Booster mit Tonregler

  • Ersteller Gast112019
  • Erstellt am
Mein Gitarrenlehrer hat mich gestern gefragt, ob ich ihm ein Boostpedal für seine Strat bauen könnte. Allerdings hatte er noch den speziellen Wunsch, dass dieser Booster gleichzeitig auch noch den Sound "wärmer" oder "mittiger" machen soll. Also so, dass seine Strat einen leichten Soundeinschlag in Richtung Humbucker bekommt.
Grundsätzlich kann man mit einem Single-Coil nicht das vollständige Übertragungsverhalten eines Humbuckers erzeugen, da dieser über ein breiteres "magnetisches Fenster" verfügt. Dieses hat ein Tiefpaßverhalten zur Folge, welches sich zwar durch geeignete Filterschaltungen modellieren läßt, aber eine getrennte Abnahme der einzelnen Saiten nebst sechs Filtern erfordert. Diesen Aufwand wird man im Normalfall nicht treiben wollen.

Übrig bleibt dann nur, daß elektrische Übertragungsverhalten anzupassen. Das Schlüsselwort heißt hier "Resonanzverschiebung durch parallelen Lastkondensator". Wie das geht habe ich sehr genau in Guitar-Letter II beschrieben.

Im Normalfall läßt sich das auch rein passiv erreichen - ein simpler Kondensator mit dem geeigneten Wert für ein paar Cent ist da schon ausreichend.

Ist die Spitze der Resonanz noch zu groß, hilft ein kleiner Lastwiderstand zur Dämpfung. Dieser wird ebenfalls parallel...

Da auch ein "boost" gefragt war, wird ein linearer Verstärker benötigt. Hier gibt es verschiedenen Möglichkeiten:

Als diskrete Lösung bieten sich Schaltungen mit bipolaren Transistoren oder FETs an. Die entsprechenden Schaltungen haben jedoch alle ihre kleinen Probleme:

Sperrschicht-FETs, wie der BF245 weisen nur eine geringe Steilheit auf. Bei einer angenommenen Betriebsspannung von 9V lassen sich hier nur kleine Verstärkungsfaktoren erreichen. Darüber hinaus streuen ihre Parameter sehr stark. Wenn man es richtig machen will, müssen diese Parameter gemessen werden, um die Schaltung dann entsprechend dimensionieren zu können.

Um eine ausreichend große Aussteuerbarkeit am Eingang zu erhalten, sind JFETs mit einer größeren Abschnürspannung erforderlich (~4V). Diese nehmen dann jedoch gerne 5 bis 10 mA an Strom auf, was schlecht für die Batterielebensdauer ist.

MOS-FETs streuen ebenfalls stark. Hinzu kommt, daß sie wesentlich stärker rauschen, als JFETs

Bipolare Transistoren ermöglichen keine so großen Eingangswiderstände. Unglücklicherweise ist dieser auch noch vom Stromverstärkungsfaktor des Transistors - einem stark streuenden Parameter - abhängig. Wer hier definierte Zustände erreichen will, kommt also um eine Parametermessung ebenfalls nicht umhin.

Eine vergleichsweise elegante Lösung stellt der Operationsverstärker dar. Eingangswiderstand und Verstärkung lassen sich leicht und unabhängig voneinander einstellen. Die Stromaufnahme liegt, je nach Typ, typisch zwischen 500µA und 2mA.

Im Hinblick auf die Nachbausicherheit würde ich in jedem Fall einen Operationsverstärker bevorzugen! Wer vergleichbare Eigenschaften mit einer diskreten Schaltung erreichen möchte, muß schon tief "in die Kiste" greifen!

Als Beispiel mag die folgende Schaltung dienen:

SCM_BB_2.gif

Hier läßt man einfach C1 weg und erhält dann einen linearen Verstärker.

Der oder die Lastkondensatoren kommen vor die Schaltung, also parallel zu Rpe!

