Das Tagpfauenauge

  • Ersteller Teestunde
  • Erstellt am
Echt? - Für meine Ohren ist das ganz normale Sprache, aber danke für den Fingerzeig. Ich werde in Zukunft mal drauf achten, ob und wann ich "edel angemalt" rüberkomme.
Es kommt immer auf den Kontext an.
a) Auf einer abstrakten, scheinbare statischen Ebene schafft einer Personifizierung von Dingen Abwechslung, eine erwünschte anschauliche Lebendigkeit. Auch Kästner kann glänzend personifizieren, aber eben abhängig vom Kontext.

Nordwind bläst. Und Südwind weht.
Und es schneit. Und taut. Und schneit.
Und indes die Zeit vergeht
bleibt ja doch nur eins: die Zeit.

Pünktlich holt sie aus der Truhe
falschen Bart und goldnen Kram.
Pünktlich sperrt sie in die Truhe
Sorgenkleid und falsche Scham.

In Brokat und seidnen Resten,
eine Maske vorm Gesicht,
kommt sie dann zu unsren Festen.
Wir erkennen sie nur nicht.

b) Aber ich empfinde es höchstens sentimental, wenn ein gleichgültige LI erzählt, dass einige Glieder des Falters noch „in der Luft rühren“…? wo ein „ seine Fühler bewegen sich noch“ reichte, zu sagen, dass er noch lebt.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Hier [betrifft die Schuhe] stehe ich wieder auf dem Schlauch. Was meinst du damit? :)
Wenn keine Nadel da war, das Tier zu töten, hätte vielleicht ein Schuh gereicht, das Tier zu erlösen… und wenn letztlich einfach überhaupt keine Lust da gewesen wäre, es zu erlösen, wäre auch das ein besserer Schluss als der momentane, den ich weniger als offen verstehe, sondern eher als verschlossen

Ich empfehle in diesem Zusammenhang Bukowski, der gern mit brutalem Vergnügen und Vergnügungen seine Leser schockiert. Dabei kann auch Bukowski sehr, sehr leise und zärtlich dichten, aber das ebenfalls nur kontextabhängig.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Aber ich empfinde es höchstens sentimental, wenn ein gleichgültige LI erzählt, dass einige Glieder des Falters noch „in der Luft rühren“…? wo ein „ seine Fühler bewegen sich noch“ reichte, zu sagen, dass er noch lebt.
Ja. Das stimmt. Ich sollte sparsamer sein mit meinen Worten. Allerdings hatte ich diese in der Luft rührenden Fühler so deutlich vor Augen...
Beitrag automatisch zusammengefügt:

War Bukowski nicht der mit dem Hirten, der sich verspätet hat? Ich wollte ihn mir schon längst mal ausleihen, hatte es dann aber wieder vergessen. Wird nachgeholt! :)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich sollte sparsamer sein mit meinen Worten.
So absolut und generell meine ich das gar nicht! Ich bin nur davon überzeugt, dass spontane Sprache (leider) stets mehr Geheimnisse preisgibt, als vom Sprecher gewollt ist. Vielleicht ist DAS der Hintergrund dafür, dass erfolgreiche Autoren so viel Zeit für Überarbeitungen investieren…,

Ich habe in den letzten Wochen mit meiner Partnerin das langsame Sterben eines nahen Menschen begleitet und sooo oft plötzlich die Ehrlichkeit oder wenigstens Zweckmäßigkeit unserer Worte am Sterbebett in Frage gestellt. Immer wieder aufs Neue verunsichert. Vielleicht bin ich deshalb momentan besonders hellhörig…
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich bin nur davon überzeugt, dass spontane Sprache (leider) stets mehr Geheimnisse preisgibt, als vom Sprecher gewollt ist
Mir kam es drauf an, absolut ehrlich zu bleiben, auch wenn ich dabei keine gute Figur mache. Eigentlich war ich nicht wirklich gleichgültig. Ich bin vor der Hilflosigkeit geflüchtet. Vor meiner. Jetzt, wo mir das einfällt, müsste ich den Schluss eigentlich ändern. Oder einen zweiten Text nachreichen. Oder deine Hinweise wenigstens als Lektion verbuchen. :)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Mir kam es drauf an, absolut ehrlich zu bleiben
Ich weiß nicht, ob man dem Tod ehrlich begegnen kann. Vielleicht reicht es schon, wenn man ihm bescheiden begegnet. Ohne jede Eitelkeit… :unsure:
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Eigentlich war ich nicht wirklich gleichgültig. Ich bin vor der Hilflosigkeit geflüchtet. Vor meiner.
Ja, darüber habe ich die ganze Zeit unsere Austausches nachgedacht. Was bedeutet diese Hilflosigkeit: Schwäche, Unreife, Unfähigkeit sich einer fremden Überlegenheit unterzuordnen. Also Arroganz?

