Das Erfahren der Spielkultur des Metal-Gitarristen unter klassischer Herangehensweise

  • Ersteller -Imperator-
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Gute Musik entsteht selten auf dem Papier sondern am Instrument!
Nun ja, vor allem entsteht Musik im Kopf. :cool:
Natürlich kann ein Instrument durch seine speziellen Eigenheiten und die direkte Rückmeldung auch sehr inspirierend sein, das gebe ich gerne zu.

Das ist wohl weitgehend richtig, allerdings konnte Beethoven wegen seiner völligen Ertaubung ab ca. 1819 kein Instrument mehr nutzen für seine Kompositionen [...]
Tja, deshalb hat er es in der Sparte "Metal" auch auf keinen grünen Zweig gebracht. :p
 
jetzt muß ich doch mal meinen Senf dazugeben

Ich auch ...

Dadurch, daß man auf der Gitarre (oder sonstwo) die Quinte mitspielt, wird sie lediglich deutlicher hervorgehoben, als sie ohnehin schon vorhanden ist.

Nicht ganz.
Betrachten wir mal ein tiefes E. Das besteht aus den Frequenzen in Hz (Grundton + Obertöne, Frequenzen gerundent, nur harmonische betrachtet)
80, 160, 240, 320, 400, 480, 560, 640, 720, 800, ... usw.
Die Quinte dazu, das H, enthält folgende Frequenzen:
120, 240, 360, 480, 600, 720, ... usw.

Zusammen ergibt sich folgende Obertonstruktur:
80, 120, 160, 240, 320, 360, 400, 480, 560, 600, 640, 720, 800

Wie man sieht ist der größte gemeinsame Teiler 40. Also entspricht das der Obertonreihe eines 40Hz Tons, wobei allerdings ein paar Frequenzen (fett) fehlen:
40, 80, 120, 160, 200, 240, 280, 320, 360, 400, 440, 480, 520, 560, 600, 640, 680, 720, 760, 800 ...

Und durch die durch Verzerrung auftretenden Summen- und Differenztöne werden diese Frequenzen auch tatsächlich physikalisch erzeugt!
Ein Gitarrist der nur die E-Saite anschlägt, spielt eine Oktave höher wie der Bassist der ein tiefes E spielt. Wenn der Gitarrist aber noch das H dazu nimmt, spielt er praktisch den selben Ton wie der Bassist.
Powerchords sind also tiefer transponiert. Werden Quarten anstatt Quinten gespielt, entsprechen diese (vorallem nach Verzerrung) dem um zwei Oktaven nach unten transponierten höheren Ton.




So betrachtet empfinde ich diese Art von "Powerchords" weniger als Akkord, sondern eher als "Klangfarbe". :D

Ich als Transponieren um eine Oktave nach unten.
 
Zur Obertonreihe, und zu den künstlich erzeugten Differenztönen im Falle einer Verzerrung wurde ja schon was geschrieben, vielen Dank hier an Be-3, und an ThomasT mit Korrektur und Ergänzungen. :great:

Ansonsten sind die Töne einer Power Chord-Folge "E5 F#5 G5" in Skalen wie E-Melodisch Moll oder E-Dorisch enthalten (-> Moll-Charakter, aber große Sexte C#), das wird eigentlich nur dann zum Problem wenn sich die restlichen Musiker nicht darauf einstellen, und z.B. die kleine Sexte der reinen Moll-Tonleiter dazu spielen (hier: C).
 
Beispielsweise ist bei Gitarristen oft zu beobachten, dass sie in einer Mollskala auf der zweiten Stufe einen Powerchord errichten. Nun ist das eigentlich die Basis für eine Doppeldominante, tatsächlich jedoch MEINEN sie die dP mit der Terz im Sopran. Oder sie errichten zuerst auf der dritten, dann auf der zweiten und dann auf der ersten Stufe Powerchords und meinen tG, dP und t, spielen jedoch tatsächlich (suggeriere ich mal, da die Terz im Powerchord ja fehlt) tP, DD und t. :eek:

Nun geht hier oft die "falsche" Quart bzw. Quint aufgrund der Verzerrung unter und es klingt trotzdem im Kontext eines Tonwulstes sozusagen "richtig" bzw. so, wie es tatsächlich "gemeint" ist.

