Es hat zwar nichts mit Gitarren, noch nicht mal mit Musik zu tun, aber wo das Thema schon angesprochen wurde:
Es wird ja recht oft behauptet, diese und jene Sprache sei schwer zu lernen. Japanisch oder Chinesisch sind in dem Zusammenhang
beliebte Kandidaten (wegen der Schrift), Finnisch wird auch gerne angeführt (vorallem wegen der Fälle, dabei wird übersehen, dass viele davon die Funktion übernehmen,
die im Deutschen Präpositionen haben), Russisch habe ich auch schon gehört, eine Isländerin meinte zu mir, dass das
natürlich die schwerste Sprach der Welt sei und so weiter.
Wenn behauptet wird X sei die schwerste Sprache, dann ist die Frage vorallem: "Für wen?"
"Schwierigkeit" ist ein schwer zu greifendes Kriterium. Ein oft vertretene Grundannahme der Linguistik ist,
dass man mit jeder Sprache alles ausdrücken kann (manchmal werden da Einschränkungen gemacht z.B. in Bezug auf Pidgin/Kreolsprachen)
und jede Sprache gleichwertig ist. Aus dem Grund weigern sich Sprachwissenschaftler öfter mal, Sprachen zu bewerten, da
sie ihre Aufgabe darin sehen, Sprachen zu beschreiben (so wie Naturwissenschaftler die Natur beschreiben),
und nicht festzulegen, was gute oder schlechte Sprache(n) ist/sind. Schwer/kompliziert und einfach gehören deshalb
in diesen Kontext, weil sie wertend sind imd gerne in dem Zusammenhang "primitive Völker haben primitive Sprachen" verwendet
werden/wurden - was rassistischer Unsinn ist; oft genug ist das exakte Gegenteil der Fall.
Sprachen sind komplexe Systeme, die mit der Kultur ihrer Sprechergemeinschaft eng verbunden sind; das zeigt sich
dann ja zum Beispiel auch im Höflichkeitssystem des Koreanischen oder Japanischen. Man lernt zusammen mit dem
Satzbau, der Aussprache, der Formenvielfalt usw. auch ein Stück weit die Kultur. Sprachen mit einfacher "Grammatik" können andere Schwierigkeiten aufweisen.
Neben "grammatischer" Komplexität (ich setze ich es in Anführungszeichen, weil man das eigentlich in einzelne Ebenen aufschlüsseln müsste, aber das
führt hier zu weit, denke ich
), die es durchaus auch gibt, gibt es aber noch zahlreiche andere Faktoren, die die Schwierigkeit ausmachen können.
Dazu gehört zum Beispiel Sprachverwandtschaft. In Bezug auf Europa heißt das, dass man bei fast allen Sprachen einen mal größeren,
mal kleineren Bonus hat, weil sie mit wenigen Ausnahmen fast alle unter einer Decke stecken (die größeren Ausnahmen sind etwa Finnisch, Estnisch, Ungarisch, die samischen Sprachen, Baskisch, oder Türkisch). Das ist allerdings an sich schon ein komplexes Kriterium weil auch Sprachen innerhalb einer Familie
durchaus verschieden sein können (Deutsch ist zum Beispiel auch mit Farsi verwandt, aber viel verstehe tu ich da nicht
) dazu kommen
dann noch Sachen wie Entlehnungen, falsche Freunde oder Internationalismen. Zusätzliche Faktoren sind strukturelle Übereinstimmungen (als Sprecher des Deutschen
etwa hat man ggf. einen Vorteil beim Lernen von Sprachen mit Fällen), vorhandene Fremdsprachenkenntnisse, die Einstellung gegenüber der zu lernenden Sprache,
das vorhandene Lernmaterial, Kenntniss der Grammatik der Muttersprache, vielleicht sogar allgemein die (Schul)bildung usw. Und vorallem das Problem der Gewohnheit:
Viele Sprachen sind einfach wirklich sehr anders, als das, was man so aus einer Muttersprache kennt und es ist einfach schwer, das gewisse Dinge
ziemlich anders ausgedrückt werden. Aber das ist ja irgendwie auch das schöne daran, weil man so einen Einblick in die Vielfalt des menschlichen Denkens bekommen kann
Meine Japanischkenntnisse beschränken sich im wesentlichen auf ein halbes Jahr AG in der Schule, und ein paar Grundaussagen über die grammatische Struktur.
Aus Gesprächen mit Japanischlernern - ua. einem angehenden Japanologen - kann ich allerdings berichten, dass fast alle zuerst die Sache mit den drei Schriftsystemen als
eigentliche Schwierigkeit genannt haben.
Also zusammenfassend: Ich würde eher davon abraten, Sprachen als schwer oder leicht zu bezeichnen, weil das einfach kein eindeutiges Kriterium ist.