Bogen beziehen - so wird's gemacht

@fiddle Ich habe angefangen! :)
Es geht um die Bespannung eines einzelnen Violinenbogens für einen Freund. Da lohnt es sich natürlich nicht, die Haare pfundweise zu kaufen, sondern es muss eine einzelne Bespannung reichen. Von einem namhaften Händler habe ich so ein Bündel mongolisches Pferdehaar erhalten. Ein Ende ist fertig beknotet, das spart Zeit und Mühe; das andere Ende wird dann eingepasst. Von der Qualität (72 cm lang, 5,8 g) war ich sehr angetan: kein einziges Haar geknickt, kein Haar gebrochen, alle in gleicher Stärke, was ich mit einer Stereolupe (Binokular) überprüfen kann. Den Frosch habe ich mittlerweile bestückt und auch fleißig Fotos gemacht. Wenn alles klappt, kann ich Fotos und Beschreibung einstellen. Wenn es nicht klappt, werde ich alles verfluchen :ugly:
....und neu starten. :cool:
 
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Ich bin der hervorragenden Anleitung von @fiddle genau gefolgt und möchte nur meine eigenen Erfahrungen wiedergeben.

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Keil für den Froschschacht herstellen
Den alten Keil mußte ich ja ausbohren (s.o.), den neuen Keil habe ich mittels Bandschleifer am unteren Ende eines längeren Kirschholzstabes paßgenau geschliffen.
Die Tiefe des Keils bzw. die Schachttiefe über Knoten habe ich zuerst am alten Knoten ermittelt (Bild 1), dann den Keil abgelängt (feine Haushaltssäge) und probeweise eingefügt (Bild 2).

Haarbündel einkeilen
Mit einer Flachzange habe ich am neuen Bündel den Knoten samt Haaren platt gedrückt und auch den Winkel eingebogen, damit der Knoten unten ordentlich im Schacht liegt. Der Keil muss nach Einbau bündig mit dem Holz in der Haarbahn fluchten. Es muss ja noch Platz für die Haare bleiben (Bild 3).

Schieber und Ring einfummeln
Die Haare werden flach nach vorne umgelegt und mit den Fingern auf Spannung in der Haarbahn gehalten. Es dürfen keine Haare seitlich den Schieber behindern. Das Einfahren des Schiebers (hier aus Perlmutt) ist nicht ganz einfach (Bild 4).
Danach wird der Ring auf das Haarbündel gefummelt. Da bei meinem Bündel alle Haare annährernd gleich lang waren, konnte man das Bündelende unter leichter Eindrehung ganz gut in den Ring schieben und diesen dann durchziehen (Bild 5). Das entdgültige Aufschieben des Rings bis zum Anschlag erfordert Kraft oder eine Zange (Bild 6 mit Kraft).

Ringkeil setzen
Die Haare werden sortiert, breit gefächert und mit Daumen und Zeigefinger auf Spanung gehalten. Der Ringfinger der selben Hand stützt den Frosch oder aber der Frosch wird auf eine weiche Unterlage gedrückt und deralte Keil eingeschlagen. Das Eindrücken mit einer passenden Zange geht auch; da sollte man aber die Backen mit Leder unterfüttern. Da neues und altes Haarbündel in etwas gleich stark waren, paßte der alte Ringkeil saugend-spannend.

Frosch fertig! Jetzt kommt der Kopf an die Reihe....:)
 
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Irgendwie war mir klar, dass nun der schwierige Teil kommt...:weird:
Erstmal die Haare gewässert, passend zur Orangensaftflasche nahm ich eine gelbe Klammer zur Sicherung des Frosches (Bild 1).
Dann den Frosch wieder eingeschraubt und frei Hand gekämmt. Da mußten erstmal 5 Haare geopfert werden. Irgenwie klemmte es immer an allen möglichen Stellen und sobald ich weniger Spannung beim Halten des Haarbündels hatte, verklebte wieder irgendwo ein Haar, welches dann auch dran glauben mußte. Den Knoten bekam ich mittels dreier Hände und Zuhilfenahme der Zähne noch irgendwie ans Ende gefummelt. Das Verkeilen am Kopf war schon schwieriger, weil der alte Nylonkeil nicht recht passen wollte. Schließlich wurde alles montiert, die Schraube am Frosch angezogen und siehe da, eine gut gefönte Dauerwelle sieht wesentlich besser aus als dieses gekräuselte Machwerk. Ich ließ dann einen meterlangen Fluch raus, den ich aber diesem gesitteten Forum durchaus vorenthalten möchte. Es half alles nicht, das mußte neu!!!!
Nächtens überlegte ich mir eine Hilfskonstruktion; die sollte es dann richten. :rolleyes::rolleyes::rolleyes:
Also der Reihe nach:

