformen von Musik, aber alle wesentlichen, die ich kenne, haben damit zu tun, daß Musik mit allen Sinnen wahrgenommen wird. Musik in "Reinform", also nur als klingende Töne, gibt es schlichtweg nicht...das ist eine ideale Vorstellung, die aber in unserer Welt so nicht vorkommt. Immer gibt es beim Musikhören Einflüsse auf den Hörer neben den eigentlichen Tönen, die mit Musik verknüpft werden. Der Hörer befindet sich in einer Hörsituation, die mit seiner sozialen Umgebung, seinem Lebensalter, seinem Wohlbefinden usw. verknüpft wird...und nicht zuletzt spielen auch optische Eindrücke beim Musikhören eine Rolle. Eben deswegen, weil der Mensch ein Augentier ist und den Sehsinn nicht ausschalten wird. Wenn es so wäre, wie du sagst, könnte Musik ohne optische Eindrücke existieren. Aber genau das ist nicht der Fall: jede Musik bringt in irgendeiner Weise ihren optischen Eindruck mit. Selbst ein gekauftes MP3-File im Netz bei Amazon wird mit einer Grafik oder einem Bild des Künstlers angeboten. Den optischen Eindruck soweit zu verneinen wie du es tust, halte ich für übertrieben radikal argumentiert.


Harald

Wenn ich mich da mal kurz einklinken darf.
Ich bin exakt der Meinung von Return. Musik ist ein Transportmittel. Die Optik ist ebenfalls ein Transportmittel.
Über die Optik kann kein Musiktransport stattfinden. Über die Oprik werden andere Dinge transportiert, die zwar mal passend zur Musik gewählt sein mögen und dann eine Zusatzinformation darstellen.
Lebenswichtig für das Wesen der Musik sind sie in keinem einzigen Fall, Filmmusik mal ausgenommen, die ja zweckbezogen die Optik mit ihren Mitteln verstärken soll.

Lese ich ein Buch, bilden sich in meinem Kopf Bilder.
Höre ich Musik, bilden sich in meinem Kopf ebenfalls Bilder; wenn eine Message vorhanden ist, dann auch darauf bezogene Gedanken; es bilden sich auch körperbezogene Anregungen rhythmischer und emotionaler Art, die aber, genau wie beim Buchlesen auf meiner individuellen Verarbeitung beruhen und die Fantasie anregen.

Wird ein Buch verfilmt, so wird mir die Möglichkeit der visuellen Umsetzung (Kopfkino) geklaut, oder abgenommen.
Genauso ist es bei der Begleitung von Musik durch starke optische Zusatzreize. Bühnenoutfit, Choreografie, Gestik etc. transportieren zudem Signale, die beim Zuhörer (-schauer) Gruppenreflexe hervorrufen sollen, wie Solidarisierung mit dem propagierten Hipstertum, Anfeuerung zum Widerstand gegen das "System", Haß, Gewalt, Sporteuphorie, Uniformität, Marschierlaune und was auch immer der Musik als Zusatzmüll aufladbar sein mag.
 
Wenn ich dich korrigieren darf: doch, dir selbst ging es darum. Zumindest vorgestern noch, in Beitrag #27:

Was jemand in Beitrag 27 schreibt muss nicht das Thema des Threads sein.

Ich habe da nur deinen Begriff von "Songs mit Bedeutung" übernommen, der stammt nicht von mir.

Ich sprach abe rnicht von Songs, die vom Autor so geschrieben wurden, um etwas zu bewirken, zum Beispiel eine Gesellschaftsveränderung, sondern von Songs, die nicht Massenware sind. Also bedeutende Songs im Gegensatz dazu.

Das ist so pauschal, denke ich, kaum haltbar. Es gibt genügend Songs, die eine hohe Popularität erreichten, weil ihre Inhalte Menschen etwas bedeuten. Another brick in the wall/Lili Marleen/Wind of change/Candle in the wind/Blowin' in the wind/und, und, und...alles populäre Lieder bzw. Songs, die erst dadurch populär wurden, weil mit ihnen eine Bedeutung verknüpft wurde.

Auch hier sprach ich nicht von Songs, die Leuten etwas bedeuten können - auch "Alle meine Entchen" kann einzelnen etwas bedeuten, haben aber nicht die Bedeutung eines Songs wie (I cant get no) Satisfaction z. B.
Anhand dieses Songs kann man wunderbar erkennen, wie ein guter Popsong entsteht: Jagger und Co haben sich garantiert nicht hingesetzt, und überlegt "wie schreiben wir jetzt einen Song, der die Unzufriedenheit unserer generation widerspiegelt, diese Botschaft wollen wir rüberbringen" - sondern Jagger hat einfach seine EIGENE Unzufriedenheit mit dem von der piefigen Elterngerneration bestimmten Leben in Worte gefasst, Richards hat (durch Zufall, beim Ausprobieren eines Zerrers) ein aggressives Riff dazu geschrieben. Und Millionen junger Leute fanden sich darin wieder, es wurde der Song einer ganzen Generation. Zufall.