Ich kenne in eigener Sache bisher keine überzeugende Antwort. Aber das gibt mir die Hoffnung, künftig eine befriedigendere Antwort zu finden. Das kommt mir wie ein Licht am Horizont vor.

Eigentlich bin ich mir recht sicher, dass du mich in diesem Punkt ganz gut verstehen kannst.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Was bedeutet diese Hilflosigkeit:
Ich weiß es nicht. Vielleicht Flucht vor der Traurigkeit?
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Autsch, jetzt hab ich Bukowski mit Bobrowski vertauscht. ;)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich glaube, man begegnet den Tod genau so ehrlich oder unehrlich wie anderen Dingen.
Man hat nur einfach kaum Erfahrungen mit dem Tod und mit dem eigenen gar keine. Deswegen ist Hilflosigkeit und Ratlosigkeit und das Gefühl, überwältigt zu sein, angemessen und ungewohnt zugleich. Es kann sehr hilfreich sein, sich und anderen das zuzugestehen, aber das löst leider auch nicht das Problem, wie man sich denn im Umgang mit einem sterbenden Menschen (habe in den letzten Jahren dies ebenfalls erlebt) verhalten könnte oder sollte - und ob einem das der sterbende Mensch selbst sagen kann, ist auch so eine Frage ...

Flucht - um den Bezug zum Text wieder zu sehen - ist in einer überfordernden Situation durchaus eine natürliche und ehrliche Reaktion. Nur flieht man leider nur aus der konkreten Situation und nicht vor der (eigenen) Hilflosigkeit als solcher. Insofern ist dieser Text das Ergebnis des Erinnerns als ein "Nicht-Entrinnen-Können" mitsamt der empfundenen Scham über die Hilflosigkeit und die Flucht. Und so empfinde ich den Text mit diesem Ende als stimmig und ehrlich. Und als aufrichtiger als eine quasi im Nachhinein aus künstlerischen Gründen hinzugefügte Pointe. (Ich glaube nicht unbedingt, dass das so gemeint oder gefordert wurde - für mich hatte es trotzdem einen Anflug von "Das kann man doch so nicht stehen lassen".) Für mich wird gerade dadurch direkt auf das Thema Tod und Hilflosigkeit gezeigt - und darum geht es, was mich angeht.

Dass das Lyrische Ich vor der eigenen Hilflosigkeit geflüchtet ist - das kann man so schreiben. Man kann es aber auch dem Publikum überlassen, darauf selbst zu kommen.

x-Riff
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Ich weiß es nicht. Vielleicht Flucht vor der Traurigkeit?
Vor dem Unvermögen, den Tod als sinnvollen Vorgang zu begreifen? So wie Rilke in seinem vielleicht schönsten Sonett, wo er mE darüber redet, wie der Mensch unter der Erde zu Nahrung für die Nachkommenden zerfällt.

Stiller Freund der vielen Fernen, fühle,
wie dein Atem noch den Raum vermehrt.
Im Gebälk der finstern Glockenstühle
laß dich läuten. Das, was an dir zehrt,

wird ein Starkes über dieser Nahrung.
Geh in der Verwandlung aus und ein.
Was ist deine leidendste Erfahrung?
Ist dir Trinken bitter, werde Wein.

Sei in dieser Nacht aus Übermaß
Zauberkraft am Kreuzweg deiner Sinne,
ihrer seltsamen Begegnung Sinn.

Und wenn dich das Irdische vergaß,
zu der stillen Erde sag: Ich rinne.
Zu dem raschen Wasser sprich: Ich bin.