Der "Pickup Booster" von SD stellt letztendlich nichts anderes dar. Q1 und Q2 bilden einen Differenzverstärker mit eihttps://www.musiker-board.de/vb/images/editor/createlink.gifner durch Q3 realisierten Ausgangstufe. Es handelt sich also im Grunde genommen um einen einfachen, diskreten Operationsverstärker. Als kapazitive Lasten dienen C3, C4 und C5.

Nebenbei bemerkt hätte ich die drei Kondensatoren vor C1 angeordnet. So entsteht ein kapazitiver Spannungsteiler. Allerdings ist seine Dämpfung nicht besonders groß

Warum die Entwickler von SD nicht einen Operationsverstärker genommen haben, ist mir nicht ganz klar. Die einzig wirklich stichaltige Begründung liefert die schlechte Fähigkeit des Operationsverstärkers kapazitive Lasten (das Instrumentenkabel) zu treíben.

Was in jedem Fall zu beachten ist, ist die Größe des Eingangssignals und - damit verbunden - die maximale Verstärkung der Schaltung (egal ob diskret oder integriert).

Ich habe unlängst Amplituden von bis zu 2,5Vs bei meinen Noiseless-Strat gemessen (mal so richtig dauerhaft reingelangt ohne das es schepperte).

Das heißt, der Hub beträgt am Eingang des Verstärkers bis zu 5V. Ein JFET mit einer Abschnürspannung von 1V wird da also deutlich übersteuert.

Bei einer angenommenen Betriebsspannung von 9V kann der Signalhub am Ausgang maximal diesen Wert annehmen. In der Praxis benötigt die Elektronik jedoch auch noch etwas Spannung "zum Leben". Bei einem Operationsverstärker kann man hier typisch 2V abziehen, sodas nur noch 7V übrig bleiben.

Damit ist die maximal möglich Verstärkung bekannt. Sie beträgt 7/5=1,4 oder 3dB!

Größere Verstärkungen führen dann zu Übersteuerungen (Klirrfaktor). Der Klang wird unsauber.

Damit wird auch klar, warum einige Leute ihre aktiven Tonabnehmer mit 18V betreiben, oder?

Eine Amplitude von 2,5Vs ist sicherlich nur ein Extremwert - im Normalfall wird man 1,5V wohl kaum überschreiten - aber wenn man sauber sein will, ist das die Grenze!

Nimmt man 1,5V an, dann kann man sich natürlich größere Verstärkungen erlauben. Nämlich 7/1,5=4,6 oder 13,4dB.

Ulf
 
Zuletzt bearbeitet:
Servus Ulf,

bei nem FET gibt es ja nen Bereich, in dem er "rund" allmählich in die Verzerrung geht - im Gegensatz zum harten Clipping eines OpAmp. Noch dazu verzerrt ein FET asymmetrisch, Kennlinie und die übliche Schaltungstopologie lassen ihn nicht anders (Abschnüren und Sättigung sind ja 2 prinzipiell unterschiedliche Effekte. OpAmps sind auf Symmetrie getrimmt, und es macht im Idealfall keinen Unterschied, an welcher rail der OpAmp hängen bleibt). Gibt ein paar subtile geradzahlig harmonische Oberschwingungen. (Sinds wirklich die geradzahligen?)

Subjektiv wird das von Herr Duncans Entwicklern vielleicht als "Anwärmen" des Sounds empfunden.
"Röhrensound" kommt ja im Clean-Bereich auch nicht viel anders zustande.
Ein sanftes "Plattdrücken" der Amplitude ist zwar elektronisch klar eine Verzerrung, wird aber erst ab nem gewissen Zerrgrad auch als solche wahrgenommen.

Der dem FET anhaftende Nimbus als "puristisch" oder "Röhre aus Silizium" ist vielleicht auch ein Verkaufsargument ...

Beste Grüße

Bernhard
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben