Liebes Musikerboard, liebe Organisatoren,
wie schön, dass dieses weihnachtliche Spiel wieder stattfindet! Danke dafür. Ich will dann meinen Wunschzettel auch beitragen. Nicht jedoch ohne eine Geschichte* dazu darzulegen.
Leipzig 1991: Der noch junge Musiker Molle aus der Eisenbahnstraße hat mit drei Freundinnen aus dem Südwesten der Stadt gerade eine neue Band gegründet. Ihren Metalsound wollen sie mit Gitarre, Synh..Sün...Synht...Keyboard, Drums und natürlich Bass unter dem Namen „Saxonia Franchise“ an die Menschen bringen. Ein alter sowjetischer Marshall-Nachbau und die Gitarre vom Typ Ibanez sind schnell besorgt. Eine der Freundinnen, Lisa L. , bringt nach kurzer aber freudvoller Ehe mit dem Frankfurter Immobilieninvestor Henning R. einen Yamaha DX7 und rudimentäre Programmierkenntnisse des selben in die Band ein. Geprobt wird in einer leerstehenden Spinnerei, der Sound ist schnell gefunden. Die Gesangsanlage stammt aus einer hektisch aufgelösten Betriebsversammlung und konnte unter Vorwand im Kellerraum E7 angeeignet werden.
Die Bassistin der Band schreibt in großem Enthusiasmus bereits bis März 12 Songs, u.a für eine geplante EP zusammen. Die englischsprachigen Texte entstehen in gemeinsamer Feder mit Molle, der sich dank guter internationaler Vernetzung bereits in den vergangenen Jahren mit gutem Sprachverständnis ausstatten konnte.
Erste Liveauftritte organisiert sich seinerzeit die Leipziger Musikszene selbst*, in leerstehenden Geschäften der Altstadt oder am Postschuppen des großen Hauptbahnhofs. So auch „Saxonia Franchise“ - vor einem Publikum dass ihren schweren Sound aus schmelzenden Bass-Vierteln, verflixten Mollakkorden und grober FM Synthese dankend annimmt! Niemand bleibt auf den nicht vorhandenen Stühlen schon beim ersten Auftritt im alten Frisörladen „Deluxe“ in der großen Fleischergasse sitzen. Die PA schreit in dem kleinen Raum die Menge zusammen wie der rauhe Wind über den abgebaggerten Halden ihrer Heimat den Sand in die Wäscheleinen treibt. An diesem Abend bleibt kein Auge trocken. Auch nicht das von Sängerin und Bassistin Melanie T. , als sie ein Kronkorken einer Dresdener Biermarke direkt unter der rechten Augebraue trifft. Mit zugekniffenem Auge, singt sie die letzte Improvisation über eine Metalversion des Indiana-Jones-Themas tapfer zu Ende. Nachdem Molle mit dem Hals seiner Gitarre beim feurigen Schlussakkord gegen den Mikrofonständer stößt, als er sich gerade zu einer Besucherin vorbeugen will, bricht ein Stimmwirbel der Les-Paul Kopie ab und beendet mit einem lauten Feedback das Konzert gerade zum rechten Zeitpunkt.
Noch das ganze Jahr über wird die Band Auftritte absolvieren, mit einem Highlight beim illegalen OpenAir-Konzert auf einer Baustelle der A9, dass die sonntägliche Ruhe dort nutzt um fast 1000 Metalbegeisterte zu versammeln. Die Polizei kann erst nach 14 Songs die Veranstaltung auflösen*.
Das große Schicksalsjahr der Band soll aber schon 1992 folgen. Es ist kurz erzählt: Lisa liebt Melanie. Beim Auftritt im „Deluxe“ und dem verarzten der Optik-Blessur war es um die beiden geschehen. Die beiden wollen als Duo fortan ihre eigenen Wege gehen und gründen ein basslastiges Technoduo in der Nähe des Völkerschlachtdenkmals. Molle, der die beiden unterstützt mit der alten Soundanlage aus dem E7 besorgt der Musik der beiden damit nicht nur den Namen sondern auch die ersten Auftritte in der entstehenden Elektro-Szene. Er selbst findet zunächst eine neue Arbeit auf einer Baustelle der A9 und gründet schließlich 1994 mit der Drummerin (die nicht genannt werden will) einen Kostümverleih in Gohlis.
Der Bandgedanke liegt den beiden seit dem fern, nicht aber das Musikmachen. Sie experimentiert im Laufe als Künstlerin mit verschiedenen Drummachines, beispielsweise von Oberheim oder Roland. Molle nutzt die eigenen Lagerräume zum ansammeln diverser günstiger Amps, vor allem der Marke Suhr und Victory. Er stellt regelmäßig seine Pedaleffekte im Internet vor und diskutiert rege und manchmal angetrunken mit Usern, am liebsten über Tonhölzer. Die fortschreitende Digitalisierung lässt die Kreativität der beiden sprudeln, seit den 2000ern befasst sich seine nun Ehe-Frau mit dem Thema Sampling. Ihr sehnlichster Wunsch ist es wieder regelmäßig in kleinem Kreis aufzutreten mit alten Aufnahmen aus Brecht-Stücken und leisen Symphonien aus Besen-gestreichelten Ridebecken.
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Diese Geschichte ist komplett frei erfunden.
Ich wünsche mir das Elektron Octatrack MK II, weil es eine tolle Möglichkeit bietet ohne Laptop einen Liveflow zu schaffen und gleichzeitig tolle Soundqualität zu gewährleisten.
Ich wünsche euch allen eine sehr schöne Weihnachtszeit