Also ich persönlich würde es ja aufgrund der Geschlechtslosigkeit des Tonika-Powerchords (bzw. des Powerchords schlechthin) als s6 ohne Grundton betrachten. Unterstelle also eine Durtonart bzw. hinsichtlich der dritten Stufe die Variante der jeweiligen Molltonart... :)

Wenn ich mich nicht irre hat die 2. Stufe in Moll (7. in Dur) in der Funktionsharmonik eine Art Zwittercharakter zwischen Dominante und Subdominante, kann also beider Platz einnehmen.

Grüße,

T.
 
Naja, bestimmte Sachen kommen mir einfach nur am Instrument. Ich hab auch schon Stücke komplett ohne Instrument geschrieben. Aber dafür das der Song an sich eine ordentliche Hookline hat, ein gewisses Feeling transportiert... Ich wage zu bezweifeln das sowas mit Stift und Papier wirklich funktioniert - ohne dir zu nahe treten zu wollen. Ich glaube auch nicht das die alten Meister wie Bach, Beethoven und Co ihre Stücke komplett ohne Instrument erschaffen haben.

Es funktioniert sogar sehr gut und ist lediglich eine Frage der Gewohnheit. Ich überlege mir, wenn ich einen Satz schreibe, ja auch zuerst, WAS ich überhaupt schreiben will und jongliere nicht mit Begriffen aus einem Wörterbuch.

Schumann sagt dazu:
Fängst du an zu componiren, so mache Alles im Kopf. Erst wenn du ein Stück ganz fertig hast, probire es am Instrumente. Kam dir deine Musik aus dem Innern, empfandest du sie, so wird sie auch so auf Andere wirken.
Die Finger müssen machen, was der Kopf will, nicht umgekehrt.

Also ich persönlich würde es ja aufgrund der Geschlechtslosigkeit des Tonika-Powerchords (bzw. des Powerchords schlechthin) als s6 ohne Grundton betrachten.
Überleg mal: die Gitarristen nehmen hier mitnichten den Tritonus hinzu, sondern eine faktische Quart (von oben). Wenn schon, dann S6 ohne Grundton, aber da im Bass eben die Oktave der oberen Note liegt, kann das schonmal gar nicht die S/s., sondern eben nur eine DD sein. Und da wir hier wie gesagt eine Quart haben, ist das ziemlich sicher eine DD (ohne Terz).
Unterstelle also eine Durtonart bzw. hinsichtlich der dritten Stufe die Variante der jeweiligen Molltonart... :)

Das versteh ich jetzt nicht...

Wenn ich mich nicht irre hat die 2. Stufe in Moll (7. in Dur) in der Funktionsharmonik eine Art Zwittercharakter zwischen Dominante und Subdominante, kann also beider Platz einnehmen.

Grüße,

T.

Je nach Umkehrung, ja.
 
Zuletzt bearbeitet:
Beispielsweise ist bei Gitarristen oft zu beobachten, dass sie in einer Mollskala auf der zweiten Stufe einen Powerchord errichten. Nun ist das eigentlich die Basis für eine Doppeldominante, tatsächlich jedoch MEINEN sie die dP mit der Terz im Sopran. Oder sie errichten zuerst auf der dritten, dann auf der zweiten und dann auf der ersten Stufe Powerchords und meinen tG, dP und t, spielen jedoch tatsächlich (suggeriere ich mal, da die Terz im Powerchord ja fehlt) tP, DD und t. :eek:

Meines Erachtens liegt genau darin der Knackpunkt. Nämlich darin was die Powerchordplayer MEINEN. Und da gehst du davon aus, daß die einen Akkord, also eine abgebildete Harmonie meinen. Ich denke eher, was die meinen, ist der Sound! Und zwar den Sound eines EINZELNEN Tones, der durch die zusätzliche Quinte nur FETTER gemacht wird. Was ja kein Problem ist weil die Quinte in der Obertonreihe ja sowieso da ist.

Ich glaube es hilft Dir am besten den Powerchord nicht als Akkord, sondern als einen besonders kräftigen Ton zu begreifen. Kompositorisch musst du da ein wenig aufpassen nicht ungewollte Reibungen reinzubringen.
(Ich persönlich halte es aber für unmöglich für Gitarre zu komponieren ohne sie selbst zu spielen zu können.)

Ach ja, was die Quart angeht, so resultiert das nur daraus, daß die Saiten der Gitarre in Quarten aufwärts gestimmt sind und so bei einer etwas "unbedarften" herangehensweise eben zwei Saiten statt einer angeschlagen werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube eher, was die meinen ist nicht in Akkorden zu fassen, da gerade die in Dir in Beispiel (1) notierte Figur eigentlich monophon zu sehen ist, d.h. als Tonfolge eb-d-c. Die Quint wird nur dazugenommen, weil sich durch die Verzerrung dadurch ein anderes Timbre ergibt, genaueres wurde oben schon erklärt. Also gehen die eigentlich nur von der kleinen Terz zur Tonika diatonisch in einer Molltonleiter runter. Das von dir in (2) notierte Beispiel würde auf einer verzerrten E-Gitarre nicht klingen, da durch die Verzerrung die Obertonreihen zu betont werden, und die Differenz von anderen Intervallen als Quarte oder Quint führt zu sehr krummen Verhältnissen in der resultierenden Schwingung, sprich unharmonischen Obertönen. Deswegen ist man bei hoher Verzerrung entweder gezwungen, monophon zu spielen (das berühmte Metalsolo), oder mit Powerchords quasi-monophon. Natürlich gibt es auch viele Gitarristen, die mit dieser Regel brechen (Van Halen spielte trotz nicht unbeträchtlicher Verzerrung gerne die Terz im Akkord dazu), aber in der Regel ist das so - siehe Smoke On The Water, Ritchie Blackmore selbst sagte ja mal "Ich spiele keine Akkorde".

Ich würde also eine in Powerchords gespielte Gitarrenlinie eher monphon sehen als als Kadenz von Akkorden. Schließlich sind die Spanier keine Schweden und der Metal kein Jazz, das wusste schon Kaiser Beckenbauer.
 
Wenn schon, dann S6 ohne Grundton
Du hast natürlich Recht, eine S6... Gedankenfehler, entschuldige bitte.
Das versteh ich jetzt nicht...
Na, die dritte Stufe wäre die einer Molltonart, wenn ich den Powerchord auf der zweiten Stufe als S6 betrachte, wechselte ich also in die Durvariante der Tonart, die eben jene große Terz meiner S6 enthält. Da der Powerchord der Tonika wieder geschlechtslos ist, kann er sowohl als Moll- als auch als Durtonika aufgefasst werden. Soviel dazu, wie ich das meinte...