Kämmen und Verknoten am Spannbrett
Der Frosch besitzt unten ein Gewinde M3, in dem das Zuggewindestück eingeschraubt ist. Dieses Teil drehte ich heraus und verschraubte den Frosch über eine M3-Schraube fest auf ein Buchenbrett, welches wiederum am Türrahmen in bequemer Arbeitshöhe angespannt war (Bild 2). Die nassen Haare wurden gekämmt und schön parallel gerichtet (mit den Fingern). Unten sorgte eine Leimzwinge für Gegenzug und war sozusagen die dritte und vierte Hand (Bild 3-4). Nachdem der ganze Bündel schön laminar gerichtet war, konnte ich bequem unten den Knoten einbinden, knapp über der Leimzwinge.

Knoten verschweißen, verkleben und in den Kopf bringen
Mit einem scharfen Okuliermesser wurden die Haare getrimmt und mittels Lötkolben verschweißt. Ein Tropfen Sekundenkleber verklebte Knoten und Haare, sodass nichts mehr durchrutschen konnte (Bild 5-6).
Der Knoten wurde platt gedrückt, dabei gingen nochmals 5 Haare über den Jordan (ich hatte ja genug) und ein neuer Keil sorgte für guten Sitz (Bild 7).

Endresultat
Das Bündel wurde am Kopf umgelegt, sodass es über dem Keil zu liegen kam und der Frosch wieder eingesetzt. Das war nun eine sehr knappe Sache, da ich ja den ersten Knoten abschneiden mußte und mir deswegen ein paar Millimeter fehlten. Klappte aber gerade noch. Alle Haare lagen nun schön flach und parallel (Bild 8-9). Und dies noch ohne Wärmebehandlung. Zwei leichte Durchhänger werde ich aber noch fönen (Heißluftpistole).

Fazit: Für die Arbeiten am Violinenbogen benötigt man die Informationen, wie sie vorne von Fiddle eingestellt wurden. Ich hätte sonst nie so einen Frosch verlustfrei zerlegen können. Mit bastlerischem Geschick lässt sich die Arbeit auch ohne Übung erledigen. Wenn man das mehrmals gemacht hat, wird man ca. eine halbe Stunde für alles benötigen, sofern keine zeitintensiven Schnitzarbeiten durchzuführen sind. Falls ich also diesen Bogen nochmals bespannen müßte, würde ich das in etwa so schnell schaffen. Das an einem Ende vorgeknotete Haarbündel ist praktisch und für den Einzelfall durchaus lohnend. Kostenpunkt: 5,20 Euro plus Versand.

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Hi Jo, Respekt!

Echt nicht schlecht. Die Güte wird die Praxis zeigen - so n neuer Bezug sollte wenigstens ein
1/2 - 3/4 Jahr funktionieren, dann ist die mission accomplished.

Der Kopfkeil schaut mir nach etwas viel Spiel in den Flanken aus - da könnten sich Haare rein ziehen.
Ach, das sehen wir ja dann - werd scho haltn.

Ich kann dir versichern, daß meine ersten Bezüge keine Glanzlichter im Handwerk darstellten
und ich sage mal so: ich bin bis heute hierin auch nur für den Eigenbedarf qualifiziert.
Es gibt zu diesem Thema noch unzählige (bessere) Variationen, die sich aber bislang meiner Kenntnis entziehen.

cheers, fiddle
 
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Der Kopfkeil schaut mir nach etwas viel Spiel in den Flanken aus - da könnten sich Haare rein ziehen.
Ach, das sehen wir ja dann - werd scho haltn.

Ja, beim Probesitz sieht man seitlich noch Spalten. Später wurde der Keil tiefer gedrückt, da waren sie dann weg.