Es gibt seit langer Zeit keinen Text, der mich in dieser Art stärker berührt. Denn dieser Text animiert magisch, stets in der Verwandlung aus- und einzugehen! Trost von einem Dichter (auch) für Dichter…

Und auf dieser eher abstrakten Ebene kommt man wohl ohne anspruchsvolle Sprache nicht voran…
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Es kann sehr hilfreich sein, sich und anderen das zuzugestehen, aber das löst leider auch nicht das Problem, wie man sich denn im Umgang mit einem sterbenden Menschen (habe in den letzten Jahren dies ebenfalls erlebt) verhalten könnte oder sollte - und ob einem das der sterbende Mensch selbst sagen kann, ist auch so eine Frage ...
Stimme ich dir 100% zu! (y)
 
Zuletzt bearbeitet:
Mein Mann starb genau in der Stunde, als ich den Raum für eine Weile verlassen hatte. Und jetzt komme ich darauf: Diese hilflos in der Luft rührenden Fühler des Schmetterlings brachten mir die Frage zurück, wie hilflos er sich wohl gefühlt haben mochte. Eine Unterstellung wahrscheinlich, aber solche Fragen kommen einem eben auch. Vielleicht hat mir der Schmetterling deswegen keine Ruhe gelassen. Zu anderer Zeit und ohne dieses Gefühl hätte ich ihn problemlos erlösen können...

Danke für das schöne Sonett!
 
  • Gefällt mir
  • Interessant
Reaktionen: 2 Benutzer
Diese hilflos in der Luft rührenden Fühler des Schmetterlings brachten mir die Frage zurück, wie hilflos er sich wohl gefühlt haben mochte. Eine Unterstellung wahrscheinlich, aber solche Fragen kommen einem eben auch. Vielleicht hat mir der Schmetterling deswegen keine Ruhe gelassen. Zu anderer Zeit und ohne dieses Gefühl hätte ich ihn problemlos erlösen können...
Ich hatte in aller Stille etwas in diese Richtung vermutet… und deshalb lange gezögert, gerade DIESEN Text in Frage zu stellen, denn ich wollte nicht mehr verletzten, als es Kritiken erfahrungsgemäß leider tun.

Aber dann reizte mich die Hoffnung auf eine produktive Diskussion dennoch mehr! Du kennst mich ja nun auch schon ein paar Tage….

Alles Gute weiterhin
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Ich bin froh, dass du noch mal damit angefangen hast. Jetzt sehe ich klarer, bin mir selbst auf die Spur gekommen. Trotzdem lasse ich den Text so. Es wäre besser, lieber noch einen anderen zu schreiben. Sonst sitze ich zuletzt nur vor einem Haufen Wörterbrei und was ich sagen wollte, hat sich aufgelöst.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Alles Gute klingt so nach Abschied?!?
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Mein Mann starb genau in der Stunde, als ich den Raum für eine Weile verlassen hatte. Und jetzt komme ich darauf: Diese hilflos in der Luft rührenden Fühler des Schmetterlings brachten mir die Frage zurück, wie hilflos er sich wohl gefühlt haben mochte. Eine Unterstellung wahrscheinlich, aber solche Fragen kommen einem eben auch. Vielleicht hat mir der Schmetterling deswegen keine Ruhe gelassen. Zu anderer Zeit und ohne dieses Gefühl hätte ich ihn problemlos erlösen können...
Wir haben meinen Vater zu dritt begleitet und uns abgelöst und er ist in der Stunde gestorben, in der er allein war.
Eine Schwester sagte uns später, dies käme nicht selten vor. Ich sehe es heute als eine (unbewusste) Entscheidung meines Vaters - und er hatte jedes Recht dazu. Ich selbst bin unsicher, was mir lieber wäre, käme ich in diese Situation.

Ich hadere nicht damit, was - so vermute ich - damit zusammen hängt, dass er, so wie meine Mutter vor einigen Monaten, bereit war, zu gehen. Die Trauer ist etwas für die Hinterbliebenen - es reicht, wenn sie ihre Trauer tragen.

Danke für das Weiterführen der Diskussion, deren Ausgangspunkt der Text war und die schon seit einigen Beiträgen über ihn hinausgeht - gut, dass Texte dies vermögen.

x-Riff
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Danke für das Weiterführen der Diskussion, deren Ausgangspunkt der Text war und die schon seit einigen Beiträgen über ihn hinausgeht - gut, dass Texte dies vermögen.
Die Autor*innen bitten um ein Urteil. Ein Urteil - das klingt bedrohlich. Was wissen wir denn schon über die Autor*innen.