Sobald Musiker versuchen, eine konkrete Botschaft mit einem Popsong rüberzubringen, wird es (mit Ausnahme solcher Folkleute wie vielleicht Dylan) peinlich, weil bemüht.
"Wind of Change" z. B. (das Du als Beispiel anführst) ist eine oberpeinliche Scheiße einer oberpeinlichen Band, die sich mal eben schnell an eine historsiche Situation drangehängt hat, um Geld zu verdienen. Absolut grauenhaft. Allein schon die "Gorky Park" Textzeile - die Burschen haben garantiert den gleichnamigen Film gesehen und das mal eben eingebaut. Billig. Ist etwa auf demselben Level wie "I've been looking for freedom" von The Hoff.

"Lilli Marleen" war der zweite Anlauf, den Song zu bringen, der erste Versuch war ein Flop. Die Platte wurde (kein Märchen, tatsächlich verbrieft) nur deshalb ein Hit, weil der deutsche Soldatensender "Radio Belgrad" in den ersten Wochen nur 20 Platten vorliegen hatte - der Rest war noch nicht geliefert. Daher kam die Scheibe sozusagen in die "Heavy Rotation". Ohne diesen Umstand wäre die Platte nie international so erfolgreich geworden, denn die Nazis hätten diesen wehmütigen Song garantiert verboten - ging aber nicht mehr, er war schon zu berühmt.
Auch dieser Song ist nicht mit einer Intention geschrieben worden, die irgendwie die Welt verbessern sollte, sondern die Basis ist einfach nur ein schon recht altes Gedicht, das lange vor dem WW2 geschrieben wurde.


Na gut, vielleicht haben wir beide unterschiedliche Defintionen von Musik. Es gibt viele Erscheinungsformen von Musik, aber alle wesentlichen, die ich kenne, haben damit zu tun, daß Musik mit allen Sinnen wahrgenommen wird. Musik in "Reinform", also nur als klingende Töne, gibt es schlichtweg nicht...das ist eine ideale Vorstellung, die aber in unserer Welt so nicht vorkommt. Immer gibt es beim Musikhören Einflüsse auf den Hörer neben den eigentlichen Tönen, die mit Musik verknüpft werden. Der Hörer befindet sich in einer Hörsituation, die mit seiner sozialen Umgebung, seinem Lebensalter, seinem Wohlbefinden usw. verknüpft wird...und nicht zuletzt spielen auch optische Eindrücke beim Musikhören eine Rolle. Eben deswegen, weil der Mensch ein Augentier ist und den Sehsinn nicht ausschalten wird. Wenn es so wäre, wie du sagst, könnte Musik ohne optische Eindrücke existieren. Aber genau das ist nicht der Fall: jede Musik bringt in irgendeiner Weise ihren optischen Eindruck mit. Selbst ein gekauftes MP3-File im Netz bei Amazon wird mit einer Grafik oder einem Bild des Künstlers angeboten. Den optischen Eindruck soweit zu verneinen wie du es tust, halte ich für übertrieben radikal argumentiert.

Ich wollte einfach nur verdeutlichen, dass man Musik HÖRT - und nicht sieht. Musik genießt man nicht mit allen Sinnen, man HÖRT sie. Man HÖRT mit den Ohren, nicht mit den Augen. Oder riechst Du mit den Füßen?
Und ich wollte einfach nur verdeutlichen, dass man erstmal gute Songs schreiben sollte, statt zu versuchen, ein halbgares Lied mit ner tollen Show aufzumöbeln.
"Ein bisschen New Wave hier, ne Schippe Electronic da - und schon laufen die Leichen Weltrekord.

Soviele in der Kürze, gerne demnächst mehr, aber der Job ruft...

Harald

Bis demnächst

- - - Aktualisiert - - -

Wenn ich mich da mal kurz einklinken darf.
Ich bin exakt der Meinung von Return. Musik ist ein Transportmittel. Die Optik ist ebenfalls ein Transportmittel.
Über die Optik kann kein Musiktransport stattfinden. Über die Oprik werden andere Dinge transportiert, die zwar mal passend zur Musik gewählt sein mögen und dann eine Zusatzinformation darstellen.
Lebenswichtig für das Wesen der Musik sind sie in keinem einzigen Fall, Filmmusik mal ausgenommen, die ja zweckbezogen die Optik mit ihren Mitteln verstärken soll.

Lese ich ein Buch, bilden sich in meinem Kopf Bilder.
Höre ich Musik, bilden sich in meinem Kopf ebenfalls Bilder; wenn eine Message vorhanden ist, dann auch darauf bezogene Gedanken; es bilden sich auch körperbezogene Anregungen rhythmischer und emotionaler Art, die aber, genau wie beim Buchlesen auf meiner individuellen Verarbeitung beruhen und die Fantasie anregen.