Die Wahrheit ist wahrscheinlich eher hier
Ich denke eher, was die meinen, ist der Sound! Und zwar den Sound eines EINZELNEN Tones, der durch die zusätzliche Quinte nur FETTER gemacht wird
hier
die genannten Powerchords klingen deshalb nicht "falsch", weil sie dem (vielleicht unbewußten) normalen Hören entsprechen und die Quinten sowieso als Oberton mit enthalten sind
und hier
ch glaube eher, was die meinen ist nicht in Akkorden zu fassen, da gerade die in Dir in Beispiel (1) notierte Figur eigentlich monophon zu sehen ist, d.h. als Tonfolge eb-d-c. Die Quint wird nur dazugenommen, weil sich durch die Verzerrung dadurch ein anderes Timbre ergibt, genaueres wurde oben schon erklärt. Also gehen die eigentlich nur von der kleinen Terz zur Tonika diatonisch in einer Molltonleiter runter
zu finden...
Die Quinte, das wegen seiner Konsonanz mit dem Grundton soundunterstützende Element...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube eher, was die meinen ist nicht in Akkorden zu fassen, da gerade die in Dir in Beispiel (1) notierte Figur eigentlich monophon zu sehen ist, d.h. als Tonfolge eb-d-c. Die Quint wird nur dazugenommen, weil sich durch die Verzerrung dadurch ein anderes Timbre ergibt, genaueres wurde oben schon erklärt. Also gehen die eigentlich nur von der kleinen Terz zur Tonika diatonisch in einer Molltonleiter runter.
Hmm....aber, um bei diesem Beispiel von Cradle of Filth zu bleiben: wenn ich dir folge, dann müsste ich sagen, dass sie hier genau das tun, also 3-2-1 wie im Beispiel 1 runtergehen. Aber der harmonische Höreindruck ist ganz klar - zumindest für mich - tG, D mit unaufgelöster Quart und t. Liegt das nun am "Drumherum" der übrigen Instrumente, dass dieser Klangeindruck trotzdem erreicht wird (der vermutlich auch der gewollte ist)?
Das von dir in (2) notierte Beispiel würde auf einer verzerrten E-Gitarre nicht klingen, da durch die Verzerrung die Obertonreihen zu betont werden, und die Differenz von anderen Intervallen als Quarte oder Quint führt zu sehr krummen Verhältnissen in der resultierenden Schwingung, sprich unharmonischen Obertönen.
Aber der zweite Akkord im Beispiel 2 verwendet ja eine Quint (von oben)? Wäre das nicht sinngemäßer?
Deswegen ist man bei hoher Verzerrung entweder gezwungen, monophon zu spielen (das berühmte Metalsolo), oder mit Powerchords quasi-monophon. Natürlich gibt es auch viele Gitarristen, die mit dieser Regel brechen (Van Halen spielte trotz nicht unbeträchtlicher Verzerrung gerne die Terz im Akkord dazu), aber in der Regel ist das so - siehe Smoke On The Water, Ritchie Blackmore selbst sagte ja mal "Ich spiele keine Akkorde".

Ich würde also eine in Powerchords gespielte Gitarrenlinie eher monphon sehen als als Kadenz von Akkorden. Schließlich sind die Spanier keine Schweden und der Metal kein Jazz, das wusste schon Kaiser Beckenbauer.

Hmm...könnte man letztendlich davon ausgehen, dass es kontextabhängig ist? Also dass Powerchords gezielt eingesetzt durchaus eine Harmonie (in Oktavlage) darstellen können, jedoch auch monophon in Erscheinung treten?



Um ein weiteres Beispiel zu bringen (ja, wieder CoF, aber das sind eben Professionelle):

http://www.youtube.com/watch?v=ZgXmwCbnIhc

Hier setzt bei 0:11 das Hauptthema ein, und die hier verwendeten Powerchords stellen ganz klar den harmonischen Kontext: t - tP - tG - s - t.

Nun ist hier interessant, dass der letzte Akkord in diesem Riffing auf der 5. Stufe hält - die Stufe der Dominante. Höreindruck ist aber wieder ganz klar und zweifellos der der Tonika. Nimmt hier der Gitarrist eurer Meinung nach die Quinte anstatt der Quarte (von oben herabgezählt) ? Also (von oben, again) gcg anstatt gdg (was dominantisch wäre)?

Das würde mich besonders interessieren...
 
Hmm...könnte man letztendlich davon ausgehen, dass es kontextabhängig ist? Also dass Powerchords gezielt eingesetzt durchaus eine Harmonie (in Oktavlage) darstellen können, jedoch auch monophon in Erscheinung treten?

Ist wohl so.

Es gibt Riffs wo es sehr gut passt, wenn das Keyboard die vollständigen Akkorde (also Terz, geg. auch Abwandlungen wie 6 und 9) spielt und es "richtig" klingt.
Anscheindend spielen die Gitarren da wirklich die Harmonien mit Terzlosen Akkorden.
Dann gibt es Riffs - die durchaus ähnlich oder gleich sein können - da passen die Terze von Keyboard gar nicht! Manchmal nichtmal die Quinten. Hier muss das Keyboard den Grundton (geg. in mehreren Oktaven) doppeln, damit es "richtig" klingt.
Warum das musiktheoretisch so ist, weiss ich nicht.
 
