Der Berg

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Mondluchs
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Hallo, ihr Texter und Textinteressierten!

Folgender Text ist ein für mich sehr wichtiger Versuch. Deswegen stelle ich ihn hier rein, um Reaktionen, Gedanken, Anregungen zu bekommen - egal ob es mehrere Absätze oder ein "Joa, ist okay" ist.


Der Berg

Der Berg ruft einen Namen
weil die Amseln nicht kamen
das Dach war viel zu warm
der Junge viel zu arm
Und keiner kann verstehen
warum will er nicht gehen?

Die Straße ruft einen Namen
weil kein Glas im Fensterrahmen
kein Blick hindurch geworfen
kein Fernsehbild entworfen
Und keiner kann verstehen
warum will er nicht sehen?

Das Meer ruft einen Namen
weil im Schiff die Anker lahmen
im Hafen genug Nass
im Keller genug Fass
Und kann es wirklich stimmen?
Der Junge kann nicht schwimmen.
 
Eigenschaft
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi Mondluchs,

ganz spontan, nach zweimaligem lesen:
verstehe ich nicht, kapiere ich nicht, würde ich als non-sense-text einstufen (käme dann auf die umsetzung an ob es als parodie durchgehen kann bzw. gemeint ist) - habe kurz drüber nachgedacht, ob das nicht-logische, das inhaltlich nicht-passende provozierende verstörung sein soll, ob sich dahinter ein "mehr" auftut - und habe dies nicht weiterverfolgt, weil es mir zu wenig reizvoll erschien ...

hoffe das hilft dir als reaktion weiter bezüglich deines experimentes ...

x-Riff
 
Hi Mondluchs,

Ich lese: Der Berg ruft...

Ich lese unterschwelliges Fernweh und die Angst des LI, in der Ferne nicht zu Recht zu kommen.
Es könnte sogar die endgültige Ferne, der Tod gemeint sein.

Ich lese Assoziationsketten, die mir in diesem Sinne stimmig erscheinen

das Dach war viel zu warm
der Junge viel zu arm
...
weil kein Glas im Fensterrahmen
kein Blick hindurch geworfen
...
weil im Schiff die Anker lahmen
im Hafen genug Nass
im Keller genug Fass
Und kann es wirklich stimmen?
Der Junge kann nicht schwimmen.

Und Zeilen, die SO gesehen, wenig Sinn machen:

weil die Amseln nicht kamen
kein Fernsehbild entworfen
Ups, obwohl "Fernseh-Bild" hat ja auch etwas...

Auf Anhieb stört mich der "viel zu arme" Junge
und die LOGIK- Konstruktion: ruft...weil...
Vielleicht rufen Berg, Strasse und Meer: FEIGLING?

DAS wäre aber mit dem Wort "Name" recht unelegant beschrieben...

Naja, so recht Feuer fange ich bisher ebenfalls nicht.
 
Ich danke euch beiden für eure ehrliche Meinung.

@x-Riff
Es ist keinesfalls ein non-sense Text, im Gegenteil.

Jongleurs Gedankengänge freuen mich, weil es mir zeigt, dass die ungefähre Richtung, die ich vorgeben möchte, teilweise schon ankommt. Gleichzeitig wird mir jedoch gezeigt, dass diese Art des Schreibens mir noch sehr fremd ist, obwohl ich sie schöne finde.

Nach euren Beiträgen habe ich mir Gedanken gemacht, und den Gedanken der ersten "Rohversion" wieder genommen, versucht, die für mich wichtigsten Elemente neu zu formieren... hier ist das Ergebnis davon. Gedanken, Anregungen, Kommentare würden mich sehr freuen. :)

Der Berg

Der Berg
ruft einen Namen
Geröll rutscht herab
und ebnet das Grab
Den Jungen und Lahmen

Der Berg
verhöhnt einen Namen
Gestrüpp zerrt hinweg
zum anderen Dreck
Den Jungen und Lahmen

Der Berg
zerstört einen Namen
Gewitter packt zu
und ewige Ruh
Den Jungen und Lahmen

Der Berg
vergisst einen Namen
Gefälle bereit
zum letzten Geleit
Den Jungen und Lahmen
 
Mondluchs, Du übst dich in gereimten Assoziationen? Du assoziierst dich im reimenden Gehen? In Dich reimen geübte Assoziationen? :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich übe die Worte, die ich niederschreibe, bewusster zu wählen. Ich übe mich im Verwenden von Bildern, im Zeichnen einer Welt, die nicht gedacht, sondern gefühlt wird. Ich nenne es für mich "Poesie", und eben jene fehlt meinen Texten, die schaffende Hand ist hastig und lässt somit manche Ideen zu ungeschliffen. Ruhe will ich einbringen, das Spüren jedes Wortes, jeder Phrase.

