Der Vintage Modern kam einfach zur falschen Zeit. Die Kiste war teurer als der JVM, und konnte erstmal weniger.
Hätten sie das Teil 10 Jahre später rausgebracht, wäre es voll angekommen - glaube ich.
Das könnte ich mir auch vorstellen. Zu dem Zeitpunkt war eher der Höhepunkt des Trends zum Mehrkanaler erreicht, siehe auch Hughes & Ketnner TriAmp.
In Konkurrenz zu den aufkommenden Multieffekten bzw. Modellern, die extrem viele Sounds in damals schon recht annehmbarer Weise geboten haben, kam mMn nochmal ein Schub, mehr Sounds als bisherige Röhrenamps auf Knopfdruck abrufbar zu machen - nicht so viele wie ein Modeller, die dafür aber als echte Röhre und immer noch deutlich besser als diese.
Er kam definitiv für der Markt viel zu früh und viele haben das Teil nicht verstanden.
Ich glaube, das triffts auf den Punkt. Erst einige Zeit später kam auch bei jüngeren Spielern eine Rückbesinnung auf Pedaleffekte, das Arbeiten mit den Potis, 50s wiring und PAFs statt immer heißerer HB in Mode. Wenn an sich heute manche sehr teuren Boutique-Marshall-Abkömmlinge ansieht, haben die sehr oft ein Konzept, das auch in die Richtung geht: weniger Regler, eine straightere Schaltung, bei der dafür in den einen Grundsound viel stärker eingegriffen werden kann als bei alten Plexis, wie mit Gain und Mid Boosts, Scoop- und Depth-Reglern und ähnlichem.
Wer weiß, vielleicht versuchts Marshall als nächstes auch nochmal in der Richtung. Ich würde denen ja empfehlen, in Sachen Vorstufenkonzept z.B. mal die Valvesonic Plexi von Rocktron anzuschauen...
Was den JVM angeht, wird sicher irgendwann auch mal was neues kommen. Klar ist, der Markt für solche Tops wird kleiner, und die Entwicklungskosten müssen auch gerechtfertigt werden. Das Teil ist ja auch sehr gut und durchaus noch aktuell in den Möglichkeiten, also wäre eine Art "JVM 410 Mk. II" mMn doch ein gangbarer Weg.
Ich würde mir in der Richtung wünschen, die Kanäle noch ein wenig deutlicher zu differenzieren und zu versuchen, die mittleren Gainbereiche etwas griffiger und authentischer zu gestalten, statt das Gain so zu maximieren. In diesem "klassischen" Marshall-Bereich fehlts glaube ich am ehesten. Als Zugabe im HiGain-Bereich vielleicht noch eine Leadsound-Variante, die sich noch deutlicher von diesem Sound absetzt. Warum nicht mal ein bisschen bei den Amis wildern?
Dass Marshall inzwischen diversifiziert (und vielleicht auch den kleineren Musikermarkt querfinanziert, was uns Musikern eher zu Gute kommen dürfte), halte ich nicht für verwerflich, sondern für durchaus weitblickend. Ich finde, sie haben das mit deutlich mehr Augenmaß gemacht als z.B. Gibson mit den Welteroberungsplänen des Ex-CEO.
Gruß, bagotrix