scheint ein interessantes thema zu sein ... obwohl ich nix verstehe was hier abgeht :D
Ich würde ma sagen, versuch doch ein paar metal songs auf klavier zu spielen (falls du welche suchst, such auf youtube ma nach der vkgoeswild ... die macht richtig gute klavier interpretationen von Metalsongs) und schreib dann die musik, weil du dann weisst wie die musik "funktioniert" ... und zu dem ersten schumann zitat sag ich nur: vertrauen auf das vorstellungsvermögen ist zwar gut aber die kontrolle auf einem instrument und die bestätigung das es gut klingt ist viel besser ^^
 
vertrauen auf das vorstellungsvermögen ist zwar gut aber die kontrolle auf einem instrument und die bestätigung das es gut klingt ist viel besser ^^

ACK. Ich komponiere oft mit MIDI, z.B. Stringsounds. Manches was damit geil klingt funktioniert auf Gitarre nicht. Und umgekehrt klingen manche gute Gitarrenriffs auf MIDI-Stringssound nur langweilig und gar nicht mehr hart und düster.
Manches funktioniert nur in bestimmter Tonlage (Oktave).
Usw.
 
und zu dem ersten schumann zitat sag ich nur: vertrauen auf das vorstellungsvermögen ist zwar gut aber die kontrolle auf einem instrument und die bestätigung das es gut klingt ist viel besser ^^

Dazu muss man aber sagen, daß Schumann natürlich mit einem ganz anderen Hintergrund komponiert hat, als ein Metalmusiker das heutzutage macht. Komposition bis vor ~50 Jahren war das Planen von Musik. Komposition im Rock/Pop-Sinn meint oft das Herstellen von Aufnahmen, d.h. die Konkretisierung in klingende Töne. Die heutige Rock/Pop-Bedeutung ist nicht unbedingt gut, denn nicht jeder Komponist ist sein bester eigener Arrangeur, geschweige denn der beste Interpret seiner eigenen Werke. Von Tontechnik und Vermarktung ganz zu schweigen.

Bei Schumann meint "Komposition" wirklich nur die Planung, nicht die Ausführung. Und so eine puristische Bedeutung ist manchmal ganz gut ;).

Harald
 
...und typischem Gitarristen-Denken würde ich gerne an die hiesige Userschaft stellen, da ich selbst in meiner Freizeit etwas Metal-Musik schreiben will mit der Option, sie irgendwann mal vom Blatt in Ton umzuwandeln. Nun bin ich als Klavierspieler leider völlig unbedarft, was das Harmonieverständnis der Gitarristenkultur angeht, und in den Gehörbildungsseminaren lernt man nunmal auch nicht, die Akkorde und Power-Chords einer verzerrten Gitarre zu entschlüsseln. Kurz gesagt ist mir diese Welt bisher noch ziemlich ein Rätsel und ich weiß noch gar nicht so Recht, wo ich anfangen soll...

Beispielsweise ist bei Gitarristen oft zu beobachten, dass sie in einer Mollskala auf der zweiten Stufe einen Powerchord errichten. Nun ist das eigentlich die Basis für eine Doppeldominante, tatsächlich jedoch MEINEN sie die dP mit der Terz im Sopran. Oder sie errichten zuerst auf der dritten, dann auf der zweiten und dann auf der ersten Stufe Powerchords und meinen tG, dP und t, spielen jedoch tatsächlich (suggeriere ich mal, da die Terz im Powerchord ja fehlt) tP, DD und t. :eek:

Nun geht hier oft die "falsche" Quart bzw. Quint aufgrund der Verzerrung unter und es klingt trotzdem im Kontext eines Tonwulstes sozusagen "richtig" bzw. so, wie es tatsächlich "gemeint" ist.

Um meine Fragen mal mit anschaulichen Beispielen zu untermauern: hier etwa http://www.youtube.com/watch?v=tGDyzxgK-Co setzt ab 0:12 ein, wie es die Gitarristen nenne, "Riffing" ein, und zwar do - ti - la, also von Powerchorden von der dritten zur zweiten zur ersten Stufe herab. Mutmaßen (wie gesagt, so etwas lernen wir in Gehörbildung nischt:D) würde ich nun vom Höreindruck her, dass hier der Charakter von tG, dann D7 mit unaufgelöstem Quartvorhalt (ich glaube, dass nennen Gitarristen sus oder so...) und t herrscht. Wendet man jedoch dieses Powerchord-Denken an, so wäre das vermutlich tG, DD und t, oder (was aber ganz klar nicht den Klangcharacter dominiert)?

Frage: was von beiden wird hier gespielt und wenn es letzteres ist, sorgt die Verzerrung oder die Hörgewohnheit für den "richtigen" Höreindruck?

Also, bevor ich mal weitere Beispiele bringe: erklären bitte! :D

Liebe Grüße,
Imperator

Hi,

in dem Stück "Cradle of Filth - Forgive Me Father" ab 0:12 handelt es sich um die Stufenbewegung | bIII | II- | I- |. Die Bewegung II- -> I- ist eine typisch dorische Wendung. Dass dabei sogenannte "Powerchords" zum Einsatz kommen spielt keine Rolle. Es ist und bleibt eine dorische Sequenz die im Finale (4:13) sogar noch trugschlussmäßig behandelt wird -> | bIII | II- | bVIMA7 |.

Die II- Stufe hat dabei keine DD Funktion, sondern ist ein sogenannter kadenzierender Akkord. So genannt, da er die dorische Sexte enthält.

Prinzipiell kann man also mit Powerchords Stufenfunktionalität ausrichten, auch wenn diese keine Terz beinnhalten. Der Zusammenhang gibt Aufschluss.

Reales Sequenzieren von Intervallen und Akkorden gab es übrigens zu Haufe im Jazz der Sechziger.

http://www.youtube.com/watch?v=1nE9u3VuwUM
Bei 0:23 setzt das Thema mit parallel laufenden Quarten ein. Diese sind tonal/real, will heißen, obwohl diatonisch, strikt parallel.

http://www.youtube.com/watch?v=GfRSOBqHyPo
Hier wird die Harmonisation des Themas (ab 0:07) streng real geführt. Wobei die erste Stimme des dreistimmigen Satzes diatonisch läuft und die 2 Unterstimmen sich im absolut parallelen Abstand mitlaufen. Die angewandte Akkordstruktur besteht aus Halbton - große Terz ( erster Akkord = d eb g). Dabei entstehen natürlich gewaltige Reibungen, da die Unterstimmen den diatonischen Raum ständig verlassen. Getragen wird die Tonalität von Bass und erster Stimme.

http://www.youtube.com/watch?v=0UAIsks8CaI
parallel laufende Quarten. Tonal/real

http://www.youtube.com/watch?v=fdVd1UTpko0
Hier handelt es sich um real sequenzierte Akkordstrukturen. Erste Akkordstruktur = ab b e g. Ab Takt 6 wird ein MA7#5 Voicing parallel verschoben.

http://www.youtube.com/watch?v=2__UKJHQYz8
Hier hört man schön wie sich eine zunächst tonal-reale Sequenz für einen kurzen Moment über die Tonalität hinwegsetzt, um die Parallelität beizubehalten. Gemeint ist das Intervall c# f# bei 0:04.



Diese Technik nennt man übrigens auch "constant structure". Siehe -> http://www.berklee.edu/bt/131/reharmonizing.html
Axel Jungbluth behandelt dies auch in seiner Harmonielehre.
Man kann z.B. eine Melodie mit ein und demselben Akkordtyp reharmonisieren. Dabei kann die Melodiestimme im Bezug auf den Akkord natürlich verschiedene Funktionen haben. Nehmen wir als Beispiel John Coltranes "Giant Steps". Wir entscheiden uns für den MA7 Akkordtyp. Die Melodietöne sind: f# d b g bb in Halben laufend. Die original Harmonien lauten: | BMA7 D7 | GMA7 Bb7 | EbMA7 |. Eine Reharmonisation mit Constant Structure könnte z.B. so aussehen: | BMA7 EbMA7 | GMA7 AbMA7 | EbMA7 |.


CIAO
CUDO
 
Hi,

in dem Stück "Cradle of Filth - Forgive Me Father" ab 0:12 handelt es sich um die Stufenbewegung | bIII | II- | I- |. Die Bewegung II- -> I- ist eine typisch dorische Wendung. Dass dabei sogenannte "Powerchords" zum Einsatz kommen spielt keine Rolle. Es ist und bleibt eine dorische Sequenz die im Finale (4:13) sogar noch trugschlussmäßig behandelt wird -> | bIII | II- | bVIMA7 |.

Hi CUDO,

tolle Antwort, muss mir das erstmal alles durch den Kopf gehen lassen. :) Nur eine Frage vorweg zwecks Verständnis: verwendest du hier die Akkordsymbolschrift des Jazz? Mir ist die nämlich nicht sooo geläufig, deswegen die Frage: bIII = tp ? Und II- und I- beziehungsweise bVIMA7 heißt hier genau was? Oder, was für Akkorde wären das z.B in C-Moll?


Gruß,
-Imp-
 
... bVIMA7 heißt hier genau was?

... beziehungsweise bVIMA7 heißt hier genau was?

Ein MajorAkkord auf der bVI Stufe, also in C-Moll ein Abmaj7.

Ich glaube (!), richtigerweise müßte man näher definieren, WAS für ein Moll Du meinst. Aber wenn z. B. II- durch die Schreibweise von CUDO eh schon als MollAkkord definiert/beschrieben ist, dann geht man offenbar von der dorischen Variante aus. Andernfalls (bei äolisch) wäre die 2. Stufe ja ein HV (m7b5) Akkord.

Generell ist diese Schreibweise recht simpel: Man zählt und beziffert die Töne der Ausgangstonleiter (I bis VII) und baut auf ihnen als Grundtöne Akkorde auf, die dann näher beschieben werden (z. B. mit MA7). Also z. B. bVIMA7. Ein Major-Akkord auf der Stufe bVI.

Hoffe, mehr geholfen als verwirrt zu haben ... :)

LG, Thomas
 
Hi CUDO,

tolle Antwort, muss mir das erstmal alles durch den Kopf gehen lassen. :) Nur eine Frage vorweg zwecks Verständnis: verwendest du hier die Akkordsymbolschrift des Jazz? Mir ist die nämlich nicht sooo geläufig, deswegen die Frage: bIII = tp ? Und II- und I- beziehungsweise bVIMA7 heißt hier genau was? Oder, was für Akkorde wären das z.B in C-Moll?


Gruß,
-Imp-

Hi,

In Tonart C Moll bedeutet bIIIMA7 die tiefalterierte III Stufe, also EbMA7 = tP. Dementsprechend bedeutet bVIMA7 in C Moll AbMA7 = sP.
Die Funktionsharmoniksymbole bringen Dich in Deinem Beispiel aber nicht wirklich weiter. Sie sind speziell auf unser Dur/Moll-System ausgelegt.
Bei der Analyse von modalen Stücken hingegen geht man im Jazz einen anderen Weg. Man unterscheidet zwischen 3 verschiedene Kategorien von Stufenakkorden in einem Modus.
1.) tonisch (immer nur die I Stufe)
2.) kadenzierend (der Akkord muss den charakteristischen Ton des betreffenden Modus beinnhalten)
3.) avoid (Akkorde die durch den tonleitereigenen Tritonus vom modalen Zentrum wegführen)

Somit fallen Symbole wie DD, S etc. bei der Analyse modaler Stücke unter den Tisch.


CIAO
CUDO
 
Ein MajorAkkord auf der bVI Stufe, also in C-Moll ein Abmaj7.

Ich glaube (!), richtigerweise müßte man näher definieren, WAS für ein Moll Du meinst. Aber wenn z. B. II- durch die Schreibweise von CUDO eh schon als MollAkkord definiert/beschrieben ist, dann geht man offenbar von der dorischen Variante aus. Andernfalls (bei äolisch) wäre die 2. Stufe ja ein HV (m7b5) Akkord.
Aha, also das - bedeutet mollakkord. und bIII ist also der ganz normale durakkord (da ohne "-") auf der dritten stufe?

Ach, übrigens, innerhalb dieses Trugschlusses wandert am Ende vom Song die Gitarre (mal angenommen C-Moll) in der Melodie von g-a-b. Mit einem As-Major-Akkord ergiebt sich hier kein Trugschluss, dass wäre dann eher die III Stufe (würd ich sagen), oder?