In anderen Worten: ich will Wörter endlich wie Noten spielen können, Texte wie Musikwerke entstehen lassen, auf der Klaviatur der Sprache Melodien und Akkorde schaffen, die in ihrer Harmonie wohl zu verstehen sind, doch nicht in ihrer Wirkung. Ich will dieses exotische Instrument "Sprache" jeglicher Form mir zu Eigen machen.

Es ist schwer, denn das Ohr ist nicht trainiert - abgestumpft durch die täglichen Dissonazen, die mir in meinem erLeben begegnen. Doch meine ich etwas in mir zu empfinden, eine Regung, die sanfte Schwingungen in meinem Äther des Bewusstseins schlägt - Schwingungen, die mich dazu veranlassen, zwei Minuten lang zu überlegen, welcher Begriff in einem Satz am Schönsten gewählt sein könne.

Das alles sagt natürlich nicht direkt etwas über meinen Text weiter oben aus, weswegen ich weiter auf unvoreingenommene Interpretationen, Kritiken, Anregungen und auch kurze Kommentare sehr gespannt bin. :)
 
Hallo Mondluchs,
ich glaube, ich kann deine Herangehensweise verstehen.
Es ist sehr schwer, mit wenigen Wörtern ein "Bild" im Kopf zu malen. Manchmal ist dann zuviel "um die Ecke denken" nötig oder es wirkt trotz weniger Worte überfrachtet, weil ein Wort die Kraft von drei anderen hat.
Man möchte manchmal auch auf nichts verzichten und wenn dann die Musik dazu kommt wird es zu kompliziert, man kann nicht mehr folgen.....(der Zuhörer hat ja nur begrenzte Zeit, um alles zu verstehen)
Deinen zweiten Text finde ich wesentlich besser, ist in sich schlüssiger und irgendwie harmoniert er in sich ganz anders als im ersten Beitrag.
Viele Grüße
 
Lieber Mondluchs,

auch wenn ich vorgestern sehr lakonisch schrieb: Dein "Experiment" berührt mich über Hunderte von Kilometer. Und falls dieser konkrete Faden hier reißen sollte... vielleicht treffen wir uns dann hierzu noch mal im PF? :)

Ansonsten:

Stört mich ein wenig das stereotype: "Jungen und Lahmen".

Einerseits verweigern sich meine Sinne etwas.
Andererseits könnte es (wenn schon denn schon) mehr variieren. Siehe spielerisch gemeinten Vorschlag:

Der Berg

Der Berg
ruft einen Namen
Geröll rutscht herab
und ebnet das Grab
Der Jungen und Lahmen

Der Berg
verhöhnt einen Namen
Gestrüpp zerrt hinweg
zum anderen Dreck
Die Jungen und Lahmen

Der Berg
zerstört einen Namen
Gewitter packt zu
und ewige Ruh
Den Jungen und Lahmen

Der Berg
vergisst einen Namen
Gefälle bereit
zum letzten Geleit
Die Jungen und Lahmen

Ups... und schon hat mein Verstand dein Gedicht akzeptiert - oder besser gesagt okkupiert.:D

Gratuliere

Lg
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Mondluchs,


Mit der ersten Version konnte ich überhaupt nichts anfangen - Ich sah, das wohl irgendetwas dahintersteckt, kam jedoch nicht direkt darauf und der Text war nicht spannend oder mitreißend, sodass ich versucht hätte, eine Interpretation zu starten. Nach deinem letzten Beitrag und der zweiten Version sieht es schon viel besser aus, entstanden ist ein toller Text, bei dem man das Gefühl hat, jedes Wort ist wohlüberlegt (was es ja auch dann ist ;)). Manchmal muss man Texte nicht zu 100% verstehen, um sie gut zu finden. Die übergeordnete Metapher 'Tod' finde ich jedoch deutlich (Grab, ewige Ruh).

Gefällt :great:

Gruß Priceless
 

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