Natürlich wird man, je mehr man sich mit der Materie beschäftigt, noch Feinheiten darstellen können. Zum Beispiel ist das Binden der Knoten sehr wichtig: Garnwahl, Anzahl der Umläufe, Abschmelzen, Einsatz von Klebstoff. Aber im großen Ganzen wars das, siehe auch hier:
http://www.geigenbau.com/reparatur/geigenbogen/bogenhaare/behaaren.html

Nachtrag: Nach dem entgültigen Trocknen der Haare waren keine Durchhänger mehr sichtbar. Ich konnte daher auf eine Wärmebehandlung (mit Flamme oder HLP) komplett verzichten.

Ich bedanke mich bei allen Keksgebern!!! :):)
 
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Hallo an alle, ich bin hier neu
Hallo fiddle,

vielen Dank für die ausführliche Darstellung zum Bogen - Beziehen. Habe mich auch mal gewagt, es zu probieren (bin noch beim vorbereiten der alten Bögen).

Das Abziehen der Frosch-Schübe hat mir sehr viel ühe gemacht, da rutscht man ja auf dem Schildpatt wie auf Glatteis und die Daumengelenke scheinen zu zerspringen. bis ich folgendes probierte:

ich habe den einen Schenkel einer Spitzpinzette vorsichtig unter dem Schub zwischen die restlichen Bogenhaare gesteckt und die Pinzette dann nicht sehr kräftig zusammengedrückt und dann den Schub recht leicht herausgezogen. Das ist mir bei zwei fröschen ohne beschädigung der Platten auf anhieb geglückt.

viele Grüße
Bernhard (Fiddlebernie hieß ich früher in ner Folkband)
 
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... und jetzt hat mir die selbe Pinzette geholfen, einen verleimten Froschkeil herauszuholen. Die restlichen Bogenhaare habe ich in die Richtung des Füßchens gekippt und mit der Pinzette so etwa 10mm vom Keil entfernt quer abgegriffen und in Uhrzeigerrichtung aufgerollt. Als das Wickel an den Keil ankam, habe ich mit der einen Hand die Spitzen der Pinzette und mit der anderen die ander Seite zusammengedrückt und dann kräftig weitergedreht. Es gab einen Ruck und der Keil löste sich, die Haare sind herausgerisssen und das Wickelband steckte noch im Leim (warscheinlich Knochenleim) im Schacht. Das Haarwickel, welches ich vor der Gewaltanwendung angelegt hatte, hat wahrscheinlich mit seiner Elastizität verhindert, daß die Haare reißen und es sollte nicht zu knapp bemessen werden.

Bernhard
 
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Hätte dies gern früher gefunden. Einen Bogen habe ich ohne dieses Wissen bespannt. Ging. Aber nicht gut. Haare bei tho bestellt.
Nächsten Bogen wieder zum Geigenbauer.
 
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Danke für diesen schönen Beitragsstrang. Der Startzeitpunkt liegt zwar weit zurück, aber der letzte Beitrag ist noch nicht so alt, daß ich davon Abstand nehmen würde, jetzt hier noch eine Frage zu stellen:

Es könnte ja den Fall geben, daß man den Keil aus dem Frosch nicht so ohne weiteres herausbekommt. Dann muß man ihn wohl verlorengeben, also zerstörerisch entfernen. Ausbohren, - fräsen, hebeln und einen neuen anfertigen? Man weiß ja auch nicht, welchen Kleber der Vorgänger da verwendet hat. Ich las oben, daß da schon mal Pattex verwendet wurde - schudder, schüttel.

Nachtrag: es ist mir gelungen, den Keil im Frosch zu lösen mit Hilfe einer Heißluftdüse (regelbare Temperatur) 100°C.
Ging dann doch relativ leicht raus. Allerdings flog er durch die Luft und ward nicht mehr gesehen. Also neu schnitzen.

Gibt es eine Vorgabe für die Form? Sollte er schlicht quaderförmig sein? Das Sackloch hat ja eine "Tasche", in die der Knoten hineinkommt. Ist das so? Also müßte es in der Breite einfach passen und in der Länge noch einen kleinen Spalt für das Haarbüschel lassen, wenn ich das richtig sehe?
 
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Habe einen neuen Keil geschnitzt aus einem 8mm Holzdübel (Buche) unter Zuhilfenahme eines (scharfen) Stechbeitels und Bandsäge. Habe ihn praktisch genau quaderförmig ausgeführt. Warte jetzt noch auf des Roßhaar.
 
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