Edit:
@CUDO danke für die rasche Antwort, habe ich erst jetzt gesehen ;)
 
Aha, also das - bedeutet mollakkord. und bIII ist also der ganz normale durakkord (da ohne "-") auf der dritten stufe?
Genau. Wenn nichts hinter der röm. Ziffer steht bedeutet das Dur-Dreiklang. Für das Minuszeichen wird oft auch ein kleines "m" gebraucht.

Ach, übrigens, innerhalb dieses Trugschlusses wandert am Ende vom Song die Gitarre (mal angenommen C-Moll) in der Melodie von g-a-b. Mit einem As-Major-Akkord ergiebt sich hier kein Trugschluss, dass wäre dann eher die III Stufe (würd ich sagen), oder?

Die erwartete Auflösung zur Tonika kommt nicht. Somit ist es ein Trugschluß. Es gibt übrigens vielen Arten von Trugschlüssen, nicht nur den zur VI bzw. bVI Stufe hin.

In Deinem Beispiel http://www.youtube.com/watch?v=tGDyzxgK-Co, bei 4:13, wandert nach dem C der kadenzierende Akkord B-7 nicht zur Tonika A- hin, wie in den etlichen Wiederholungen zuvor, sondern er geht überraschender Weise nach FMA9. Die Melodie endet also auf dem g, der None von FMA9. Das ist ein Trugschluss ganz einfach deshalb, da die Auflösungserwartung nicht erfüllt wird.

CIAO
CUDO

PS
Mit der III Stufe hast Du Dich bestimmt verschrieben. In C Moll wäre die III Stufe ein E Dur Akkord.
 
In Deinem Beispiel http://www.youtube.com/watch?v=tGDyzxgK-Co, bei 4:13, wandert nach dem C der kadenzierende Akkord B-7 nicht zur Tonika A- hin, wie in den etlichen Wiederholungen zuvor, sondern er geht überraschender Weise nach FMA9. Die Melodie endet also auf dem g, der None von FMA9. Das ist ein Trugschluss ganz einfach deshalb, da die Auflösungserwartung nicht erfüllt wird.

Wenn wir hier offenbar in A-Moll sind (habe kein absolutes Gehör), meinst du mit B = h oder? Also C-Dur, h-Moll mit Sept und F (ähm, ich höre da kein Moll) mit none+sept?


PS
Mit der III Stufe hast Du Dich bestimmt verschrieben. In C Moll wäre die III Stufe ein E Dur Akkord.

Nach der Stufentheorien würde III eigentlich Es-Dur bedeuten...hmm, wir sprechen offenbar verschiedene Sprachen^^ :D

Aber danke, deine Antworten waren bisher absolut hilfreich...was mir aber noch unklar ist: der Höreindruck dieses Hauptriffs klingt in meinen Ohren wie gesagt trotzdem nach tG - D mit unaufgelöster Quart - t. Liegt das an mir oder geht es anderen ebenso? Und...aha...ich höre am Anfang die ersten 4 Sekunden - da setzt zwar das Hauptriff noch nicht ein, aber der Gitarrist skizziert ganz klar dessen Harmonie! - ganz klar sol - la - sol - fa - mi (*umrechne* in C-Moll: b-c-b-as-g) im Chor des Keyboards. Nun ist das aber Moll-äolisch und nicht dorisch...:confused:

EdiT: aber zumindest das Solo am Ende scheint sich tatsächlich an dorisch zu halten und die äolische 6te stufe zu vermeiden...

nochmal EDIT:
der Höreindruck dieses Hauptriffs klingt in meinen Ohren wie gesagt trotzdem nach tG - D mit unaufgelöster Quart - t. Liegt das an mir oder geht es anderen ebenso?

Ich glaube, ich lasse mich da von der Lead-Gitarre irritieren. Wenn man die berücksichtigt, dann hätten wir beim Hauptriffing eigentlich...hmm, welche Schreibweise nehmen wir nun :D...III (C-Dur) mit Sext, H-Moll (mit Sept), A-Moll. Korrekt?
 
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