Dabei hilft uns allen die einfache Regel eines Verteidigers: Je mehr wir über die Lebewesen und Dinge wissen, umso leichter fällt es uns, sie zu BEurteilen. Aber was mindestens genau so wichtig ist: Umso schwerer fällt es uns , sie zu VERurteilen! ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ich sehe mich nicht in der Rolle eines Urteil Fällenden oder Gebenden. Ich gebe ein Feedback darüber, wie ein Text bei mir ankommt, welche Wirkung er bei mir entfaltet, beschreibe verwendete Stilmittel, beziehe sie auf die Wirkung und die Motivation - ob vermutet oder angegeben - und gebe ab und an Anregungen oder versuche einen Text einzuordnen, auch in Bezug auf Vertonungsmöglichkeiten, die ich sehe.

Ich sehe mich nicht als Teil einer imaginären Jury, die ein Urteil fällt; zu welchem Behuf auch immer.

x-Riff
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
Ich sehe mich nicht in der Rolle eines Urteil Fällenden oder Gebenden. Ich gebe ein Feedback darüber, wie ein Text bei mir ankommt, welche Wirkung er bei mir entfaltet, beschreibe verwendete Stilmittel, beziehe sie auf die Wirkung und die Motivation - ob vermutet oder angegeben - und gebe ab und an Anregungen oder versuche einen Text einzuordnen, auch in Bezug auf Vertonungsmöglichkeiten, die ich sehe.
Und dabei beurteilst Du deine und meine Ansichten - nicht? ;) Mein Urteil lautet: „Wie du möchtest…“….:prost:
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Ein Urteil zu fällen ist für mich mit verschiedenen Aspekten verbunden, unter anderem einer Fachlichkeit, einer Wertbestimmung, wenn es in einer und in Bezug auf eine Öffentlichkeit oder aus einer bestimmten Position heraus geschieht, mit Eröffnungen von Zugängen oder dessen Gegenteil. Ich verbinde damit eine in der Regel - oder grundsätzlich? - asynchrone, hierarchische Beziehung. Im literarischen Quartett werden Urteile in Bezug auf literarische Qualität vor einem Publikum gefällt.

So sehe ich meine Rolle nicht und so sehe ich dieses Forum nicht. In dem obigen Sinne beurteile ich Deine Ansichten nicht. Das heißt nicht, dass sie mir gleichgültig sind oder dass ich keine Meinung oder Haltung über sie oder Einstellungen zu ihnen habe. Ich lege keinen Wert auf ein Werturteil, ich lege Wert auf einen Austausch, der mir mehr eröffnet als ein Urteil.

x-Riff
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Im Lexikon für Psychologie beispielsweise fand ich Folgendes zum Meinungsaustausch:
Meinung, ein bis heute nicht einheitlich definierter Begriff. In der Sozialpsychologie wird z.B. unterschieden zwischen Meinungen, Einstellungen und Überzeugungen. Meinung gilt als "kurzlebiges Urteil über augenblickliche, für die Öffentlichkeit relevante Themen" – im Gegensatz zu Einstellung als zeitlich stabile und wenig situationsabhängige Dimension, und Überzeugung als zentrale, zeitlich stabile und situativ unabhängige Wertorientierung (Werte).

Wir könnten jetzt darüber streiten … soll dann jemand ein Urteil fällen? ;) Nö, mein Wankelmut teilt ja auch deine Meinung. Unter anderen. :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Derjenige, der ein Urteil fällt, steht irgendwie über der Situation, oder?

Wir könnten uns auch einfach unterhalten - das geht sowohl auf Ebene der Meinungen als auch der Einstellungen als auch der Überzeugungen. Und sogar recht fundiert, wenn man will. Ich glaube, im Kantschen Sinne könnte ich Dir folgen, was das urteilen angeht, das sich durch Reflexion, Bemühen und Begründen von der bloßen Meinung abhebt. Das müsste ich im Zweifelsfall aber noch mal nachlesen. Allerdings kommt im landläufigen Sinne das Urteil recht häufig von einem Richter, ist mit irgendeinem Anspruch an Objektivität verbunden oder wird von der Kritik- oder Zensorenzunft ausgesprochen. Und da bin ich dann weg.

x-Riff
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben