Und jetzt mag man mich niedermachen.
Danke für das großzügige Angebot, aber ne danke, kein Interesse!
Und ja, ich bin ebenso der Meinung, dass man durch "daddeln" Automatismen verinnerlichen kann, die letztlich dazu führen, dass man sich irgendwann nicht mehr auf jede Tonfolge, die Akkordwechsel oder sonstetwas konzentrieren muss.
Ich habe den Eindruck,
Daddeln ist für Dich ein positiv besetzter Begriff:
Blues spielen.
Daddeln heißt für mich aber: orientierungslos durch die Tonleiter stolpern. Dabei lernt man nichts, sondern übt sich dieses Fiasko auch noch ein. Man entwickelt Daddelroutinen, in denen man sich orientierungslos im Kreis dreht. Dieses durch die Penta stolpern wird automatisiert und verinnerlicht. Penta rauf und runter daddeln ist sehr hilfreich beim Daddelroutinen entwickeln, aber nicht beim Blues spielen lernen.
Ich hab schon den Eindruck, dass es Musiker gibt, die mehr Talent zum Blues spielen haben und die nicht auf die schiefe Daddelbahn geraten. Hier im Board gehören Du, Foxytom und Hans beispielsweise zu diesen Talenten. Ich hab da nie dazugehört. Als ich mit dem Improvisieren begonnen habe, habe ich bald gemerkt, dass ich fürchterlich Daddle und ich durch das ewige Wiederholen dieses Schwachsinns dieses Daddeln auch noch festige und festfahre. Also bin ich schnell einen anderen Weg gegangen: ich hab coole Solos rausgehört und nachgespielt und dieses Möchtegern-Improvisieren - das wie gesagt ein hilfloses durch die Töne stolpern war - mal bleiben lassen. Beim Nachspielen hab ich dann riesen großen Respekt vor den Gitarristen bekommen, die ich gerne höre: was die Spielen, darauf wär ich aus eigener Kreativität nie im Leben gekommen. Keine Chance. Also hab ich Stunden um Stunden und Monate um Monate coole Soli nachgespielt. Nur das hat mich vom Daddeln erlöst.
Ich kann nur ein Extrembeispiel zur Veranschaulichung anführen: wenn ich vier Stunden brauche, auf 80% der Originalgeschwindigkeit mit Unterstützung von Tabs, um ein komplexes Lick zu verstehen, dann ist es schon eine ziemlich vermessene Selbstüberschätzung zu meinen, dass ich sowas beim Improvisieren selbst aus dem Ärmel schütteln könnte. No Way. Nachdem ich dieses Lick endlich verstanden hatte, habe ich es wochenlang geübt, bis ich es fehlerfrei spielen konnte. Als ich begonnen hatte das Lick zu modifizieren, hab ich das Originallick vergessen. Es war ein mühsamer Weg, dieses Lick im Ohr zu behalten und aus eigener Kraft und Kreativität zu modifizieren. Erst als dieser Prozess ad hoc flüssig wurde, konnte ich es auch in anderen Zusammenhängen spielen.
Ich mach jetzt seit 30 Jahren Musik und in der Zeit hab ich leider auch genügend Leute kennen gelernt, die nie aus dem Daddeln raus gekommen sind. Manche haben dann die Lust verloren und irgendwann aufgehört, weil sie kapituliert haben. Weil ihnen irgendwann ihre eigene Dattelei zum Hals raus hing. Darum meine Meinung: wem der Blues nicht in die Wiege gelegt ist, der kann sich ganz schön verlaufen, wenn er die Selbstreflexion nicht hat, dass das was man immer wieder übt, man auch verinnerlicht und dann auch spielt.
Um es mit Hans Worten zu sagen: hätte der Lehrer in mir dem Lernenden in mir nicht klipp und klar gesagt: Du daddelst, und das klingt unerträglich, dann hätte der Lernende in mir nie dieses zitierte komplexe Lick im Sinne von
ICH geh nach Haus, ich GEH nach Haus, ich geh nach HAUS spielerisch in einem Song kreativ zu modifizieren gelernt.
Wer das Talent in sich also nicht spürt, und wer vor Talent trieft würde hier nicht um Hilfe posten, dem kann ich nur nahelegen sich selbst kritisch zu hinterfragen, was für ihn der richtige Weg ist. Entscheiden tut ohnedies jeder selbst. Hier soll auch kein Wettkampf entstehen, sondern ein Meinungsaustausch.