Vielleicht sollte man noch mal einen Aspekt mehr in die Diskussion reinbringen. Der eine covert Songs, um damit in erster Linie Geld zu verdienen. Der muss bestimmte Songs spielen, auch welche, die ihm vielleicht sonst nicht so zusagen.
Der andere sucht sich gezielt Songs aus, die er selbst gut findet, wo er den Anspruch hat, jedes kleinste Detail möglichst original reinzubringen. Im letzten Fall muss man natürlich erst einmal schauen, welche Version man im Auge hat, denn oftmals gibt es einfach zu viele verschiedene Versionen von unterschiedleichen Interpreten, dazu noch diverse von dem Original-Interpret.
Worauf ich hinaus will: der eine investiert aus eigenem Interesse mehr Arbeit in die Umsetzung, der andere für den Kunden. Der eine bekommt es bezahlt, dem anderen kommt es weniger auf die Bezahlung an.
Das ist zwar so sehr krass formuliert, vermutlich gibt es in beiden Fällen eine gesunde Mischung, die eigentlich immer für beide Seiten einen gesunden Kompromiss aus Erwartung und Möglichkeit resultieren muss.
Ich kenne beide Seiten, weil ich a. in einer 4-Mann Combo Tanzmusik als Dienstleister anbiete und b. in einer Coverband wo wir alleine schon aufgrund der Songauswahl Selbstverwirklichung verfolgen, was sich auch in der Umsetzung von Sounds, Details, Satzgesängen etc. widerspiegelt.
Bei a. bekommen wir die Gigs gut bezahlt, bei b. freuen wir uns über Auftrittsmöglichkeiten und natürlich besonders, wenn wir sogar noch Gage bekommen, die weit von dem entfernt ist, was wir bei a. bekommen.
Für a. proben wir alle ein bis zwei Monate einmal, und haben jeweils 5-10 neue Songs auf dem zettel, die wir in der Regel dann auch nach einer Probe live spielen.
Mit b. proben wir einmal pro Woche, und jetztes 2. bis 3. Mal probieren wir uns an einem neuen Song, der aber nicht zwingend in's Programm aufgenommen wird, wenn wir davon nicht überzeugt sind, und erst auf einer Setlist landet, wenn er 100%ig sitzt.
Insofern kann man sich auch schon einmal ausmalen, wie der Qualitätsanspruch bei beiden ist. Das Paradoxe daran ist vielleicht auf den ersten Blick das Verhältnis von musikalischer Leistung und Vergütung.
Nun will ich nicht den Eindruck entstehen lassen, dass wir mit a. nur die Abzocker spielen. Man muss immerhin bei der ganzen Dienstleistergeschichte auch an sich denken. Ich zumindest kann nur auf der Bühne stehen, wenn ich das, was ich dort mache vertreten kann. D.h. wir versuchen schon trotz Quantität eine Qualität nicht zu kurz kommen zu lassen. Somit sitze ich schon im Vorfeld länger zu Hause und programmiere die passenden Sounds, hör mir die einzelnen Passagen raus. Nur fallen viele Details, die für einen Wiedererkennungswert der Songs nicht maßgeblich sind, unter den Tisch. Ich mach mir auch nicht zu sehr einen Kopf über Sounds. Da gebe ich zu, bin ich ziemlich bequem. Immerhin versuchen wir den Anforderungen des Publikums gerecht zu werden, was auch offensichtlich so funktioniert, sonst würden wir wohl kaum Gigs haben, und wir haben mehr Anfragen als wir annehmen können und wollen. Das heißt nicht, dass wir auch dort Songs unterbringen, die wir für uns ausgewählt haben. Aber es grenzt schon oft an "Perlen vor die Säue", das muss man erkennen udn ohne Frust akzeptieren. Was bringt es Dir, wenn Du ein "Ricki don't loose my number" perfekt spielst, und gleich danach jemand zur Bühne kommt und Dich freundlich fragt, ob wir nun wieder Musik machen, z.B. "Hölle, Hölle" von Wolfgang Petri
Was anderes ist es bei einem Stadtfest, wo wir mit der Coverband spielen. Dort haben wir eine relativ feste Setlist, wenn wir antreten, richten uns nicht nach Wünschen vom Publikum, sondern präsentieren "unsere" Musik, auch wenn sie gecovert ist. Unsere Musik wird es dadurch, indem wir versuchen, sie dem Publikum zu "verkaufen". Und damit komme ich vielleicht wieder zurück zum Ausgangspunkt dieses Thread:
Wenn ich es schaffe, die Songs so klingen zu lassen, wie im Original, bekomme ich vielleicht Anerkennung von Musikern, die sich unterm Publikum befinden. Das Publikum hört eher hin, wenn etwas
nicht so klingt, wie sie es kennen oder erwarten würden, wenn sie bei einem abgewandelten Intro vielleicht erst einmal genau hinhören müssen, welcher Song als nächster gespielt wird. Und gerade deswegen ist Kreativität gefragt und angesagt.
Gib den Leuten einen Grund, gerade zu Deinen Konzerten zu kommen und nicht zu einem der 1000 anderen Coverbands aus Deiner Gegend... Also gib Ihnen etwas besonderes, Abwechslung von dem, was sie sowieso schon kennen und überall hören.
Wie eine Coverband beim Volk ankommt, hängt aber stark von der Zielgruppe ab. ...
Manche Leute wollen halt einfach, dass es klingt wie auf der Platte. Ein Bekannter von mir macht Tanzmusik (2 Mann, Keyboard + Yamaha DD-55 Drum). Vor ein paar Jahren sind die Aufträge merklich zurückgegangen, dann haben sie auf Styles und MIDI umgestellt und jetzt läuft der Laden wieder.
Gerade in diesem Bereich sieht es nun mal eigentlich völlig anders aus. Wenn es bei Deinem Kumpel erst nach dem Umstellen auf Konserve klappt, muss ich (leider) stark an seinen musikalischen Fähigkeiten zweifeln.
Gerade im Tanzmusikbereich, wo man sich zwangsweise nicht mit Details bei den einzelnen Songs aufhalten kann, weil eher eine große Bandbreite an Songmaterial erforderlich ist, erwartet auch niemand im Publikum eine Interpretation, die wie das Original klingt. Man muss den Song erkennen, so dass mitgegröhlt äh... gesungen werden kann. Ich spiel da Songs wie Cowboy und Indianer, oder das Fliegerlied die ich ungelogen noch nicht einmal im Original kenne. Als wir das eingeprobt haben, hat unser Drummer mir ungefähr vorgesummt, was da ungefähr vom Keyboard mit welchen Sounds reingespielt werden soll, beim Fliegerlied hieß es einfach: Spährischer Pad Sound im Intro, und dann nur noch Akkordeon durch, an einer Stelle dann zusätzlich mit der Tuba den Bass übernehmen. Das war's, und ab auf die Bühne. Und die Leute feiern da unten nach diesen Songs wie blöde.
So was geht natürlich nicht mit jedem Song, und das ist auch nicht unsere eigentliche Arbeitsweise. Aber hier zählt, dass der Song gespielt wird, weil die Leute ihn hören wollen - und durch.