Wird ein Buch verfilmt, so wird mir die Möglichkeit der visuellen Umsetzung (Kopfkino) geklaut, oder abgenommen.
Genauso ist es bei der Begleitung von Musik durch starke optische Zusatzreize. Bühnenoutfit, Choreografie, Gestik etc. transportieren zudem Signale, die beim Zuhörer (-schauer) Gruppenreflexe hervorrufen sollen, wie Solidarisierung mit dem propagierten Hipstertum, Anfeuerung zum Widerstand gegen das "System", Haß, Gewalt, Sporteuphorie, Uniformität, Marschierlaune und was auch immer der Musik als Zusatzmüll aufladbar sein mag.

Hervorragend gesagt!

- - - Aktualisiert - - -

Kurz und naiv und subjektiv:
  • Ich habe technisch weder an Gitarre noch an Gesang je einen Standard geschafft, den ich auch nur als zufriedenstellend bezeichnen würde. Trotzdem bin ich regelmäßig auf Bühnen und finde auch immer genug Leute, die das gut finden, was ich mache.
  • Meinen Lebensunterhalt verdiene ich woanders. Aber Musik ist ein Lebensmittel für mich.
  • Da ich keinerlei messbaren Erfolg vorzuweisen habe, bin ich auch nicht an irgendwelche Hörerwartungen gebunden. Ich mach meinen Stiefel und find sowohl ein paar Leute, denen das gefällt, als auch ein paar Mitstreiter, die mir bei der Geräuscherzeugung zur Hand gehen (nee, Quatsch, wir rocken einfach zusammen, mit Down & OUT seit über 25 Jahren).
  • Tatsächlich habe ich seit ich in Lohn und Brot und famili stehe, kaum noch einen guten Song geschrieben, im Schnitt etwa alle drei bis vier Jahre einen. Vorher schrieb ich so viele IN EINER WOCHE! Mein Fundus ist also ganz ordentlich. Vom Niveau her sind sie ganz brauchbar, ohne ins Unglaublich-Geniale zu lappen. Sie brauchen sich nicht zu verstecken.
  • Ich covere trotzdem recht viel - zum Einen, weils langweilig wird, wenn keine neuen Lieder ins Repertoire kommen, zum Anderen, weils so viele bessere Lieder als meine gibt. Gottseidank halten die eigenen Lieder stand, so dass ich (glaubich) noch nie einen reinen Cover-Gig abgeliefert hab. Und schlussendlich ist es ganz nett, wenn das Publikum mal was wiedererkennt und mitgeht.
  • Ich hab keine Ahnung, ob ich an Konventionen gebunden bin - meine Ausgangspunkt ist dieses Neil-Young-Ding, aber da bin ich glaubich inzwischen recht weit von entfernt - das ist imho eine Frage, die sich nicht für sich selbst beantworten lässt.

Haut rein

Das ist doch super. Wo ist das Problem?
 
Es gibt kein Problem.
zum einen das "Hauptthema" des Threads - ob wir in Konventionen gefangen wären. ich meine: meistens freiwillig. Bei mir sinds eher Prägungen als Publikumserwartungen, die mich oft dazu bringen, Lieder nach einem bestimmten Rezept aufzubauen. Richtig gut wirds eh erst, wenn man nicht mehr nach Rezept backt, sondern etwas neues ausprobiert. Ob man dabei von einer anderen Perspektive aus doch wieder zu den altbekannten Zutaten greift, sei nochmal dahingestellt.
Zum Anderen gings um ein ewiges Nebenthema - gute Songs schreiben. bei mir ists so, dass das wirklich etwas mit Zeit und Konzentration zu tun hat.
Den Rest darfst du als Melisma begreifen und in die Tonne treten.
 
Nunja, da müsste man erstmal definieren, was denn Konventionen wirklich sind.

Es gibt Hörgewohnheiten, die bei einem gelungenen Bruch derselben für besondere Aufmerksamkeit sorgen können - oder das Lied für die Konsumenten unhörbar machen.

Beispiel: wir wissen ja alle, dass der besondere Klangreiz des Gitarrenriffs des von mir weiter oben zitierten "Satisfaction" von den Stones darin besteht, dass der Bass eigentlich die "falschen" Töne zu den Grundakkorden spielt.
Genau das macht die Reibung aus, die den Hörern das Lied ins Hirn prügelt. Ein Hit.

Gegenbeispiel: Zwölftonmusik - noch weiter kann man sich nur schwer von Konventionen entfernen.
Ergebnis: nahezu unhörbar, irgendeine Melodie zu finden, die man nachpfeifen könnte, ist praktisch unmöglich. Flop. Theoriemusik für final Verkopfte.

Das alles hat was mit Hörgewohnheiten, mit frühgeschichtlicher Prägung, aber auch mit rein anatomisch/biologischen Zusammenhängen zu tun.

Ich versuche das mal in eine einfache Formel zu packen:
Der Bruch von Konventionen kann einen Hit produzieren - oder rüberkommen wie gewollt und nicht gekonnt.
 

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